Scheich Karadawi: Musliminnen müssen kein Kopftuch tragen – wenn sie sich in die Luft sprengen

Ist das Kopftuch obligatorisch für Musliminnen?
Zu dieser auch hier immer wieder aufflammenden Debatte ein interessantes Zitat des wohl berühmtesten sunnitischen Gelehrten unserer Tage – Jussuf El-Karadawi. Im vergangenen November hat Karadawi sich mit der Anfrage beschäftigt, ob Palästinenserinnen, die eine „Märtyreroperation“ (also ein Selbstmordattentat) verüben wollen, aus strategischen Gründen gegen die islamischen Bekleidungsregeln verstossen dürfen.

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Der Scheich (rechts) mit seinem Bewunderer, dem Londoner Bürgermeister Ken Livingstone 

Frauen, die einen solchen Akt begehen wollen, haben das Recht, das Haus ohne männlichen Beistand (Mahram) zu verlassen. Sie müssen auch nicht ihren Ehemann oder Bruder oder Vater um Erlaubnis fragen. Und sie haben auch das Recht, wenn nötig zur Täuschung des Feindes ihr Haar zu zeigen, weil sie es ja nicht tun, um „ihre Schönheit zu zeigen“, sondern um für Gott zu töten.
Diese Logik muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Das Haar zu zeigen ist für Karadawi haram, wenn es um der Schönheit willen geschieht. Wird es aber heimtückisch mit Mordabsicht getan, tut er seinen halal-Stempel drauf:

As for the point that carrying out this operation may involve woman’s travel from place to another without a Mahram, we say that a woman can travel to perform Hajj in the company of other trustworthy women and without the presence of any Mahram as long as the road is safe and secured. Travel, nowadays, is no longer done through deserts or wilderness, instead, women can travel safely in trains or by air.

Concerning the point on Hijab, a woman can put on a hat or anything else to cover her hair. Even when necessary, she may take off her Hijab in order to carry out the operation, for she is going to die in the Cause of Allah and not to show off her beauty or uncover her hair. I don’t see any problem in her taking off Hijab in this case.

To conclude, I think the committed Muslim women in Palestine have the right to participate and have their own role in Jihad and to attain martyrdom.

Niemand soll sagen, islamischer Feminismus sei ein Widerspruch in sich. Im Zeichen des Terrors kommt er mit mächtigen Schritten voran, und Scheichs, die sonst gerne schlaflose Nächte über der Frage verbringen, wie sie die Frauen im Haus und unter dem Hijab halten, werden plötzlich sehr pragmatisch.

 

Scheich Jussuf Al-Karadawi: Saddam kommt in den Himmel

Der populärste Prediger der sunnitischen Welt, Jussuf Al-Karadawi, ergeht sich in einer Freitagspredigt über Saddam als unbeugsamen Helden, der mit der Schahada (islamisches Glaubensbekenntnis) auf den Lippen gestorben sei und darum in den Himmel komme:

 

Die Scharia ist längst da

Zu den Schreckgespenstern unserer Islamdebatte gehört eine drohende Einführung der Scharia hierzulande. Doch die Scharia braucht in Deutschland gar nicht mehr eingeführt zu werden. Es gibt sie auch hier bei uns längst an jeder zweiten Ecke. Sie hat nur wenig mit der Vorstellung von komplett verhüllten Frauen, abgehackten Händen und Gesteinigten zu tun, wie wir sie etwa aus Afghanistan, Iran oder Saudi-Arabien kennen. 

Viele türkische Läden hier bieten ausschließlich Produkte an, die halal sind – also erlaubt gemäß dem Schariarecht. Das Bundesverfassungsgericht hat das islamische Schächten grundsätzlich erlaubt. Verbraucherzentralen geben »Einkaufsführer für Muslime« heraus, in denen islamisch korrekte Nahrungsmittel empfohlen werden. Und außer im Lehrberuf ist das religiöse Kopftuch bei uns am Arbeitsplatz ausdrücklich vom Gesetzgeber geschützt. All das fällt unter den schwer fasslichen Begriff »Scharia«.

