Wisst Ihr noch, damals? Als WM war und wir vor dem Fernseher unseren Schlafanzug mit der Würde eines Einwechselspielers trugen? Als der Fußball noch magisch war?
Angefangen hat alles auf dem Dach eines kleinen mexikanischen Hotels in der Retortenstadt Playa del Carmen an der Karibik. Ein halbstündiges Gespräch mit einer amerikanischen Fußballbegeisterten, die eigentlich in Mexiko geboren war. Sie hieß Jolanda und sah so aus wie Hope Solo, die amerikanische Torhüterin und hatte einen Freund mit Schnäuzer und Intellektuellensonnenbrille, der aber nie etwas sagte. Der Anfang vom Ende, die große Fußballdepression. Und dass es so jetzt nicht mehr weitergehen konnte. Weiter„Als das Grün noch grün war“
Was soll das heißen: politikverdrossen? Bei den Temperaturen kann eben niemand mehr denken. Aber unsere Autorin hat eine Idee, wie der Sommer das Land umkrempeln könnte.
Seit vier Wochen herrscht in Berlin der Ausnahmezustand. Viel, viel zu früh viel, viel zu warm. Eben noch blühten die Pfingstrosen, schon beginnen die Wiesen auszutrocknen. Sie sind hellbraun und es riecht nach Spätsommer. Es herrschen meistens über 30 Grad, die armen geplagten Preußen seufzen schwer. Weiter„Sorry, wir haben hitzefrei“
Deutschland driftet nach rechts. Salonfähig gewordenes Ressentiment vergiftet die Gesellschaft zunehmend. Wir brauchen dringend ein wirksames Gegenmittel.
Es ist ein mulmiges Gefühl, und es wird immer mulmiger. Wie die viel beschworene Stimmung im Land sich wandelt. Inzwischen kann jede und jeder davon ein bis mehrere Liedchen aus dem eigenen Leben singen. Wie im Bekanntenkreis auf einmal verächtlich dahergeredet und vor sich hin verleumdet wird. Wie auch Leute, die sich selbst für „links“ halten, Ressentiments der sogenannten neuen Rechten übernehmen. Weiter„Linke Erzählung verzweifelt gesucht“
Politikerin und Sexsymbol: Ilona Staller, Cicciolina, ist im selben ungarischen Plattenbauviertel aufgewachsen wie ich. Ein Treffen mit der Ikone meiner Kindheit.
Sie ist in Kőbánya, einem Viertel in Budapest, geboren, heißt Ilona Staller, und ich habe sie vor einigen Wochen in Rom inmitten netter südlicher Häuser in einem Café getroffen. Traumkörper meiner Kindheit und Weltpolitik einer Frau von uns. Sie stellte etwas dar, das lange als Tabu galt, heute sind diese Tabus zu herrschenden Bildern in den Medien geworden. Wir sind satt, sagt meine Freundin, eine Kulturwissenschaftlerin, die mit uns am Tisch sitzt – diese Bilder regieren die Liebe. Frauen sind stets Objekte in der Politik der Pornografie. Weiter„Es ging immer um die Befreiung der Frau“
Unsere Autorin ist Schriftstellerin und arbeitet nebenher als Fußpflegerin in Marzahn. Im Frühling blühen dort die Kirschbäume, die Hasen hoppeln. Aber die Idylle trügt.
Das ganze Jahr über weht in der Ostberliner Plattenbausiedlung Marzahn ein kräftiges Lüftchen. Ich erkläre mir das mit der Nähe zum flachen Brandenburger Umland, über das die gefürchteten sibirischen Fallwinde hinwegsausen, um mit unzähmbarer Wucht direkt in Marzahn einzufahren, sich zwischen den Hochhausriesen in Windkanälen zu bündeln und alles, was nicht mit vollem Heimwerkereinsatz festgelötet ist, von den Balkonen zu fegen – Sitzkissen, Geranienkästen, Sonnenschirme. Weiter„Die Einsamkeit im sechsten Stock“
Um dem Massaker von Srebrenica zu entkommen, floh der damals 18-jährige Emin ins Gebirge. Auch 22 Jahre später kann er die Angst, die Schreie, die Toten nicht vergessen.
