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Unsere Leitkultur heißt Bauchgefühl

Populisten geben primitive Antworten auf komplexe Fragen. Wenn sich weltweit – auch in Deutschland – so viele Menschen von ihnen angesprochen fühlen, müssen wir dringend unsere Kommunikationsformen ändern.

© Andreas Rentz/Getty Images

Die Populisten, ach – wir haben uns doch inzwischen schon fast an sie gewöhnt. Ihre Peinlichkeiten, Entgleisungen, irren Ansichten sind Alltag. Sie beginnen uns zu langweilen. Zumindest sind wir uns einig, wie am besten mit ihnen umzugehen ist: Wir machen uns über sie lustig. Einerseits erregen wir uns zwar weiterhin und vollkommen zu Recht über ihre Forderungen, ihre Vorhaben und – wo sie an der Macht sind – ihre Entscheidungen. Andererseits – was für Idioten! Donald Trump ist natürlich ihr Obertrottel. Längst gibt es ganze Witze-Seiten über ihn im Netz. Weiter„Unsere Leitkultur heißt Bauchgefühl“

 

Zum Amüsieren fehlt mir die Lust

Es gibt viel schönere Dinge, als mit irgendwelchen Männern die Laken zu zerwühlen. Verschont mich also mit Dating-Quatsch. Und: Danke, es geht mir gut.

Copyright: Matt Glm/unsplash.com

Es gibt so viele Worte für sexuelle Orientierungen, dass nichts mehr normal scheint. Die Freiheit, alles sein zu können, führt zum Zwang, etwas sein zu müssen. Als ich zum ersten Mal den Begriff „sapiosexuell“ las, lachte ich noch laut. Sexuelles Begehren, das eher durch den Intellekt des anderen als durch äußerliche Attraktivität ausgelöst wird. Ach was. Für wen etwas anderes gilt, betreibt im Übrigen Downdating. Mit Menschen ins Bett gehen, die sozial und intellektuell unter einem stehen (aber geil aussehen!). Weiter„Zum Amüsieren fehlt mir die Lust“

 

Wir nannten es Erholung

Das große Kind kotzt schon im Auto zum Flughafen. Das Baby wacht morgens um fünf Uhr auf. Und dann auch noch die Schwiegereltern! Über die Tücken des Familienurlaubs

© Ciprian Boiciuc / unsplash.com (https://unsplash.com/)

Das Wichtigste am Familienurlaub mit kleinen Kindern ist, nicht mit der Erwartung zu fahren, sich zu erholen, dann kann man auch nicht enttäuscht sein, und es gibt hinterher keine Vorwürfe. Im Urlaub fehlt die Entlastung durch den Kindergarten, aber vor allem hat man nicht die Ausrede, arbeiten zu müssen, dadurch ziehen sich die Tage in die Länge wie Kaugummi, was im Urlaub ja eigentlich von Vorteil wäre, wenn man irgendetwas davon hätte. Schon im Taxi zum Flughafen muss der Kleine „spucken“, und wir haben für die kurze Strecke nicht an eine Tüte gedacht. Weiter„Wir nannten es Erholung“

 

Es brennt

Wenn es knistert, raucht und qualmt, gerät unsere Autorin in Panik. Sie hat schreckliche Angst vor Feuer. Das hat auch mit Enid Blyton zu tun.

Copyright: chuttersnap/unsplash.com

Ich muss noch sehr klein gewesen sein, als ich einmal von den meiner Meinung nach nettesten Freunden meiner Eltern eine Hörspielkassette geschenkt bekam. Sie hieß Geheimnis um einen nächtlichen Brand und war eine Adaption des gleichnamigen ersten Romans der Geheimnis um…-Serie von Enid Blyton. Ich konnte den Titel auf der Kassette noch nicht lesen, erfuhr aber beim Hören schnell worum es ging. Die fünf Spürnasen von Peterswalde klären als ihren ersten Fall den nächtlichen Brand im Gartenhaus von ihrem Nachbarn Herrn Schluck auf. Beim Hören dieser Kassette manifestierten sich gleich zwei Dinge in mir, die mich bis heute begleiten. Erstens meine Liebe zu Enid Blyton und zweitens meine Arsonphobie: die krankhafte Angst vor Feuer. Weiter„Es brennt“

 

Mein Herz ist in Hamburg

Die Demonstranten gegen G20 sind keine Chaoten. Sollen sie etwa nicht anreisen? Sollen sie etwa nicht wütend sein? Hoffentlich passiert ihnen nichts.

© AFP/ John MacDougall

Beim Recherchieren, was einen lieben Freund beim Protest gegen den G20-Gipfel erwartet, und im Versuch, ihm ein Piratenshanty for the road zu dichten, fällt mir schlagartig auf, wie krass sie sind, nämlich die, die da losziehen, trotz der Warnungen und Verlockungen, man sollte doch lieber wie andere Menschen bequem und ignorant und eventuell auch etwas ängstlich dem Alltag nachgehen. Diese Leute sind die besten, die Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat, sozusagen die Crème de la Crème der Jugend. Weiter„Mein Herz ist in Hamburg“

 

Anarchie? Dann doch lieber die Mücke machen!

Als Einzelner nicht den politischen Machtstrukturen ausgeliefert zu sein, ist eine Utopie. Aber Freiheit für alle? Das könnte ziemlich fatal enden.

