„Footnotes to Plato“ – Fußnoten zu Platon sei die gesamte Europäische Philosophie, sagt der Mathematiker und Philosoph Alfred Whitehead. Das ist eine markige Aussage und wahrscheinlich lässt sich darüber streiten, ob nun wirklich alle Philosophie in Platons Folge nicht mehr als eine Verfeinerung seiner Gedanken darstellt. Immerhin: Das Zitat zeigt die geschichtliche Wichtigkeit der Philosophie Platons. Aber auch Platon steht, wie alle Philosophen, selbst in einer Tradition, hatte Lehrer und Schüler. Und zu einem der wirkmächtigsten Philosophen wurde man im Griechenland um 400 vor Christus nicht einfach nur durch seine Schriften. Weiter„Platon und Sokrates: das Gute, das Schöne, die Wahrheit“
Kant entwickelt 1785 die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Er wendet er sich gegen eine Moralphilosophie, die ausgehend von den Einzelfällen, die es zu bewerten gilt, argumentiert, den Utilitarismus. Das kann auch Benthams Utilitarismus mit einschließen. Dieser macht zwar nicht mehr dogmatisch von einer theologischen Lehre abhängig, was gut und was schlecht ist, sondern von den Folgen einer Handlung. Der Utilitarismus aber und andere Einzelfall-Ethiken beinhalten ein Problem: Denn sie argumentieren immer ausgehend von der vorgefundenen Realität, sind also immer ein Stück weit deskriptiv.
Hingegen denkt Immanuel Kant: Es kann durchaus vorkommen, dass man sich anhand der Erfahrung und der Einzelfallbeurteilung für das Bessere entscheidet und auch aus der Erfahrung hilfreiche praktische Regeln ableiten kann. Dennoch ist ihm diese praktische Grundlage zu unsicher. Immerhin geht es in der Ethik doch um normatives Denken zur Beurteilung der Realität, und nicht darum, sich genau auf diese Realität zu verlassen. Die Kriterien für die Beurteilung der Realität könnten also in Schieflage geraten, wenn wir sie von der Realität abhängig machen.
Dagegen möchte Kant für die ethischen Beurteilungsmaßstäbe einen von allen Einzelfällen und Meinungen unabhängigen Grund finden: Die Vernunft soll Kriterium sein für die Beurteilung der Frage nach dem Guten. Um dies zu leisten, müssen wir uns ein allgemeines Gesetz denken können, ohne uns dabei in logische Widersprüche zu verstricken. Das heißt: Eine Handlung ist dann vertretbar, wenn ihr Grundsatz, den wir von der Handlung ableiten, zu einem Gesetz verallgemeinerbar ist. Wer sich beispielsweise zugesteht, Versprechen zu brechen, weicht den Begriff des Versprechens so stark auf, dass dadurch die Vorstellung, ein Versprechen zu brechen, unmöglich würde: Denn zu brechende Versprechen sind gar keine Versprechen. Logisch ließe sich hier kein Gesetz ableiten.
Ein Gedankenexperiment zur Veranschaulichung
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich, der Autor, stehe zu meinem Wort. Herr Maffay wird uns nun in einem Video den Kategorischen Imperativ erklären, höchstpersönlich sogar. Hier finden Sie das Video:
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Hoppla. Da habe ich den Mund wohl etwas zu voll genommen. Tatsächlich wusste ich ja schon von Anfang an, dass das nicht geht. Von wegen: Peter Maffay erklärt Kant, bei YouTube! Aber das ist ja nicht schlimm. Denn Freude habe ich mit Sicherheit erzeugt, Ihre Vorfreude nämlich und die Freude derjenigen, die den Film über Duisburger Punker gut finden. Und an alle Peter-Maffay-Fans, bei denen ich nun wirklich Leid hervorgerufen haben sollte: Beweisen Sie erst einmal, dass Ihr Leid größer ist als die Freude, die ich mit dem gebrochenen Versprechen erzeugt habe.
Ist der Bruch des Versprechens wie oben in Ordnung? Dass der Bruch Leid erzeugt, ist zumindest schwer nachzuweisen.
Kant findet eine klare Antwort:
„Die Frage sei z.B.: darf ich, wenn ich im Gedränge bin, nicht ein Versprechen tun, in der Absicht, es nicht zu halten? […] Um indessen mich in Ansehung der Beantwortung dieser Aufgabe, ob ein lügenhaftes Versprechen pflichtmäßig sei, auf die allerkürzeste und doch untrügliche Art zu belehren, so frage ich mich selbst: würde ich wohl damit zufrieden sein, daß meine Maxime (mich durch ein unwahres Versprechen aus Verlegenheit zu ziehen) als ein allgemeines Gesetz (sowohl für mich als andere) gelten solle, und würde ich wohl zu mir sagen können: es mag jedermann ein unwahres Versprechen tun, wenn er sich in Verlegenheit befindet, daraus er sich auf andere Art nicht ziehen kann? So werde ich bald inne, daß ich zwar die Lüge, aber ein allgemeines Gesetz zu lügen gar nicht wollen könne; denn nach einem solchen würde es eigentlich gar kein Versprechen geben, weil es vergeblich wäre, meinen Willen in Ansehung meiner künftigen Handlungen andern vorzugeben, die diesem Vorgeben doch nicht glauben, oder, wenn sie es übereilter Weise täten, mich doch mit gleicher Münze bezahlen würden, mithin meine Maxime, so bald sie zum allgemeinen Gesetze gemacht würde, sich selbst zerstören müsse.“ (Eine Maxime ist ein Grundsatz meines Handelns. Gekürzt, aus Immanuel Kant: „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, erster Abschnitt)
Dieser Absatz beinhaltet streng genommen zwei Gründe, weshalb ich das Versprechen nicht brechen kann. Denn einerseits ist ein zu brechendes Versprechen gar kein Versprechen, wenn wir den Bruch zum Gesetz machen würden. Wir können es also gar nicht wollen, Versprechen zu brechen, weil es logisch widersinnig ist.
Andererseits aber können wir uns auch die Frage stellen: Wollen wir überhaupt Versprechen brechen? Dann kommen wir vielleicht auf die Antwort: Nein, weil dann niemand mehr einem anderen Vertrauen würde. So ergibt sich die Formulierung des Kategorischen Imperativs:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ (In der angegebenen Textquelle bei Absatz 51).
Gedankenexperiment zur Anwendung des Kategorischen Imperativs
Stellen wir uns vor, Sie sind Julian Assange, der Gründer von WikiLeaks. Das Szenario: Sie wohnen im schönen Galgarien. Plötzlich haben Sie die Möglichkeit, eine geheime Information über Ihre Regierung zu erfahren. Sie liegt hier und nur Sie haben Zugriff: Der galgarische Präsident Hernadad möchte dem Nachbarstaat Galgariens, Gobustan, den Krieg erklären.
Beurteilen Sie auf Grundlage des Kategorischen Imperativs: Ist es gut, die Nachricht zu veröffentlichen? Begründen Sie Ihre Entscheidung.
Es scheinen zunächst rein logisch zwei Lösungen möglich: Einerseits wäre es schwer verallgemeinerbar, Geheimnisse lüften zu wollen, weil es dann keine Geheimnisse mehr gäbe. Sollen wir also das Handeln geheim halten? Aber dann würde man es zulassen, dass einem Nachbarstaat der Krieg erklärt wird, weil möglicherweise niemand einschreitet. Soll es also als allgemeine Maxime gelten, bestehende Geheimnisse nicht zu lüften? Kant löst das Problem so:
„Alle auf das Recht anderer Menschen bezogene Handlungen, deren Maxime sich nicht mit der Publizität verträgt, sind unrecht.
Dieses Prinzip ist nicht bloß als ethisch (zur Tugendlehre gehörig), sondern auch als juridisch (das Recht der Menschen angehend) zu betrachten. Denn eine Maxime, die ich nicht darf laut werden lassen, ohne dadurch meine eigene Absicht zugleich zu vereiteln, die durchaus verheimlicht werden muß, wenn sie gelingen soll, und zu der ich mich nicht öffentlich bekennen kann, ohne daß dadurch unausbleiblich der Widerstand aller gegen meinen Vorsatz gereizt werde, kann diese notwendige und allgemeine, mithin a priori einzusehende, Gegenbearbeitung aller gegen mich nirgend wovon anders, als von der Ungerechtigkeit her haben, womit sie jedermann bedroht.“ (Zum ewigen Frieden, Anhang II)
Bewerten Sie unter Bezug auf die obige Textstelle, dass WikiLeaks unter anderem auch die privat geäußerten Beschimpfungen über Politiker veröffentlicht hat.
Immanuel Kant: Raum und Zeit
John Locke hatte gesagt, alles Wissen komme aus der Erfahrung. René Descartes hatte gesagt, man könne sich nur seiner eigenen Existenz wirklich sicher sein. Aber Lockes Position beinhaltet ein Problem. Wenn er sagt, das Gefühl für Raum und Zeit komme nur aus der Erfahrung – woher kommt die Erfahrung dann selbst? Resultieren Raum und Zeit denn wirklich aus unseren Erfahrungen – oder setzen wir nicht vielmehr, schon während wir etwas erfahren, die Dinge in einen raum-zeitlichen Bezug? Werden wir also etwa doch mit einer Zeit-Funktion in unserem Kopf geboren, die vor aller Erfahrung besteht?