Der Irrweg Emins begann am frühen Morgen des 12. Juli 1995. Tags zuvor war Srebrenica von der bosnisch-serbischen Armee eingenommen worden. Ihr Befehlshaber Ratko Mladić hatte am Stadtrand auf den Stufen eines Cafés angekündigt, als Revanche für 500 Jahre osmanische Besatzung die Enklave zu erobern, durchzumarschieren bis Bratunac. Weiter„„Der Krieg hat einen Sklaven aus mir gemacht““
Political Correctness schadet der Kunst, denn die ist niemals eine Meinungsäußerung. Bleiben wir fähig, Vielfalt und Widersprüchliches in unser Denken zu integrieren!
Unbehagen ist ein eigenartiges Gefühl: Selbst sehr deutlich, gelegentlich sogar körperlich spürbar erwächst es aus etwas, das zunächst undeutlich, ungreifbar ist. Nicht von ungefähr sagt man, es beschleicht einen. Anders als das freudsche Unbehagen in der Kultur, das entsteht, weil kulturelle Anstrengungen dem Sexual- und Destruktionstrieb, der zur menschlichen Natur gehört, hemmend und transformatorisch entgegenwirken, ist mein Unbehagen politisch verortet. Weiter„Wir brauchen Kunst als Störenfried“
Die Werkstatt von Shmuel Shapira ist 160 Jahre alt. Kunden aus aller Welt kommen zu dem Wiener Hutmachermeister. Es geht nicht um Konsum, sondern um Lebensphilosophie.
Über den Musiker und Schauspieler John Lurie schrieb Tad Friend einst im New Yorker: „He wore a Borsalino Fedora and old suits. Between Fourteenth Street and Canal—the known universe, basically—he was the man.” Es waren die Achtzigerjahre, in denen sich John Lurie bewegte, aber die Zeiten, in denen sich ein Mann über seinen Hut definierte, waren eigentlich längst vorbei. Gemeinhin wird der Beginn der Sechszigerjahre als jene Zeit angesehen, in welcher der Hut weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwand – John F. Kennedy war 1961 der erste US-Präsident, der sich ohne angeloben ließ. Weiter„Der Hut macht den Mann“
Ach, lieber FC Kaiserslautern, wie warst du einst glorreich. Aber ich bleibe dir treu und reise mit dir selbst ins letzte Kaff. Eine Liebeserklärung zum Abstieg
Madame de Staël sagte, dass Reisen von allen Vergnügen das traurigste sei. Auswärtsfahrende Tifosi des 1. FC Kaiserslautern wissen ganz genau, was sie meinte. Nehmen wir mal das Spiel in Darmstadt: Dort waren wir in dieser Saison zwei Mal, allerdings nicht, weil es so schön war, sondern da das erste Spiel abgebrochen wurde, nachdem Jeff Strasser, unser damaliger Trainer, in der Halbzeitpause kollabiert war – Verdacht auf Herzinfarkt, das ganze Stadion verabschiedete den Krankenwagen mit You’ll Never Walk Alone. Weiter„Über den Abgrund hinaus“
Als ich ankam, sprach ich kein Wort Deutsch. Aber in der Schule gehörte ich dazu. Werteunterricht für Flüchtlingskinder, wie die Union vorschlägt, würde das verhindern.
Die Farbe, die ich mir gemerkt habe, war bunt. Alles schien bunt, die Schulranzen glänzten, die T-Shirts der anderen Kinder, die Brotdosen, die sie – wir sprechen hier von Schwaben – Vesperdosen nannten, die Fahrradhelme – wir sprechen hier vom Anfang der Neunzigerjahre – in zwei Farben: Neonpink. Und Neongrün. Weiter„Sagt den Kindern nicht, dass sie falsch sind“