© Arthur Poulin/unsplash.com (https://unsplash.com/@barchpou)

Stell dir vor, du wachst eines Morgens auf, nicht in deinem Bett, sondern auf einem Heuhaufen in einem Holzverschlag. Noch im Halbschlaf spürst du, wie sich das Stroh in deinen Rücken bohrt, deshalb rekelst du dich hin und her. Als du die Lider öffnest, blickst du in die Augen eines Gorillas, nicht irgendeines, sondern in die tief liegenden, undurchdringlich schwarzen eines Silberrückens. Weiter„Anarchie? Dann doch lieber die Mücke machen!“

 

Unser Freund, der Baum

Bäume vor dem Balkonfenster gaukeln immerhin ein wenig Idylle vor. Aber was, wenn die Stadt sie abholzen will? Dann bangen wir nicht nur um das lauschige Grün.

© Mad House/Unsplash.com

Erst war uns noch nicht klar, was das bedeutete: Der Baum war gar nicht tot. (Unser Baum, von dem wir annahmen, er würde zu den vom Grünflächenamt ausgewählten Kandidaten gehören und gefällt werden müssen.) Es ist gut, einen Baum vor dem Haus zu haben. Wir haben es auch L. zu erklären versucht, der allerdings behauptete, Bäume vor dem Haus zu haben, empfände er als irgendwie „unsauber“. Bäume im Libanon, zum Beispiel in Beirut, woher L. stammt, erscheinen dort zunehmend als irrealer Luxus, der die Stadt daran hindert, sich aller Räume zu bemächtigen, die Geld einbringen und für höhere Mieteinnahmen sorgen. Entwicklungen, unter denen L. jetzt in München so furchtbar leidet. Er wohnt in einer Wohnung, die so klein ist, dass wir ihn leider nicht besuchen können, da er eigentlich nur über einen einzigen Schlafplatz verfügt. Trotzdem sind wir natürlich erleichtert und glücklich: Der Baum hat überlebt. Weiter„Unser Freund, der Baum“

 

Das Bad perfekt entkalkt, die Haare atemberaubend voluminös

Frauen brauchen feinere Poren und straffere Haut, Männer brauchen Uhren und den perfekten Espresso. Werbung produziert ständig Geschlechterklischees. Eine Collage

© Sebastian Kahnert/dpa

1. In der Welt aus Kristall glänzt meine lebendige Haut. Die Natur gibt mir Kraft. Granatapfel strafft mir die Falten. Meine Haare sind lang und atemberaubend voluminös. Das Bad ist entkalkt und gereinigt. Aus der Dusche kommt das seidenweiche Perlwasser. Es fließt entlang meiner spürbar zarten Haut. In der Waschmaschine dreht sich die kuschelig weiche Wäsche. Du musst das Altern aufhalten. Jetzt brauchst du mehr Ausstrahlung, straffere Haut, ein glatteres Gesicht, feinere Poren. Weiter„Das Bad perfekt entkalkt, die Haare atemberaubend voluminös“

 

„Wir haben euch was mitgebracht: Hass, Hass, Hass.“

Fankurven im Fußballstadion sind ein Spiegel der Gesellschaft. Wenn die Minderheit zu toben beginnt, erstarren die Friedfertigen in hilfloser Bestürzung.

Szene aus dem Championsleague-Endspiel Bayern München gegen Chelsea im Mai 2012, © Alex Livesey/Getty Images

Ich bin leidenschaftlicher Anhänger des 1. FC Kaiserslautern und fahre gelegentlich zu Auswärtsspielen, wo ich über mein Lieblingsthema nachdenke – die Barbarei. Mein letztes Auswärtsspiel ist eine Weile her; ich ging mit Freunden zum Spiel gegen Ingolstadt und zwar in der Saison, bevor „die Schanzer“ in die erste Bundesliga aufstiegen. Unwichtig. Es zählt einzig, dass ich viel über Barbarei nachgedacht habe. Weiter„„Wir haben euch was mitgebracht: Hass, Hass, Hass.““

 

Wenn der Sohn sich den Schulranzen mit dem Einhorn wünscht

Rosa nur für Mädchen, blau nur für Jungs?! Eltern sind froh, wenn das eigene Kind diese blöde Gender-Regel ignoriert. Und etwas Angst haben sie leider trotzdem.

Gender-Regeln: Wenn der Sohn sich den Schulranzen mit dem Einhorn wünscht
© Snev Rotbok/EyeEm

Das ist einer dieser großen Momente, einer, von denen man als Eltern träumt. Oder ich träume ihn und interpretiere zu viel hinein, wie wir Eltern es immer tun, wenn die eigenen Erinnerungen übermannen und man das Kind, das man einmal gewesen war, mit dem eigenen Kind verwechselt. Jedenfalls träume ich diesen Moment, und mein Sohn tut es auch: Der Moment, in dem der Bald-Erstklässler seinen Schulranzen bekommt. Der Bald-Erstklässler kann es nicht erwarten, einen Schulranzen auf seinem Rücken und eine Schultüte in seinen Händen zu tragen, er will „Schulkind“ und „erste Klasse“ sagen dürfen, er will Hausaufgaben machen dürfen, und er ahnt nicht, dass dieser Wunsch nicht lang anhalten wird. Mein Sohn sagt, wir müssten jetzt seinen Schulranzen kaufen, er sagt „endlich mal“ dazu, und er sagt, er will den, den er letztens gesehen hat, den mit dem Einhorn drauf. In Lila. Weiter„Wenn der Sohn sich den Schulranzen mit dem Einhorn wünscht“