Die Zeit sei eben schon vor aller Erfahrung eine Form unserer Anschauung, argumentiert Kant, der Locke damit entschieden widerspricht. Ebenso hält es Kant mit dem Raum. Beide, Raum und Zeit, sind also ihm zufolge Bedingungen unserer Wahrnehmung, aber sie kommen nicht durch die Sinneseindrücke in uns hinein.
Raum und Zeit bei Immanuel Kant: Ideen für weiteres Philosophieren
Bewältigen Sie eine mehrschrittige Rechenaufgabe (zum Beispiel einen Dreisatz). Können Sie die Momente, zu denen Sie auf die Ergebnisse des vorherigen Rechenschritts zurückgegriffen haben, in Beziehung zueinander setzen? Erörtern Sie, wie das funktionieren kann. Dazu bietet sich auch folgendes Bild von René Magritte an: La reproduction interdite (Quelle: media.liveauctiongroup.net)
Welche Elemente erkennen Sie in dem Bild?
Interpretieren Sie das Bild. Stellen Sie sich einen Geist nach Descartes vor, der aller seiner Wahrnehmung beraubt ist, aber trotzdem denken kann. Kann er einen zeitlichen Bezug seiner Gedanken herstellen?
Immanuel Kant und der Staatenbund
Jean-Jacques Rousseau, ein Zeitgenosse Immanuel Kants, erkennt ein Problem bei der Koexistenz verschiedener Staaten. Das Verhältnis der Staaten zueinander, so sagt er in Auszug aus dem Plan des Ewigen Friedens des Herrn Abbé de Saint-Pierre, gleicht dem Naturzustand bei Thomas Hobbes. Denn es gibt keinen gemeinsamen Gesetzesrahmen, den alle Staaten befolgen können. Daher schlägt er einen Bund der Herrscher der Staaten vor, der sicherstellen soll, dass im Konfliktfall ein Schiedsspruch gefällt werden kann. Eine ähnliche Argumentation findet man später bei Immanuel Kants Zum Ewigen Frieden: „Das Völkerrecht soll auf einen Föderalism freier Staaten gegründet sein“, heißt es dort. Kant ist in diesem Punkt Praktiker und geht von der „Ausführbarkeit […] dieser Idee“ aus: Ein Zusammenschluss freier, aufgeklärter Staaten unter diesem Friedensbund wirkt sich quasi-vorbildlich auf angrenzende Staaten aus, die sich dann dem Bund anschließen und ihn somit stärken.
Überlegen Sie sich, wo Staatenbünde bestehen. Haben sie zur Sicherung des Friedens beigetragen?
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Heiner Geißler, Sybille Krämer und Manfred Geier im Gespräch mit Volker Panzer anlässlich zweier Buchveröffentlichungen zur Frage „Was ist Aufklärung?“
Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
Wann ist eine Zeit aufgeklärt? Nie, sagt Kant, denn es kann höchstens eine Zeit der Aufklärung geben. Der Unterschied scheint gering zu sein, ist aber sehr entscheidend. Denn sobald man sagt, man lebe in einer aufgeklärten Zeit, läuft man Gefahr, den Prozess der Aufklärung als beendet zu erklären. Kant hingegen sieht Aufklärung weniger als abzuschließende historische Epoche, sondern vielmehr als Methode, die es immer anzuwenden gilt: Der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit geht jeden an und das auch heutzutage. Die Tatsache, dass es eine Epoche gegeben hat, die Aufklärung genannt wird, kann also nicht sicherstellen, dass wir heutzutage aufgeklärt sind. Zur Aufklärung braucht es Mut, sagt Kant, und zwar den „Muth dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“. Mit Blick auf die Geschichte der Philosophie bedeutet das: In der Lage zu sein, zu kritisieren, zu revidieren und radikal in Frage zu stellen, um sich eben nicht bloß vorgedachten Gedanken anzuschließen.
Was kann ich essen? Was darf ich kaufen? Was kann ich importieren? Was ist nachhaltig?
Wir prüfen mit Immanuel Kant, ob konventioneller Konsum ethisch vertretbar ist.
Eisler: Kant-Lexikon (Quelle: www.textlog.de) Ein oft verwendetes Referenzwerk für Kant ist Eislers Kant-Lexikon. Es verweist in den jeweiligen Artikeln auch auf die relevanten Kant-Textstellen und eignet sich daher besonders zum Herstellen von Zusammenhängen zwischen den Kantischen Schriften.
Immanuel Kant (1724–1804), Philosoph aus Königsberg, Autor des Kategorischen Imperativs (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten) und Begründer des Transzendentalen Idealismus (Kritik der reinen Vernunft), einer Theorie, nach der die Gegenstände, so, wie sie sich uns darstellen, von unserem Bewusstsein erzeugt sind. Das Ding an sich kann man nicht erkennen.
„Footnotes to Plato“ – Fußnoten zu Platon sei die gesamte Europäische Philosophie, sagt der Mathematiker und Philosoph Alfred Whitehead. Das ist eine markige Aussage und wahrscheinlich lässt sich darüber streiten, ob nun wirklich alle Philosophie in Platons Folge nicht mehr als eine Verfeinerung seiner Gedanken darstellt.
Immerhin: das Zitat zeigt die geschichtliche Wichtigkeit der Philosophie Platons. Aber auch Platon steht, wie alle Philosophen, selbst in einer Tradition, hatte Lehrer und Schüler. Zu einem der wirkmächtigsten Philosophen wurde man im Griechenland um 400 vor Christus nicht einfach nur durch seine Schriften.
Vielmehr ist Platon selbst einer der ersten Philosophielehrer. Nach einem turbulenten Leben gründet er im Alter von etwa 40 Jahren im Jahr 385 v. Chr. die Akademie, die, in der Nähe von Athen gelegen, kostenlosen Unterricht für die Schüler bietet. Einer der wichtigsten Schüler Platons wird später Aristoteles sein, der jedoch grundlegend andere Haltungen vertritt als sein Lehrer.
Der Straßenphilosoph Sokrates ist Platons wichtigster Einfluss und Lehrer
Die Akademie Platons bietet ihren Schülern eine Bibliothek, einen Park und Wohnungen. An Festen, Symposien und Mahlzeiten nehmen die Schüler und vermutlich auch Schülerinnen gemeinsam teil. Das Modell bewährt sich: Die Schule Platons wird erst im Jahr 529 nach Christus geschlossen.
Wichtigster Einfluss für Platon selbst ist der Philosoph Sokrates. Sokrates, der neben Platon einige andere wichtige Schüler hatte, konnte nicht auf den Luxus einer eigenen Schule zurückgreifen. Für ihn war die Straße der Ort, an dem er seine Philosophie im Gespräch ausführen konnte. Und genau diese Gespräche des Sokrates sind es, die Platon in seinen Schriften aufgezeichnet hat. Wer also Sokrates lesen will, muss Texte von Platon zur Hand nehmen.
Sokrates, Sohn der Hebamme Phainarete, war mit Xanthippe verheiratet. Man kann anhand der vorhandenen Dialoge davon ausgehen, dass sein Verhältnis zu Xanthippe kein besonders ausgeglichenes war. Sie wird in den überlieferten Dialogen als aufbrausend und recht streitlüstern dargestellt. Vielleicht ist ihr Verhalten auch nachvollziehbar, denn schließlich brachte ihr Ehemann sein Leben größtenteils damit zu, Menschen auf der Straße durch Nachfragen davon zu überzeugen, dass sie diejenigen Begriffe nicht richtig kennen, von denen sie sprechen. Für einen Normalbürger wirkt das in der Tat recht ungewöhnlich und zuweilen pedantisch.
Aber Sokrates meinte es mit der Genauigkeit sehr ernst. Um ihretwillen führen manche Gespräche bisweilen ins Nichts (oder in den Frust der Gesprächspartner). Denn es geht ihm letztlich immer um die Wahrheit, wie man zum Beispiel am Dialog Sophistes erkennen kann, in dem er das vermeintliche Wissen von scheingelehrten Rhetorikern enttarnt.
Nicht jedem jedoch gelang es, sich für Sokrates‘ scharfes Denken zu begeistern: Im Jahr 399 wurde er wegen „Verführung der Jugend“ und Gottlosigkeit zum Tode verurteilt – ein Urteil, das er gelassen annahm, obwohl er hätte fliehen können. Laut Platon schied Sokrates mit den Worten:
„O Kriton, wir sind dem Asklepios einen Hahn schuldig, entrichtet ihm den, und versäumt es ja nicht.“
Wir prüfen mit Kant, ob konventioneller Konsum vertretbar ist.
