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The Blackscreen

Das Nürnberger Quartett rockt im Grünen Jäger. Mit von der Partie sind an diesem Abend auch die Gruppen Back With Darkness und Fräulein Müller.

Wellness for your ears, versprechen die drei Bands, die am 17. Januar einen gemeinsamen Abend im Grünen Jäger bestreiten. Jedoch eine recht laute Erholungskur… Was uns erwartet:

Back With Darkness kommen aus Hamburg, Hannover und Braunschweig, haben sich 2006 gegründet und bezeichnen ihre Musik als „female fronted angry pop“.

The Blackscreen aus Nürnberg gibt es erst seit fünf Jahren, haben aber immerhin schon drei Tonträger veröffentlicht, deren letzter, The Space Between Us mit Blackmail-Gitarrist Kurt Ebelhäuser produziert wurde.

Fräulein Müller ist nicht etwa eine Solistin, sondern ein Quartett aus Hamburg, das sich Ende 2013 formiert hat und seinen Stil textlich „zwischen stumpfen Phrasen und kleiner Lyrik“, musikalisch zwischen Guano Apes und Clueso verortet.

Wer nach diesen drei Live-Acts noch immer Musik hören möchte, kann einfach im Grünen Jäger verbleiben. Dort beginnt ab 23 Uhr ein Tanzabend namens Leider geil – urban hits and shits. Das hört sich doch herrlich trashig an.

 

Acid Pauli

Der Elektroniker der Independent-Band Notwist, Martin Gretschmann, hat viele Bühnengesichter. Das wohl technoidste nennt er Acid Pauli.

So unscheinbar das bayerische Weilheim auf den ersten Blick auch wirken mag, wir haben ihm viel zu verdanken – musikalisch gesehen. Die Band Notwist gründete sich hier 1989 und spannt seitdem ihr musikalisches Netzwerk um weitere Bands und Projekte wie Lali Puna oder 13&God. In dieser Szene, und seit Ende der 1990er auch bei The Notwist selbst, ist Martin Gretschmann elektronisch aktiv – unter anderem als Acid Pauli. Ein Pseudonym, das er sich selbst verliehen hat für die Momente, in denen er sich auf pure Tanzbarkeit konzentrieren möchte, auf sein technoides Ich, auf die Energie die sich zwischen einem festen Boden, stampfenden Füßen und tiefen Bässen entwickeln kann, fernab jeder aufregenden Bühnenpräsentation. Am Samstag dient ihm zum Ausleben dieser Bedürfnisse die noch junge Villa Nova in der Talstraße als Spielplatz.

Text: Miriam Mentz

 

JD McPherson

Petticoat angelegt? Tolle geschmiert? Der Konzertabend am 16. Januar im Gruenspan steht voll im Zeichen von Rock ’n‘ Roll und Rockabilly.

Da ist doch schon wieder die Zeit stehen geblieben: Jonathan David McPherson ist Jahrgang 1977, also im besten Alter, um Teil einer durch elektronische Musik sozialisierten Generation zu sein. Ästhetisch und stilistisch hat sich der Musiker aus Oklahoma allerdings an die 1950er Jahre gebunden. Mit seinem Quintett pflegt er den Sound von Gene Vincent, Little Richard und des frühen Elvis. Es heißt, dass McPhersons Einflüsse von Buddy Holly über Pixies bis hin zum Wu-Tang Clan reichen. Von letzteren ist in seiner Musik relativ wenig zu hören. Von ersterem dafür umso mehr… Passend zu McPhersons Retro-Sound wird die Aschaffenburger Kombo Boppin’B den Konzertabend eröffnen, die sich seit nunmehr fast 30 Jahren mit großem Erfolg einer Mischung von Rockabilly, Swing und Pop widmet. Also raus mit den Petticoats, Tolle geschmiert und ab in den Gruenspan.

 

 

„Glück“ im Waagenbau

Im Sternbrücken-Club legen elf DJ-Teams auf. Hier will man gemeinsam der fiesen Realität entfliehen. Nebenan in der Astra-Stube steigt Vinka Katt #9.

Vielleicht ist das gar keine so schlechte Idee: eine Nacht lang dieser schlimmen Welt da draußen zu entfliehen und sich glücklich zu tanzen. Der Waagenbau lädt zur Realitätsverdrängung. Wie heißt es so schön in den Ausführungen zur entsprechenden Partyreihe Glück: „Hier wird Sünde endlich belohnt, hier kuschelt die Maßlosigkeit mit dem Laster, die Brunnen spülen Euphorie statt Wasser in die Kehlen und Zeit war so gestern.“ Folgende Fachkräfte des Musik-Auflegens werden schalten und walten:

Elliver (KaterBlau / Quality Time / Berlin)

Kotelett & Zadak (Katermukke / Hive Audio / Berlin)

David Dorad (Bachstelzen / Berlin)

Tonaparte (Utrecht / Holland)

Flexxi (Rotzige Beatz)

Yobovski & Valent (Freude am Sitzen)

Biggi (medialistic. / GLÜCK)

Melbo B2B Yazz Ewok (Flex Wien / GLÜCK)

Tanzmarie & Oliver Hansen (GLÜCK)

Johannes Raum (GLÜCK)

Benet Rix (Geburtstagspremiumsound / GLÜCK)

Übrigens: Auch nebenan in der Astra-Stube geht was. In die kleine Lokalität zieht am 16. Januar ab 23 Uhr die elektronische Musik ein. Für Vinka Katt #9 holen unter anderem Konglomerat und Matvrak die Techno-, Acid- und Deep-House-Keule raus. Da lohnt sich also ein Abstecher.

