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Für wen spricht der Koordinationsrat der Muslime?

Die islampolitische Sprecherin der SPD, Lale Akgün, hat in der türkischen Zeitung Milliyet auf mein Interview mit Ayyub Axel Köhler (Sprecher des neuen Korrdinationsrates der Muslime) reagiert:

„DIESE MENTALITÄT KANN UNS NICHT REPRÄSENTIEREN“

Mit diesen Worten reagiert die liberale MILLIYET heute auf Aussagen des Sprechers des neu gegründeten islamischen Dachverbands KRM, Ayyub Axel Köhler, der sich für einen nach Geschlechtern getrennten Sportunterricht für Schüler ausgesprochen hat.

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Lale Akgün

Die türkischstämmige Bundestagsabgeordnete der SPD, Lale Akgün, die sich seit Gründung der KRM gegen den Anspruch der neuen Organisation wehrt, alle Muslime in Deutschland vertreten zu wollen, fühlt sich nun bestärkt.

„Dies ist eine Kampfansage gegen die Bildung. Diese Gedanken kennen kein Ende“, so Akgün, die sarkastisch darauf aufmerksam macht, dass mit dem gleichen Weltbild Frauen aus dem Chemieunterricht ausgeschlossen werden könnten, weil dort mit Alkohol experimentiert werde.

 

Die kollektive Verantwortung der Türkei für die Morde von Malatya

Guter Punkt:
Der Chefredakteur der HÜRRIYET, Ertugrul Özkök, spricht in der heutigen Ausgabe vor dem Hintergrund der Morde von einer „kollektiven Verantwortung“ der Türkei.

Man habe angesichts der Missionierungsvorwürfe Christen gegenüber nicht nur durch Islamisten und Radikale, sondern auch durch Sozialdemokraten, nichts unternommen. Die Türkei sei schuld, da man entweder „durch aktive Unterstützung, durch Stillbleiben angesichts der Vorwürfe oder durch Abgestumpftheit“ den Mördern den Weg geebnet habe, so Özkök.

„Die Türken in Deutschland haben an die 3000 Moscheen erbaut. Wo bleibt unsere Zivilisation, wenn wir nicht ein paar Kirchen und ein paar Missionare in der Türkei dulden können?“

 

Der Mord an Christen in der Türkei entfacht eine Debatte um Islam und Religionsfreiheit

Die Alevitische Gemeinde Deutschlands hat ein ungewöhnlich scharfes und klares Kommuniqué zu den Morden von Malatya herausgegeben.
Die nachfolgend dokumentierte Stellungnahme steht für mehrere Entwicklungen:
– die Aleviten setzen sich von der deutschen Diaspora aus zunehmend selbstbewusst gegen Diskriminierung und Missionierung durch den türkisch-sunnitsichen Staatsislam zur Wehr
– sie beharren selbstbewusster denn je darauf, als eigenständige Stimme innerhalb der türkisch-islamischen Kultur gehört zu werden (so auch in der Islamkonferenz, in der sie mit den islamischen Verbänden zusammen gehört werden)
– sie befinden sich in einem Selbstfindungsprozess, der sie immer stärker aus der Zwangssynthese mit den sunnitischen Muslimen hinaustreibt; sie streben die Anerkennung als eigenständige Religionsgemeinschaft an (nicht etwa als „liberale Muslime“, wie es oft irreführender Weise heisst)
Das wirft interessante Fragen für die Islam Konferenz auf, wenn man bedenkt, dass mindestens 20 Prozent der Muslime in Deutschland de facto Aleviten sind.
Die Aleviten sind nicht Mitglied im Koordinationsrat der Muslime. Doch die Anhänger ihrer anatolisch-synkretistischen Religion werden üblicher Weise als Muslime betrachtet. Damit verlängert man ein Unrecht, das durch die Zwangsassimilation entstanden ist. Die Aleviten wollen dies nicht mehr hinnehmen. Wie der türkische Staat mit dem neuen Selbstbewusstsein umgeht, ist eine Probe auf seine Europatauglichkeit.
Und wie die sunnitische Mehrheit der hiesigen Muslime mit den Aleviten umgehen wird, ist eine Probe auf ihre Berechtigung, als Religionsgemeinschaft nach dem Grundgesetz anerkannt zu werden.