Was kann ich essen? Was darf ich kaufen? Was kann ich importieren? Was ist nachhaltig? Fairtrade-Produkte, lokaler Einkauf, Vegetarismus und Veganismus sind im Kommen. Kaum ein Lebensmittelladen, der nicht mindestens ein Bio-Regal anbietet, Bio-Supermarktketten eröffnen allerorten, viele klassische Importwaren wie Kaffee oder Kakao bekommt man überall auch in einer Fairtrade-Variante. Auf Bahnsteigwerbungen prahlen Eishersteller offensiv mit dem Fairtrade-Label. Doch an der Idee, den Markt durch sein Konsumverhalten verändern zu können, gibt es Zweifel: „Wenn Du so anfängst, darfst Du gar nichts mehr essen“. „Wir können doch eh nichts ausrichten“. „Die da oben kümmern sich doch auch nicht darum“. Aber: Bedeutet, dass man wenig ändern kann, gleichzeitig, dass es gut ist, wie wir konventionell konsumieren?
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Es ist Anfang 2014 und Sie stehen im Discounter, umgeben von braunen Fliesen, Neonlicht, Bananenduft. Vor Ihnen eine überbordende Auswahl an billigen Lebensmitteln, die sich eng gepackt auf den Regalen stapeln. Sie wissen: Irgendwie müssen diese günstigen Preise zustande kommen, und Sie wissen auch, dass dies teils durch die Arbeitsbedingungen der Hersteller, teils durch die niedrigen Lohnniveaus in fernen Herstellerländern und entsprechend lange Transportwege erzielt wird.
Fragen Sie sich einmal bevor sie kaufen: Bei welchem Produkt verursacht der Kauf am meisten Leid, bei welchem am wenigsten?
Es gibt: Socken, hergestellt in Bangladesch, Äpfel aus Südamerika, Weintrauben aus Indien, Hackfleisch, dessen Herkunftsland nicht auszumachen ist, Mineralwasser aus Südeuropa und einiges mehr. Auch Garnelen sind im Sortiment.
Die einfachste Methode, zu erheben, wie gut oder schlecht der Einkauf sein kann, ist eine Folgenabschätzung. Diese Folgenabschätzung ist ein Verfahren, um die Konsequenzen einer Handlung zu erkennen. Man tut dies, um im sogenannten konsequenzialistischen Denken den moralischen Wert einer Handlung festlegen zu können. Dazu muss man aus verschiedenen Faktoren eine Bilanz bilden. Die Faktoren sind: 1.) Die Arten der Konsequenzen der Handlung, 2.) das Glück, das die Handlung bei den Betroffenen hervorruft, 3.) das Leid, das die Handlung bei den Betroffenen hervorruft und 4.) die jeweilige Anzahl der positiv oder negativ betroffenen. Man kann sagen: Die Folgen des Einkaufs machen seinen moralischen Wert aus.
Die schlechteste Wahl
Nehmen wir einmal an, Ihr gedankenschwerer Einkauf hätte im Januar 2014 stattgefunden und Sie hätten sich dafür an eine Filiale des Discounters Aldi Nord gewendet. Über die Produktionsbedingungen von Garnelen-Produkten bei Aldi Nord konnte Ihnen bis dahin noch nichts bekannt sein. Sie sortierten also die Produkte nach moralischem Wert: Welches hat am wenigsten negative Folgen? Hackfleisch verursacht Leid bei den geschlachteten Tieren, eventuell bei den Arbeitern in der Fabrik, und je nachdem, woher es herbei gefahren wurde, ist die Klimabilanz schlecht. Die Katastrophen und Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken der Entwicklungsländer, aus denen das besagte Sockenpaar stammt, sind Ihnenhinlänglichbekannt. Ganz klar: Für jedes der zum Verkauf stehenden Produkte sind Szenarien denkbar, die für eine schlechte Bilanz sprechen. Und weil es schwer fällt zu entscheiden, welches denn nun der „schlechteste“ Einkauf ist, sammeln sich während unserer Folgenabschätzung möglicherweise fast alle Produkte am unteren Ende der Werte-Skala.
Passiert dies, ist unser Experiment geglückt: Denn beim Versuch einer genauen Folgenabschätzung gibt es eine ganze Reihe Probleme, die das Experiment zeigen kann. Es ist zum Beispiel nicht einfach, die Folgen seines Einkaufs abzuschätzen. Es ist nicht einfach, abzuschätzen, wie intensiv das Leid oder Glück ist, das der Einkauf verursacht, denn für Glück oder Leid gibt es keine Maßeinheit. Es ist nicht einfach, abzuschätzen, wie viele Menschen das hervorgerufene Glück oder Leid in erster Linie oder als indirekt Betroffene empfinden. Damit sind die grundlegenden Probleme der konsequenzialistischen Folgenabschätzung, oder des hedonistischen Kalküls, herausgestellt.
Konsequenzialistisches Denken hat also seine Schwächen, wie wir weiter auch sehen werden. Infolge dieser Schwächen und Unsicherheiten kann man viele Verhaltensweisen rechtfertigen.
Alles nicht so schlimm?
Mitte Juni wird bekannt: Möglicherweise sind manche Garnelenprodukte des Discounters Aldi Nord in Sklavenarbeit entstanden. Gemeint ist nicht Sklavenarbeit im übertragenen Sinne, sondern es geht um Sklaven, die ohne Lohn unter Zwang auf den Kuttern festgehalten werden. Gehen wir für unseren Zweck einmal davon aus, dass dies stimmt und dass die Garnelen, die Sie schlussendlich kauften, wirklich betroffen waren. „Damit konnte keiner rechnen!“, könnten Sie im wahren Wortsinne einwenden, denn sonst hätten Sie die Garnelen beim Glückskalkül sicherlich schlechter bewertet. Und wenn wir konsequenzialistisch werten, sind die Auswirkungen Ihres Einkaufs auch tatsächlich verschwindend gering. Mit anderen Worten: Die Produkte der betroffenen Firma CP Foods werden weltweit von Millionen Menschen gekauft. Damit ist die Leidbilanz ihrer zwei Garnelenpackungen nicht so schlimm. Zwar hatten Sie Anteil am Leid von Sklaven, aber das nur in verschwindend geringem Maße. Und überhaupt: Wir kennen doch die Probleme des Glückskalküls – und wie hätte man solche Auswirkungen erwarten können? „Man denkt doch nicht an so etwas, wenn man einkaufen geht!“ Urteilen können hätten Sie kaum. Und vielleicht haben Sie ja sogar in einer Filiale eingekauft, die beinahe geschlossen worden wäre. Dann hätten Sie durch Ihren strukturfördernden Einkauf vielleicht sogar eine Menge Glück bei den heimischen Angestellten des Discounters erzeugt, und zwar soviel, dass es Ihren geringen Anteil am Sklavenleid aufwiegt. Also: Alles nicht so schlimm und es sind Ihnen keine Vorwürfe zu machen. Korrekt?
Probieren wir es einmal mit dem Kategorischen Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die zu zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Der Verallgemeinerungstest („kann ich meinen Handlungsgrundsatz zum allgemeinen Gesetz machen wollen?“) ist im Beispiel von der Sklavenarbeit zunächst nicht ganz einfach. Probieren wir die Verallgemeinerung einmal:
Die Handlung: Wir kaufen billige Garnelen vom Discounter, die in Sklavenarbeit gefischt worden sind.
Die abgeleitete Maxime: Willst Du billige Produkte, greife auf Sklavenarbeit zurück.
Denken wir uns diese Maxime als allgemeinen Handlungsgrundsatz: Zugegeben, sie mag merkwürdig sein. Kant stellt ja aber die Frage, ob wir es wollen können, dass man die Maxime verallgemeinert. Damit wir es nicht wollen können, müsste sich an der Maxime ein logischer Widerspruch ablesen lassen, der dazu führt, dass sich die Maxime, mit den Worten Kants, selbst zerstört. (Wie das aussehen kann, haben wir hier anhand des Beispiels vom Versprechen gezeigt.) In unserem Beispiel ist das offenbar nicht der Fall. Also ist es legitim, Sklaven für uns arbeiten zu lassen. Korrekt?
Natürlich ist es das nicht. Passenderweise hält Kant für unseren aktuellen Fall ein wichtiges Puzzlestück für uns bereit: Die sogenannte Menschheitszweckformel. Kant leitet sie in Umschweifen vom Kategorischen Imperativ ab. Sie lautet:
„Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchtest.“ (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 429; zwischen 60 und 61).
Die Umformulierung passt genau auf unsere Situation. Denn in welchem Fall haben wir es deutlicher damit zu tun, dass wir Menschen bloß als Mittel unseres Handelns sehen, als bei Sklaverei?
Wie kann es aber für Kant so einleuchtend sein, dass die Menschheit oder einzelne Menschen nicht bloß als Mittel verwendet werden dürfen? Der Grund dafür liegt in einer Setzung des Selbstzwecks der Vernunft, die Kant für die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten voranstellt. Darin erstellt Kant eine ethische Theorie, die für alle vernunftbegabten Wesen gelten soll, unabhängig von ihren Interessen und Neigungen und unabhängig von den Situationen, in denen sie sich befinden.
Kants Maßstab des guten Handelns
Interessen und Neigungen können unterschiedlich sein. Würde man sie zum Maßstab des guten Handelns machen, käme man zu lauter Wenn-Dann-Sätzen: „Wenn Du einen guten Ruf haben willst, zieh‘ keine vergammelte Kleidung an!“, oder „Wenn du ein guter Fotograf werden willst, dann wähle deine Motive so, dass andere sie nicht entdecken können!“ Offensichtlich handelt es sich um alles andere als um universale Prinzipien, die immer und für jeden gelten. Unser zweiter Satz zum Beispiel gilt nur dann, wenn ich ein guter Fotograf werden will. Deshalb heißen diese Sätze hypothetische Imperative, also: Handlungsanweisungen, die abhängig sind von ihren „wenn“-Bedingungen.
