Lesezeichen
 

Cornelia Funke

Neues aus der Welt hinter den Spiegeln: Die Bestsellerautorin liest aus dem dritten Teil der Serie „Reckless“ mit dem Titel „Das goldene Garn“.

Die Schriftstellerin hat ein Händchen für Trilogien. Mit ihrer Tintenwelt-Reihe wurde Cornelia Funke berühmt. Nun ist der dunkle Märchenzyklus Reckless beim dritten Band angekommen: Das goldene Garn steckt voller Sprachspiele und entführt in eine Welt hinter Spiegeln. Der Held Jacob Reckless besteht neue düstere Abenteuer. Diesmal bilden russische Märchen die Kulisse – goldene Zwiebeltürme treffen auf bedrohliche Wälder. Und auch diesmal wird Jacob von dem Mädchen Fuchs und seinem Bruder Will begleitet. Die Autorin ist am 6. März im Deutschen Schauspielhaus zu Gast und liest gemeinsam mit dem Schauspieler Rainer Strecker ihre neue Geschichte vor. Strecker war von 1989 bis 1994 Ensemblemitglied am Schauspielhaus.

 

„Moby Dick“

Der junge Regisseur Antú Romero Nunes zeigt den todbringenden Kampf zwischen Mensch und Tier auf hoher See mit minimalistischer Kulisse im Thalia Theater.

Am Anfang stehen acht Männer auf der Bühne und führen abwechselnd Monologe. Der Einstieg in das Stück mutet literarisch an und gipfelt in einer Wasserschlacht. Antú Romero Nunes inszeniert Moby Dick nach dem Roman von Herman Melville auf verstörende, mutige und moderne Art und Weise. Der Zuschauer erlebt eine Gruppe von Walfängern – erfolgsgierig, angekämpft, vom Eifer getrieben und den Umständen auf See zerschlagen. Sie kämpfen mit den Gezeiten, jagen, töten, weiden aus. Das Blut spritzt, das Wasser wirft sie durch die Gegend. Ein Schiff, einen Wal – das bekommt der Zuschauer nur vor dem geistigen Auge zu sehen. Alle Handlungen sind pantomimisch angedeutet und mit minimalistischer Kulisse umgesetzt. Das fesselt ungemein. Die Vorstellungen von Moby Dick im Thalia Theater sind oft ausgebucht – für den März gilt es sich also schnell Karten zu sichern. Weitere Vorstellung am 9. März.

Text: Lena Frommeyer

 

„Human Traffic“

Schnell noch ein paar neonfarbene Klamotten einpacken und ins B-Movie hasten. Dort läuft die Technoclubkomödie aus den 1990ern.

Lust auf eine kleine Zeitreise in die Technoclubszene der 1990er Jahre? Dann bitte Platz nehmen im Kinosessel des B-Movie. Am 5. März wird hier die Komödie Human Traffic gezeigt – ein Film über fünf Freunde in Cardiff, die sich den Hintern abfeiern und so alle Sorgen vergessen wollen. Denn davon gibt es genug: „Nina hasst ihren Job, der DJ Koop macht immer wieder Eifersuchtsszenen, Lulu hat die Schnauze voll von Männern, Moff Probleme mit der Familie und Jip befürchtet, er sei impotent“, heißt es in der Filmankündigung. Neben der Story sind es aber vor allem die auditiven und visuellen Reize, die einen bestens unterhalten: ballernder Techno und Menschen mit Bomberjacken in Neonfarben, die abgehen. Kinder, waren das Zeiten…

 

Dirk Darmstadter

Der Hamburger Songschreiber und Popmusiker spielt Stücke seines neuen Albums „Before We Leave“ in der Hasenschaukel.

Er ist ein umtriebiger Mann. Der gebürtige Hamburger mischt seit Jahrzehnten im Pop-Geschäft mit. Zunächst gründete er Ende der 1980er Jahre die Band The Jeremy Days und war mit seinen vier Mitmusikern Stammgast der Musikshow Formel Eins. Sie produzierten einige Hits. Mit ihren Lederjacken und Skinny-Jeans standen vor allem die Zahnspangen-Teenager der Bundesrepublik auf die Band. Das fand Dirk Darmstadter doof. 1995 trennte sich das Quintett und Darmstadter machte solo weiter, stand mit anderen Hamburger Musikern wie Bernd Begemann oder Niels Frevert auf der Bühne. Bis 2013 war er Chef des Plattenlabels Tapete Records. Im Sommer 2014 gründete er ein neues Label. Bei Teaneck Records erschien im September 2014 sein neues Album Before We Leave, das er am 5. März in der Hasenschaukel präsentiert. Danach: Hasenrodeo – die Bar macht die Musik.

 

XIV Heilige

St. Georg ist um einen kulinarischen Tempel reicher. Am Hansaplatz hat sich ein Spanier eingerichtet – Zeit für ein Testessen.

