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„Ex Machina“

Ein futuristisches Kammerspiel mit Neo-Noir-Touch: Das Studio Kino zeigt das Regiedebüt des Schriftstellers Alex Garland.

Liebe auf den ersten Blick ist es gerade nicht, was den jugendlichen Programmierer Caleb (Domhnall Gleeson) mit der schönen Ava verbindet. Zwar ist die junge Frau (Alicia Vikander) nett und freundlich zu dem schüchternen Nerd, doch gibt es einen deutlich erkennbaren Grund dafür, dass Caleb auf ihren Charme zurückhaltend reagiert – weil nämlich unter ihrer transparenten Bauchdecke ein elektronisches Antriebswerk sichtbar wird. Zudem finden die Begegnungen der beiden unter sterilen Laborbedingungen statt. Drahtzieher ihrer bizarren Dates ist Calebs Vorgesetzter Nathan, ein enigmatisches – von Oscar Isaac (Inside Llewyn Davis) mit großer Coolness verkörpertes – Programmiergenie, das mit dieser Versuchsanordnung herausfinden will, wie selbstständig sein künstliches Geschöpf zu denken und zu handeln in der Lage ist. Das Regiedebüt des britischen Schriftstellers Alex Garland (The Beach), das im Studio und im Abaton anläuft, steht zunächst ganz in der Tradition seiner Science-Fiction-Drehbücher (Sunshine, 28 Years Later). Langsam erst wandelt es sich zu einer zarten Romanze – und dann zu einem Film noir. Ex Machina ist ein elegantes, stilsicher inszeniertes Gedankenspiel zur Mensch-Maschine-Symbiose, das sich klug auf wenige visuelle Spezialeffekte beschränkt.

 

„Härte“

Hart, nicht herzlich: Rosa von Praunheim kommt ins Abaton, um seinen Film über Karate-Champion und Zuhälter Andreas Marquardt vorzustellen.

Der Karate-Weltmeister Andreas Marquardt war über 20 Jahre lang Geldeintreiber, Zuhälter und Millionär in Berlin – bis er für acht Jahre eingebuchtet wurde. Härte heißt darum der Film, den Rosa von Praunheim über ihn gedreht hat. Er erzählt in einem halb dokumentarischen, halb nachgespielten Film die erschütternde Geschichte eines vielfach missbrauchten Menschen und seines außergewöhnlichen Lebenswegs, der ihn schließlich aus der Gewalt wieder zurück ins Leben führte.

Zur Hamburg-Premiere im Abaton kommen Rosa von Praunheim, der Protagonist Andreas Marquardt sowie die Hauptdarsteller Luise Heyer und Hanno Koffler, der im Film Marquardt verkörpert. Auch Jürgen Lemke, Diplom-Sozialpädagoge, Psychotherapeut und Coautor der Marquardt-Autobiografie, ist zu Gast.

 

Maft Sai & Chris Menist

Pop, Funk und Dub aus Thailand: The Paradise Bangkok Molam International Band flutet die MS Stubnitz mit feinstem Siam-Sound. 

Die beiden thailändischen DJs Maft Sai und Chris Menist haben sich mit der Compilation The Sound of Siam weltweit bei Ethno-Fans und Exotica-Freunden einen Namen gemacht. Sie haben die Pop-Musik Thailands aus den 1960er und 70er Jahren wieder zum Leben erweckt. Ihre zweite Veröffentlichung stellte dann traditionelle Molam-Musik aus dem Nordosten des Landes in den Mittelpunkt. Nun haben sie sich selbst ein Update verschrieben und eine Band zusammengestellt mit Christ Menist (Percussion), Kammao Perdtanon, dem „Jimi Hendrix der Phin“ (einer thailändischen Laute), und dem 72-jährigen Sawai Kaewsombat an der Khaen (eine Art große Harmonika aus Bambusrohren). Unterstützt von Bass und Batteria mischt die Paradise Bangkok Molam International Band die MS Stubnitz mit einer schwingenden Mixtur aus traditionellem Thai-Folk, Funk, Blues und Dub auf. Auf keinen Fall verpassen!

Text: Nik Antoniadis

 

„Electro Chaabi“

Wüsten-Dancefloor: Bei den „Arabischen Kulturwochen“ im Metropolis tanzt der Maghreb. Zum Auftakt läuft die Dokumentation „Electro Chaabi“.