Der kategorische Imperativ hingegen steht über all dem und gilt in jeder Situation für alle vernunftbegabtenWesen. Damit er das kann, muss er aus dem, was die Vernunft ist, unmittelbar ableitbar sein. Denn alle vernunftbegabten Wesen könnten sich in jeglicher Hinsicht stark voneinander unterscheiden, nur darin nicht: die Begabung zur Vernunft haben sie alle gemein. Kant muss die Vernunft darum als das einzige Kriterium setzen, auf das er sich für sein Projekt beruft.
Laut Kant existiert die Vernunft als Zweck an sich selbst. Das heißt: Sie als Zweck zu haben gilt zunächst einmal für jedes Vernunftwesen unmittelbar und unbedingt. Damit unterscheidet sie sich von allen anderen, individuellen Zwecken. Zum Beispiel „schöne billige Garnelen“ zum universellen Zweck für alle Vernunftwesen zu erheben, wäre offensichtlicher Unsinn. Individuelle Interessen und Neigungen sind eben nicht absolut: Nicht jeder mag – zum Glück! – schön billige Garnelen. Oder anders herum: Wenn ich für alle denkbaren vernunftbegabten Wesen eine einzige Weise bestimmen will, um sie zu behandeln, muss ich fragen, welche Interessen sie teilen, und da individuelle Interessen dafür nicht infrage kommen, bleibt als Kriterium nur die Vernunft. Sie müssen daher mindestens als Zweck behandelt werden, denn sie sind ja vernunftbegabt.
Das ist Kants Ausgangspunkt: Kein anderer Wert hat den absoluten Anspruch der Vernunft, der für alle Menschen geltend gemacht werden kann. Können Sie den Ruhm für alle Menschen verbindlich zum Zweck erklären? Oder den Reichtum? Nein: Nicht jeder Mensch möchte Ruhm, und nicht jeder möchte großen Reichtum; Eremiten legen davon Zeugnis ab. Aber: Alle Menschen teilen die Begabung zur Vernunft. Darum kann man sie keinem anderen Wert ausschließlich unterordnen, oder anders gesagt: Sie zum bloßen Mittel für diesen anderen Wert machen. Dies gilt für alle vernunftbegabten Wesen und ergibt sich aus der Vernunft: Also ist es ein objektives Prinzip.
Wir haben aber durch den Garnelenkauf genau das getan, was Kant in der Menschheitszweckformel ausdrückt: Wir haben Menschen als Mittel für die Erlangung günstiger Garnelen verwendet, ohne ihnen in irgendeiner Weise gerecht zu werden, sei es durch Entlohnung, sei es dadurch, dass wir Ihnen ihre Freiheit zugestanden hätten, zu gehen. Also haben wir gegen Kants objektiv geltendes Prinzip verstoßen und können mit Kant schließen: Unsere Handlung war objektiv schlecht, egal, was wir wissen konnten oder ob es nur zwei kleine Packungen Garnelen waren.
Was halten Sie von der Menschheitszweckformel? Glauben Sie, durch Ihr Konsumverhalten etwas an den Produktionsbedingungen anderswo auf der Welt ändern zu können? Oder lehnen Sie solches Denken ab?
In diesem Video analysiert Philosoph Slavoj Žižek die moderne Warenkultur, die die Wiedergutmachung in den Einkaufsprozess integriert: Wer einen Kasten Krombacher kauft, rettet einen Quadratmeter Regenwald. Wer seinen Kaffee bei Starbucks kauft, investiert in fairen Handel und Anbau. Strukturell, meint Žižek, würden diese Maßnahmen nichts an der Armut und Abhängigkeit der Produzenten in der zweiten und dritten Welt ändern, im Gegenteil: Ihre Lage würde sich sogar verschlechtern. (Englisch. Quelle: RSAnimate/YouTube)
Keine Garnelen gegessen – keine Sklaven bezahlt? Bei Slaveryfootprint.org können Sie erheben, wie viele Sklaven ungefähr für Sie arbeiten.
Aus welchen Ländern stammt die Mode in unserem Kleiderschrank? Und was bedeutet „Made in Bangladesh“ oder „Made in Italy“? ZEIT ONLINE hat die 41 Produktionsländer der zehn in Deutschland meistverkauften Marken zusammengetragen, von C+A bis Jack Wolfskin. Dazu zeigt die ZEIT-ONLINE-Weltkarte generelle Informationen über das Entwicklungsniveau, die Arbeitsrechts- und Arbeitsschutzsituation vor Ort und das Engagement der Modemarken im Hinblick auf Sozialstandards in ihrer Lieferkette. Verändert sich die Industrie nach der Katastrophe von Bangladesch? Diese Infografik gibt Aufschlüsse. (Quelle: ZEIT ONLINE)
Hat Gott alles Leben geschaffen? Oder erklärt die Evolutionstheorie zutreffend die Entstehung der Arten? Bis heute sind Menschen über diese Fragen zerstritten. Wenn wir uns je einen Vertreter beider Ansichten denken, dann werden beide davon überzeugt sein, ihre eigene Ansicht sei die einzig richtige und sie verfügten über explizites Wissen insofern, als dass ihre Überzeugungen wahr wären. Und da die eine Erklärung die andere ausschließt, muss sich der jeweils andere irren.
Oder?
Wenn wir mit Lyotard „Wissen“ als das Ergebnis kultureller Aushandlungen verstehen, die sich von Kultur zu Kultur unterscheiden, dann hat es zumindest den Anschein, dass jeder wissen kann, was er wissen will – selbst dann, wenn das Wissen A das Wissen B einer anderen Person logisch ausschließt. Unsere beiden Rivalen wären dann beide im Recht, wenn sie von sich behaupten, sie wüssten, dass es sich mit der Entstehung der Arten so oder eben so verhält.
„Knowledge is not a democracy“
Der US-Amerikaner Boghossian widerspricht diesem postmodernen Wissensverständnis entschieden. Nach wie vor gebe es Dinge, von denen wir mit Sicherheit sagen könnten, ob sie richtig sind oder nicht. Wenn wir uns auf das Prinzip berufen, dass Wissen gerechtfertigte, wahre Meinung ist, dann werden wir voraussetzen müssen, dass unabhängig von uns eine Welt existiert, auf die sich unser Wissen bezieht. Dann ist es mindestens denkbar, dass es Aussagen gibt, die Teile dieser Außenwelt treffend beschreiben. Erfolgen solche Aussagen nicht rein zufällig, sondern gerechtfertigt, und stimmen sie dabei mit den Tatsachen in der Welt „da draußen“ überein, so können wir für uns beanspruchen, über Wissen zu verfügen.
Dieses Wissen gilt dann unabhängig davon, ob es ein anderes Sprachspiel, eine andere Kultur oder eine andere (vermeintlich) wissenschaftliche Tradition anders darstellt. Andere Beschreibungsweisen mögen von der Sprache oder von der Erfahrung mancher nahegelegt werden, gleichwertig sind sie laut Boghossian aber nicht. Eine im Internet kursierende Grafik bringt diesen Zusammenhang auf den Punkt: Was Wissen ist, ist nicht verhandelbar.
Ein Beispiel:
Stellen Sie sich vor, dass am 1. Januar 2015 um genau 00:00 Uhr in München genau eine Frauenkirche existiert. Dann können zu unserem Gegenstand „Frauenkirche“ nur solche Aussagen Wissen sein, die einräumen, dass diese Frauenkirche am 1. Januar 2015 um genau 00:00 Uhr in München existiert.
Das Gegenteil kann natürlich auch gelten: Stellen wir uns nun vor, dass in der Welt außer uns am 1. Januar 2015 um 00:00 Uhr in München die Frauenkirche nicht existiert. Dann können nur solche Aussagen darüber Wissen sein, die voraussetzen, dass die Frauenkirche nicht existiert.
Wer behauptet, „am 1. Januar 2015 existiert in München eine Frauenkirche und gleichzeitig existiert am 1. Januar 2015 um genau 00:00 Uhr keine Frauenkirche“, widerspricht sich; er verstößt gegen den Satz vom ausgeschlossenen Dritten.
Boghossians Kriterium: „Die Aussage entspricht den von uns unabhängigen Tatsachen“
Boghossian geht es weniger darum zu zeigen, ob ganz bestimmte wissenschaftliche Aussagen Wissen sind oder nicht. In seinen Arbeiten betont er vielmehr, dass die Beantwortung der Frage, ob die Frauenkirche existiert, nicht von den Eigenschaften des Betrachters abhängig gemacht werden kann. Würden wir glauben, die Frauenkirche existiere, obwohl sie längst abgerissen und an ihrer Stelle ein Parkhaus errichtet worden ist, dann hätten wir nach Boghossian kein Wissen über die Frauenkirche, völlig egal, unter welchen Bedingungen unser Irrtum entsteht. Boghossians Kriterium: „Die Aussage entspricht den von uns unabhängigen Tatsachen“ muss erfüllt werden. Also müssen wir die Frauenkirche besuchen, uns von ihrer Existenz überzeugen und unsere Aussage den Tatsachen angleichen.
