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Die Deutsche Bank zu Target

Eine schöne Analyse von Nicolaus Heinen von der Deutschen Bank zum Thema Transferunion – mit einer Passage zu Target 2. Der Kernsatz:

Es ist strittig, ob es sich bei Target2-Salden um Eventualverbindlichkeiten handelt. Fest steht jedoch, dass nationale Zentralbanken in der Eurozone für Verbindlichkeiten ihrer Partner gesamtschuldnerisch haften. Target2-Salden würden somit allenfalls bei einem Austritt eines Landes aus der EWU Transfers bedingen. Target2-Salden spiegeln also ledig-lich die Verteilung von Liquidität im Eurosystem wider: Sie stellen jedoch keine eigenen Risiken dar, solange das Eurosystem besteht.

So ist es.

 

Sinns Antwort

Hans-Werner Sinn hat ein Arbeitspapier über seine Target-Thesen veröffentlicht, in das, soweit ich es überblicke, viele Punkte der Kritiker eingeflossen sind. Unter anderem gibt es jetzt eine Passage, in der darauf hingewiesen wird, dass eine Kreditverdrängung in einer Welt ohne Vollauslastung der Kapazitäten nicht zwingend entsteht.

 

Merkel macht die Griechin

Die neueste Kehrtwende in Berlin ist da: Die Steuern sollen nun gesenkt werden. Einmal abgesehen von den strukturellen Faktoren, die gegen einen solchen Schritt sprechen (Deutschland hat eine der niedrigsten Steuerquoten in der industrialisierten Welt, unter rot-grün gingen die Sätze bereits deutlich runter, die Staatsquote ist – von dem krisenbedingten Anstieg abgesehen – seit Jahren rückläufig): aus konjunktureller Sicht gibt es keinen ungünstigeren Zeitpunkt für Steuersenkungen.

Der Grund liegt auf der Hand: Die Konjunktur ist in voller Fahrt, die Arbeitslosigkeit sinkt und wenn es so weiter geht, dann steuern wir auf eine Überhitzung zu. Und Überhitzung bedeutet Inflation. Auf die Europäische Zentralbank sollten wir uns nicht verlassen, denn die hat den Euro-Raum insgesamt im Blick und es gibt bekanntlich einige Länder, in denen es nicht so gut läuft.

Umso mehr muss die nationale Politik die Stabilisierung übernehmen – und das bedeutet: In den guten Zeiten bremsen, Geld einsammeln. Wer argumentiert, das Geld für Steuersenkungen sei da, weil die Konjunktur so gut laufe, der hat überhaupt nichts verstanden. Die Steuern müssen sinken, wenn kein Geld da ist. Wenn welches da ist, müssen sie steigen. Die Griechen sind da wo sie sind, weil sie das nicht getan haben.

Die Regierung hat für ihre Steuersenkungspolitik einen blauen Brief aus Brüssel verdient.

 

Bravo, Frau Merkel!

Die halbe Republik zieht über die Kanzlerin her, weil sie in Sachen Griechenland angeblich kapituliert hat. Tatsächlich ist die Verhandlungstaktik der Bundesregierung alles andere als optimal. Sie hat sowohl die Finanzmärkte (durch die Androhung, dass es eine harte Beteiligung der Privatgläubiger geben wird) als auch die Bevölkerung (durch den Rückzug am vergangenen Freitag) in Aufruhr gebracht. Weiter„Bravo, Frau Merkel!“

 

Populistischer als Bild: Monitor in der ARD

Ich habe keine Ahnung, ob die Beamten im Bundesfinanzministerium sich tatsächlich von einem Papier der Deutschen Bank mit dem Namen Proposal for Greek liability management exercise – burdensharing without haircuts haben inspirieren lassen, als sie ihren Vorschlag über eine sanfte Umschuldung ausarbeiteten. Aber Fakt ist: Der Bericht in Monitor ist ein Beispiel für Krawalljournalismus aller erste Kategorie. Weiter„Populistischer als Bild: Monitor in der ARD“

 

Hans-Werner Sinn, Target 2 und kein Ende

Da ist man einmal zwei Wochen offline und die Target-Debatte sprengt alle Grenzen. Ich habe gerade einige der zahlreichen und interessanten Beiträge – bei Kantoos, bei Weissgarnix, bei Olaf Storbeck, bei Felix Salmon (der Sinn zuerst unterstütze und dann von ihm abgewichen ist), bei Buiter und bei Garber – gelesen und nur für das Protokoll: You read it here first.

Meine Schlussfolgerung aus der Debatte: Target 2 ist und bleibt ein Holzweg – Hans-Werner Sinn hat schlicht auf das falsche Pferd gesetzt. Die Zahlungsverkehrsalden erklären keines der Phänomene, die derzeit von Interesse sind. Weiter„Hans-Werner Sinn, Target 2 und kein Ende“

 

Sparen und investieren mit Hans-Werner Sinn

… bevor ich mich in den Pfingsturlaub verabschiede und weil die Debatte ja weitergehen muss: Gustav Horn und Fabian Lindner haben in der FTD argumentiert, Hans-Werner Sinn mache in seiner Argumentation zu den Leistungsbilanzen einen Denkfehler. Olaf Storbeck sieht es im Handelsblatt ähnlich und Frank Lübberding ist mit anderer Stoßrichtung auch on the case.
Weiter„Sparen und investieren mit Hans-Werner Sinn“

 

Warum es eine sanfte Umschuldung in einer Währungsunion nicht gibt

Es mangelt bekanntlich nicht an Vorschlägen, wie eine Umschuldung in Griechenland zu organisieren sei. Manche fordern den radikalen Schnitt jetzt und heute, andere eine Verlängerung von Laufzeiten. Viele der Schlauberger, die jetzt mit solchen Empfehlungen hausieren gehen, berücksichtigen allerdings nicht die Besonderheiten in einer Währungsunion. Konkret: Die Auswirkungen einer Umschuldung auf die Refinanzierung griechischer Banken. Weiter„Warum es eine sanfte Umschuldung in einer Währungsunion nicht gibt“

 

Das Biest M3

Interessantes Interview in der FAZ mit Otmar Issing zur monetären Analyse.

