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Gehirn im Standbymodus

Gewalt, Sex, Saufen, politisch reichlich fragwürdig. Wer ein bisschen Verstand hat, sollte „Game of Thrones“ nicht mögen. Unsere Autorin guckt es dennoch. Wegen der AfD.

© HBO
© HBO

Wenn Game of Thrones läuft, sind mein Freund, mein Mitbewohner und ich aufgeregt und feierlich und sehr still, ohne sonst Teil der freakigen großen Fantasycrowd zu sein. Wir lassen uns nur gerne unterhalten und trinken dazu Bier. Bei Game of Thrones wird nämlich auch viel getrunken, es wird außerdem viel gevögelt, manchmal werden Menschen geköpft, man schlägt ihnen das Gesicht ein, man vergewaltigt sie, man sieht Brüste, Psychopathen und sterbende Helden. Weiter„Gehirn im Standbymodus“

 

Der kritische Konsument – die Pest des 21. Jahrhunderts

Wer die Krise – nicht nur – der SPD immerzu mit angeblich verratenen Idealen erklärt, argumentiert nicht nur populistisch. Er redet auch dem Wutbürgertum das Wort.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel © Sean Gallup/Getty Images
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel © Sean Gallup/Getty Images

Wir leben europaweit in einer Phase des verschärften Populismus, und zu unser aller Überraschung haben wir das Problem nun auch in Deutschland. Wohin das alles politisch und gesellschaftlich führen wird, ist nicht klar. Tatsächlich scheint es vorläufig zwei Lager zu geben, die einen, die auf Stabilität setzen (alles soll so weitergehen wie bisher), und die anderen, die ihren Wutgefühlen freien Lauf lassen (wehe, wenn es so weitergeht), wobei die Frage ist, ob das wirklich zwei Lager sind, oder ob die Leute beides zugleich wollen. Weiter„Der kritische Konsument – die Pest des 21. Jahrhunderts“

 

Was haben Sie angerichtet, Herr Vogel?!

Das Urteil zur VG-Wort-Ausschüttung wird Verlage zerstören. Ein offener Brief an den Mann, der das Verfahren auslöste und so tut, als stünde er aufseiten der Autoren

VG-Wort: Was haben Sie angerichtet, Herr Vogel?!
© Julia Klug

Lieber Martin Vogel,

seit Tagen frage ich mich, ob Sie eigentlich wissen, was Sie da angerichtet haben. Und ich frage mich, ob Sie sich tatsächlich darüber freuen können, Recht zugesprochen bekommen, aber eine Schneise der Verwüstung in der deutschen Verlagslandschaft hinterlassen zu haben. Weiter„Was haben Sie angerichtet, Herr Vogel?!“

 

Da schwappt der Zellcode

Klassikerverehrung kann man belächeln. Oder beim Übersetzen entdecken, dass William Shakespeare, der vor 400 Jahren starb, über Klonen und Speichermedien schrieb.

© Leon Neal/Getty Images
© Leon Neal/Getty Images

Shakespeare everywhere – in Englands Buchläden liegen sie auf Tischen aus, die x neuen Ausgaben seiner Werke für Erwachsene, Kinder, Jugendliche, umgeben von Barden-Tassen und Barden-Geschirrtüchern, begleitet von Ausstellungen, Festivals, Aufführungen. Ein Sommer voller Shakespearedramen, Shakespeareliedern erwartet uns. 400. Todestag, denkt man, hat man ihn also wieder hervorgekramt, den Elisabethaner, betreibt Klassikerverehrung und etwas nationale Selbstversicherung gleich dazu? Weiter„Da schwappt der Zellcode“

 

Wann ist ein Held ein Held?

Menschen stürzen sich von Klippen oder paddeln durch Stromschnellen – und halten sich für mutig. So ein Unsinn! Dabei brauchen wir echte Courage heute mehr denn je.

© Getty Images
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Helden! Mut! Heldenmut! In der Waldorfschule wurden uns die schönsten Biografien erzählt. Einige handelten von Heldentaten. Man versprach sich davon, dass wir uns ein Beispiel daran nehmen würden. Die Methode ist nicht ganz verkehrt, positive Leitbilder können nicht schaden. Immer wieder habe ich versucht, wie Einstein zu rechnen und wie die Callas zu singen. Versucht. Umgekehrt hätte es wahrscheinlich besser geklappt. Weiter„Wann ist ein Held ein Held?“

 

Jetzt ist er wirklich wieder da

Die kommentierte Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ steht auf Platz 1 der Bestsellerliste. Erstaunlich, wie viele politikinteressierte Leser es neuerdings doch gibt.