Ganz ehrlich, die Atmosphäre hat mir im Doria 14 besser gefallen. Aber das scheint auch ein höchst subjektiver Blick zu sein, denn der Laden ist viel besser besucht als der Vorgänger. Halbspanier Wekas Mehta scheint genau zu wissen, was seine Gäste wollen: Gehobenes Ambiente ohne abschreckende Wildheit. Avantgarde ist am Hansaplatz einfach nicht gefragt, so nah an der letzten rauen Ecke St. Georgs. Solide spanische Tapas stehen auf der Karte des XIV Heilige. Experimente werden keine gewagt, aber die Qualität der kleinen Hackbällchen in Tomatensauce, der Gambas, der Datteln im Speckmantel, der Sardellen ist durchaus erwähnenswert. Eine gemischte Platte kostet für eine Person 16 Euro und führt bei Normalessern durchaus zur Sättigung. Ausgesuchte Hauptspeisen sowie wechselnde Tagesgerichte ergänzen die Karte. Das gebratene Zanderfilet mit Safransauce und Gemüse (13,50 Euro) ist von verhaltener Üppigkeit, aber fein angerichtet und abgeschmeckt. Das mediterrane Gemüse knackig, der Fisch köstlich frisch und schmackhaft. Die Weinkarte ist überschaubar, der offene spanische Hauswein gut gewählt sowie mit 4 Euro das Glas fair kalkuliert. Er präsentiert sich facettenreich, aber nicht zu tiefsinnig, „trinkig“ halt, wie man auf neudeutsch so schön sagt. Darauf bestellen wir gleich noch ein Glas und lassen Wekas Mehta einen guten Wirt sein.

Text: Lisa Scheide

 

Lesung in Superbude

Irgendwas zwischen Romanze, Jägermeister und Slapstick: Die Autorin Jule Müller präsentiert ihr Buch, in dem sie niederschrieb, wie sie ihre Zwanziger überlebte.

Jule Müller lebt in Berlin und ist zweiunddreißig Jahre alt. Das wilde Jahrzehnt zwischen zwanzig und dreißig hat sie mittlerweile verarbeitet – und zwar schriftlich. Das ist ihr ziemlich gut gelungen: Früher war ich unentschlossen, jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher heißt ihr Buch, in dem sie von dieser Zeit ohne Plan, aber mit vielen Neuanfängen, ohne Geld, aber mit vielen Praktika und einem bunten Allerlei aus Männern, Drogen, Partys, Wohngemeinschaften und zahllosen unerträglichen Jobs erzählt. Das ist außerordentlich wahr und ziemlich witzig. Jule Müller liest am 5. März gemeinsam mit dem Autor und Musikjournalisten Linus Volkmann in der Superbude St. Pauli.

Text: Alissa Schrumpf

 

Pepe Mujica

Im Abaton läuft das Porträt des „ärmsten Präsidenten der Welt“: Der uruguayische Staatsführer spendet einen Großteil seines Einkommens an Organisationen.

Ein Kämpfer, das ist er. In den sechziger Jahren kämpfte Pepe Mujica gegen die uruguayische Militärdiktatur, knapp fünfzehn Jahre verbrachte er im Gefängnis. 2009 wurde er Präsident. Er förderte erneuerbare Energien und baute Glasfasernetze aus. Er legalisierte Abtreibungen, Homo-Ehe und Cannabis – ein großer Tabubruch für das katholische Lateinamerika. Mujicas volksnaher und pragmatischer Regierungsstil ist jedoch nicht das Einzige, was das kleine Land zwischen Argentinien und Bolivien in weltweite Schlagzeilen brachte. Den früheren Guerilla-Kämpfer nennt man oft „den ärmsten Präsident der Welt“. Er lebt auf einem Bauernhof außerhalb der Hauptstadt Montevideo, fährt einen VW-Käfer und spendet einen Großteil seines Einkommens an Wohltätigkeitsorganisationen. Bei Staatsbesuchen weigert er sich beständig, eine Krawatte zu tragen. Heidi Specognas Film portraitiert den ehemaligen Präsidenten von Uruguay bei Staatsbesuchen und zu Hause mit seiner Lebensgefährtin Lucia Topolansky. Die Regisseurin kommt zur Premiere am 4. März ins Abaton.

Text: Natalia Sadovnic

 

Türsteher-Lesung

Lyrische Muskelmänner: Viktor Hacker, Mark Büttner und Henning Geisler, (Ex-)Türsteher vom Kiez, lesen im Nochtspeicher ihre Texte – „Zeit für Zorn“.