Mittlerweile erkennen aber wieder viele Ökonomen, dass monetäre Analysen wichtig sind. Das ist eine Grunderkenntnis aus der monetären Geschichte, die man vergessen hatte. Der Wind beginnt sich zu drehen.

Ich glaube auch, dass es ein Fehler wäre, sich in der Geldpolitik alleine auf den Output-Gap zu verlassen – damit bekommt man vielleicht die Inflation in den Griff, aber nicht die Finanzstabilität, und die sollte Teil des Zielsystems einer Zentralbank sein, wobei man sich über die richtigen Instrumente natürlich noch unterhalten müsste. Insofern sind monetären Größen, ich denke dabei aber eher an Kredit als an Geld, natürlich wichtig.

Was mich an den Monetaristen immer gestört hat, ist dass die monetäre Analyse als Legitimation für Zinserhöhungen verstanden wurde,  häufig wegen ihrer Komplexität und den selten eindeutigen Ergebnissen sogar als eine Art Freibrief: Wenn man aus welchen Gründen auch immer die Zinsen anheben will, lässt sich das monetär schon irgendwie rechtfertigen. So jetzt auch Issing.

Wenn die monetäre Analyse starke Zuwächse der Geld- und Kreditmengen und damit Gefahren für Preisblasen an den Vermögensmärkten anzeigt, eine Güterpreisinflation aber erst langfristig droht, sollte die Zentralbank ihren Leitzins früher erhöhen, als sie es alleine mit Blick auf das Güterpreisniveau täte.

Es trüge zur Glaubwürdigkeit der Anhänger der monetären Säule bei, wenn sie diese auch einmal benutzten, um Zinssenkungen zu begründen.

 

Ein bisschen insolvent?

Die Debatte über die Umschuldung light gewinnt an Fahrt, nicht nur in der Politik, sondern auch in den Blogs. Kantoos hält eine Umschuldung für sinnvoll, würde nur noch weiter gehen und fordert einen Brady-Plan für Europa, Frank Lübberding warnt vor einem Regime-Change durch die Insolvenz eines Mitgliedsstaat in einer Währungsunion, Henry Kaspar äußert in den Kommentaren die Ansicht, ich habe von Anfang an völlig falsch gelegen.

Ich räume hiermit ganz ehrlich ein: Ich weiß nicht, ob Griechenland solvent ist. Oder Irland. Oder Portugal. Solvenz lässt sich nur schwer messen.  Was ich aber weiß ist, dass es möglich ist, diese Staaten solvent zu halten: Durch Anpassungsprogramme und zur Not eben durch Transfers. Im Staatskontext ist Solvenz ein politischer und kein ökonomischer Begriff. Es geht viel mehr um Zahlungsbereitschaft (in Deutschland und in Griechenland) als um Zahlungsfähigkeit.

Die Frage ist also, ob wir politisch eine Solvenzlösung der Insolvenzlösung vorziehen. Darüber kann man lange streiten. Ich glaube aber, dass der jetzt gewählte Weg – ein bisschen insolvent – nicht weiter führt. Er schafft nur jede Menge Probleme (Ansteckungsgefahr, denn wie Kantoos schreibt wird die Umschuldung light an den Märkten als Vorstufe einer harten Umschuldung aufgefasst, der Damm wäre gebrochen) und löst überhaupt nichts.

Natürlich wäre auch ein harter Schuldenschnitt mit einer enormen Ansteckungsgefahr verbunden und enorme Transfers nötig machen, um das Bankensystem über Wasser zu halten. Aber wenigsten bestünde die Hoffnung, dass am Ende die griechischen Staatsschulden niedriger sind und das Land dadurch wieder solvent wird. Ich persönlich würde lieber ein neues Hilfspaket auflegen und Transfers organisieren – aber wie auch immer: Jetzt riskiert man viel und erreicht gar nichts.

Die uneingeschränkte Begeisterung von Kantoos  für die Brady-Bonds teile ich nicht. Nach meinem Kenntnisstand ist die Literatur da nicht so eindeutig und in vielerlei Hinsicht unterscheidet sich eine Umschuldung in einer Währungsunion von einer Umschuldung in einem vollsouveränen Staat.

Das gilt im Übrigen auch für die Rolle der Zentralbank. Wenn die argentinische Zentralbank minderwertige argentinische Staatsanleihen als Pfand akzeptiert, dann ist das eine Sache. Wenn die EZB minderwertige griechische Anleihen als Pfand akzeptiert, dann ist damit ein Risikotransfer verbunden – von Deutschland nach Griechenland. Ich bin wie gesagt nicht per se gegen Transfers, aber sie sollten über die Fiskalpolitik organisiert werden. Darum geht es meines Erachtens auch der EZB, nicht um die paar Anleihen in ihrem Portfolio. Die Notenbank muss von der Solvenzhypothese ausgehen, sonst muss sie den Stecker ziehen.