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Die Deutsche Bank zu Target

Eine schöne Analyse von Nicolaus Heinen von der Deutschen Bank zum Thema Transferunion – mit einer Passage zu Target 2. Der Kernsatz:

Es ist strittig, ob es sich bei Target2-Salden um Eventualverbindlichkeiten handelt. Fest steht jedoch, dass nationale Zentralbanken in der Eurozone für Verbindlichkeiten ihrer Partner gesamtschuldnerisch haften. Target2-Salden würden somit allenfalls bei einem Austritt eines Landes aus der EWU Transfers bedingen. Target2-Salden spiegeln also ledig-lich die Verteilung von Liquidität im Eurosystem wider: Sie stellen jedoch keine eigenen Risiken dar, solange das Eurosystem besteht.

So ist es.

 

Bravo, Frau Merkel!

Die halbe Republik zieht über die Kanzlerin her, weil sie in Sachen Griechenland angeblich kapituliert hat. Tatsächlich ist die Verhandlungstaktik der Bundesregierung alles andere als optimal. Sie hat sowohl die Finanzmärkte (durch die Androhung, dass es eine harte Beteiligung der Privatgläubiger geben wird) als auch die Bevölkerung (durch den Rückzug am vergangenen Freitag) in Aufruhr gebracht. Weiter„Bravo, Frau Merkel!“

 

Populistischer als Bild: Monitor in der ARD

Ich habe keine Ahnung, ob die Beamten im Bundesfinanzministerium sich tatsächlich von einem Papier der Deutschen Bank mit dem Namen Proposal for Greek liability management exercise – burdensharing without haircuts haben inspirieren lassen, als sie ihren Vorschlag über eine sanfte Umschuldung ausarbeiteten. Aber Fakt ist: Der Bericht in Monitor ist ein Beispiel für Krawalljournalismus aller erste Kategorie. Weiter„Populistischer als Bild: Monitor in der ARD“

 

Entmachtet die nationalen Parlamente in der Eurokrise

Als ich gestern die Seite eins der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) las, da wurde mir richtig übel – und mir wurde einmal mehr klar, dass die Art und Weise, wie Europas und Deutschlands Politiker versuchen die Euro-Zone zu retten, gründlich gescheitert ist. Das Einzige, was die hilflosen, weil über die nationalen Parlamente abzuwickelnden Rettungsversuche provozieren, sind nationalistische Ressentiments. Ein solch plumpes, deutsch-überhebliches und vorurteilsbeladenes Stückchen hätte ich zumindest in der FAS nicht erwartet. Aber lesen Sie selbst: Weiter„Entmachtet die nationalen Parlamente in der Eurokrise“

 

Sparen und investieren mit Hans-Werner Sinn

… bevor ich mich in den Pfingsturlaub verabschiede und weil die Debatte ja weitergehen muss: Gustav Horn und Fabian Lindner haben in der FTD argumentiert, Hans-Werner Sinn mache in seiner Argumentation zu den Leistungsbilanzen einen Denkfehler. Olaf Storbeck sieht es im Handelsblatt ähnlich und Frank Lübberding ist mit anderer Stoßrichtung auch on the case.
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Warum es eine sanfte Umschuldung in einer Währungsunion nicht gibt

Es mangelt bekanntlich nicht an Vorschlägen, wie eine Umschuldung in Griechenland zu organisieren sei. Manche fordern den radikalen Schnitt jetzt und heute, andere eine Verlängerung von Laufzeiten. Viele der Schlauberger, die jetzt mit solchen Empfehlungen hausieren gehen, berücksichtigen allerdings nicht die Besonderheiten in einer Währungsunion. Konkret: Die Auswirkungen einer Umschuldung auf die Refinanzierung griechischer Banken. Weiter„Warum es eine sanfte Umschuldung in einer Währungsunion nicht gibt“

 

Das Biest M3

Interessantes Interview in der FAZ mit Otmar Issing zur monetären Analyse.

Mittlerweile erkennen aber wieder viele Ökonomen, dass monetäre Analysen wichtig sind. Das ist eine Grunderkenntnis aus der monetären Geschichte, die man vergessen hatte. Der Wind beginnt sich zu drehen.

Ich glaube auch, dass es ein Fehler wäre, sich in der Geldpolitik alleine auf den Output-Gap zu verlassen – damit bekommt man vielleicht die Inflation in den Griff, aber nicht die Finanzstabilität, und die sollte Teil des Zielsystems einer Zentralbank sein, wobei man sich über die richtigen Instrumente natürlich noch unterhalten müsste. Insofern sind monetären Größen, ich denke dabei aber eher an Kredit als an Geld, natürlich wichtig.