Hier die Stellungnahme im Wortlaut:

„Wir verurteilen den brutalen Mord in Malatya auf das schärfste
Die Alevitische Gemeinde Deutschland e.V. verurteilt den brutalen Mord an drei Mitarbeitern eines Bibel-Verlags im Südosten der Türkei auf das schärfste. Wir sind zutiefst betroffen über dieses abscheuliche Verbrechen.
Wir wünschen den Angehörigen der Opfer unser herzlichstes Beileid und fordern die Türkische Regierung und ihre Sicherheitsbehörden auf so schnell, wie möglich die Täter ausfindig zu machen und die Hintergründe der Tat auf zu klären.
Trotz der Tatsache, dass der alevitische Glaube keine Missionierung kennt, respektieren wir den Glaubenswechsel und Missionierung, also das Werben für den eigenen Glauben, als Teil der Glaubensfreiheit für alle Glaubensgemeinschaften gleichermaßen und als unveräußerlicher Teil der Menschenrechte.
Die türkische Regierung, andere offizielle Vertreter und die Medien des mehrheitlich muslimischen Landes haben wiederholt die Tätigkeit christlicher Missionswerke kritisiert und verfolgt, obwohl der türkische Staat mit dem Präsidium für Religionsangelegenheiten (DIYANET/ DITIB in Europa) selbst der größte Missionar im Lande ist. Diese Doppelmoral des türkischen Staates ist unerträglich und eines EU-Beitrittskandidaten unwürdig.
Neben den Christen leben in der Türkei auch viele andere Religionsgemeinschaften, die vom Staat und der Bevölkerung diskriminiert werden.
In der Türkei bilden die Aleviten mit 20 Millionen an der Zahl die zweitgrößte Religionsgemeinschaft nach den Sunniten. Bis heute sind z.B. die Aleviten nicht als eine eigenständige Religionsgemeinschaft anerkannt. Wir werden gegen unseren Willen offiziell den sunnitischen Muslimen zugerechnet. Die Kult- und Gebetsstätten der Aleviten, die Cemhäuser, werden bis heute nicht als solche anerkannt. Im Gegenteil werden Moscheen in alevitischen Dörfern und Siedlungsgebieten gebaut, obwohl die Aleviten nicht in die Moschee gehen. Die alevitischen Kinder werden an staatlichen Schulen durch islamischen Pflichtreligionsunterricht zwang sunnitisiert.
Viele türkische Nationalisten und Islamisten sehen nicht nur in christlichen Missionaren Feinde des Landes, die angeblich deren politische und religiöse Institutionen untergraben, sondern in allem was nicht islamisch und türkisch ist.
Daran ist die jahrzehntelange offizielle Ideologie, die sog. „Türkisch Islamische Synthese“, des türkischen Staates verantwortlich.

