Aus unserer Serie: Einführung in die Philosophie
Letztlich begründet durch den Englischen Bürgerkrieg 1642 und durch das Wegbrechen feudaler Strukturen entsteht ein Problem: Wie kann man das Verhältnis von beiden, von Bürgern zueinander, aber auch von Staaten zueinander, denken? Thomas Hobbes veröffentlicht 1651 sein Hauptwerk Leviathan. In ihm versucht er ähnlich radikal wie Descartes von allen überkommenen Vorstellungen darüber, wie Staat und Bürger zueinander stehen, abzusehen. Dazu konstruiert er ein Gedankenexperiment: Der Naturzustand, ein hypothetischer Zustand, in dem die Menschen noch ohne Kultur leben, liefert ihm die Ausgangslage für eine Einschätzung der menschlichen Natur.
Für den Menschen im Naturzustand entwickelt er folgendes Argument: Der Mensch, sofern ihn keine Wirtschaft oder Autorität in kulturell bedingte Schranken verweist, ist in erster Linie an der Sicherung der eigenen Bedürfnisse interessiert. Dies kann zu Interessenkonflikten zwischen einzelnen Menschen führen, zum Beispiel, wenn zwei das Gleiche besitzen möchten. Doch wessen Konkurrenz hat ein Mensch zu befürchten? Prinzipiell, so Hobbes, die Konkurrenz aller einzelnen Mitmenschen. Denn alle sind gleich in ihrer Fähigkeit, den anderen zu besiegen. Ebenso ähneln sich die Bedürfnisse aller Menschen, eben weil alle Menschen gleich sind. Wie jedoch kann ich meine Bedürfnisbefriedigung sichern, wenn ich prinzipiell fürchten muss, auf Schritt und Tritt anderen zu begegnen, die mich betrügen, angreifen und besiegen oder sonstwie aus eigenem Interesse benachteiligen?
Die Lösung ist so einfach wie naheliegend: Indem ich selber betrüge, angreife oder benachteilige. In einem Zustand, in dem alle prinzipiell gleich sind, stehen diese Möglichkeiten jedem Einzelnen offen. So entsteht ein Krieg jedes Einzelnen gegen jeden Einzelnen. Aufgrund der Furcht und dem Argwohn, die uns allen gemein sind, sind wir alle versucht, Erstschläge gegen die anderen zu verüben. Durch die andauernde Konkurrenz wird das menschliche Zusammenleben zu einer Qual: Grund genug, wie Hobbes es nahelegt, seine Freiheit an einen starken Herrscher abzutreten, der durch einen Vertrag gerechtfertigt herrschen darf, um Ordnung zu schaffen.
Immerhin: Indem Hobbes annimmt, dass im Naturzustand alle Menschen gleich sind entwirft er eine Haltung, die die weithin vertretene Vorstellung vom Gottesgnadentum problematisiert. Später entsteht daraus die Vorstellung von Gleichheit als unveräußerlichem Gut. Bereits 1776 findet sich das Prinzip in den Grundrechten von Virginia, der ersten Staatsverfassung in Amerika: „Alle Menschen sind von Natur aus gleichermaßen frei und unabhängig und besitzen gewisse angeborene Rechte […]“, heißt es dort.
Thomas Hobbes: Ideen für weiteres Philosophieren
Zur Heranführung an den Gedanken zum Naturzustand kann dieser Film dienen. Allerdings beinhaltet das Material die Schwierigkeit, dass die Figuren im Film stellenweise durch Körpersprache und Gestik kommunizieren, also ein Naturzustand im strengen Sinne nicht dargestellt wird. Hiermit ist bereits ein Problem für eine Rousseau-Erarbeitung angebahnt: Steht die Musiktruhe im Film nicht vielleicht schon für Kultur?
Aufgaben:
- Fassen Sie die Handlung kurz zusammen. Welche Elemente gibt es?
- Interpretieren Sie das gesamte Geschehen.
- Zu welchen Schlüssen kommen Sie? Finden Sie weitere Beispiele für Ihre Schlüsse.
Diskutieren Sie diese Aufgaben mit Lesern, die die Position von Jean-Jacques Rousseau bevorzugen, im Kommentarbereich.
Bei einem Flugzeugabsturz strandet eine Gruppe Kinder auf einer verlassenen Insel. Nach einem Roman von William Golding
Aufgabe:
- Beschreiben Sie die Dynamik, die sich unter den Jugendlichen auf der Insel entwickelt.
„Denker des Abendlandes“ über Locke und Hobbes (Quelle: www.youtube.com)
Willi Vossenkuhl und Harald Lesch im Gespräch über beide Philosophen. Besondere Stärke ist die Verortung der Philosophen in ihrem historischen Zusammenhang.
Thomas Hobbes: Biografische Daten
Thomas Hobbes (1588 – 1679), Mathematiker, Staatstheoretiker und Philosoph aus England, gilt als Begründer des aufgeklärten Absolutismus. Seine Hauptwerke sind De Cive und Leviathan. Thomas Hobbes gilt neben John Locke und Jean-Jacques Rousseau außerdem zu den bedeutendsten Vertragstheoretikern seiner Zeit.
Ausführliche Biografie zu Thomas Hobbes (Quelle: www.biography.com)
Kurzbiografie zu Thomas Hobbes (Quelle: www.zeno.org)
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