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Weimar, Weidmann und die Angst vor der Inflation

Ich sitze gerade in einem Hotelzimmer in Washington um ein Interview vorzubereiten und an meinem Buch zu arbeiten. Es geht – so viel sei schon verraten  – um die Inflation. Ich beschäftige mich dabei auch mit der Weimarer Republik und es ist erschreckend, wie die Angst vor steigenden Preisen die Politik damals gelähmt hat. Weiter„Weimar, Weidmann und die Angst vor der Inflation“

 

Schlechte Nachrichten für Sinnologen

Diese Auseinandersetzung wird Hans-Werner Sinn nicht gewinnen: Bekanntlich streitet er ab, dass die Krisenländer Südeuropas nennenswert an Wettbewerbsfähigkeit zurückgewonnen hätten. Er verweist dabei auf die BIP-Deflatoren, die er als geeignetere Messinstrumente als die Lohnstückkosten hält.

Nun hat sich die Bundesbank in ihrem letzten Monatsbericht ausführlich mit der Frage nach dem passenden Indikator auseinandergesetzt. Ergebnis: Es ist nicht der Deflator (siehe dazu auch die exzellente Analyse von Gerald Braunberger).

Der Hauptgrund ist, dass eine Vielzahl von Anhebungen indirekter Steuern und administrierter  Preise zu Konsolidierungszwecken seit geraumer Zeit die Konsumentenpreise und den Deflator der Inlandsnachfrage nach oben treibt, während die Exportpreise davon kaum berührt werden. Deshalb liegt es derzeit nahe, dem Wettbewerbsindikator  auf Basis der Lohnstückkosten den Vorzug zu geben.

Und eben diese Lohnstückkosten zeigen einen erheblichen  Zuwachs an Wettbewerbsfähigkeit, wie ich hier schon vor vielen Monaten gezeigt habe (und was damals niemand hören wollte).

Hans-Werner Sinn wird das nicht anfechten. Er wird seine Argumentationslinie weiter verteidigen und irgendwann wahrscheinlich sagen, er habe es nie so gemeint. Ich bin aber gespannt, wie sich diejenigen verhalten, die seine Thesen nachplappern ohne selbst nachzudenken.

Denn meistens sind diese Leute auch auf der Seite der Bundesbank, deren Botschaften sie häufig ebenfalls ungeprüft übernehmen. Jetzt müssen sie sich entscheiden – ich glaube die Psychologen sprechen von double bind. Das wird interessant. Vielleicht müssen so machen Kommentatoren also tatsächlich selbst einmal einen Blick in die Daten werfen. Schlimm!

 

Warum wir (immer noch) nicht für Griechenland bezahlen

Wegen eines Buchprojekts derzeit etwas weniger Präsenz hier, aber das Thema Griechenland kann nicht unkommentiert bleiben. Da freuen sich die hiesigen Medien also darüber, dass sie die Regierung der Lüge überführt hätten, weil die doch nun eingeräumt habe, dass uns die Rettung etwas koste.

Das Ifo-Institut ist da natürlich gleich bei der Stelle mit einer reichlich absurden Berechnung eines impliziten Schuldenschnitts und der Schlussfolgerung, dass deutsche Etatdefizit würde eigentlich um 14 Milliarden Euro höher ausfallen, wenn man dieses Defizit „versicherungsmathematisch korrekt berechnen“ würde.

Einmal abgesehen, dass es für die Berechnung des Staatsdefizits nun einmal Regeln gibt, die auch eingehalten werden sollten: So einfach ist die Sache nicht.
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Wann kommt der Schuldenschnitt in Griechenland?

Der Streit um eine Lösung der Griechenlandfrage hält an, am Dienstag dieser Woche konnte sich die Euro-Gruppe nicht auf ein Maßnahmenpaket einigen, um die Schulden des Landes zu drücken – vor allem weil Deutschland radikale Maßnahmen wie einen Schuldenschnitt zum jetzigen Zeitpunkt scheut.

