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Ulf Poschardts Krise

Es ist ein alter journalistischer Trick: Man nehme seine persönliche Agenda, eine krisenhafte Zuspitzung in der realen Welt, behaupte eine Verbindung zwischen beidem und fertig ist die scheinbar objektive Begründung einer subjektive Sichtweise.

Ulf Poschardt zeigt in der Welt, wie es geht:

Die europäische Idee braucht eine neue Erzählung. Ein Weiter-so mit größenwahnsinnigem Staat, absurder Bürokratie, unbezahlbaren Sozialleistungen und aufreizender Bequemlichkeit darf es nicht geben. Aber wer soll das den Europäern beibringen?

Der größenwahnsinnigste Staat in Europa ist Dänemark, mit einer Ausgabenquote von 59,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Irland liegt mit 44,2 Prozent sogar unter Deutschland. Wo bleibt bloß die dänische Krise?

Bei den Sozialleistungen liegt Schweden ganz vorne (und übrigens auch Deutschland). Spanien und Irland ebenfalls recht weit hinten. Wo ist die schwedische Krise?

Bei den Urlaubstagen wiederum sind wir Deutschen an der Spitze. Nicht die Griechen. Wo ist die deutsche Krise?

Vorschlag: Vielleicht hat die Krise in der Währungsunion auch ein bisschen was mit dem Konstruktionsprinzip eben jener Währungsunion zu tun?

 

Wo Sarrazin recht hat, hat er recht

Es gibt erste kritische Kommentare zur Thilo Sarrazins Text heute in der FAZ. Und in der Tat ist seine Analyse nicht immer auf der Höhe der Zeit. So schreibt er etwa über die Korrektur von ökonomischen Ungleichgewichten:

Das ist völlig normal, in sich auch gar nicht katastrophal und zudem unvermeidlich, da das Ventil der Wechselkurse ja nicht mehr besteht. Die betroffenen Länder verfügen zudem intern über alle Instrumente, um durch eine entsprechende Reformpolitik gegenzusteuern. Tun sie das nicht, ist das Ausfluss ihrer gesellschaftlichen Prioritäten und politischen Entscheidungen. 

Damit verkennt er die sich selbst verstärkende Dynamik, die entstehen kann, wenn halbsouveräne Staaten ohne eigene Zentralbank einer Panik an den Märkten ausgesetzt sind. Weiter„Wo Sarrazin recht hat, hat er recht“

 

Die Ignoranz des Paul Kirchhoff

Paul Kirchhoff mag ein guter Jurist sein, aber – wie Hans Huett treffend fest stellt – vielleicht sollte er sich mit Kommentaren zu fachfremden Gebieten eher zurückhalten.

Hätten die Staaten das Recht zur Begrenzung der Staatsschulden beachtet, gäbe es diese Schuldenkrise nicht.

Irland hat das Recht zur Begrenzung der Staatsschulden beachtet, Spanien ebenfalls. Und selbst die Italiener haben vor Ausbruch der Krise ihre Schulden allmählich zurückgefahren. Die Krise ist in erster Linie eine Krise exzessiver Privatverschuldung und makro-ökonomischer Ungleichgewichte. Und dazu sagte das Recht leider nichts.

Keine Frage, Recht ist die Grundlage von staatlicher Ordnung. Ohne Recht würden wir uns im Naturzustand gegenseitig an die Gurgel gehen. Aber ein Recht, das offenbar mit der Regelung der Wirklichkeit überfordert ist, darf erstens nicht unantastbar sein – und das hat nichts mit Staatsstreich zu tun, solange die Anpassung prozedurale Anforderungen erfüllt. Der Vertrag von Maastricht war offenbar einfach nicht zu Ende gedacht. Wie lange wollen wir uns also noch darüber beklagen, dass man sich nicht an ihn hält? Und ein Rechtsprofessor, der sich von seinen eigenen inhaltlichen Präferenzen (wirtschaftliche Freiheit) leiten lässt und dabei die ökonomische Realität ignoriert, sollte sich zweitens nicht zum Interpreten der Verfassung aufschwingen.

