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Finanziert die EZB Leistungsbilanzdefizite?

Der Wirtschaftswurm nimmt ein Argument auf, dass in der Target-2-Debatte häufiger zu lesen ist. Demnach ist die Politik der EZB problematisch, weil die EZB die Leistungsbilanzdefizite der Staaten der europäischen Peripherie finanziert.

Schieritz tut ferner so, als ob die Ursachen für die Target-2-Defizite der Südländer (einschließlich Frankreichs) unklar sind. Sowohl ein Leistungsbilanzdefizit als auch Kapitalflucht würden als Ursache in Frage kommen. Schieritz vergisst aber: Ohne die Möglichkeit zu Target-2-Defiziten gäbe es aktuell überhaupt keine Möglichkeit für die Südländer, ihr Leistungsbilanzdefizit aufrecht zu erhalten. Denn private Kapitalgeber für seine Finanzierung finden sich nicht mehr. Insofern muss tatsächlich ihr gesamtes Leistungsbilanzdefizit über Target 2 finanziert werden.

Richtig daran ist: Wenn die Anleger ihr Geld abziehen und die Peripheriebanken damit von der Liquiditätszufuhr abgeschnitten wären, könnten sie je nach Struktur ihrer Bilanz möglicherweise (noch) weniger Kredite vergeben. Die inländische Nachfrage würde einbrechen, ihre Leistungsbilanz würde sich schlagartig verbessern. Daraus folgt: Die EZB stützt Leistungsbilanzen, auch wenn sie Kapitalflucht kompensiert.

Die politisch relevante Frage ist: Wird damit eine künstlich überhöhte Nachfrage in den betroffenen Länder staatlich aufrechterhalten? Weiter„Finanziert die EZB Leistungsbilanzdefizite?“

 

Warum wir nicht in der (Euro-)Falle stecken

Lehrbücher der Volkswirtschaftslehre beginnen meist mit Robinson Crusoe und seinen Kokosnüssen. Robinson sitzt auf seiner Insel und kann sich nun überlegen, ob er seine Früchte aufisst oder sie einpflanzt, damit sie sich vermehren. Isst er sie alle auf, hat er morgen nichts mehr zu essen. Pflanzt er sie ein, wird er vielleicht heute nicht statt, dafür verhungert er morgen nicht.

Deutschland hat seit dem Ende des zweiten Weltkriegs ziemlich viel gepflanzt und ziemlich wenig gegessen – und für die von Hans-Werner Sinn und anderen angestoßene Debatte über Risiken aus der Euro-Rettung ist das ein sehr wichtiger Befund.

Auch Länder stehen in gewisser Weise vor der Frage, die Robinson zu beantwortet hatte. Sie können ihre Ersparnisse im eigenen Land bilden, oder sie können in anderen Ländern investieren. Deutschland hat wenn man so will praktisch seit Kriegsende unter seinen Verhältnissen gelebt: Die Deutschen wurden zu einer der größten Gläubigernationen der Welt. Die sogenannte Nettoauslandsposition – die Forderungen an Ausländer abzüglich der Verbindlichkeiten – belaufen sich aktuell auf 877 Milliarden Euro.

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Haben die PIIGS eine Chance?

Eine der Wahrheiten über die Krise ist, dass es sich in vielerlei Hinsicht nicht um eine Staatsschulden-, sondern um eine Zahlungsbilanzkrise handelt. Die Einführung des Euro hat zu internen Ungleichgewichten – Leistungsbilanzdefiziten im Süden und Leistungsbilanzüberschüssen im Norden – in der Währungsunion geführt, die zuerst nicht entdeckt und dann geleugnet wurden und uns nun das Leben schwer machen. Weiter„Haben die PIIGS eine Chance?“

 

Einspruch, Professor Sinn!

Ich wollte mich eigentlich schon anderen Themen zuwenden, aber nach der Lektüre des Interviews mit Hans-Werner Sinn in der FAZ sind doch noch ein paar Zeilen über Target und die Geldpolitik der EZB nötig. Ich halte Sinn wie gesagt für einen brillanten Ökonomen, aber seine öffentliche Rolle für problematisch. Und weil ich weiß, dass ab Montag mindestens zehn Bundestagsabgeordnete der Union ohne jede Ahnung von Makroökonomie seine Thesen nachbeten werden (wenn sie nicht schon Post aus München mit klaren Handlungsempfehlungen bei der nächsten Abstimmung über das nächste Rettungspaket erhalten haben), ist der Sachverhalt von ausreichendem öffentlichen Interesse für einen weiteren Eintrag hier. Weiter„Einspruch, Professor Sinn!“

 

Target 2 – Versuch einer Bilanz

Wir haben uns sehr gefreut, dass Hans-Werner Sinn am Wochenende an der Debatte über die Target-Salden auf diesen Seiten teilgenommen hat. Es zeigt, dass er – und das war trotz vieler inhaltlicher Differenzen schon immer meine Meinung – tatsächlich eine Ausnahmeerscheinung in der grauen deutschen Ökonomenlandschaft ist. Die Auseinandersetzung, auch in den Kommentaren, kann ich nur empfehlen. Möge der Diskurs uns alle klüger machen, denn darum geht es in der Wissenschaft und in der öffentlichen Auseinandersetzung.