 

Into the Wild

Das Leben in extremen Verhältnissen ist Gegenstand neuer Ausstellungen in der Robert Morat Galerie. Gezeigt werden Bilder von André Lützen und Ron Jude.

Zwei Künstler stellen ab dem 16. Januar in der Galerie für zeitgenössische Fotografie ihre Arbeiten aus. In beiden Serien geht es um das Leben in rauer Umgebung:

Der Hamburger Fotograf André Lützen besuchte eine russische Stadt, die 225 km vom Polarkreis entfernt liegt. In Archangelsk herrscht ein extremes Klima. Eisige Temperaturen und lange Winter diktieren den Alltag. André Lützen porträtierte die Einwohner, folgte ihnen in ihre Wohnzimmer, streifte um die Plattenbauten und Holzhäuser und kam zu folgender Erkenntnis: „Kälte führt zusammen. Die Individualisierung, die sich in unserer (westlichen) Gesellschaft fundiert ausgebaut hat, ist dort nicht so vorhanden. Die Hilfe untereinander ist ausgeprägter.“ Seine Serie heißt Zhili Byli.

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Foto: André Lützen, aus der Serie „Zhili Byli“

Ron Jude ging mit einem Pelzjäger in die amerikanische Wildnis, immer tiefer hinein in ein Gebiet, das weit entfernt liegt von der nächsten sicheren Siedlung. Auch die Fotos seiner Serie Lick Creek Line begeben sich nach und nach auf unsicheres Terrain. Anfangs sind sie dokumentarisch, dann beginnt der in New York lebende Fotograf mit ihnen eigene Geschichten zu erzählen. Er schafft sich „poetische Freiräume der fiktionalen Erzählung“, heißt es in der Ankündigung.

Text: Lena Frommeyer

Ron Jude // Lick Creek Line from haveanicebook on Vimeo.

 

Tonalis „zwölf.orte“

Teenager organisieren dieses Festival, das jungen Leuten klassische Musik näherbringen soll. Los geht es mit Christa-Maria Stangorra an der Violine.

Die Gründer des Projekts Tonali haben erkannt, wie man Jugendliche für Klassik begeistert – indem man sie einbindet. Nach dem großen Grand Prix 2014, bei dem Schulklassen als Musikmanager von jungen Geigensolisten fungierten, schicken Amadeus Templeton und Boris Matchin nun das nächste Projekt auf die Bühnen. Sie stellen das Festival zwölf.orte auf die Beine – obwohl die Arbeit hier eigentlich wieder von Teenagern erledigt wird. Unter dem Motto Klassik in deinem Kiez organisieren die Schüler und ihre Nachwuchsgeiger ein Klassikkonzert in ihren Stadtvierteln. Vom 14. bis 17. Januar sowie 23. und 24. Januar werden dann das Kulturhaus Eppendorf, die Barmbeker Zinnschmelze oder die Pinneberger Drostei zum Festivalort. Die „Schülermanager“ sind für Marketing und Co zuständig – sie verteilen Handzettel und hängen Plakate auf, laden zu Pressekonferenzen und erstellen ein Programmheft. Und sie machen sich Gedanken darüber, wie man Teenager für klassische Musik begeistern könnte. Am 15. Januar tritt Christa-Maria Stangorra mit ihrer Violine in der Drostei Pinneberg auf.

 

Improliga Hamburg

Neun Theatergruppen haben sich zu einer Liga zusammengeschlossen. Beim Eröffnungsmatch im Sprechwerk treten Die Zuckerschweine gegen Lütt un Lütt an.

In der lokalen Improvisationstheaterszene (drei Mal schnell hintereinander laut aussprechen…) tut sich was. Neun lokale Gruppen gründeten die erste Improliga Hamburgs und treten 2015 gegeneinander an. Die Sieger der insgesamt 36 Matches können jederzeit online eingesehen werden. Dort findet man eine Tabelle, wie man sie beispielsweise aus der Fußballbundesliga kennt. In den Wettkämpfen stehen sich zwei Teams gegenüber und agieren nach bekannten Regeln: Das Publikum liefert Stichworte, die Gruppen performen. Nach jeder Szene entscheiden die Zuschauer, wie viele Punkte welche Gruppe bekommt. Eröffnet wird die neue Liga mit einem Eröffnungsmatch am 15. Januar im Sprechwerk, bei dem Die Zuckerschweine gegen Lütt un Lütt antreten. Weitere Teilnehmer der Liga sind:

Anne Bille
Das Elbe vom Ei
Improgang
Impromptü
Leistenbruch
Stadtgespräch
Steife Brise

 

Art Rooms

Kunstraum statt Hotelzimmer: Julia Benz, Nils Kasiske, 1010, Straßenköter und Nelio haben sich als Raumgestalter betätigt. Vernissage ist am 15. Januar.

