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Die Fehler von Beate Zschäpe

Der NSU-Prozess geht in die Sommerpause. Zuletzt bestimmten die Manöver von Beate Zschäpe das Verfahren. Doch wo steht die Mordanklage? ZEIT ONLINE zieht Bilanz.

Fast einen Monat lang wird der NSU-Prozess nun ruhen. Es ist eine Atempause für das Riesenverfahren, das plötzlich so anders ist. Vor Kurzem saßen ganz vorn im Gerichtssaal vor dem Richter noch Beate Zschäpe und ihre drei Anwälte Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer. Die vier steckten die Köpfe zusammen, sie waren eine Einheit, eine Front, hinter der die weiteren vier Mitangeklagten im Terrorprozess kaum wahrgenommen wurden.

Jetzt hat der Prozess ein anderes Gesicht. Zschäpe nimmt Platz neben ihrem neuen Anwalt Mathias Grasel, den sie sich per Antrag vom Gericht erstritten hat. Mit den alten Anwälten ist sie zerstritten. Die Atmosphäre ist vergiftet, Scharmützel auf der Anklagebank bestimmen die Nachrichten. Kein Wort mehr dieser Tage von den Opfern des NSU.

Dabei entfaltet die Anklage unverändert ihren Schrecken: neun Morde an Einwanderern, einer an einer Polizistin, zwei Bombenanschläge, eine Brandstiftung, 15 Raubüberfälle. Begangen, laut Bundesanwaltschaft, von Beate Zschäpe und den 2011 gestorbenen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, unterstützt vermutlich von einem Netz aus Neonazis.

Am 2. September wird der Prozess fortgeführt, ein Termin für die Urteilsverkündung ist noch nicht in Sicht. ZEIT ONLINE zieht zu Beginn der Sommerpause traditionell Bilanz zur Faktenlage. Weiter„Die Fehler von Beate Zschäpe“

 

Der Datenschatz des Verfassungsschutzes – Das Medienlog vom Dienstag, 4. August 2015

Ein Zeuge aus der rechten Szene tauchte nicht auf, stattdessen sorgten Anwälte der Nebenklage am Montag mit einem wichtigen Antrag für Aufsehen: Sie fordern im NSU-Prozess Aufklärung in der „Schredder-Affäre„, bei der ein Abteilungsleiter des Bundesverfassungsschutzes die Akten mehrerer V-Männer aus dem Umfeld des rechtsextremen Trios vernichten ließ. Dazu gehört auch der Informant mit dem Decknamen „Tarif“. Die Schredder-Aktion „war für den Verfassungsschutz peinlich, jetzt wird sie möglicherweise noch mal ein größeres Thema“, merkt Frank Jansen vom Tagesspiegel an.

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224. Prozesstag – Gericht läutet die Sommerpause ein

Der Dienstag ist der letzte Prozesstag im NSU-Prozess vor der Sommerpause. Danach ruht das Verfahren bis zum 1. September. Beate Zschäpes neuer Anwalt Mathias Grasel dürfte diese Zeit nutzen, sich in den komplexen Verfahrensstoff einzuarbeiten. Auch wird das Gericht zwischenzeitlich wohl entscheiden, ob Zschäpes angestammte Verteidiger Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl ihr Mandat niederlegen müssen – die Chancen dafür stehen äußerst schlecht.

Geladen ist an diesem Tag ein Polizist aus dem schweizerischen Bern, der Angaben zur Vernehmung einer Zeugin macht. Ihre Aussage steht in Zusammenhang mit dem Schmuggel der Pistole Ceska 83 aus der Schweiz nach Deutschland. Mit der illegal aufgetriebenen Waffe wurden neun der zehn NSU-Opfer erschossen.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Anwälte wollen Verfassungsschutz durchleuchten

Der NSU flog auf, der Verfassungsschutz vernichtete die Akten dazu. Nun wollen Anwälte im Prozess mit juristischen Mitteln die Vertuschung des Geheimdienstes aufklären.

Wenn es darum ging, seinen Informanten Decknamen zu verpassen, folgte der Geheimdienst einem ausgeklügelten System: „Tarif“, „Tinte“, „Treppe“, „Tonfarbe“, „Tusche“, „Tacho“, „Tobago“. Hinter jedem T-Wort steckt ein Thüringer Neonazi, der zumindest zeitweise in Kontakt mit der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund stand. Deren einziges überlebendes Mitglied Beate Zschäpe steht als Angeklagte vor dem Münchner Oberlandesgericht – und schweigt. Vor allem deshalb würden viele gerne etwas vom Wissen derjenigen erfahren, die die rechtsextreme Gruppe während ihrer Anfänge in den neunziger Jahren erlebt haben.