Die Scharia ist kein Buch. Sie ist kein feststehender Codex, den man kaufen und nachschlagen kann. Scharia (in etwa: Weg) bezeichnet die Summe von Pflichten und Verboten, die das Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft prägen – von der religiösen Praxis bis zum Erbrecht, von den Speisegeboten bis zum Straf- und Kriegsrecht. Als göttliches Recht wird die Scharia von den Rechtsgelehrten der vier führenden sunnitischen Schulen und den schiitischen Ajatollahs nach überlieferten Methoden aus dem Koran, den Überlieferungen über Mohammed (Hadithen) und den Texten großer Lehrer gedeutet.

Diese Rechtsgelehrten sind mächtig und schwach zugleich: Es gibt viele starke Meinungen, doch keine ist absolut verbindlich. Nur ein kleiner Kernbestand religiöser Pflichten ist unumstritten. Über viele Themen im Leben moderner Muslime – von der Kopftuchpflicht bis zur Bedeutung des Dschihad – gibt es sehr viel mehr Dissens, als die Autoritäten gerne zugeben möchten. Scheichs der islamischen Welt wie der populäre Ägypter Karadawi, der Selbstmordattentate für halal erklärt hat, sehen sich zunehmend von westlichen Gelehrten wie dem Amerikaner Abou el-Fadl herausgefordert, der sie als Barbarei bezeichnet und im Widerspruch zum islamischen Recht sieht (haram). (Hier deren Debatte lesen.)

Dieser Kampf um die Deutungshoheit geht auch Nichtmuslime an: Wer darf die Scharia auslegen? Nur die Muftis, Scheichs und Ajatollahs des Nahen Ostens, die sie antiwestlich aufladen? Oder auch junge muslimische Intellektuelle im Westen, die in der freiheitlichen Verfassung den besten Rahmen entdeckt haben, als Muslim gottgefällig zu leben? 

Die heikle Frage hier: Ist es denkbar, im Rahmen des islamischen Rechtsdenkens, das diese Trennung nicht kennt, den Vorrang der Verfassung und der weltlichen Gesetze vor dem geoffenbarten Recht zu denken? In dieser Frage ist die Jury noch draussen.

 

Die 20 wichtigsten Intellektuellen der Welt sind – alle Muslime

Dies jedenfalls hat eine Umfrage der renommierten amerikanischen Zeitschrift „Foreign Policy“ ergeben. FP bat in der letzten Ausgabe ihre Leser, unter 100 weltweit einflußreichen Intellektuellen die 20 wichtigsten auszuwählen. Mit der Welle von Aufmerksamkeit, die das Magazin dann jedoch geradezu überrollte, hatte man nicht gerechnet. Über 500.000 Stimmen wurden abgegeben, und das Ergebnis sieht so aus:
1 Fethullah Gülen (Gründer der Gülen-Bewegung)
2 Muhammad Yunus (Ökonom, Nobelpreisträger aus Bangladesch)
3 Jussuf Al-Karadawi (TV-Prediger, Muslimbruderschaft)
4 Orhan Pamuk (türkischer Romancier, Nobelpreisträger)
5 Aitzaz Ahsan (pakistanischer Anwalt)
6 Amr Khaled (ägyptischer Fernsehprediger)
7 Abdolkarim Sorusch (iranischer Reformtheologe)
8 Tariq Ramadan (Intellektueller und Jugendidol)
9 Mahmood Mamdani (postkolonialistischer Soziologe, Columbia University)
10 Shirin Ebadi (iranische Anwältin, Nobelpreisträgerin)

Manche der Aufgeführten sind tatsächlich erwägenswerte Kandidaten: Ebadi, Pamuk, Yunus, Sorusch.
Aber frappierend ist ja wohl vor allem, wie gut organisiert die Anhängerschaft Gülens und Al-Karadawis ist. (Man kann die beiden nicht vergleichen, aber darin haben sie etwas Gemeinsames.) Gülen hat „Zaman“ mobilisiert, Al-Karadawi „IslamOnline“.
Und so sind die beiden Erweckungsprediger nun der Welt wichtigste Intellektuelle!
(Haha!)

 

Wieviel Alkohol darf ein Muslim trinken?