Das Scandic-Hotel macht fünf Künstler zu Raumgestaltern: In Zusammenarbeit mit der Millerntor-Gallery von Viva con Agua wurden Hotelzimmer der siebten Etage neu gestaltet, an dem Projekt mitgewirkt haben Julia Benz, Nils Kasiske, 1010, Straßenköter und Nelio. Prominenz auch im Flur des Stockwerks: Dort sind derzeit Zeichnungen, Malereien und Installationen des Sportfreunde-Stiller-Schlagzeuger Flo Weber ausgestellt. Damit hat die immer nur temporäre Kunstausstellung am Millerntor erstmals eine dauerhafte Außenstelle in der Stadt. Wer in einem der fünf Art Rooms (die ohne Aufpreis zu buchen sind) übernachtet, hat außerdem die Möglichkeit, sich sein eigenes Stück Kunst mit nach Hause zu nehmen: Die Erlöse der Kunstdrucke gehen jeweils zur Hälfte den Künstlern und Viva con Agua zu; mit dem Geld werden weitere Wasserprojekte finanziert. Eröffnet wird die Ausstellung mit einer Vernissage am 15. Januar, dazu legt DJ MAD (Beginner) Platten auf: Der Eintritt kostet 10 Euro, die Hälfte geht an Viva con Agua. Anmelden für die Sause kann man sich unter www.scandic-hamburg-emporio.com/artrooms.

 

„Unbroken“

Bombenhagel und innere Größe: Mit Angelina Jolie im Zweiten Weltkrieg – ein konventionelles Drama, nicht misslungen, aber auch kein Meisterwerk.

Angelina Jolie hat eigentlich alles richtig gemacht. Das Drehbuch ihrer zweiten Regiearbeit ließ sie sich von den Coen-Brüdern schreiben und engagierte deren Kameramann, den Bilderzauberer Roger Deakins, gleich mit. Sie bat den Komponisten Alexandre Desplat (The Grand Budapest Hotel) um die Musik – und sicherte sich einen Stoff, der wie für Hollywood geschaffen ist: Die wahre Geschichte des italienischstämmigen Amerikaners Louis Zamperini, Teenagerschwarm und Läufer bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin, der im Zweiten Weltkrieg erst mit dem Flugzeug abstürzt, dann 47 Tage lang in einem Schlauchboot treibt, danach zwei Jahre lang in einem japanischen Gefangenenlager misshandelt wird – um Jahrzehnte später nach Japan zurückzukehren und seinen Peinigern zu verzeihen. Das ist larger than life – und Jolie stürzt sich mitten in Zamperinis Schicksal hinein. In großen Bildern, eindringlich und mit viel Gefühl für die zärtliche Kameradschaft der viel zu jungen Männer, beginnt ihr Epos – bis es sich in einer endlosen Abfolge von Misshandlungen und Elend verliert. Mit Verve wird das von Jack O’Connell und dem japanischen Popstar Miyavi als dessen Peiniger gespielt. Doch mit jedem Hieb, Schlag und jedem Tritt nehmen die Innenansichten Zamperinis ab. In einem konventionellen Kriegsdrama, das weder misslungen noch ein Meisterwerk ist – aber eben ein Film von Angelina
Jolie.

Text: Sabine Danek

 

Entbehrungen

In ihrer neuesten Inszenierung erforschen She She Pop die weibliche Aufopferung. Die Vorführungen finden am 15. bis 17. Januar statt.

Opfer bringen klingt irgendwie angestaubt. Besonders, wenn es um Frauen geht – nach Jahrhunderten des Verzichts und der Hingabe hat ihr Aufopferungswille wohl fürs Erste ausgedient. Entsprechend archaisch scheint für das moderne Individuum Strawinskys Skandal-Ballett Le Sacre du Printemps, in dem eine Jungfrau dem Frühlingsgott geopfert wird. Die Gruppe She She Pop aus Hamburg und Berlin ließ sich davon zu ihrer eigenen Inszenierung anregen, die ebenfalls als ein Ritual daherkommt. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem weiblichen Opfer. Nachdem die Performerinnen 2010 für ihr Stück Testament ihre Väter auf die Bühne holten, erzählen nun ihre Mütter in Frühlingsopfer einen großen Teil der Geschichte vor einer Filmleinwand. Die Frauen gaben ihre Karrieren für die Kinder auf. Auch die jüngere, vermeintlich emanzipierte Generation kommt nicht umhin, Opfer zu bringen, allein schon, weil alte Rollenmuster nachwirken. Doch wie würde eine Gesellschaft aussehen, in der niemand mehr Opfer bringt? Die Auseinandersetzung mit den eigenen Biografien ist bei She She Pop eher Hilfsmittel als Ziel. Persönliche Geschichten werden in größere kulturelle Kontexte eingebettet und in oftmals unbeholfene Choreografien übersetzt, die eine Ästhetik der Authentizität schaffen.

Text: Natalia Sadovnik