Dieses Verbrechen ist nicht der Anfang, sondern der letzte Glied einer Kette von Verbrechen an anders Denkenden und Gläubigen in der Türkei.
Im Februar vergangenen Jahres wurde ein katholischer Priester in der Stadt Trabzon am Schwarzen Meer von einem Jugendlichen erschossen, im gleichen Jahr wurden zwei weitere Priester überfallen.
Der aus Malatya stammende armenisch-türkische Publizist Hrant Dink war Anfang des Jahres von einem jungen Ultranationalisten ermordet worden.
Und vor letzte Woche erst wurde der Lehrer Hüseyin Cebe an einer Grundschule durch einen anderen nationalistischen Lehrer erschossen, weil er Alevit und Kurde war. Das wurde jedoch von der türkischen Presse und den staatlichen Stellen vertuscht.
Zur Religionsfreiheit gehören Glaubensfreiheit, Bekenntnisfreiheit und Kultusfreiheit als Recht auf ungestörte Religionsausübung. Das verfassungsrechtliche Gegenstück der Religionsfreiheit ist die Pflicht des Staates zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität. Diese Religiöse Neutralität des Staates ist in der Türkei unzweifelhaft nicht gegeben.
Wir fordern die deutsche Öffentlichkeit und die Politik auf endlich Kenntnis zunehmen von der Doppelmoral der Islamisten sowohl in der Türkei auch als in Deutschland.
Über diese Situation und die Diskriminierung der nicht-muslimischen Religionsgemeinschaften in der Türkei sind die türkisch-sunnitischen Muslime und ihre Verbände in Deutschland ausreichend informiert. Doch wenn es darum geht, die gleiche Religionsfreiheit, die sie in Deutschland genieβen wollen, auch für Aleviten und andere Glaubensgemeinschaften in der Türkei einzufordern und diese offen zu unterstützen, schweigen diese Organisationen und ihre Mitglieder.
Die türkischstämmigen Muslime und ihre Organisationen in Deutschland tragen zwar nicht maβgeblich die Verantwortung dafür, was in der Türkei auf politischer Ebene schief läuft, aber durch ihre klare Unterstützung der offiziellen türkischen Position machen sie sich wiederum in Deutschland mit ihren eigenen Forderungen nach ‘’Toleranz’’ und ‘’Dialog der Kulturen’’ unglaubwürdig.
Wir treten für die Meinungs- und Religionsfreiheit von allen Menschen und zwar überall ein.

Köln, den 19.04.2007

Alevitische Gemeinde Deutschland“

 

Gibt es Reformbedarf für den Islam?

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Bilkay Öney

Die migrationspolitische Sprecherin der Berliner Grünen, Bilkay Öney, hat einen Offenen Brief an den neuen Koordinationsrat der Muslime geschrieben. Darin sind die wesentlichen Bedenken formuliert, die ich auch hege. (Siehe zum Thema auch mein Interview mit dem Sprecher des KRM, Ayyub Axel Köhler, in der morgigen Print-Ausgabe.)
Ausserdem bringt Frau Öney auch ihre Betroffenheit angesichts des Mordes an drei Mitarbeitern eines christlichen Verlages in Malatya zum Ausdruck. Sie selbst stammt aus Malatya und betont, sie sei entsetzt, dass „Menschen in Gottes Namen Schandtaten ausüben können“.
Hier der Offene Brief im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Köhler, sehr geehrte Mitglieder des Koordinierungsrates,

als integrationspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus begrüße ich die Gründung des Koordinierungsrates für Muslime sehr. Sie übernehmen eine bedeutende und befriedende Rolle als Vermittler zwischen dem westlichen und dem islamischen Kulturkreis. Für die anstehende Arbeit wünsche ich Ihnen viel Erfolg und hoffe auf gute Zusammenarbeit!
Es gibt viel zu tun: Die rechtliche Gleichstellung des Islam und die flächendeckende Einführung des Islamischen Religionsunterrichtes sind nur wenige der wichtigen und verantwortungsvollen Aufgaben, die in Angriff genommen werden müssen.
Dennoch bleiben einige Fragen offen, um deren Klärung ich Sie bitten möchte:
1. Wie wird der Koordinierungsrat sicherstellen, dass die Mehrheit der Muslime, nämlich 85%, die nicht bei den vier Dachverbänden organisiert sind, wahr und ernst genommen werden?
2. Auf welche Weise werden Frauen in den Koordinierungsrat einbezogen?
3. Sind die vier Partner unabhängig ihrer Anzahl der Mitglieder gleichberechtigt? Wie wird mit inhaltlichen Differenzen umgegangen?
4. Wie werden die Muslime vertreten, die keinen türkischen Hintergrund haben?
5. Sieht der Koordinierungsrat Reformbedarf für den Islam?

Des weiteren bin ich im europäischen Vergleich auf Belgien gestoßen; dort fanden am 13.12.1998 Wahlen zur Bildung einer repräsentativen konstituierenden Versammlung der muslimischen Gemeinschaft statt. Diese wählt einen Exekutivrat der Muslime, der offizieller Gesprächspartner der belgischen Behörden ist. Belgien war übrigens das erste Land, welches den Islam offiziell anerkannte. Daher lautet meine letzte Frage: Ist solch eine Überlegung für Deutschland nicht eher anzustreben?