Alkohol? Wie bitte? In der Tat: Scheich Jussuf Al-Karadwi hat sich festgelegt: 0.05 Prozent sind in Ordnung, wenn sie durch natürliche Fermentierung (etwa in Fruchsäften) entstanden sind.

Offenbar hatte es viele Anfragen gegeben wegen des natürlichen Alkoholgehalts in Fruchtsäften. Karadawi hat nun das Halal-Kriterium vom Alkohol per se auf seine berauschende Eigenschaft verlegt. Seine Aussage, der Konsum kleiner Mengen Alkohols, die auf natürlichem Wege durch Fermentierung entstanden seien, sei nicht haram, hatte anfangs Aufregung ausgelöst: Mancher wollte darin eine Lockerung des Alkoholverbotes sehen. Die Fatwa über den Fruchtalkohol folgt aber in Wahrheit Karadwis Linie, eine konservative Auslegung der Scharia mitten in der modernen Welt zu ermöglichen. Und das Wesen des schariatischen Verbots von Alkohol liegt seiner Meinung nach eben nicht in der Verteufelung dieses Stoffes, sondern in der Vermeidung der berauschenden Wirkung.

Hier der Bericht von Islamonline.

 

„Gaza Holocaust Museum“

Scheich Al-Karadawis einflußreiche Seite Islam Online macht mobil: Das Gaza Holocaust Memorial Museum soll entstehen.  Jede Gelegenheit wird von den Islamisten genutzt – diesmal das Leid der jüngsten Bombenopfer -, um den Holocaust zu relativieren. Die exterministische Philosophie der Hamas gegenüber dem jüdischen Staat wird so kaschiert in einer Opferpose.

Wenn die Gaza-Bewohner Opfer eines „Holocaust“ sind – welch eine Frechheit ist diese Begriffstrickserei! – dann sind die Israelis offenbar die Nazis von heute. Wer den Juden den Holocaust raubt, der nimmt dem jüdischen Staat seine Legitimation – dieses Denken steht dahinter.

Eine palästinensische Sache, die solche Fürsprecher hat, braucht keine Feinde mehr.

 

Entfernt die Bilder des Propheten aus Wikipedia!

Dies fordern mittlerweile über 98.000 Muslime aus aller Welt in einer Petition. Es geht dabei um diesen englischsprachigen Artikel über Muhammad.
Hier ist die Petition.
Hier ist der Artikel auf Islamonline (gehört zum Al-Karadawi-Netzwerk).
Und hier ist das Bild, das angeblich Anstoß erregt.

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Der Prophet auf einer Miniatur des 15. Jahrhunderts, lehrend in Mekka

Es geht also nicht einmal mehr um Karikaturen, sondern sogar um respektvolle Darstellungen aus früheren Zeiten der islamischen Geschichte. Alles wollen diese Bilderstürmer in ihrem Furor vernichten, selbst die einstige Pracht ihres eigenen Glaubens. Kein Schritt breit diesem Hetzmob!

 

Ein Visum für den Prediger der Muslimbrüder?

Jussuf Al-Karadawi ist krank und möchte sich in England behandeln lassen. Die britische Regierung steht einem Visum wohlwollend gegenüber. Die Konservativen kritisieren dies.

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Jussuf Al-Karadawi

Mehrmals gab es bereits Streit um Karadawi. Der Londoner Bürgermeister Livingstone hatte ihn vor Jahren eingeladen. Die britische Regierung hatte seine Reisekosten für eine Konferenz in Istanbul übernommen (ich war dort, mein Bericht hier).
Seit 1999 darf Al-Karadawi nicht in die USA einreisen.
Frankreich sieht es nicht so eng. Im Januar dieses Jahres durfte der Prediger einreisen. (Die Muslimbrüder dominieren dort die islamische Szene.)
Er ist einer der populärsten sunnitischen Prediger durch sein Programm auf Al-Dschasira. Er ist spiritus rector der Muslimbruderschaft und ergo der Hamas. Seine Befürwortung von Selbstmordattentaten in Israel hat er trotz Kritik auch aus dem islamischen Lager nie zurückgenommen.
Ich finde: Das ist keine Frage von freier Meinungsäußerung. Karadawi ist – so lange er sich nicht klar von Mordaktionen gegen Israelis distanziert – ein Hetzer, der als solcher ausgeschlossen gehört.
Er ist kein Partner für irgendeinen sinnvollen „Dialog“.
Außerdem finde ich es unfaßlich, daß solche Leute den dekadenten Westen, den sie bekämpfen, immer dann gern in Anspruch nehmen, wenn es ihnen dreckig geht.