Natürlich ist das in vielen Fällen nicht so einfach. Über den Verbleib einer verschwundenen malaysischen Boeing 777 lässt sich solange nichts Wahres aussagen, bis die Maschine entdeckt und zweifelsfrei identifiziert werden kann. Das würde Boghossian auch prinzipiell nicht infrage stellen. Trotzdem bedeutet es nicht, dass deshalb das Kriterium der Entsprechung mit den objektiven Tatsachen außer Kraft gesetzt ist. Selbst wenn wir die objektiven Tatsachen nicht sehen können (oder wollen), gibt es sie objektiv – und nur diejenigen Aussagen sind wahrheitstauglich, die die objektiven Tatsachen entsprechend beschreiben.
Boghossian: Ideen für weiteres Philosophieren
Möglicherweise halten Sie Boghossians Wissensdefinition für trivial, philosophiegeschichtlich ist sie das nicht: Sie richtet sich direkt gegen Lyotard und andere Vertreter relativistischer und konstruktivistischer Strömungen. Lyotards Theorie, nach der es keine „eine“ Wissenschaft, sondern nur gleichwertige Erzählungen gibt, erlaubt es, dass verschiedene einander widersprechende Erzählungen über eine Tatsache gleichzeitig den gleichen Wissensanspruch haben. Ein Beispiel von Bruno Latour zeigt anhand der Entdeckung der Leiche Ramses II., woran dieser Ansatz scheitern muss. Wissenschaftler fanden bei Untersuchungen der Mumie des Pharaos heraus, dass Ramses vermutlich an Tuberkulose gestorben ist. Der Tuberkuloseerreger ist erst seit 1882 bekannt, Ramses starb aber etwa 1213 v. Chr. Müsste das nach relativistischer Position nicht bedeuten, dass Ramses bis 1882 nicht am Tuberkuloseerreger, danach aber sehr wohl an diesem Erreger gestorben ist, wenn aus Prinzip alle Erzählungen den gleichen Stellenwert haben? Keine Erzählung von vor 1882 wird den Tuberkuloseerreger beinhaltet haben, die wissenschaftliche „Erzählung“ seit 1882 aber sehr wohl. Damit ist der Irrtum zwar gut begründet, aber noch lange nicht zur wahren Aussage tauglich.
Alan Sokal ärgerte sich: Völlig willkürlich verdrehten die Autoren der Postmoderne wissenschaftliche Prinzipien, ohne sich um deren Hintergründe zu scheren und verwirrten damit ihr Publikum. Im Jahr 1996 ging der Physikprofessor in die Offensive: Er verfasste einen gänzlich hanebüchenen Artikel und versuchte, dessen Unsinnigkeit hinter einer Vielzahl verwirrender Fremdworte und Formulierungen zu verbergen. Dann reichte er ihn bei der Redaktion einer geisteswissenschaftlichen Zeitschrift ein, Social Text. Tatsächlich wurde der Beitrag nur wenig später von Social Text publiziert. Darin heißt es zuerst: Die Sozialwissenschaften hätten einige Lesarten für wahr gehaltener naturwissenschaftlicher Phänomene noch zu wenig betrachtet. Auch beim Lesen der Überschrift könnte einem fast schwindelig werden: Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity (oder zu Deutsch: „Die Grenzen überschreiten: auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation“). Die Lektüre ist ein einziger Aberwitz – der sich gut als Anschauungsmaterial für den Unterricht eignet. In seinem Buch Angst vor der Wahrheit greift Boghossian selbst auf das Beispiel der Sokal-Affäre zurück.
Einige polemische Spielereien zur Wissenschaftstheorie der Postmoderne:
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Man kann sich die natürliche Auslese, die Darwin beschreibt, recht einfach an einem sehr groben Modell erklären. Denken wir uns einen Spielzeugeimer, durch dessen Öffnungen im Deckel Kinder Bauklötze in einen Eimer werfen (s. Abb. oben). Löcher und Bauklötze sind verschieden geformt, so dass nur der passende Bauklotz durch je eines der Löcher im Deckel passt. Kein Rechteck passt durch ein dreieckiges Loch, kein Dreieck durch ein kreisrundes. In unserem Modell symbolisieren die Klötze die spezifischen Eigenschaften der Arten, wie sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte der Erde bestehen. Die Löcher symbolisieren hingegen die vorherrschenden Lebensbedingungen zum nächsten Zeitpunkt in der Erdgeschichte: die Zusammensetzung der Luft beispielsweise, oder die Dichte der Atmosphäre. Auch die Anwesenheit oder Abwesenheit von Fressfeinden oder die vorhandene Nahrung können dazu gehören. In unserem Modell nun steht das Kind, das die Klötze durch den Deckel in den Eimer wirft, ausschließlich für die fortschreitende Zeit. Ist ein Bauklotz erfolgreich im Eimer platziert, hat er das nächste Zeitalter erreicht.
Stellen wir uns vor, der Deckel hätte sechs verschiedene Öffnungen: eine ist dreieckig, eine quadratisch, eine achteckig, eine fünfeckig, eine rund und eine hat die Form eines Trapez. Unter den Bauklötzen gibt es aber nur die Grundflächen Dreieck, Quadrat und Rechteck.Die Zeit schreitet voran. In unserem Modell heißt das: Das Kind steckt die Klötze in den Eimer. Was passt?
Dreieck und Quadrat. Alle Rechtecke passen nicht durch die Löcher im Deckel. Evolutionsbiologisch gesprochen: Die Eigenschaft „Rechteck“ erfüllt nicht die Anforderungen, die im neuen Zeitalter an das Leben gestellt sind. Oder in den Worten der Biologie: Rechtecke können in diesem Zeitalter schwerer überleben oder sich nur schwer fortpflanzen, weil die Erde zu warm, zu kalt, zu trocken, zufällig überflutet ist, oder weil einfach gerade keine Katze anwesend ist, die die Zahl der natürlichen Fressfeinde der Art mit der Eigenschaft „Rechteck“ verringert. Mithin müssen die Rechtecke aussterben oder zumindest weniger werden. Sie sind nicht fit, nicht angepasst.
Evolution im Modell
In unserem vereinfachten Modell sind alle Rechteckklötze ab jetzt verloren. Das Kind schüttet den Eimer wieder aus und holt die Dreiecke und Quadrate wieder heraus. Jahrmillionen vergehen, das Kind spielt weiter. Die Klötze mutieren rein zufällig: Manche zerbrechen oder quellen durch Feuchtigkeit auf. Irgendwann werden sie so zu Dreiecken, Quadraten und Achtecken. Die Achtecke sind mutierte Quadrate. Und siehe da: Auch die Achtecke passen durch eine Öffnung im Deckel, dürfen überleben und sich fortpflanzen.
Eimer auskippen, viele Jahre vergehen lassen: Drittes Zeitalter. Wieder räumt das Kind ein. Die Bauklötze mit der Grundfläche Dreieck sind zu Bauklötzen mit der Grundfläche Sechseck mutiert, aber sie haben auch eine zweite Mutation, nämlich die Trapeze entwickelt – rein zufällig. Nun nimmt das Kind einen Deckel, den es vorher nicht verwendet hat. Der Deckel hat kein Loch für Sechsecke, dafür für Quadrat, Achteck, Kreis und Trapez. Die Folge: Diesesmal sterben, vereinfacht gesprochen, die Sechsecke aus – auch rein zufällig, weil es unter den neuen Bedingungen keinen Platz mehr für sie gibt. Dafür überlebt ihre Mutation, das Trapez. Im Eimer landen Trapeze, Achtecke und Quadrate.
Und die Fünfecken? Richtig: Die gibt es noch gar nicht. Vielleicht werden sie nie entstehen, obwohl die Bedingungen für sie ideal wären: Das Loch im Deckel ist ja da.
Kleine Anwendungsaufgabe: Was müsste passieren, damit Fünfecke entstehen?
Unten finden Sie einen Link zur Schrift von Darwin. „Über die Entstehung der Arten“ ist sehr leicht lesbar und besonders interessant für Leser, die das Modell am konkreten biologischen Zusammenhang nachvollziehen möchten.
Charles Darwin: Weitere Aufgaben und Materialien
Wie schon die Philosophie der Aufklärung ist auch die Philosophie des 19. Jahrhunderts eng verknüpft mit der Entwicklung der Naturwissenschaften. So kamen zum Beispiel bei Baumaßnahmen oder im immer tiefer gehenden Bergbau interessante Dinge zutage, die das Weltbild der Menschen nachhaltig verändern sollten. Einen ähnlichen Fund – eine fossile Zypresse – hat man im Jahr 2011 ebenfalls im Tagebau Garzweiler gemacht.
Überlegen Sie, was Sie aus dem Fund der Zypresse über die Entstehung der Welt schließen können. Versetzen Sie sich dazu in die Perspektive eines Menschen, für den die biblische Schöpfungsgeschichte bedeutsam war.