Was mich an den Monetaristen immer gestört hat, ist dass die monetäre Analyse als Legitimation für Zinserhöhungen verstanden wurde,  häufig wegen ihrer Komplexität und den selten eindeutigen Ergebnissen sogar als eine Art Freibrief: Wenn man aus welchen Gründen auch immer die Zinsen anheben will, lässt sich das monetär schon irgendwie rechtfertigen. So jetzt auch Issing.

Wenn die monetäre Analyse starke Zuwächse der Geld- und Kreditmengen und damit Gefahren für Preisblasen an den Vermögensmärkten anzeigt, eine Güterpreisinflation aber erst langfristig droht, sollte die Zentralbank ihren Leitzins früher erhöhen, als sie es alleine mit Blick auf das Güterpreisniveau täte.

Es trüge zur Glaubwürdigkeit der Anhänger der monetären Säule bei, wenn sie diese auch einmal benutzten, um Zinssenkungen zu begründen.

 

Ein bisschen insolvent?

Die Debatte über die Umschuldung light gewinnt an Fahrt, nicht nur in der Politik, sondern auch in den Blogs. Kantoos hält eine Umschuldung für sinnvoll, würde nur noch weiter gehen und fordert einen Brady-Plan für Europa, Frank Lübberding warnt vor einem Regime-Change durch die Insolvenz eines Mitgliedsstaat in einer Währungsunion, Henry Kaspar äußert in den Kommentaren die Ansicht, ich habe von Anfang an völlig falsch gelegen.

Ich räume hiermit ganz ehrlich ein: Ich weiß nicht, ob Griechenland solvent ist. Oder Irland. Oder Portugal. Solvenz lässt sich nur schwer messen.  Was ich aber weiß ist, dass es möglich ist, diese Staaten solvent zu halten: Durch Anpassungsprogramme und zur Not eben durch Transfers. Im Staatskontext ist Solvenz ein politischer und kein ökonomischer Begriff. Es geht viel mehr um Zahlungsbereitschaft (in Deutschland und in Griechenland) als um Zahlungsfähigkeit.

Die Frage ist also, ob wir politisch eine Solvenzlösung der Insolvenzlösung vorziehen. Darüber kann man lange streiten. Ich glaube aber, dass der jetzt gewählte Weg – ein bisschen insolvent – nicht weiter führt. Er schafft nur jede Menge Probleme (Ansteckungsgefahr, denn wie Kantoos schreibt wird die Umschuldung light an den Märkten als Vorstufe einer harten Umschuldung aufgefasst, der Damm wäre gebrochen) und löst überhaupt nichts.

Natürlich wäre auch ein harter Schuldenschnitt mit einer enormen Ansteckungsgefahr verbunden und enorme Transfers nötig machen, um das Bankensystem über Wasser zu halten. Aber wenigsten bestünde die Hoffnung, dass am Ende die griechischen Staatsschulden niedriger sind und das Land dadurch wieder solvent wird. Ich persönlich würde lieber ein neues Hilfspaket auflegen und Transfers organisieren – aber wie auch immer: Jetzt riskiert man viel und erreicht gar nichts.

Die uneingeschränkte Begeisterung von Kantoos  für die Brady-Bonds teile ich nicht. Nach meinem Kenntnisstand ist die Literatur da nicht so eindeutig und in vielerlei Hinsicht unterscheidet sich eine Umschuldung in einer Währungsunion von einer Umschuldung in einem vollsouveränen Staat.

Das gilt im Übrigen auch für die Rolle der Zentralbank. Wenn die argentinische Zentralbank minderwertige argentinische Staatsanleihen als Pfand akzeptiert, dann ist das eine Sache. Wenn die EZB minderwertige griechische Anleihen als Pfand akzeptiert, dann ist damit ein Risikotransfer verbunden – von Deutschland nach Griechenland. Ich bin wie gesagt nicht per se gegen Transfers, aber sie sollten über die Fiskalpolitik organisiert werden. Darum geht es meines Erachtens auch der EZB, nicht um die paar Anleihen in ihrem Portfolio. Die Notenbank muss von der Solvenzhypothese ausgehen, sonst muss sie den Stecker ziehen.

 

Umschuldung light = großer Quatsch

Ich kann die Begeisterung der deutschen Presse über das geplante Reprofiling der griechischen Staatsschulden – zum Beispiel in der FTD oder in der Süddeutschen – nicht nachvollziehen. Eine Verlängerung der Anleihelaufzeiten ist zumindest aus Sicht der Ratingagenturen wohl ein Kreditereignis (wenn es auch keine CDS-Kontrakte auslösen dürfte). Denn die Investoren erhalten nicht zum vereinbarten Zeitpunkt das vereinbarte Geld. Europa fängt sich also das ganze Bündel von Risiken ein, das mit einem solchen Ereignis verbunden ist, insbesondere die Gefahr der Ansteckung anderer Staaten.