Ich möchte gerne vier Punkte machen: Weiter„Target 2 – Versuch einer Bilanz“

 

Hatte Hans-Werner Sinn doch recht?

Die Target-2-Debatte hat in den vergangenen Wochen die deutschen Medien im Sturm erobert, mittlerweile wird das Argument fast täglich in einem Artikel zur Geldpolitik verwendet. Und Hans-Werner Sinn hat seine Analyse im Vergleich mit seinen ersten Einlassungen zu dem Thema so sehr überarbeitet (unter anderem wurde die Behauptung fallen gelassen, die Inanspruchnahme der EZB durch die Südstaaten verringere das Kreditvolumen in Deutschland), dass man dagegen zumindest was die innere Logik des Arguments angeht nicht viel sagen kann. Insofern ist ein Teil meiner ursprünglichen Einwände gegenstandslos. Weiter„Hatte Hans-Werner Sinn doch recht?“

 

Hilft die EZB den Griechen?

Ich höre, dass der Bericht des Wall Street Journal über eine mögliche Beteiligung der EZB an der Umschuldung in Griechenland so wohl nicht ganz der Wahrheit entspricht. Unabhängig davon stellt sich die Frage, was eine solche Maßnahme bringen würde. Das Journal schreibt bekanntlich, die EZB sei bereit, ihre Griechenlandanleihen zum Einkaufspreis an den EFSF zu verkaufen, der sie dann an Griechenland zurückverkauft. Sehen wir uns das im Detail an: Weiter„Hilft die EZB den Griechen?“

 

Wie berechtigt ist die Kritik am Sachverständigenrat?

Heike Göbel kritisiert bei Fazit den Zustand des Sachverständigenrat:

In seinem derzeitigen kraftlosen, unentschlossenen Zustand und mit seinen sprunghaften Empfehlungen ist der Sachverständigenrat nicht hilfreich.

Nun kann man sich tatsächlich fragen, wie sinnvoll ein solches Beratungsgremium grundsätzlich ist Weiter„Wie berechtigt ist die Kritik am Sachverständigenrat?“

 

Thilo Bode, Josef Ackermann und die Lebensmittelzocker

Ok, die Kommentare zu diesem Beitrag werden nicht nett sein: Die Nichtregierungsorganisation Foodwatch und die Deutsche Bank streiten sich über die Frage, ob der Handel mit Agrarrohstoffen die Lebensmittelpreise treibt und damit mitverantwortlich ist für den Hunger in der Welt. Thilo Bode, der Chef von Foodwatch, fordert Josef Ackermann auf, sich aus solchen Geschäften zurückzuziehen. Als Grund verweist er auf eine Studie des Kollegen Harald Schumann, der Belege zusammengetragen habe, wonach Finanzgeschäfte tatsächlich die Preise beeinflussen. Die Deutsche Bank will sich die Sache aber erst ausführlich anschauen und dann entscheiden.
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Sind wir zu blöd zum Retten?

Richard Koo vom Nomura Research Institute in Tokyo ist für mich einer der klügsten Ökonomen weltweit. In einem neuen Papier hat er das Dilemma der Politik in der Krise ziemlich gut auf den Punkt gebracht. Seine Ausgangsfrage: Sind Demokratien zu einer wirkungsvollen Krisenpolitik strukturell nicht in der Lage. Hier die Antwort, sie passt gut zur gestrigen Preisverleihung (danke für die Glückwünsche).

Even those who manage to prevent an economic meltdown by implementing necessary fiscal stimulus before the crisis are likely to be bashed instead of praised by the public. This is because the general public typically cannot envision what might have happened in the absence of fiscal stimulus. Seeing only a large deficit and no crisis, they assume the money must have been wasted on useless projects.

That is exactly what happened to Liberal Democratic politicians in Japan, President Barack Obama in the U.S. And former Prime Minister Gordon Brown in the U.K. Although their actions saved their economies from devastating deflationary spirals, they were bashed because the public is unable to contemplate the counterfactual scenario. The man or woman who prevents a crisis never becomes a hero. For a hero to emerge we must first have a crisis, as Hollywood movies will attest.

Man müsste sich jetzt natürlich noch anschauen, warum die Bevölkerung so reagiert wie sie reagiert und was das mit den Machtverhältnisse in der Öffentlichkeit zu tun hat. Aber dazu vielleicht ein andermal mehr.