Darwin selbst hat in seiner „Evolution of the Species“ nichts über Dinosaurier geschrieben, aber es ist wahrscheinlich, dass ihm einige Funde bekannt waren. In den Jahrzehnten vor Erscheinen seiner Schriften waren Dinosaurierknochen gefunden worden.
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Planet Wissen zum Thema Evolutionsforschung in sechs Teilen:
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Das Philosophische Quartett zum Thema Sozialdarwinismus:
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ZEIT Wissen: „Der Mensch ist noch nicht fertig„.
Wird die Evolution weitergehen? Und was ist ihr Ziel? Lange glaubten wir, wir seien so optimal gelungen, dass es an uns nichts mehr zu verbessern gebe. Ein Irrtum.
Charles Darwin: Biografische Daten
Charles Darwin (1809 – 1882): Evolutionstheoretiker, Naturforscher und Philosoph.
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Nachdem Sie sich im obenstehenden Video mit dem Libet-Experiment vertraut gemacht haben, erörtern Sie: Die elektronischen Regungen im Gehirn entstehen 100 Millisekunden bevor die Probandin das Gefühl hat: Jetzt möchte ich den Knopf drücken. Was bedeutet das für unsere Vorstellung von einem wirklich existierenden „Ich“?
Wer das Dossier zur Philosophie der Aufklärung gelesen hat, wird vielleicht bei der kartesischen Frage nach der letzten Wahrheit hängen geblieben sein. Dabei ging es darum, was rein methodisch alles in Zweifel gezogen werden könnte: Alle Sinneswahrnehmungen, sagt Descartes, damit auch die Wahrnehmungen unseres eigenen Körpers, könnten getrübt und falsch sein. Was bleibt ist nach Descartes die als cogito ergo sum bekannte Gewissheit: „Ich denke, also bin ich“, die gemäß seiner Auffassung notwendig wahr sein muss. Denn ohne dass ich denke, kann der Gedanke, dass ich eben dies (oder etwas anderes) denke, nicht wahr sein. Anschließend an Descartes kann man die Frage stellen: Kann es sein, dass das „Ich“ bei „Ich denke“ noch weiter zerlegt werden muss?
Im Wissen um das Libet-Experiment sieht es wohl genau danach aus. Denn offenbar ist das Bewusstsein unserer selbst gar nicht in der Lage, unsere Handlungen zu bestimmen. Was aber, wenn wir das Denken als eine unserer Handlungen einordnen? Sind wir dann noch in der Lage, unser Denken gemäß der Vernunft selbständig zu verfassen? Oder sind unsere Gedanken vielleicht doch vorgegeben, und zwar durch physische Prozesse in unserem Gehirn, die wir letztlich als „Denken“ und als „Ich“ bezeichnen, die aber in Wirklichkeit von dem Organ Gehirn verursacht werden, ohne dass wir einen Einfluss auf sie hätten?
Die Folgen wären weitreichend. Wir müssten davon ausgehen, dass wir selbst nicht Herr unserer Gedanken sind. Mithin könnten wir nicht mehr selbst sagen „Ich denke“. Stattdessen müssten wir dieses Denken, was auch immer es wäre, einer Funktion unseres Gehirns zuschreiben, so dass das Denken einfach passiert. „Es denkt“, schlägt Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse als alternative Formulierung vor (Absatz 16). Vielleicht aber hat Nietzsche damit recht. Er war nicht der erste, der derart radikale Thesen über das „Ich“ verfasste: Ein Bündel von Wahrnehmungen, mehr nicht, sei der Geist, sagte bereits David Hume Jahre vor ihm.
Nietzsche: Die Sprache und die Wahrheit
Aufgabe zum Vorphilosophieren: Erörtern Sie, was der folgende Textauszug über Wahrheit aussagen kann.
„Wir reden von einer Schlange: Die Bezeichnung trifft nichts als das Sichwinden, könnte also auch dem Wurme zukommen. Welche willkürlichen Abgrenzungen, welche Einseitigen Bevorzugungen bald der bald jener Eigenschaften eines Dinges! Die verschiedenen Sprachen nebeneinander gestellt zeigen, dass es bei den Worten nie auf die Wahrheit, nie auf einen adäquaten Ausdruck ankommt. Denn sonst gäbe es nicht so viele Sprachen. […] Was also ist Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden und die nach langem Gebrauche einem Volke fest, canonisch und verbindlich dünken: Die Wahrheiten sind Illusionen, über die man vergessen hat, dass sie welche sind […]“ – zitiert aus F. Nietzsche: Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne.
Können wir die Welt mit unserer Sprache wahrheitsgemäß beschreiben? Zunächst einmal sollten wir dazu überlegen, was wir als Wahrheit bezeichnen. Ein Beispiel: „Ein Buch liegt neben mir“ ist ein Satz, der entweder wahr oder falsch ist. Wir nehmen an, dass der Satz nicht wahr ist, wenn neben mir kein Buch liegt. Jemand könnte diese Aussage („Neben mir liegt kein Buch“) treffen, ohne dass es für sie eine Grundlage gibt. Dann könnte der Satz sich zwar zufällig als zutreffend erweisen. Jedoch würden wir nicht behaupten, es handle sich um Wissen, denn es könnte ja genau so gut auch nur zufällig so sein, wie beschrieben. So ergibt sich eine klassische Definition von Wissen: Es ist gerechtfertigte, wahre Meinung.
Beleuchten wir jedoch den Wahrheitswert sprachlicher Äußerungen mit einem anderen Beispiel: „Neben mir liegt eine Bremse auf dem Tisch“. Nun wird es etwas schwieriger. Denke ich an ein Insekt, oder denke ich an eine Vorrichtung, die bewegliche Dinge anhalten lässt? Das müsste ich Ihnen mitteilen, damit Sie den Wahrheitswert der Aussage beurteilen können. Erst wenn wir uns über unsere Sprachverwendung unterhalten hätten, könnten wir hier weiter urteilen. Und vielleicht wäre sogar eine Sprache denkbar, in der es für eines der beiden Dinge keinen Begriff gibt, der unser deutsches Wort „Bremse“ beschreibt.
Ein vielzitiertes Beispiel ist, dass es in manchen Sprachen mehrere verschiedene Begriffe für verschiedene Arten von Schnee gibt. Wie sollten wir, als Außenstehende, über die Wahrheit solcher Sätze urteilen? Und was, wenn die Begriffe der anderen Sprache und unserer Sprache möglicherweise in einer Weise entgegengesetzt sind, nach der die Begriffe in einer anderen Sprache nicht wahr sein können?
Ludwig Wittgenstein führt in seiner Theorie der Sprachspiele ein weiteres populäres Beispiel an. Er verwendet im Gedankenexperiment den Begriff „Käfer“ für den unbekannten Inhalt einer Schachtel:
„Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir „Käfer“ nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Andern schauen; und Jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. Da könnte es ja sein, dass Jeder ein anderes Ding in seiner Schachtel hätte. Ja man könnte sich vorstellen, dass sich ein solches Ding fortwährend veränderte. Aber wenn nun das Wort „Käfer“ dieser Leute doch einen Gebrauch hätte? So wäre er nicht der der Bezeichnung des Dings.“ [Quelle: Wittgenstein, Ludwig: Philosophische Untersuchungen. (1953) § 293.]
Wittgenstein bringt dieses Gedankenexperiment im Kontext seiner Überlegungen zum Schmerz und wie man sich sprachlich darauf bezieht. Jeder hat nur seine eigenen Schmerzen, der Zugang der anderen zu dem Schmerz einer Person ist indirekt.
Diskutieren Sie: Sind Schmerzen wie die Käfer in der Box? Jeder könnte andere Schmerzen haben, sie könnten sich fortwährend ändern? (Diese Aufgabe stammt aus Joachim Eberhardts Gedankenexperiment-Lexikon.)
Weitere Materialien zu Nietzsche:
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Friedrich Nietzsche (1844 – 1900), Philosoph, betrachtete sich als Psychologe. In seiner Philosophie war er stark beeinflusst von der Philosophie Schopenhauers. Hauptwerke umfassen Also sprach Zarathustra, Zur Genealogie der Moral, Die fröhliche Wissenschaft, Menschliches, Allzumenschliches, Der Antichrist.
Das Denken von Marx und Engels ist eng verbunden mit der Idee, dass es geschichtliche Notwendigkeiten geben muss. Diese Idee findet sich auch schon bei Hegels These zum objektiven Geist. Marx und Engels sehen das Ende der Geschichte allerdings noch nicht erreicht. Im Kommunistischen Manifest formulieren sie, dass es eines Tages notwendig zu Aufständen des Proletariats kommen muss:
Um das nachzuvollziehen, ist es sinnvoll, sich in die Jahre zurückzuversetzen, in denen die Industrie in Deutschland aufblühte. Kaum eine Gegend bietet sich dazu so gut an wie das Ruhrgebiet und der Bergisch-Märkische Raum, aus dem auch Engels selbst stammte. Besonders in Wuppertal sind viele historische Fabrikgebäude aus der Zeit von Marx und Engels erhalten geblieben. Auf der im Folgenden verlinkten Seite finden sich einige Bilder aus Wuppertal-Wichlinghausen, Bild 10 zeigt eine Fabrik aus dem Jahr 1824.