Die aktuellen Nachrichten zeigen: Es besteht Handlungsbedarf auch bei der Toleranz gegenüber anderen Religionen. Der heutige Anschlag in Malatya auf ein christliches Verlagshaus sowie die häufigen antisemitischen Übergriffe in Deutschland sind schreckliche Ereignisse, die es zu verhindern gilt. Ich hoffe, dass Sie auch bei diesen Themen als Koordinierungsrat eine wichtige vermittelnde Rolle einnehmen werden und Toleranz für alle Glaubensrichtungen einfordern werden. In der Hoffnung auf einen regen Austausch und eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen

Bilkay Öney, MdA“

 

Die lieben Kollegen

Kollegenschelte auf heise.de (Telepolis) für meine Interventionen in Sachen Uni Osnabrück:

Doch für eine differenzierte Betrachtung scheint es bereits zu spät zu sein. Seit sich der ehemalige taz- und heutige Zeit-Redakteur Jörg Lau des Themas angenommen und das Vorgehen der Niedersachsen für „haarsträubend“ befunden hat, steht Zaidan im Mittelpunkt einer kontroversen Online-Diskussion, deren Urheber nun einmal findet, dass „Leute mit solchen Verbindungen in unserer Ausbildung von Religionslehrern nichts zu suchen haben“. Die Debatte droht damit endgültig auf  Schlagzeilenniveau abzusinken.

Denn auch wenn der Hinweis auf eine mögliche Infiltration einzelner Verbände durch orthodoxe oder gar radikale Islamisten nicht von der Hand zu weisen ist und es ganz sicher nicht im Interesse der deutschen Bildungs(Politik) liegen kann, ihnen hierzulande ein Forum zu bieten, gibt es grundsätzlich keine wirkliche Alternative zu Kontaktaufnahmen, Gesprächen und Verhandlungen.

Die Übernahme des Schulfachs Islam in das öffentliche Unterrichtsangebot kann zumindest ein Schritt auf dem Weg in die richtige Richtung sein.

Ich habe immer für einen islamischen Religionsunterricht plädiert. Allerdings ist doch wohl entscheidend, mit wem man einen solchen konzipiert und durchführt.

Und was soll heissen, es gebe „keine Alternative“ zu Gesprächen? Erstens gibt es eine regelrechte Dialog-Industrie mittlerweile, und ich bin selbst ein williger (wenn auch skeptischer) Teil derselben, und zweitens kann daraus doch nicht folgen, dass man mit jedem reden muss. Reden soll man auch mit extremen Vetretern, so lange sie gewaltfrei sind. Aber daraus kann doch drittens nicht gleich folgen, dass man ihnen Mitsprachen bei Curricula einräumt.

Merkwürdiger Weise macht Thorsten Stegemann diesen Punkt in seinem Artikel dann selbst – angesichts der Islamischen Föderation (i.e. Milli Görüs), die in Berlin den Islamunterricht erteilt.

Was also wollte er mir eigentlich vorwerfen?

 

EU will Islamismus eliminieren (keine Panik, nur aus den Wörterbüchern!)

Die EU bekämpft den Islamismus jetzt mit einer neuen Methode: Sie streicht ihn einfach aus den Wörterbüchern.Es gibt ein geheimes Handbuch für Sprecher der EU, das eine „nicht-anstössige Sprache“ vorgibt für den Fall, dass Anti-Terror-Maßnahmen verkündet oder terroristische Anschläge kommentiert werden müssen. Interessant sind aber vor allem die Worte, die nicht gebraucht werden sollen. Darunter sind nach einem Bericht des Daily Telegraph Dschihad, islamisch, Fundamentalist.

The word „jihad“ is to be avoided altogether, according to some sources, because for Muslims the word can mean a personal struggle to live a moral life.

One alternative, suggested publicly last year, is for the term „Islamic terrorism“ to be replaced by „terrorists who abusively invoke Islam“.

An EU official said that the secret guidebook, or, „common lexicon“, is aimed at preventing the distortion of the Muslim faith and the alienation of Muslims in Europe.