 

Ägyptischer Großmufti: Ein Moslem darf den Glauben wechseln

Der ägyptische Großmufti Ali Gomaa, der hier bereits mehrmals Thema war, hat erneut einen Aufruhr in arabischen Medien ausgelöst.

Diesmal geht es um einen Kern des Streits mit dem Islam: um die Religionsfreiheit.

Für die lesenswerte Serie „Muslims speak out“ von Newsweek und Washington Post verfasste er einen Text über die Bedeutung des Dschihad. Darin gibt es eine längere Passage über die Freiheit, in der es am Ende um Apostasie im Islam geht.

Der Mufti vertritt die Auffassung, dass der Abfall vom Glauben im Islam zwar eine Sünde sei, für die es aber im Prinzip „keine weltliche Strafe“ geben dürfe. Es sei vielmehr eine Sache zwischen dem Menschen und Gott, über die am Tag des Jüngsten Gerichts entschieden werde.

Nur wenn der Abfall vom Glauben zugleich mit einer Subversion der öffentlichen Ordnung verbunden sei, betreffe er die weltliche Gerichtsbarkeit.
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Scheich Ali Gomaa

Hier das Kernzitat aus dem in der Washington Post veröffentlichten Text:

But from a religious perspective, the act of abandoning one’s religion is a sin punishable by God on the Day of Judgment. If the case in question is one of merely rejecting faith, then there is no worldly punishment. If, however, the crime of undermining the foundations of the society is added to the sin of apostasy, then the case must be referred to a judicial system whose role is to protect the integrity of the society. Otherwise, the matter is left until the Day of Judgment, and it is not to be dealt with in the life of this world. It is an issue of conscience, and it is between the individual and God. In the life of this world, “There is no compulsion in religion,” in the life of this world, “Unto you your religion and unto me my religion,” and in the life of this world, “He who wills believes and he who wills disbelieves,” while bearing in mind that God will punish this sin on the Day of Judgment, unless it is combined with an attempt to undermine the stability of the society, in which case it is the society that holds them to account, not Islam.

Das klingt schon fast wie eine weitgehende Annäherung an das, was liberale Säkularisten gerne von einem führenden Vertreter der islamischen Geitslichkeit hören wollen.
(Wenn man einmal gnädig ausser Acht lässt, dass er dem ägyptischen Regime eine Tür offenhält für die religiöse Legitimation der Repression der Meinungsfreiheit. Mubaraks Gerichte vermischen nämlich nur allzu gerne die Dinge und setzen Apostasie und Subversion gleich – notorisch zuletzt im Fall des Bloggers Kareem Amer, der wegen Beleidigung des Islam und des Präsidenten 4 Jahre Haft bekam.)

Der Text des Muftis wurde denn auch sofort von ägyptischen Zeitungen aufgegriffen. Die christlich-koptische Minderheit begrüßte die liberale Auslegung Gomaas, die Muslimbruderschaft attackierte ihn, Jussuf Al-Karadawis Islam Online publizierte eine gestrenge Gegenmeinung.

Der Mufti versuchte zu dementieren, doch der Text war für alle im Internet lesbar und wurde auch (in der Tageszeitung Almasry AlYoum) ins Arabische übersetzt. Ali Gomaa gab sich alle Mühe die liberale Lesart seines Textes selbst zu verschleiern.

Aber er hat das Thema der Religionsfreiheit unmissverständlich auf den Tisch gebracht.
In Zeiten des Internets gibt es kein Doppelsprech mehr. Es ist nicht mehr möglich, ein doppeltes Spiel zu spielen – im Westen als Liberaler aufzutreten und zuhause die offizielle Linie zu vertreten. Eine ungeteilte Weltöffentlichkeit ist im Entstehen. Der Scheich muss sich entscheiden: Gilt die Religionsfreiheit oder nicht?