Argumentierte die Bundesregierung bisher eher formaljuristisch – ein Schuldenschnitt macht aus einem Kredit einen Transfer und das ist haushaltsrechtlich und europarechtlich problematisch – so ist neuerdings auch ein ökonomisches Argument aus Berlin zu hören.
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Volker Wieland, der Rat und die Fiskalpolitik

Volker Wieland aus Frankfurt soll in den Sachverständigenrat einziehen. Glückwunsch zunächst, Wieland ist ein kluger Wissenschaftler, der viel für das Ansehen seines Fachs – gerade in Deutschland – getan hat.

Offene Fragen aber bleiben in seinen Arbeiten zur Finanzpolitik. Er ist Co-Autor eines inzwischen recht bekannten Papiers zur Wirksamkeit von Konjunkturpolitik, das er mit Tobias Kwik, John Taylor und John Cogan im Jahr 2009 verfasst hat. Alles klasse Ökonomen – aber trotzdem überzeugt ihre Arbeit nicht.
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Die fiscal cliff – eine ideologische Herausforderung für deutsche Ökonomen

Paul Krugman hat neulich auf die Verrenkungen hingewiesen, die die Anhänger eines Konsolidierungskurses machen müssen, wenn das Thema auf die fiskalische Klippe in den USA kommt. Wir erinnern uns: Ohne Gegenmaßnahmen treten am 31. Dezember Einsparungen und Steuererhöhungen in Höhe von rund 600 Milliarden Dollar – etwa fünf Prozent des BIP – in Kraft. Das führt nach allgemeiner Auffassung zu einer tiefen Rezession und sollte deshalb vermieden werden.
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Wenn’s ums Geld geht, Sparkasse?

Eigentlich bin ich ja ein Freund des Drei-Säulen-Modells im deutschen Finanzsektor inklusive des öffentlich-rechtlichen Bankenlagers. Aber was Sparkassenchef Georg Fahrenschon da laut FAZ zu sagen hat, stimmt mich nachdenklich:

Es ist nun ganz wichtig, dass die Notenbank den Punkt erkennt, wo man die hohe Liquidität wieder aus dem Markt herausnimmt“, mahnte Fahrenschon im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) aus Anlass des Weltspartages. Auch müssten die Länder in Europa „wirklich mit dem Sparen“ beginnen. „Nur dann nimmt die Geldmenge wieder ab, und die Vermögen der Sparer nehmen wieder zu. Dann werden auch die Zinsen wieder steigen“.

Die Länder in Europa sollen also wirklich mit dem Sparen beginnen. Und was macht Griechenland, wo das Strukturdefizit seit 2009 laut OECD von 16,4 auf 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesenkt wurde? Das entspricht einer Reduktion um 16,6 Prozentpunkte und kommt wahrscheinlich der größten Kürzungsorgie der Wirtschaftsgeschichte gleich? Oder Spanien, mit einem Rückgang um immerhin 5,0 Punkte? Oder Irland mit 6 Punkten? Deutschland hat im Rahmen der Agenda gerade einmal 2,9 Punkte eingespart – und dafür ein Jahr länger gebraucht.

Und wenn also gespart wird, dann nimmt die Geldmenge wieder ab und dann steigen die Zinsen. Aber steigen die Zinsen nicht in der Regel, wenn Geld mehr auf Pump ausgegeben wird, weil dann der Kapitalmarkt stärker beansprucht wird? Und welches Modell hat Fahrenschon im Kopf, wenn er sagt, dass Sparen die Geldmenge verringert?

Wenn das die makro-ökonomische Kompetenz der Sparkassen ist, dann sollte man überlegen, sein Geld lieber zur Deutschen Bank zu bringen. Die verstehen wenigstens was davon.