Super. Ich finde, man sollte die Richtlinien sofort anwenden, um die Geiselkrise mit Iran zu entschärfen.

„15 britische Soldaten befinden sich immer noch in der Gewalt Obhut des Mullah-Regimes Staates, der sich missbräuchlicher Weise Islamische Republik nennt.“

(Oh, das klingt ja gar nicht freundlicher. Mist. Was machen wir bloss, wenn die Iraner darauf beharren, ihr Staat sei eine Islamische Republik!)

Und auch im Nahen Osten sehe ich Schwierigkeiten für die EU-Sprachpolizei heraufziehen:

„Die EU verurteilt den Anschlag in Tel Aviv, zu dem sich eine irritierender Weise Islamischer Dschihad genannte Gruppe bekannt hat. Es kann sich bei dieser Bezeichnung nur um einen Irrtum handeln, weil Dschihad laut den EU-Richtlinien die Bemühung um ein moralisches Leben bedeutet. Die EU fordert also den fälschlicher Weise so genannten Islamischen Dschihad hiermit ultimativ auf, wenn schon nicht mit den Anschlägen, so doch wenigstens mit dem Missbrauch des Wortes Dschihad aufzuhören. Denn das Festhalten an dieser Bezeichnung könnte die nicht-terroristischen Muslime verletzen.“

Im Ernst: Statt den Muslimen die Debatte zu überlassen, wer sich denn nun zu Recht auf den Islam berufen darf, und wer durch seine Terror-Praxis dem Islam einen schlechten Namen gibt, will man lieber eine politisch korrekte Terminologie, um den Konflikt von vornherein zu vermeiden.

Das ist praktizierte Gegenaufklärung im Gewand des humanen Fortschritts, und ein Schlag ins Gesicht jedes friedliebenden Muslims, der den Dschihadismus als Perversion und Kidnapping seines Glaubens sieht – als ein Problem, das ihn und alle Wohlmeinenden etwas angeht.

 

Ajatollah Christina

Christina von Braun, Gender-Forscherin,
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sagt auf „Muslimische Stimmen„:

„Zum Beispiel das Bild von der unterdrückten Frau im Islam. Solche Behauptungen werden einfach in den Raum geworfen, und keiner hinterfragt sie. Und wenn man nachfragt: Wen meinst du genau? Heißt es als Antwort: Die Frauen mit Kopftuch. Und dann soll das Kopftuch als ‚eindeutige‘ Symbolik diese Behauptung belegen. Man muss einfach mal in Erinnerung rufen, dass auch in deutschen und amerikanischen, wie natürlich auch in muslimischen, Haushalten Gewalt am weiblichen Körper verübt wird. Die Projektionen auf ‚Die Frau im Islam’ sind Ablenkungsmanöver von den Problemen in den westlichen Ländern.“

Das hätte der iranische Revolutionsführer nicht besser sagen können, dass der Westen bloss von eigenen Problemen ablenken möchte, wenn er immer auf die Lage der islamischen Frauen verweist.
Ich finde allerdings, man sollte das konsequent zuende denken: Nur das Kopftuch – nein, der Vollschleier, kann die Frau davor beschützen, zum Sexualobjekt degradiert zu werden, wie es im Westen gang und gäbe ist. Der Westen (i.e. der verhasste westliche Mann) mit seinem Fortschrittglauben und seinen kolonialen Eroberungen will nun auch noch die muslimische Frau befreien (und so genannte Feministinnen helfen ihm dabei!): Denn die muslimische Frau mit Kopftuch ist der letzte noch nicht kolonialisierte Flecken dieser Erde!

Unterm Dirndl wird gejodelt, doch unterm Schleier wächst der Widerstand!