Arabische Klänge, Hip-Hop und Electro-Groove: Im Verlauf des Arabischen Frühlings ist auch die Popmusik des Maghrebs aufgeblüht. Im Rahmen der Arabischen Kulturwochen in Hamburg ist dies im Kino nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen. Electro Chaabi (21. und 28.4.) beobachtet die Entstehung des inzwischen weltweit gefeierten Sounds aus den Vororten und Armenvierteln von Kairo. Woodstock in Timbuktu (Foto)(23./27.4. und 1.5.) führt auf das Festival au Désert, bei dem die Sahara-Tuaregs „Die Kunst des Widerstands“ üben. Ihre jährlich in Mali stattfindenden Treffen sind kein folkloristisches Entertainment, sie dienen auch zur Demonstration ihrer nomadischen Lebensweise. Von urbaneren Klängen berichtet City of Sounds (30.4.): Der Münchner Musiker Roman Bunka ist nicht nur ein begnadeter Virtuose auf der arabischen Laute, sondern auch ein talentierter Fremdenführer, der die Kinozuschauer auf einen Trip durch die Musikszene Kairos mitnimmt. Bis zum 3.5. zeigt das Metropolis acht Filme.

 

„Pullern im Stehn“

Berliner Punks, verlorene Literaturklassiker und vierbeinige Schnüffler: Drei Autoren erzählen bei drei Lesungen in Hamburg ihre Geschichten.

Früher der scheue Phil oder der schlaue FIL, ganz früher Philip Tägert, heute einfach FIL: Der Ur-Berliner Autor liest im Uebel & Gefährlich scharfzüngig aus seinem Roman Pullern im Stehn. Die Geschichte meiner Jugend, die sich im Wesentlichen im Märkischen Viertel abspielte, der Berliner Bronx, umgeben von Rockern, Beton, Gewalt, der Berliner Mauer, rätselhaften Mädchen und extremistischen Lehrern.

Wir müssen die Mühle unseres Vaters verkaufen heißt das Bühnengewitter, das Ben Everding im Hamburger Sprechwerk entfesselt. Dabei imitiert er große Literaten der Weltgeschichte von Goethe bis Kafka, wie sie sich mit einem angeblich verloren  gegangenen und glücklicherweise von ihm, Everding, wiedergefundenen philologischen Thema befassen. Erschütternd komisch und geistreich.

Im Ledigenheim in der Neustadt gibt Gunter Gerlach eine Krimilesung mit Hund, ein absurdes literarisches Spektakel über Lutz Brahms, halb Mensch, halb Hund, Musiker, Barmann in St. Pauli und Privatdetektiv, der sich von der Retriever-Dame Nofretete bei seinen kniffligen Fällen beraten lässt. Nofretete wird ebenfalls bei der Lesung anwesend sein.

Text: Nik Antoniadis

 

„Speed, Mud & Glory“

Alles außer bremsen: Das Abaton zeigt den neuen Film von Dee Dee Wallauer über den besten deutschen Speedway-Fahrer.

Der Münchner Filmemacher Dee Dee Wallauer wurde durch Ride On bekannt, seinen Film übers Surfen im Münchner Eisbach und an anderen Hotspots weltweit. In seiner neuen Arbeit Speed, Mud & Glory widmet er sich einer Außenseitersportart: dem Speedway-Rennen. Wallauer hat über einen Zeitraum von drei Jahren Fahrer in Deutschland, Großbritannien und Polen gefilmt, die mit ihren Motorrädern alles können – außer bremsen. Er ist mit ihnen zu Rennen gereist und hat jede Menge Dokumente gesammelt, die die große Vergangenheit dieses Actionsports anschaulich machen. Ganz besonders nah dran ist er an dem deutschen Speedway-Champion Martin Smolinski, den Wallauer von Rennen zu Rennen begleitet. Regisseur Wallauer wird bei der Hamburg-Premiere im Abaton zu Gast sein.

Speed, Mud & Glory – The Martin Smolinski Story – Documentary – Teaser from wallauer PICTURES on Vimeo.

 

Spaceman Spiff

Der Liedermacher spielt eine Solotour mit Cello-Begleitung. Den Abend im Knust eröffnen die Singer-Songwriter-Geschwister Sarah und Julian Muldoon.