Friedrich Engels‘ Großvater war selbst Industrieller. Zwei seiner Arbeiterwohnhäuser in der Wittensteinstraße, ganz in der Nähe des Bahnhofes Barmen, stehen heute noch. Später erbaute Mietshäuer zeugen von dem Wirtschaftswachstum in Wuppertal. Und auch auf dieser Abbildung aus dem Jahr 1887 lassen sich die Veränderungen im Stadtteil Barmen erkennen:
Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelte sich der Ruhrkohlebergbau rasant. Die ersten, sehr oberflächennahen Flöze hatte man schon lange zuvor abgebaut, wie zum Beispiel in Wetter. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatten die Zechenbetreiber bereits erkannt, dass sie leistungsfähigere Infrastruktur für den Transport der Kohle benötigten und die ersten Pferdebahnen entwickelt.
Dieses Bild stammt aus der Frühzeit der Industrialisierung in Deutschland:
Zwei Aufgaben zum Vorphilosophieren:
Erörtern Sie, wie die technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der damaligen Zeit auf die Menschen gewirkt haben müssen.
Erörtern Sie, welche Möglichkeiten der Entlohnung sich in Fabrikarbeit ergeben und wie diese Möglichkeiten der Entlohnung sich von den althergebrachten Weisen des Handels unterschieden.
Welche Möglichkeiten hat ein Fabrikbesitzer, seine Arbeiter zu entlohnen? Der Arbeiter braucht Mittel, die sein Überleben sicherstellen, er muss wohnen, essen und sich stärken. Die Produkte aus der Fabrik können dazu nicht dienen: die Holz- und Stahlprodukte eignen sich nicht zur Ernährung. Und auch der Fabrikbesitzer selbst hat kein Interesse daran, Lebensmittel vorrätig zu halten. Seit der frühen Neuzeit, mit zunehmender Industrialisierung wird daher die Entlohnung in Geld der Standard. Das Gegenstück dazu ist die Arbeit, die der Arbeiter anbietet – auf dem Arbeitsmarkt. Wie früher der Landwirt seine Ware auf den Markt getragen hat, tut dies nun der Arbeiter, aber statt der Ware, kann er nur seine Arbeit bieten. Mit dem Geld, das er verdient, kann er auf dem Warenmarkt seine Lebensmittel kaufen. Somit ist Geld die Voraussetzung dafür, dass Arbeitsteilung funktionieren kann.
Derjenige, der in seinem Unternehmen Geld und Arbeit bündelt, muss in einer kapitalistischen Wirtschaft das Geld in neue Maschinen und neue Produkte investieren, um auf dem Markt bestehen zu können und nicht unterzugehen. Investitionen ermöglichen ihm also das Überleben im Konkurrenzkampf. Damit ist Kapital im Prinzip nichts anderes als zuvor erwirtschaftetes Geld, das zum Verdienen von noch mehr Geld in Maschinen oder andere Hilfsmittel investiert wird. In Das Kapital nennt Marx dies „Geldheckendes Geld“. Da der Industrielle jedoch nicht alleine auf dem Markt ist, muss er natürlich zusehen, dass die Produktion seiner Waren möglichst günstig abläuft. Darum stellt sich die Frage: Wie viel soll er dem Arbeiter zahlen?
Durch die Konkurrenz entstehen immer neue Techniken und immer größere Betriebe. Wenige Jahre später sah es in Wuppertal so aus wie hier am Beispiel des berühmten Bayerwerk.
Marx und Hegel: Entäußerte Arbeit
Haben wir nicht mit Hegel gelernt, dass der Mensch sich durch Arbeit als selbständiges Subjekt seiner Tätigkeit erkennt? Hegel, so würde Marx antworten, hat ein anderes Bild der Arbeit vor Augen. Das Ding, das der Knecht bei Hegel bearbeitet, ist am Ende ein fertiges Produkt, zumindest soweit, dass der Mensch die eigene Tätigkeit an ihm nachvollziehen kann. Der Knecht hat das Ding maßgeblich selbst bearbeitet. In der industriellen Massenfertigung ist das anders.
Aufgabe: Versetzen Sie sich in die Lage eines Arbeiters, der sein Leben lang nur eines der Holzstückchen herstellt, wie sie in diesem Video bei 1:39 zu sehen sind:
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Gruppenaufgabe: Die TeilnehmerInnen stellen in wenigen, dafür aber großen Gruppen zunächst einfache Gegenstände aus Papier her, wie zum Beispiel Schiffchen oder Hüte. Die Gruppen stehen in Konkurrenz um die Stückzahl. Das heißt, sie sollen möglichst viele Hüte oder Schiffchen in möglichst wenig Zeit produzieren. Nach einer Weile werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit beginnen, die Arbeit aufzuteilen, und zwar in einzelne Arbeitsschritte. Hier ist die Geduld des Lehrers gefragt: Die SchülerInnen werden nach einiger Zeit frustriert oder gelangweilt sein, vielleicht beginnen sie auch, Fehler zu machen. In meinem Versuch kam es sogar zum Streik. Es sollte ein Unterrichtsgespräch angeschlossen werden, warum dies der Fall war.
Betrachten wir die industrielle Massenproduktion mit ihren riesigen Hochöfen, Walzwerken und Gruben, wie Marx sie kennen gelernt hat. Das Verhältnis von Arbeit und Mensch ist hier ein anderes. Denn die Arbeit, die in das Werkstück geht, ist für den Arbeiter, nennen wir ihn Peter, und für den Kapitalisten in erster Linie als Arbeitszeit wichtig. Das Werkstück wird produziert – wenn nicht durch Peter, dann durch einen anderen. Die eigene Arbeit am Werkstück ist austauschbar und Peter ist ein Anhängsel des gesamten arbeitsteiligen Produktionsprozesses, der auch ohne ihn sehr gut funktionieren würde. Das heißt: Die eigentliche persönliche Arbeit, wie sie Peter als Person in das Werkstück steckt, ist völlig irrelevant. Wichtig ist nur, dass sich irgendein Arbeiter X über eine Zeit X mit dem Werkstück befasst. Denn die Zeit, die für die Produktion verwendet wird, macht den Wert des Gegenstandes für den Kapitalisten und für den Abnehmer aus.
Dadurch kehrt sich das Verhältnis um: Polemisch formuliert Marx in denÖkonomisch-Philosophischen Manuskripten, dass der Arbeiter nun auch Knecht ist, aber nicht – wie bei Hegel – Knecht des Herrn, sondern des Werkstücks. An dem Werkstück zeigt sich für den Arbeiter nicht mehr, ob er gut oder schlecht gearbeitet hat. „Das Produkt der Arbeit ist die Vergegenständlichung der Arbeit“: Der Arbeiter bearbeitet den Gegenstand im Rahmen der Vorschriften in einer festgelegten Zeit. Fertig, nächster Gegenstand. Die Arbeitskraft ist in den Gegenstand geflossen und fort. Alles, was der Arbeiter erkennen könnte, wenn er sich den Gegenstand anschaut, ist, dass er den Gegenstand bearbeitet hat. Dazu kommt es aber nicht, weil die Gegenstände im Warenfluss weitergereicht werden müssen. In diesem Warenfluss ist es egal, wer an dem Gegenstand gearbeitet hat, es zählt nur, dass lange genug gearbeitet wurde. Damit ist der Arbeiter „entwirklicht“, weil er als Person austauschbar und ersetzbar ist. Darüber hinaus wird in der Entlohnung zu Marx‘ Zeit wenig Wert darauf gelegt, wie gut der Arbeiter vom Lohn leben kann.
Eine Darstellung der Uniformität des austauschbaren Maschinenbedieners findet sich auch in Fritz Langs Metropolis bei Minute 15:36:
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Aufs Groteskeste überspitzt erkennt man die Entfremdung der Produktion im Film über die „hochqualifizierte Marzipankartoffel“ von Loriot. Besonders die Szenen ab 2:40 sind eindringlich:
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Dokumentation über den Beginn der Industriellen Revolution (gut verständlich):
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Die Rolle der Eisenbahn und das neue Denken bei Transportfragen:
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Nehmen Sie sich zehn Minuten Zeit und setzen Sie sich mit etwas Knete an einen Tisch. Alternativ können Sie auch einen Stift und ein Blatt verwenden. Sie brauchen keine weiteren Werkstoffe oder Gegenstände. Beschäftigen Sie sich mit dem, was vor Ihnen liegt.
Vielleicht haben Sie in den vergangenen Minuten etwas zu Papier gebracht oder geknetet. In diesem Fall überlegen Sie sich: Was haben Sie da produziert? Woraus besteht es? Warum haben Sie genau dies produziert und nichts anderes? Anders ausgedrückt: Was sagt das Produzierte über Sie aus?
Möglicherweise halten Sie die Feststellung für trivial, dafür dürfte sie aber unmittelbar einsichtig erscheinen: Als Sie gerade etwas produziert haben, waren Sie Subjekt und Ihr Werkstück war das Objekt Ihres Handelns. Nun können Sie sich zurücklehnen und auf das Werkstück blicken. An ihm erkennen Sie die investierte Arbeit und können feststellen, dass Sie selbst diese Arbeit investiert haben.