Scheich Gomaa ist verantwortlich für Dar Al-Ifta, Ägyptens oberste Fatwa-Autorität, die jährlich tausende religiöse Gutachten veröffentlicht.

Gomaa hat zuletzt grosses Aufsehen durch seine Hymen-Fatwa erregt, in der er feststellte, Frauen dürften vorehelichen Sex durch eine Rekonstruktion des Jungfernhäutchens vor ihren prospektiven Ehemännern verheimlichen. Frauen stünden auch gleiche politische Rechte wie Männern zu, heißt es in einer seiner früheren Fatwas, bis hin zu dem Recht, einen Staat als gewählte Repräsentantin zu lenken.

 

Das Kopftuchverbot in NRW – eine politische Dummheit

Als ehemaliger Schüler der Bischöflichen Liebfrauenschule Eschweiler, der bei Schwester Gisela – mit ihrem Nonnenhabit ein menschlicher Pinguin im Giordanoschen Sinne – einen exzellenten Philosophie-Unterricht geniessen durfte, halte ich die Düsseldorfer Entscheidung von gestern für einen schweren Fehler, für eine politische Dummheit, für einen weiteren Sargnagel des liberalen Staatsverständnisses.

Mit dem Kopftuchverbot an den Schulen in NRW wird übrigens auch das Tragen des Nonnenhabits ausserhalb des Religionsunterrichts verboten. Lächerlich.

Wie viele Nonnen gibt es denn noch im Schulunterricht? Man sollte froh sein über die restlichen Nonnen, die noch unterrichten. Bei uns gab es damals sogar hervorragenden Bio-Unterricht im Habit (ja, inkl. Evolution und Sexualkunde!).

Wir brauchen kein Kopftuchverbot für die wenigen Fälle, die überhaupt anliegen. Lehrerinnen sind daraufhin zu prüfen, ob sie mit der Verfassung und ihren Grundwerten übereinstimmen.

Ihr religiöses Bekenntnis ist ihre eigene Sache, selbstverständlich auch in der Kleidung. Sollten sie Schülerinnen unter Druck setzen, es ihnen nachzutun, greift das Disziplinarrecht.

Man kann Burka und Nikab (Vollschleier) aus praktischen Gründen verbieten (kein Augenkontakt), aber der Staat sollte sich nicht daran machen, gute und schlechte religiöse Symbole zu definieren. Er hat die Verfassung zu wahren und zu schützen, nicht über korrekte religiöse Praktiken zu richten.
Übrigens: Wenn es Nonnen weiterhin erlaubt wird, im Religionsunterricht Habit zu tragen, heisst dies dann im Analogieschluss, im islamischen Religionsunterricht wird dereinst das Kopftuch auch erlaubt sein?

Oder wird, wenn es einst einen Islamunterricht gibt, das Gesetz schnell noch einmal verändert? Abenteuerlich, das alles.
Das Kopftuch ist allerdings ein legitimer Gegenstand der Debatte – und ja: Es ist ein Symbol der Islamisten. (Aber nicht jedes Kopftuch hat diese Bedeutung.)

Die Debatte innerhalbe der islamischen Community darüber muss beginnen (und sie hat begonnen, siehe Ekin Deligöz), ob das Kopftuch obligatorisch ist. Eine solche Debatte kann aber nur sinnvoll dann stattfinden, wenn der Staat das Tuch nicht durch Verbote zum politischen Symbol macht, und damit letztlich den Islamisten die Hände reicht, die es ja genau so haben wollen.

Das Kopftuch ist kein Gegenstand für Gesetzgebung, ebensowenig wie der Nonnenhabit. Wir müssen uns den Zugriff des Staates auf diese Sphäre verbitten.
Ein Verbot religiöser Symbole passt auch nicht in unsere deutsche Leitkultur, in der es keinen strikten Säkularismus gibt, sondern eine wohlwollende Kooperation des Staates mit den Religionsgemeinschaften.

Dass ein Kopftuchverbot hilft, den Kampf gegen den religösen Extremismus und gar den islamistischen Terrorismus zu führen, halte ich für absoluten Quatsch.

Diejenigen, mit denen wir es dabei zu tun haben, sind ausserordentlich pragmatisch, wenn es um die religiösen Pflichten geht (siehe Jussuf Al-Karadawi).