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Zschäpe scheitert schon wieder – Das Medienlog vom Montag, 3. August 2015

Beate Zschäpe und ihre Pflichtverteidiger bleiben einander weiter verbunden – zwangsweise: Die Richter im NSU-Prozess lehnten Zschäpes Antrag auf Entlassung ihrer Anwälte Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer ab, wie die Nachrichtenagentur dpa am Freitag erfuhr. Damit sind alle Mittel gegen die ungeliebten Altverteidiger gescheitert, inklusive einer Strafanzeige. Wie schon bei den beiden vorherigen Anträgen der gleichen Art schrieben die Richter, die Hauptangeklagte habe ihr Gesuch nicht ausreichend begründet. Zudem müsse der Fortgang des Verfahrens gesichert werden.

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223. Prozesstag – Tom T., ein alter Kamerad

Update: Der Zeuge hat ein Attest vorgelegt und ist nicht erschienen. Stattdessen wurden Anträge verlesen.

Am Montag sagt der Zeuge Tom T. aus dem thüringischen Stadtroda aus. Er ist einer der frühen Wegbegleiter des NSU-Trios und war dabei, als sich Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt während der neunziger Jahre in der rechtsextremen Kameradschaft Jena radikalisierten. Dabei schloss er auch Bekanntschaft mit den Mitangeklagten Holger G. und Ralf Wohlleben. Seine Erinnerungen an die gemeinsame Zeit dürften Rückschlüsse auf die Gedankenwelt von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt zulassen, die 1998 Jena verließen und im Untergrund ihre Mordserie begonnen haben sollen.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Keine Berichte zum NSU-Prozess

Am Freitag, 31. Juli, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 3. August 2015.

 

Schlappe für Zschäpe – Das Medienlog vom Donnerstag, 30. Juli 2015

Es war ein weiterer, offenbar ein verzweifelter Versuch, ihre Anwälte loszuwerden: Beate Zschäpe hatte ihre drei alten Anwälte angezeigt, weil diese Geheimnisse ausgeplaudert haben sollen. Die Staatsanwaltschaft München sieht das anders: Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer hätten sich korrekt verhalten, teilte die Behörde mit und stellte die Ermittlungen ein. Die Hauptangeklagte habe „im Kleinkrieg mit drei ihrer vier Pflichtverteidiger eine Niederlage erlitten“, kommentiert Frank Jansen vom Tagesspiegel.

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Nur der Richter behält die Ruhe – Das Medienlog vom Mittwoch, 29. Juli 2015

Nach Beate Zschäpes Anzeige gegen ihre eigenen Anwälte erwarteten viele Prozessbeobachter eine Reaktion von Richter Manfred Götzl. Doch der zog ungerührt die Vernehmung eines Zeugen aus der rechten Szene Thüringens durch. Er „setzt die Beweisaufnahme so unbeirrt fort wie Zschäpe das Ignorieren ihrer drei Anwälte fortsetzt“, fällt Wiebke Ramm von Spiegel Online auf. Die Hauptangeklagte habe an diesem Tag „aufgeräumt“ gewirkt.

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222. Prozesstag – Wie der NSU seine Opfer ausspähte

In ganz Deutschland verübte der NSU laut Anklage Morde und Anschläge. Wie aber suchten sich die Täter dafür die passenden Ziele aus? Den Taten vorausgegangen sein muss eine extrem aufwändige Späharbeit. Das belegen Adresslisten und Stadtpläne, die in der Zwickauer Wohnung des NSU gefunden wurden. Am Mittwoch sagt dazu ein Beamter des Bundeskriminalamts aus. Er hatte in der Ermittlungsgruppe „Trio“ die umfangreiche Informationssammlung der mutmaßlichen Terroristen ausgewertet. Eine weitere Polizistin liefert Auskünfte über Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.

Zum zweiten Mal geladen ist der V-Mann-Führer des Rechtsextremen Carsten Sz., der Informationen aus der Szene an den Brandenburger Verfassungsschutz geliefert hatte. Bei der ersten Befragung des Beamten, kam es zu einigem Aufsehen, als die Zuschauer zeitweise von der Vernehmung ausgeschlossen wurden. Dazu könnte es auch heute kommen.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.