Dies hier ist meine Lieblingspassage, schöner kann man es sich nicht ausdenken:

Der fremde Kontinent, der erobert werden musste, war ein weiblicher Körper, der schwarze Kontinent und natürlich auch die Kolonien waren weibliche Körper, die man imaginär befruchten, penetrieren und erobern musste. Diese Fantasie hat im Westen eine lange Geschichte. Wenn im Westen der weibliche Körper so rasant schnell und radikal entblößt worden ist, steckt keine Befreiung der Frau dahinter, sondern vielmehr ein Wunsch, auch hier am weiblichen Körper einen bestimmten Fortschrittsgedanken festzumachen. In dem Zusammenhang muss man auch über die weiblichen Essstörungen reden, die zuerst in den westlichen Industrieländern aufgetaucht sind. Magersüchtige Frauen wollen nicht – wie so oft behauptet – einem Schönheitsideal entsprechen, sondern wenn man mit ihnen spricht, sagen sie, sie wollen ‚leicht’, ‚dünn’ oder ‚unsichtbar’ sein. Das heißt, sie wollen sich einem Druck auf den weiblichen Körper entziehen, diesen als nackte Wahrheit – als entblößtes Fleisch – im öffentlichen Raum auszustellen.“

Wenn die Frauen im Westen also entweder „radikal entblösst“ werden, oder sich nur durch Magersucht dem Sex-Terror entziehen können, folgt zwingend:

„Am Problematischsten (…) ist, dass so ein bestimmter westlicher Feminismus sich hinstellt und sagt: Ihr braucht nur so zu werden wie wir, dann seid ihr glücklich.

Wir schließen:
Magersucht und Kolonialismus – dagegen hilft nur Totalverschleierung.
Freiheit ist Sklaverei, Anpassung ist Widerstand, Kopftuchtragen ist der wahre Feminismus! Das Kopftuch ist der Aufstand gegen die Eroberungslust des westlichen Mannes!
Scheich Karadawi, übernehmen Sie!

 

Fachliche Kooperationen

In der Pressemitteilung der Uni Osnabrück hatte es geheissen, „fachliche Kooperationen bestehen mit der Islamischen Religionspädagogischen Akademie in Wien und theologischen Fakultäten in der Türkei“.

Nun teilt die Uni mit, „Kooperationsverträge zwischen der Universität Osnabrück oder einzelnen ihrer Fächer und Fachbereiche einerseits und der IRPA Wien andererseits bestehen nicht und sind auch nicht beabsichtigt“.

Heisst das nun, dass man zwar fachlich kooperiert, aber keine Verträge bestehen?

Am Ende läuft die Stellungnahme der Universität darauf hinaus, dass eine Institution, die in Österrreich anerkannt sei, wohl irgendwie schon in Ordnung sein müsse und als Partner in Frage komme. Sonst wäre es nicht sinnvoll, in der Stellungnahme erst so lang und umständlich die Islamische Religionsgemeinschaft, die IRPA und das IRPI zu verteidigen – bevor man dann klarstellt, es gebe keine Verträge.

Die institutionelle Trennung zwischen IRPA und IRPI, die sorgsam darauf bedacht sind, sich nur durch einen Buchstaben zu unterscheiden, ist kein Argument. Denn die beiden Institutionen teilen sich nicht nur drei Buchstaben, sondern eine Adresse und sogar ein Faxgerät.

Amir Zaidan prägt als Direktor und theologische Autorität des IRPI mit seinen Unterrichtsmaterialien wesentlich das Curriculum, nach dem durch IRPA Religionslehrer ausgebildet werden. Wie die „Klarstellung“ aus Osnabrück darlegt, soll IRPA demnächst aufbauend auf dem IRPA-Studium noch Weitergehendes eingerichtet werden:

Die Universität Wien plant, zum Wintersemester 2007/2008 einen Master- Studiengang „Islamische Religionspädagogik“ einzurichten, der, aufbauend auf den Abschluss des Studiums an der IRPA oder einem vergleichbaren Abschluss, für das Lehramt an österreichischen staatlichen Höheren Schulen und für das Management von Islamischen Organisationen qualifiziert.