Spaceman Spiff alias Liedermacher Hannes Wittmer kehrt zu seinen Wurzeln zurück. Er will als Musiker in der Kneipe das Publikum unterhalten, allein mit der Gitarre. Das ist puristisch und ehrlich. Ein bisschen betrügen gehört in unserer Welt aber nun einmal zum guten Ton und deshalb holt er sich für seine Solotour doch Verstärkung hinzu: Clara und ihr Cello. Im Knust wollen die zwei einige lauschige Stunden gestalten – mit Dingen, die sie im Nähkästchen finden. Sie spielen nicht nur Lieder, Hannes Wittmer erzählt auch, wie diese entstanden sind.

Eröffnet wird der Abend vom Geschwisterpaar Sarah und Julian Muldoon. Das deutsch-amerikanische Singer-Songwriter-Duo kann Folk bis Indie. Im Sommer 2014 eröffneten sie das Festival von Gisbert zu Knyphausen. Ihr Debütalbum erscheint im Laufe des Jahres.

 

„It’s your turn“

Jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat versammeln sich Trinkspieler, Candy-Crusher und Sudoku-Suchtis zum Spieleabend im Molotow.

Der Club Molotow bastelt sich ein nettes Wochenprogramm zusammen. Neueste Errungenschaft: der Spieleabend It’s your turn, jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat. Der erste Anlauf, damals noch in der alten Heimat, den ESSO-Häusern, wurde durch die Evakuierung des Gebäudekomplexes „gestört“. Man kennt die Geschichte. Nun kommt man also am Nobistor im Karatekeller zusammen. Das Team des Molotow definiert wie folgt seine Zielgruppe: „Wir fordern alle Trinkspieler, Onlinezocker, Candy-Crusher, Kreuzworträtsler, Sudoku-Suchtis, Twister-Mister und jeden Halli Galli zwischen Hafenkante und Norderstedt auf, sich der ultimativen Spiele-Herausforderung zu stellen – Stichwort: Powerpoint-Karaoke – und am Ende den besten Gewinn der Welt und grenzenlose Bewunderung einzustreichen.“ Was genau da nun gespielt wird findet man am besten vor Ort heraus.

 

Alpenmusik

Hüttengaudi im Mojo Club: Beim von der Elbphilharmonie organisierten Festival treffen Pop und Jazz auf Maultrommel und Engel-Chörli.

Zefix! Die Horden aus dem Süden kommen nach Hamburg und räumen mit einigen Vorurteilen auf. Zum Beispiel damit, dass die musikalische Folklore des Alpenraums in den letzten Jahrzehnten so beweglich war wie die Berge selbst. Vier Tage lang ist die Speerspitze der neuen Szene zu Gast im Mojo Club. Angeführt von überregional bekannten Acts wie Attwenger und Kofelgschroa (Foto) springt das Programm des Alpenmusik-Festivals zwischen Stilen wie Pop, Jazz und Hip-Hop, die Blechbläser stets im Anschlag. Das von der Elbphilharmonie organisierte Festival zeigt von traditioneller Musik bis hin zu ungewöhnlichen Interpretationen die große Vielfalt einer im urbanen Kontext sicher unterschätzten Klangwelt. Das Engel-Chörli Appenzell kommt nicht gerade häufig vorbei, um einen Jodel-Workshop zu geben – nutzt die Chance zum interkulturellen Austausch.

Text: Benedikt Ernst

 

Kunst aus Tokio

Skulpturhafte Gespinste, Klänge und Farben: Kenzo Onoda und Tatsuya Fujii zeigen ihre Arbeiten im Künstlerhaus Frise.

Aus Tokio zu Besuch in der Frise sind die Künstler Kenzo Onoda und Tatsuya Fujii, die mit dem Flüchtigen und mit skulpturhaften Gespinsten arbeiten. Onoda, der auch Komponist ist, arbeitet mit Klängen und mit den Farben von Beamern. Fujii beschäftigt sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen und sozialen Netzwerken und verwandelt sie in Installationen. „Er nutzt das dreifarbige Licht des Beamers aus Rot, Grün und Blau, um immaterielle Ebenen zu erzeugen, die sich verändern“, heißt es in der Ankündigung. Am 22. April wird ihre gemeinsame Schau im Künstlerhaus Frise eröffnet. Schon mal vormerken kann man sich den 26. April. Dann präsentiert Kenzo Onoda seine Arbeit in dem Vortrag Recent work presentation from the edge of Tokio – in englischer Sprache, ab 20 Uhr.

Text: Sabine Danek