Der italienische Innenminister Giuliano Amato hat gestern in der Kopftuchfrage gegenüber der Tageszeitung La Stampa Stellung bezogen: Das Kopftuch soll in Italien nicht verboten werden, weil auch Nonnen eine Kopfbedeckung tragen dürfen. Amato sagte in Florenz anläßlich der Nationalen Migrations-Konferenz: «Vietare il velo vuol dire imporre un’ideologia imperialista occidentale agli occhi di chi ci vede diversamente da noi». (Das Kopftuch zu verbieten, bedeutet in den Augen derer, die bei uns anders leben, eine imperialistische westliche Ideologie durchzusetzen.)
Koptuch ja, Burka nein: Giuliano Amato
Amato ist allerdings einverstanden damit, die Verschleierung des Gesichts in der Öffentlichkeit, etwa durch die Burka, zu verbieten.
Weitergehenden Forderungen nach einem kompletten Kopftuchverbot in der Öffentlichkeit hält Amato entgegen:
«Allora dovremmo vietare il velo solo alle donne islamiche? Se fai una legge che proibisce di portare il velo nei luoghi pubblici, la prima questione che sorge è: perché una suora può portarlo e una donna islamica no?“ (Sollen wir das Kopftuch nur Musliminnen verbieten? Wenn wir ein Gesetz machen, dass das Tragen des Kopftuchs an öffentlichen Orten verbietet, dann stellt sich als erste Frage: Warum kann eine Nonne es tragen und eine islamische Frau nicht?)
Auf den Einwand, in Frankreich gebe es ein Kopftuchverbot, antwortet Amato, dort seien schließlich auch Kreuze verboten, und einen solchen Laizismus wolle er in Italien nicht.
Die wahre Aufgabe bestehe in der Integration der entfremdeten Jugendlichen im Westen, „perché la radicalizzazione nasce sempre da un’identità negata“ – „denn die Radikalisierung kommt immer aus einer verweigerten Identität“.
Das ist mir ein bisschen zu einseitig: Es gibt viele intrinsische Faktoren für Radikalisierung, die herzlich wenig mit „verweigerter Identität“ zu tun haben.
Auch das Wort vom „Imperialismus des Westens“ finde ich fatal. Das ist fast schon Originalton Muslimbruder-Propaganda.
Aber Amato hat trotzdem recht, gegen ein Kopftuchverbot zu votieren, weil es nicht zur freiheitlichen Ordnung Italiens paßt.