Dies ist eine Seite der Dialektik von Herr und Knecht: Der Knecht erkennt sich erst durch seine Arbeit als selbstständig, also wenn er etwas anderes als von sich verschieden setzt. Dazu muss er etwas mit dem Gegenstand tun, also ihn bearbeiten. In einem sehr weiten Sinne könnte das heißen: Ich denke über etwas nach – daran erkenne ich, wie ich über den Gegenstand denke. So erkenne ich mich als selbständiges Subjekt. Oder ich arbeite, dadurch erkenne ich, dass ich es bin, der gearbeitet hat. Dieser Gedanke aus der Phänomenologie des Geistes von Hegel ist ein Baustein für viele spätere philosophische Positionen. Er taucht auf in der Soziologie, bei den französischen Existenzialisten und bei Adornos Definition von Aufklärung.
Ein Originalauszug der Kernstelle des Textes von Hegel beschreibt die Arbeit des Knechts auf Seite 52: „Die Arbeit hingegen ist gehemmte Begierde, aufgehaltenes Verschwinden, oder sie bildet. Die negative Beziehung auf den Gegenstand wird zur Form desselben, und zu einem Bleibenden; weil eben dem Arbeitenden der Gegenstand Selbständigkeit hat. Diese negative Mitte oder das formierende Tun ist zugleich die Einzelnheit oder das reine Fürsichsein des Bewußtseins, welches nun in der Arbeit außer es in das Element des Bleibens tritt; das arbeitende Bewußtsein kommt also hierdurch zur Anschauung des selbstständigen Seins als seiner selbst.“
Hegel belässt es nicht ausschließlich bei der Dialektik von Arbeitendem und Gegenstand, also Subjekt und Objekt. Er erweitert zusätzlich zur Subjekt-Objekt-Dialektik das Szenario um zwei Rollen: Derjenige, der arbeitet, hat in Hegels Gedankenexperiment die Rolle des Knechts und arbeitet auf Anweisung eines Herrn. Diesem Herrn stellt sich das Produkt der knechtischen Arbeit nicht als Arbeitsgegenstand dar. Denn in dem Moment, in dem der Knecht am Ding arbeitet, muss der Herr dies nicht tun. Folglich kann der Herr das Produkt nur nutzen. Der Knecht jedoch hat sich in der Arbeit seine Selbständigkeit als Subjekt gegenüber dem Ding, dem Objekt, zur Anschauung gebracht. Diese Möglichkeit entgeht dem Herrn, da er ja nicht am Ding arbeitet. Während der Herr also passiv bleibt und lediglich konsumiert, hat der Knecht die Möglichkeit, sich selbst als ein Arbeitstätiger zu erkennen.
Bleiben wir jedoch noch bei der Subjekt-Objekt-Dialektik im ersten Sinne. Wir können die Dialektik auf die Gestaltung des eigenen Lebens und die eigene Identität übertragen:
Erörtern Sie: Ab wann kann ich überhaupt davon sprechen, Bestimmer über mein eigenes Leben zu sein?
Der Autor dieses Textes hatte Ihnen zu Beginn einen Arbeitsauftrag gegeben. Überlegen Sie im Sinne der Herr-Knecht-Dialektik, wer von Ihnen nun der Selbständigere mit Bezug auf die Knetleistung ist.
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„Jodelschnepfe! Winselstute!“: Bei späteren Autoren tritt der Entwurf des eigenen Lebens als „Objekt“ der Arbeit auf. Betrachten Sie das Video von Loriot und erörtern Sie: Welche Personen können sich als Subjekt ihres Handelns verstehen? Woran erkennen wir dies? Diskutieren Sie diese Fragen im Kommentarbereich.
Weitere Materialien zu Hegel:
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Hegel: Einführung in sein Denken (Quelle: youtube.de)
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Es gab die historische Epoche der Aufklärung, aber es gab auch danach totalitäre Regime und Weltkriege. Wie kann das sein? Müssten nicht mündige Menschen, wie Immanuel Kant es in Zum Ewigen Frieden beschreibt, keinen Krieg wollen, besonders nach den neuen Gründen, die die Aufklärung aufgestellt hat, nämlich vernunftbegründete Bürger- und Menschenrechte?
Adorno und Horkheimer formulieren 1944 eine These dazu: Aufklärung hebelt sich selbst aus, schreiben sie in ihrer Dialektik der Aufklärung. Denn in der Epoche der Aufklärung entstand auch ein neues Wirtschaftssystem, eines, das auf Marktwert und Arbeitsteilung beruht, und das, so Adorno und Horkheimer, in einer Weise um sich greift, in der letztlich alles durch einen Marktwert, durch seine Qualität als Handelsgut betrachtet wird. Dazu kommt die Entwicklung der Einzelwissenschaften, die ebenfalls gemäß des Prinzips der Arbeitsteilung auf ihre jeweiligen Forschungsgegenstände konzentriert sind. Diese Vereinzelung der Arbeitsbereiche birgt ein Problem: Während beispielsweise ein Maschinenbauer im Rahmen seiner Einzelwissenschaft so aufgeklärt wie nur möglich agiert, bietet ihm diese Einzelwissenschaft nicht die Möglichkeit, sein eigenes Tun kritisch zu beleuchten. Dies führt zur Verabsolutierung des Gedankens des vernunftgeleiteten wissenschaftlichen Fortschritts. Beispielsweise in Form eines Technikfetischs: Die monumentalen technischen Großanlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus sind Zeugnis für eine solche Entwicklung.
Zwar baut heutzutage niemand mehr so große Kanonen, aber Beispiele dafür, dass Technik als Selbstzweck verwendet wird, lassen sich einfach finden. Die überflüssige Powerpoint-Präsentation zu einem dünnen Referatsthema ließe sich anführen. Und vielleicht, so könnte man überlegen, werden sogar zwischenmenschliche Handlungen und Zuneigung in Form des gegenseitigen Markthandels gebracht, indem sie, durch die Anzahl der „Gefällt mir“-Klicks aufgewertet, zwischen Nutzerprofilen in sozialen Netzwerken hin-und hergeschoben werden. Die Rede vom Steigern des „Marktwertes“ einer Person spricht für sich. Neuerdings lässt sich Philosophie selbst in Magazinform – mit Sammelkarten – kaufen.
Adorno und Horkheimer: Aufgaben und Materialien zur Vertiefung
Die Behandlung der Dialektik der Aufklärung setzt voraus, dass Sie bereits ein wenig Vorwissen zum Themenfeld Aufklärung haben. Unsere Beiträge zur Literatur der Aufklärung und den Revolutionen im 18. und 19. Jahrhundert können hilfreich sein, ein Grundverständnis für das Thema zu bekommen. Wenn Sie so weit sind, können Sie mit einer freien Erörterung über den empfundenen Zustand der Gesellschaft einsteigen:
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Etwas konkreter wird die Problematik der Verselbständigung der Einzelwissenschaften in Patrick Süskinds Das Parfüm erkennbar. Der Protagonist, Grenouille, steht hier sinnbildlich für einen Wissenschaftsbetrieb, der sich selbst als höchstes Ziel setzt und die Interessen der Menschheit übergeht.
Versuchen Sie, die Geschichte Grenouilles anhand der Filmvorschau kurz zusammenzufassen.
Beurteilen Sie: Ist Grenouille ein guter Wissenschaftler?
Dora war eine Kanone der Wehrmacht, benötigte zwei parallele Gleise zum Fahren und wog 1.350 Tonnen. Das Geschütz wurde bei nur einem einzigen Angriff eingesetzt.
Benennen Sie: Welche Gefühle stellen sich beim Betrachten des Bildes ein?
Benennen Sie die einzelnen Elemente im Bild.
Was ist der Zweck eines solchen Geschützes?
Wie stellen Sie sich den Einsatz vor? Erörtern Sie: Was könnte die Motivation gewesen sein, ein solches Geschütz zu bauen? Erörtern Sie auch: Wie muss das Selbstbild eines Ingenieurs sein, um ein solches Geschütz zu entwerfen?
Diskutieren Sie: Würden Sie einen solchen Ingenieur als aufgeklärt bezeichnen?
„Es gibt kein aufgeklärtes Zeitalter, sondern nur ein Zeitalter der Aufklärung“. Entwickeln Sie ein Programm, um Aufklärung in der Gesellschaft zu sichern. Wie müssten Schule und Erziehung funktionieren?
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Die „Erziehung zur Mündigkeit“ ist, besonders durch den Beitrag „Erziehung nach Auschwitz“, zu einem Klassiker der Erziehungswissenschaften geworden. Aufbauend auf die Kritische Theorie entwickelte sich die kritische Erziehungswissenschaft. Die Interviews sind auch als Printausgabe bei Suhrkamp erschienen.
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Geduldiges, sehr persönliches und theoretisches Portrait des Philosophen und Soziologen aus dem Jahr 1989.
Theodor W. Adorno und Max Horkheimer: Biografische Daten
Theodor W. Adorno (1903 – 1969), einer der wichtigsten Vertreter der kritischen Theorie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Max Horkheimer (1895 – 1973), nach dem Krieg Wieder-Errichter des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt und Rektor der dortigen Universität, Mitgründer der Kritischen Theorie.