Betrunkene Touristen, auf älter geschminkte Sechzehnjährige, Ausdruckstänzer, Tresen-Stammgäste – sie alle passieren in einer Partynacht die Eingangstür eines Clubs. Oder auch nicht. Das entscheidet der Türsteher. Und während er die amüsierwillige Meute abscannt, hat er Zeit, nachzudenken – die ganze Nacht lang – über das Sein, die Gesellschaft, das Leben. Doch, doch, Hamburgs Türsteher haben eine lyrische Ader. Und ihre Tätigkeit bietet reichlich Material und Angriffsfläche. Viktor Hacker, Mark Büttner und Henning Geisler brachten ihre Gedanken und Erfahrungen zu Papier und laden regelmäßig zu ihren Türsteher-Lesungen. Alle drei arbeiteten jahrelang auf dem Kiez und wissen über Pinneberger und die „Resterampe im Morgengrauen“ viel zu erzählen. Zur Lesung im Nochtspeicher am 4. März wird zudem Stargast Totte Kühn (Monsters of Liedermaching) erwartet.

 

Preis der Leipziger Buchmesse

Vor der Auszeichnung kommen die nominierten Autoren deutschsprachiger Gegenwartsliteratur nach Hamburg und lesen aus ihren Werken.

115 Verlage haben dieses Jahr 405 Titel ins Rennen um den Preis der Leipziger Buchmesse geschickt: ein großer, bunter Blumenstrauß deutschsprachiger Gegenwartsliteratur. Den musste die siebenköpfige Jury, bestehend aus Journalisten und Literaturkritikern, erst mal zerpflücken, sortieren, lesen und bewerten – eine ordentliche Mammut-Aufgabe. Je fünf Bücher haben die Juroren nun für die Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung nominiert. Laut dem Jury-Vorsitzenden Hubert Winkels soll ihnen in diesem Jahr die Auswahl aus guten Büchern aber gar nicht so schwer gefallen sein: Es habe sich wohl schnell eine kleine, aber feine Spitzengruppe an Büchern und Autoren abgezeichnet, die den Preis verdienen würden. In der Kategorie Belletristik fiel die Wahl der Jury auf die Debüt-Autorin Ursula Ackrill und ihren Roman Zeiden, im Januar, außerdem auf Teresa Präauer mit Johnny und Jean, Norbert Scheuer mit Die Sprache der Vögel und Michael Wildenhain mit Das Lächeln des Alligatoren. Eine Premiere hat die Shortlist auch zu bieten: Mit Jan Wagner und seinem Gedichtband Regentonnenvariationen haben sich die Juroren erstmals auch für einen Lyriker in der Belletristik-Kategorie entschieden. Bevor aber endgültig entschieden wird, wer von den Nominierten auf der Leipziger Buchmesse Mitte März ausgezeichnet wird, kommen die fünf Autoren am 4. März ins Hamburger Literaturhaus und lesen aus ihren Werken. Dann kann sich jeder Gast sein eigenes Bild von den faszinierenden und unterhaltsamen Blüten machen, die die deutschsprachige Literaturszene so treibt.

Text: Julia Braune

 

„Der Entertainer“

Regisseur Christoph Marthaler schuf ein Sozialdrama als tragikomische Nummernrevue, deren Mittelpunkt die Entertainer-Familie Rice ist.

Die Zeit ist über die ehemaligen Music-Hall-Stars hinweggegangen, außer Trinken und Schwadronieren bleibt der Familie Rice nichts mehr. Ihr von neurotischem Selbstbehauptungsdrang getriebenes Leben wechselt zwischen Geisterbahn und schmissiger Musik-Revue, in der allerdings ein Rohrkrepierer den nächsten jagt. Ein dysfunktionaler Betrieb, dargebracht in perfekt getimter, urkomischer Tragik. Darsteller Michael Wittenborn gibt darin den Oberloser und Music-Hall-Charmeur Archie Rice zwischen lakonischem Grandeur und zynischem Stand-up in der Erscheinung eines abgehalfterten Chris Norman. Doch den eigentlichen Kniff des Abends liefert Bühnenbildner Duri Bischoff. Er zeigt den heruntergekommenen Zuschauersaal des ehemaligen Theaters der Familie Rice. Dessen Bühne spiegelt wiederum in einem kleineren Nachbau jenen Zuschauersaal: ein theatraler Desillusionierungsmechanismus wie ein übergroßes Escher-Bild. Dort tummelt sich eine bizarre Truppe von Rice-Zerrbildern im Hartz IV-Look, die das Geschehen in der vorderen Ebene böse kommentieren. Alle zusammen liefern sie ein mitreißendes, vielschichtiges Varieté à la Malaise aus Vaudeville, Zaubershow, Schlagermief und Musical. Regisseur Christoph Marthaler nutzt die Resignation und den Nihilismus der Familie Rice zu einem Blick auf die kontinentaleuropäische Gegenwart. Am Ende des Stücks Der Entertainer lässt er alle Darsteller gemeinsam im besagten Escher-Bild singend die Treppen auf- und absteigen und löst die Grenze zwischen den Ebenen endgültig auf. Es wird klar: Dieser ganze Theatersaal ist ein umnebeltes Hirn, das Nacht für Nacht die abendländische Wirklichkeit als grelle Groteske albträumt. Grausig gut.

Text: Reimar Biedermann