Adolf Hitler: Jetzt ist er wirklich wieder da
© Johannes Simon/Getty Images

Memoiren, da können wir von den US-Amerikanern einiges lernen, sind das literarische Genre, das auch in Zeiten der ständig proklamierten Buchmarktkrise zieht: Erinnerungen von Menschen, die uns glauben machen, sie hätten viel erlebt, Staatsmänner zum Beispiel, aber auch das ganz Private steht hoch im Kurs, Schicksalsgeschichten, die uns ans Herz gehen. Weiter„Jetzt ist er wirklich wieder da“

 

Zerstören können wir uns nur selbst

Der Terror wollte die Stadt ins Herz treffen. Geht man heute durch Paris, spürt man aber eines: den Willen, sich das eigene Lebensgefühl nicht nehmen zu lassen.

© Bertrand Guay/Getty Images
© Bertrand Guay/Getty Images

Paris und Umgebung im Frühjahr: Das dritte Jahr in Folge darf ich es nun erleben, für jeweils zehn Tage, der Anlass sind Schreibworkshops im Deutschunterricht an hiesigen Schulen. Es handelt sich also um Reisen von der Art, die mir am liebsten ist – weil ich nicht nur als Tourist unterwegs bin, sondern mir einbilden kann, zumindest für die kurze Dauer fast ein Teil des normalen Lebens hier zu sein. Ich fahre an die collèges und lycées, mit Metro und RER wie ein Berufspendler, bei schönem Wetter auch mit einem Vélib’-Fahrrad; ich bin in den Klassen und unterrichte; eine Freundin überlässt mir, solange ich hier bin, ihre winzige Wohnung im 20. Arrondissement. In der Stadt, in der die Ausflugsschiffe auf der Seine schon heute Catherine Deneuve heißen. Weiter„Zerstören können wir uns nur selbst“

 

Die Elefantenrutsche, die große Gebärerin

Auf Spielplätzen lässt sich so gut wie alles über das Leben lernen: Wer ohne Angst rutscht, hatte eine einfache Geburt. Und Hangelbögen? Verschaffen Erlösung.

© Jochen Schmidt
© Jochen Schmidt

Habe ich früher auf Reisen Bildungslücken schließen wollen oder Lebensmittel essen, die man bei uns nicht kannte, so interessieren mich inzwischen immer mehr die örtlichen Spielplätze, wobei ich hier in Osteuropa aufregendere Entdeckungen mache, da dort vieles noch erhalten ist, was bei uns nicht mehr der Norm entsprechen würde. Weiter„Die Elefantenrutsche, die große Gebärerin“

 

„Die blauen Meereswellen allein, das genügt oft nicht“

Was hat die Serie Captain Future, mit der eine ganze Generation in eine hoffnungssatte Zukunft flog, mit deutschem Schlager gemeinsam? Den Komponisten Christian Bruhn.

  © Peter Kneffel/dpa

© Peter Kneffel/dpa

Mit dem Beginn der großen Ferien änderte sich mein Leben im Oberpfälzer Oberviechtach jedes Jahr aufs Neue von heute auf morgen komplett. Plötzlich hatten die Tage ihre Taktung verloren. Die Uhrzeiten, auf die ich sonst genauestens achtete (spätestens um sieben aufgestanden sein!, spätestens um zehn vor acht im Klassenzimmer sein!, spätestens um neun im Bett sein!, und so weiter), besaßen mit einem Mal keinerlei Bedeutung mehr. Stattdessen schob sich nach und nach eine andere Ordnung in den Vordergrund, wurden Wörter wichtig, die mir im restlichen Jahr ziemlich egal waren, „Einkaufen“ und „Kochen“ beispielsweise; damit verknüpft: „Metzgerei“. Weiter„„Die blauen Meereswellen allein, das genügt oft nicht““

 

Echt ne super Personality, Gandhi

Castingshows: schrecklich. Sollen dort Vorbilder für die Jugend entstehen? Und was wäre passiert, wenn historische Figuren dabei schon mitgemacht hätten?

Castingshows: Echt ne super Personality, Gandhi
© Andreas Rentz/Getty Images

Ich versteh das mit den Castingshows nicht. Versteh ich nicht. Muss ich auch nicht. Bin zu alt zum Verstehen, ich gehe jetzt zum „damals“ und „früher“ sagen über und nenne das Kulturkritik. Ich drehe die Heizung ganz auf und lache, wenn sie pfeift und der langjährige Partner wie jedes Jahr sagt: „Schatz, die Heizung spielt unser Lied!“

Ich muss nicht mehr alles verstehen. Schön. Bald fange ich an, nur noch über die Zeiten zu schreiben, in denen Windeln noch hart wie Bretter waren, das Brot noch voller Ballaststoffe, ohne dass der Verbraucher es wusste, als „selten so eine Scheiße gehört“ noch kein Kommentar war, sondern einfach Gepöbel.

Weiter„Echt ne super Personality, Gandhi“