Soll das etwa eine gute Nachricht sein, die uns über IRPA/IRPI beruhigt? Das ist haarsträubend. Die Verbindungen zur Muslimbruderschaft liegen bei Zaidan offen zutage. Er schreibt in seinem Lebenslauf, dass er 1993-1996 in Chateau Chinon Islamologie studiert habe. Das Institut Européen Schiences Humaines, an dem er seinen B.A. gemacht hat, steht dem U.O.I.F. nahe (der Bruderschaft-nahen Moslemorganisation in Frankreich) und ist nach eigener Aussage dem Europäischen Fatwa-Rat verpflichtet, dem langen Arm des Muslimbruder-Scheichs Jussuf Al-Karadawi in Europa.
Auf der Website des Instituts steht im Bereich „Fatwa und Theologie“ zu lesen:

Le conseil de la fatwa en Europe sera notre référant dans ce domaine.

Il est composé d’éminents savants parmi eux :

* Le Cheik Youssef El QUARADHAWI (Président du conseil)

Es ist nicht verboten, solche Verbindungen zu unterhalten. Aber Leute mit solchen Verbindungen haben in unserer Ausbildung von Religionslehrern nichts zu suchen.

 

Uni Osnabrück stellt Kooperation mit Wiener IRPA klar

Vorgestern hatte ich an dieser Stelle das Vorhaben der Universität Osnabrück aufgegriffen, zwecks der Ausbildung von islamischen Religionspädagogen mit dem Wiener IRPA zusammenzuarbeiten.
Heute erreicht mich zu dem Sachverhalt folgende Stellungnahme der Universität. (Ich werde die Aussagen später kommentieren.)

Stellungnahme

zur Beziehung zwischen der Universität Osnabrück

(Studiengang Islamische Religionspädagogik) und

der Islamischen Religionspädagogischen Akademie Wien

Die Islamische Religionsgemeinschaft ist in Österreich eine gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft und hat damit die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Mit diesem rechtlichen Status gehen gegenseitige Anforderungen und Pflichten für alle Beteiligten einher:

Der Staat ist in die Pflicht genommen, die Muslime als Teil nicht nur wahrzunehmen, sondern auch zu respektieren, die Islamische Religionsgemeinschaft hat mit dieser Rechtsstellung die Verpflichtung übernommen, nicht nur die pluralistische Gesellschaft und ihre demokratisch-rechtsstaatliche Instrumente zu bejahen, sondern sich in den öffentlichen Dialog einzubringen.“ Weiter„Uni Osnabrück stellt Kooperation mit Wiener IRPA klar“

 

Der Autor der Kamel-Fatwa als Ausbilder islamischer Religionslehrer in Deutschland?

Die Universität Osnabrück plant einen neuen Masterstudiengang „Islamische Religionspädagogik“, um den künftigen Bedarf an islamischen Religionslehrern decken zu helfen. (Pressemitteilung hier.)

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Amir Zaidan

Osnabrück kooperiert dabei unter anderem mit der „Islamischen Religionspädagogischen Akademie Wien“. Das von der Akademie unterhaltene „Islamische Religionspädagogische Institut“ wiederum wird von Amir Zaidan geleitet, dem Gründer und langjährigen Vorsitzenden der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen.
Herr Zaidan ist in dieser Eigenschaft zu Berühmtheit gelangt duch ein religiöses Gutachten, mit dem eine Klassenfahrt-Teilnahme muslimischer Mädchen als religiös bedenklich bescheinigt werden sollte. Es ist unter dem Namen „Kamel-Fatwa“ bekannt geworden. Muslimische Frauen dürften sich nur um die Strecke von zu Hause entfernen, die ein Kamel in einem Tag zurücklegen könne (81 Kilometer).
Laut einem Artikel in der Wiener Stadtzeitung Falter steht Zaidan bis heute zu dieser Fatwa.
In einem Wikipedia-Artikel wird dies wiederum etwas mau bestritten (die Fatwa habe nur für einen bestimmten Fall gegolten…).
Wie dem auch sei: Man wüßte gerne, ob die Uni Osnabrück sich im Klaren ist, mit wem sie da kooperiert. Ob sie Amir Zaidan zu der umstrittenen Fatwa befragt hat. Und warum sie es für pädagogisch wünschenswert hält, dass die deutsche Religionslehrer-Ausbildung von einem, vorsichtig gesagt, ultraorthodoxen Muslim, mitbestimmt wird, der jahrelang vom Verfassungsschutz beobachtet wurde.
(Dank an Stephanie Sellier.)