 

Rainer Brüderles total irres Inflationspapier

Rainer Brüderle hat noch nie eine Gelegenheit ausgelassen, mit einem populären Thema in die Schlagzeilen zu kommen – sein „Programm zum Inflationsschutz“, wie es heute vom Handelsblatt zitiert wird, ist allerdings eine Klasse für sich.

„Während im Euro-Raum manche Güter des täglichen Bedarfs noch keine inflationären Tendenzen aufweisen, steigen die Preise für Vermögensgüter exorbitant.“

Na gut: In Spanien fallen die Immobilienpreise beispielsweise, auf dem platten Land in Deutschland auch, bei Peripherieanleihen geht es eher abwärts, von einer dramatischen Überbewertung an den Aktienmärkten kann wohl keine Rede sein  und mit Inflation hat das ohnehin nichts zu tun und – aber egal.

„Jede Erhöhung der Abgaben entfacht Inflation.“

Das ist ja nun einmal sehr interessant. Wenn der Staat also die Steuern erhöht, um die Schulden abzubauen, dann entsteht Inflation? Seltsam ist das, weil Brüderle kurz vorher noch schreibt, dass nur eine Abkehr von der Schuldenpolitik die Geldwertstabilität befördert. Aber Konsistenz in der Argumentation war für die FDP ja noch nie wichtig.

So hat Brüderle dann auch eine Kausalkette parat: Wenn die Menschen weniger Netto vom Brutto haben, fordern sie höhere Löhne und dann kommt die Inflation. Das ist nun auch interessant. Ich fordere schon seit einiger Zeit mehr Geld, aber komisch, nichts passiert. Vielleicht, weil zu einem Vertragsabschluss zwei Parteien gehören und höhere Forderungen nur eine Chance auf Erfolg haben, wenn die Verhandlungsmacht groß genug ist. Und das wiederum hat vielleicht mit der allgemeinen Situation am Arbeitsmarkt zu tun.

Wenn jetzt aber Steuererhöhungen die Wirtschaft abwürgen – was Brüderle als tax cutter doch glauben müsste, dann bremsen sie vielleicht die Inflation. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb man Sparmaßnahmen in der Regel mit sinkenden Inflationsraten assoziiert. Vielleicht hätte Brüderle oder wer immer ihm das aufgeschrieben hat einen Blick in ein beliebiges Lehrbuch der Makroökonomie werfen sollen. Da hätte er dann nachlesen können, wie Inflation entsteht.

Es geht noch weiter. Die Europäische Zentralbank habe die Geldmenge enorm ausgeweitet, schreibt Brüderle.

„Eine derart aufgeblähte Menge an Geld erhöht die Inflationsgefahren drastisch.“

Seltsam nur, dass das Wachstum der Geldmenge M3 nun schon seit Monaten unter dem Referenzwert der EZB liegt, weil die Banken das Geld nicht weiterreichen, sprich der Multiplikator kollabiert ist.

Schlimm genug, dass so etwas geschrieben wird. Noch schlimmer, dass es aus der Feder des Fraktionsvorsitzenden einer Partei stammt, die sich mit ihrer Wirtschaftskompetenz rühmt.

Aber vielleicht kommt die FDP ja jetzt auch noch auf die Idee, die Heimholung des Bundesbankgolds zu fordern.

Update: Er hats getan. War ja zu erwarten.

 

Wer profitiert von einem Sperrkonto für die Griechen?

Die neueste Idee der Bundesregierung ist es also, die Hilfen für Griechenland auf ein Sperrkonto zu zahlen. Es dürfte dann nur für den Schuldendienst verwendet werden. Auf diese Weise will man einerseits eine Staatspleite vermeiden und andererseits den Druck auf die Griechen aufrechterhalten und – wichtiger noch – in Deutschland Rückhalt für die nächste Rettungsrunde erzeugen.

Eine gute Idee? Weiter„Wer profitiert von einem Sperrkonto für die Griechen?“