 

Wer muss für die spanischen Banken bluten?

Das Memorandum of Understanding für das spanische Rettungspaket ist inzwischen all over the place. Die Beteiligung von Gläubigern und Aktionären der Banken soll sicherstellen, dass nicht der Steuerzahler alleine für den Schaden aufkommt. Die Frage ist nur, wer genau alles beteiligt werden soll? Nur die Kapitalgeber? Oder auch die Gläubiger? Weiter„Wer muss für die spanischen Banken bluten?“

 

Vermögensabgabe – warum eigentlich nicht?

Der Vorschlag des DIW, die Schuldenkrise durch eine Vermögensabgabe oder Zwangsanleihe zu bekämpfen, hat interessante Reaktionen ausgelöst. Der Finanzminister findet ihn gar nicht so schlecht, zumindest für die Krisenstaaten. Dagegen finden meine schreibenden Kollegen fast alle ein Haar in der Suppe und finden ihn populistisch oder undurchdacht oder gleich naiv und gefährlich. Weiter„Vermögensabgabe – warum eigentlich nicht?“

 

Die Wutökonomen winden sich

Offenbar haben die Ökonomen um Hans-Werner Sinn und Walter Krämer eingesehen, dass sie mit ihrem populistischen Aufruf überzogen haben, jedenfalls erscheint jetzt in der FAZ eine ausführliche Erläuterung ihrer Position. Darin heißt es:

Die Politik sollte ein geordnetes europäisches Verfahren zur Rekapitalisierung der Banken durch ihre Gläubiger entwickeln, denn nur bei den Gläubigern lässt sich das dafür nötige Vermögen finden, und schließlich waren sie es, die das Risiko des Bankkonkurses mit ihren Anlageentscheidungen eingegangen sind.

Genau so ist es, aber was bedeutet das konkret? Weiter„Die Wutökonomen winden sich“

 

Ein Hoch auf den Sachverständigenrat

Ich war am Ende der vergangenen Woche auf einer sehr spannenden Tagung des Walter-Eucken-Instituts in Freiburg und habe dort mit einigen der Teilnehmer auch über das Sondergutachten des Sachverständigenrats gesprochen. In diesen Zeiten, in denen die von der akuter Aufruferitis befallene ökonomische Profession beim Publikum vor allem Verwirrung auslösen dürfte, gewinnt der Rat an Stärke. Weiter„Ein Hoch auf den Sachverständigenrat“

 

Deutsche Ökonomen im Panikmodus

Die Ökonomen gehen auf die Barrikaden:

Wir, Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftlerinnen der deutschsprachigen Länder, sehen den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Euro-Systems bedeutet, mit großer Sorge. Die Bankschulden sind fast dreimal so groß wie die Staatsschulden und liegen bei den fünf Krisenländern im Bereich von 9 Billionen Euro. Es ist schlechterdings unmöglich, die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas für die Absicherung dieser Schulden in die Haftung zu nehmen.

So steht es in einem Brief, den Hans-Werner Sinn und andere formuliert haben. Und das ist grober Unfug. Weiter„Deutsche Ökonomen im Panikmodus“

 

Was ist für Jakob Augstein links?

Ich schätze die Kolumne von Jakob Augstein sehr und ich bin nicht unbedingt als Anhänger der Regierungspolitik bekannt, aber was er diese Woche geschrieben hat, kann man so nicht stehen lassen

Am Süden ist Merkels Austeritätspolitik in der vergangenen Woche gescheitert. Im Süden liegt das soziale Korrektiv des Kontinents. Und wenn schon die Deutschen linke Politik verlernt haben, im Süden beherrscht man sie noch.

Ist es links, wenn wie in Griechenland die Reichen keine Steuern bezahlen? Ist es links, wenn der Arbeitsmarkt wie in Spanien den Jugendlichen auch in guten Zeiten praktisch keine Chance gibt?  Ist es links, wenn wie in Italien bis zum Regierungswechsel ein halbseidener Medienzar das Land beherrscht? Weiter„Was ist für Jakob Augstein links?“