Mehr noch: Erneut schiebt die Politik Risiken auf die Bilanz der Europäische Zentralbank. Denn die EZB akzeptiert, wie es sich für eine Zentralbank gehört, griechische Staatsanleihen als Sicherheit bei ihren Refinanzierungsgeschäften. Die Notenbank müsste also wenn Griechenland umschuldet die Mindestanforderungen an die Sicherheiten noch weiter aufweichen. Damit würde sie wohl endgültig ihr Mandat überschreiten und sich noch weiter in Richtung monetäre Staatsfinanzierung begeben. Eine Zentralbank ist dazu da, Liquidität bereitzustellen. Es ist nicht ihre Aufgabe, Solvenzprobleme zu lösen, das kann nur die Finanzpolitik.

Wenn die EZB die Anleihen aber nicht mehr annähme, würde sie Griechenland de facto von der Refinanzierung abzuschneiden – mit gravierenden Folgen für die griechischen Banken. Und wenn die Anleihen eines Mitgliedsstaat einer Währungsunion nicht einmal mehr von der eigenen Zentralbank akzeptiert werden, kann man den Euro auch gleich abschaffen, beziehungsweise den Griechen den Austritt nahelegen.

Eine Umschuldung light ist also mit erheblichen Kosten verbunden – und sie bringt wenig. Wenn die griechischen Schulden jetzt nicht tragfähig sind, dann sind sie es natürlich auch nicht, wenn die Laufzeiten der Anleihen um fünf Jahre verlängert werden. Genau so sehen das die Finanzmärkte und deshalb tut sich bei den griechischen Spreads wenig.

Freuen wird sich allein Frank Schäffler von der FDP, der jetzt überall erzählen kann, er habe die Beteiligung der Gläubiger durchgesetzt. Es ist wirklich dramatisch, wie wenig Ahnung eine Wirtschaftspartei von Wirtschaft hat. Die einzige Logik der Umschuldung light ist eine politische – sie sichert möglicherweise die Zustimmung des Bundestag, falls ein neues Rettungspaket nötig wird. Es ist traurig, dass unter den Abgeordneten heutzutage Symbolpolitik mehr zählt als  Sachargumente. Vielleicht war das mit der Philosophenherrschaft doch keine so schlechte Idee.

Ganz oder gar nicht, so kann die Lösung nur heißen. Entweder Griechenland wird zum Bankrottfall erklärt und so umgeschuldet, dass es als solvent gelten kann. Das bedeutet ein Schuldenschnitt in der Größenordnung von 50 bis 70 Prozent und ein neues Hilfspaket, um die Banken in Griechenland und im Rest Europas zu sanieren. Das wäre riskant, aber immerhin wäre das Problem dann gelöst.  Oder die EU setzt darauf, dass Griechenland solvent bleiben kann. Durch zusätzliche Anstrengungen der Griechen niedrigere Zinsen, neue Hilfspaket – und ja: Transfers.

Auf die Hoffnungen des IWF auf enorme Privatisierungserlöse sollte man dabei wenig geben. Entweder ein Unternehmen im Staatsbesitz ist rentabel, dann generiert es Erträge und die Privatisierung bringt den Staat um die zukünftigen Erträge. Oder es ist Schrott, aber dann wird sich auch kein vernünftiger Preis erzielen lassen. Wie immer ist der Barwert entscheidend – das sollten die IWF-Ökonomen eigentlich wissen.

 

Deutschland verschärft die Euro-Krise

Es sind erschreckende Zahlen, die die Frankfurter Rundschau heute auf den Markt geworfen hat: Nach ihren Recherchen war das Ergebnis der bisherigen Tarifverhandlungen 2011 unglaublich mickrig. „In den drei großen Branchen Bau, öffentlicher Dienst und Chemie erhalten die Beschäftigten in diesem Jahr gerade einmal 2 bis 2,6 Prozent mehr Geld als im Vorjahr“, heißt es in der Analyse. Abzüglich der Inflation bedeutet dies sogar einen Reallohnverlust. Die Arbeitnehmer werden ärmer und das trotz kräftigen Wachstums gepaart mit einer signifikant abnehmenden Arbeitslosigkeit. Damit verschärfen die deutschen Arbeitgeber und Gewerkschaften die Eurokrise. Denn einerseits kann die Binnennachfrage so kaum richtig anziehen und zum Abbau der Ungleichgewichte in Euroland beitragen. Andererseits fährt Deutschland damit weiter einen Kurs der Abwertung innerhalb der Währungsunion und konterkariert alle Anstrengungen von Griechenland, Spanien und Co. wieder Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen. Weiter„Deutschland verschärft die Euro-Krise“