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Die Elefantenrutsche, die große Gebärerin

Auf Spielplätzen lässt sich so gut wie alles über das Leben lernen: Wer ohne Angst rutscht, hatte eine einfache Geburt. Und Hangelbögen? Verschaffen Erlösung.

© Jochen Schmidt
© Jochen Schmidt

Habe ich früher auf Reisen Bildungslücken schließen wollen oder Lebensmittel essen, die man bei uns nicht kannte, so interessieren mich inzwischen immer mehr die örtlichen Spielplätze, wobei ich hier in Osteuropa aufregendere Entdeckungen mache, da dort vieles noch erhalten ist, was bei uns nicht mehr der Norm entsprechen würde. Weiter„Die Elefantenrutsche, die große Gebärerin“

 

„Die blauen Meereswellen allein, das genügt oft nicht“

Was hat die Serie Captain Future, mit der eine ganze Generation in eine hoffnungssatte Zukunft flog, mit deutschem Schlager gemeinsam? Den Komponisten Christian Bruhn.

  © Peter Kneffel/dpa

© Peter Kneffel/dpa

Mit dem Beginn der großen Ferien änderte sich mein Leben im Oberpfälzer Oberviechtach jedes Jahr aufs Neue von heute auf morgen komplett. Plötzlich hatten die Tage ihre Taktung verloren. Die Uhrzeiten, auf die ich sonst genauestens achtete (spätestens um sieben aufgestanden sein!, spätestens um zehn vor acht im Klassenzimmer sein!, spätestens um neun im Bett sein!, und so weiter), besaßen mit einem Mal keinerlei Bedeutung mehr. Stattdessen schob sich nach und nach eine andere Ordnung in den Vordergrund, wurden Wörter wichtig, die mir im restlichen Jahr ziemlich egal waren, „Einkaufen“ und „Kochen“ beispielsweise; damit verknüpft: „Metzgerei“. Weiter„„Die blauen Meereswellen allein, das genügt oft nicht““

 

Echt ne super Personality, Gandhi

Castingshows: schrecklich. Sollen dort Vorbilder für die Jugend entstehen? Und was wäre passiert, wenn historische Figuren dabei schon mitgemacht hätten?

Castingshows: Echt ne super Personality, Gandhi
© Andreas Rentz/Getty Images

Ich versteh das mit den Castingshows nicht. Versteh ich nicht. Muss ich auch nicht. Bin zu alt zum Verstehen, ich gehe jetzt zum „damals“ und „früher“ sagen über und nenne das Kulturkritik. Ich drehe die Heizung ganz auf und lache, wenn sie pfeift und der langjährige Partner wie jedes Jahr sagt: „Schatz, die Heizung spielt unser Lied!“

Ich muss nicht mehr alles verstehen. Schön. Bald fange ich an, nur noch über die Zeiten zu schreiben, in denen Windeln noch hart wie Bretter waren, das Brot noch voller Ballaststoffe, ohne dass der Verbraucher es wusste, als „selten so eine Scheiße gehört“ noch kein Kommentar war, sondern einfach Gepöbel.

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Das Vertrauen verteidigen

Der Glaube daran, dass andere Menschen uns freundlich gesinnt sind, ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Was tut man, wenn dieser Kitt brüchig wird?

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© Carsten Koall/Getty Images

Vor Jahren las ich einen Artikel über eine Studie, die mir der ungewöhnlichen Kombination ihrer Themen wegen in Erinnerung blieb. Es ging um Konsumsteigerung – und um Vertrauen. Man hatte Paare gebildet und jeweils einem der Probanden eine nennenswerte Summe Geld zur Verfügung gestellt. Er durfte frei entscheiden, wie viel dieses Geldes er seinem Partner übergab, damit dieser es anlegte. Der so erwirtschaftete Gewinn sollte geteilt werden. Weiter„Das Vertrauen verteidigen“

 

Im Bus immer hinten sitzen

Verändert der Terror unseren Alltag? Wird der Ausnahmezustand zur Normalität? Gedanken über die Anschläge von Brüssel und israelische Verhältnisse in Europa.

Brüssel: Im Bus immer hinten sitzen
Französischer Soldat am Pariser Flughafen Charles de Gaulle nach den Anschlägen in Brüssel (© Reuters/Philippe Wojazer)

Als in der Silvesternacht die Terrorwarnung für den Münchner Hauptbahnhof herausgegeben wurde, stand ich gerade mit einem Glas Sekt auf einem Münchner Dach und hatte keinerlei Angst. München, dachte ich, also jetzt hier, bei uns, dachte ich, und dann schrieb ich der Familie eine Nachricht, alles ist gut, sind nicht im Zentrum, und dann dachte ich noch, kalt ist es, kalt, aber so gehörte es sich ja für die Silvesternacht. Später wunderte ich mich noch, wie sich so viele in jener Silvesternacht in München wunderten, dass das Feuerwerk heuer, wie man hier sagt, so mickrig ausfiel, der Terror, ach ja. Das dachte ich mit dieser gewissen Überheblichkeit, mit der man diese Dinge denkt und mit der man andere beobachtet, die ihrer Familie immer wieder ihr Wohlergehen versichern, wenn man eine Zeitlang in Israel gelebt hat, wo die Angst vor dem Terror zum Alltag verkommt. Dieselbe Überheblichkeit mischte sich in die Ruhe, mit der ich überlegte, wie man denn am Besten nach Hause käme im Fall einer Terrorwarnung, zu Fuß, mit dem Auto, oder gar nicht, hier übernachten, und zu Hause hatte ich auch nicht das Gefühl von „endlich daheim“. Ich doch nicht, ich habe in Israel gelebt. Weiter„Im Bus immer hinten sitzen“

 

Die Folgen können tödlich sein

Vor Jahren glaubten wir, den Rechtsradikalismus überwunden zu haben. Nun müssen wir den Riss erkennen, der unser Land durchzieht. Er könnte nicht bedrohlicher sein.

© Tobias Schwarz/Getty Images
© Tobias Schwarz/Getty Images

Ein Haarriss ist eine potenziell wachsende statische Materialschwäche. Besonders gefährlich sind solche Risse, wenn sie sich unbemerkt vergrößern, um dann in einer plötzlichen Kettenreaktion zu eruptiven örtlichen Absprengungen und Stabilitätsversagen zu führen. Diese können in der Folge tödlich sein.

Immer wieder frage ich mich, wann das begonnen hat, wann wir es haben einreißen lassen; und warum es mich so unruhig macht, keinen Anfang zu finden, nicht zu wissen, ob und wann sich da irgendwo ein einzelner Haarriss in uns gebildet und unerbittlich weitergeschoben, immer tiefer gebohrt hat – bis nun täglich etwas von diesem Land absprengt. Bis Politiker fordern dürfen, mitten in Europa auf hundeelende Familien zu schießen. Und es damit zweistellig in die Länderparlamente schaffen, und zu Anne Will ins Studio. Bis Menschen sich im Netz ganz offen gegenseitig ins Gas wünschen. Oder johlend und klatschend dabeistehen, wenn Notunterkünfte in Flammen aufgehen. Weiter„Die Folgen können tödlich sein“