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Kickern auf Pauli

Der Mittwoch ist der beste Tag, um in Hamburg an seinen Kicker-Fähigkeiten zu feilen. An zwei Orten auf St. Pauli findet jede Woche ein offenes Turnier statt.

Sowohl Kicker-Neulinge als auch Bundesliga-Profis treffen mittwochs im Kixx und im St. Pauli Clubheim aufeinander. Man beachte: Hier wird Tischfußball als Sport verstanden und nicht als chaotisches Kneipen-Spiel. Die ein oder andere Kuddel Bier darf man trotzdem mit an die gut geölten Turniertische nehmen.

Zu den Locations: Zwei Gründungsmitglieder des Hamburger Tischfußballverbandes (TFVHH) betreiben das Kixx am Nobistor. Jeden Mittwoch um 20 Uhr findet hier ein Doppelturnier mit festen Partnern statt. Nach der Vorrunde werden die Duos je nach erbrachter Leistung in das Profi-, Amateur- oder Neulinge-Feld einsortiert und die K.O.-Runde beginnt. Das Startgeld beträgt zwei Euro. Nicht-Mitglieder zahlen zusätzlich 2,50 Euro pro Kickertag. Im St. Pauli Clubheim startet um 20.30 Uhr das offene DYP-Doppelturnier Absolute Giganten. DYP steht für „Draw your partner“ und bedeutet, dass die Zusammensetzung der Teams ausgelost wird – Profis spielen mit Neulingen in einem Duo. Ansonsten entspricht der Modus dem Turnier im Kixx.

Und keine Angst, wenn die Gegner mit Spezialhandschuhen und Griffbändern an den Tisch kommen – das soll hier immer noch Spaß bringen und Übung macht den Meister.

Text: Lena Frommeyer

 

Leftöver Crack

Das New Yorker Anarcho-Ska-Punk-Quintett rockt im Hafenklang. Außerdem mit von der Partie: die Band Skampida aus Kolumbien.

Schwer zu sagen, ob sich wirklich alle Bands mit einem ö im Namen auf Motörhead beziehen. Bei Leftöver Crack könnte es der Fall sein. Das Anarcho-Quintett aus New York City spielt flotten, meist gut gelaunten Hardcore-Punk, der häufig mit Elementen aus Ska und Reggae versetzt ist. Es ging 1998 aus der Gruppe Choked Victim hervor und hat seitdem neben mehreren EPs und Split-Singles zwei Alben herausgebracht, darunter Fuck World Trade von 2004, mit einem mutigen Plattencover und Steve Albini am Produzentenpult. Die zweite Band des Abends heißt Skampida und kommt aus Kolumbien. Ebenfalls 1998 ins Leben gerufen, hat sie in der Vergangenheit bereits mit Gruppen wie den legendären Skatalites und Manu Chao zusammen gespielt und genießt heute den Ruf, zu den bekanntesten und beliebtesten Ska- und Reggae-Bands des Kontinents zu zählen.

 

Cerebral Ballzy

Fünf junge New Yorker mit ziemlich einsatzfreudigen Mittelfingern laden zum Hardcore-Pogo ins Molotow-Exil.

Könnten wir es hier mal wieder mit einer kleinen Entdeckung zu tun haben? Cerebral Ballzy sind jung und voller Adrenalin, sie besitzen Skateboards und haben einen übergroßen Mittelfinger, den sie einem gerne entgegenhalten. Don’t Tell Me What To Do, heißt einer ihrer Schlüsselsongs, der gerade mal 57 Sekunden lang ist. Keine Frage, der gute, alte US-Hardcore-Punk vom Schlage Black Flag, Bad Brains und Minor Threat ist bei ihnen in besten Händen. Dazu sieht Sänger Honor Titus in einigen Momenten aus wie der junge HR von den Bad Brains und manchmal klingt er tatsächlich wie der erste Black-Flag-Sänger Keith Morris. Noch mehr Top-Referenzen gefällig? Das Cover ihres Debüt-Albums stammt von Raymond Pettibon, also dem Künstler, der für das legendäre SST-Label und eben vor allem für die stilprägende Band Black Flag seine Illustrationskünste zur Verfügung stellte (und dessen Werke heute für sechsstellige Summen gehandelt werden). Zur Präsentation ihres neuen Albums, Jaded & Faded, ballern Cerebral Ballzy das Molotow-Exil in Grund und Boden. Hat hier jemand die Zeit zurückgedreht?

Text: Michele Avantario

 

Knust Acoustics

Auf dem Lattenplatz versammeln sich im Sommer Künstler und Zuhörer, um gemeinsam der akustischen Musik zu frönen. Diesmal mit drei Singer/Songwriter-Acts.

Beginn: 18 Uhr – die perfekte Zeit für eine Konzertreihe vor dem Knust. Da kann man nach Feierabend im Businessdress via Fahrrad direkt den Lattenplatz an der Feldstraße ansteuern, die Büroblässe mit Sonne bekämpfen und für lau der Musik lauschen. Zwei Solo-Künstler und ein Duo stehen am 30. Juli nacheinander auf der Bühne. Zum einen wäre da der Ostwestfale Ron Diva, der auf seinem Pressefoto sehr gelassen, fast einschläfernd, in die Kamera blickt. Er stamme aus dem beschaulichen Kurort Bad Salzuflen, der auch Frank Spilker (Die Sterne) und Jochen Distelmeyer (Blumfeld) hervorbrachte. Zur akustischen Gitarre singt Ron Diva in deutscher Sprache.

ron_diva

Auch Alexander von Rothkirch spielt Gitarre. Der Singer/Songwriter bedient jene Zuhörerschaft, die Funk und Rock’n’Roll mag. Das Duo Gutbier & Vogeler fühlt sich indes wohl, wenn es Folk und Country mit Singer/Songwriter-Pop verheiratet. Auch Lisa Gutbier und Arne Vogeler entern die Bühne mit – wie sollte es anders sein – einer Gitarre.

Text: Lena Frommeyer

 

Fat Freddy’s Drop

Das neuseeländische Septett spielt seine unwiderstehliche Mischung aus Dub, Reggae, Downbeat und R’n’B im Hamburger Stadtpark.

Berücksichtigt man die Verkaufszahlen und Chartplatzierungen ihrer letzten Alben Dr. Boondigga and the Big BW und Live at Roundhouse in Deutschland, kann man getrost davon ausgehen, dass sich Fat Freddy‘s Drop seinen Stellenwert hierzulande weniger mit Plattenverkäufen als mit umjubelten Live-Auftritten eingehandelt hat. Das siebenköpfige Kollektiv aus der neuseeländischen Hauptstadt Wellington spielt eine ziemlich unwiderstehliche Mischung aus Dub, Reggae, Downbeat und R’n’B, die basslastig in Bauch und Beine geht. Eine kluge Partyband, die kein übertriebenes Humbatäterä nötig hat, um ihr Publikum zum Tanzen zu bringen. Sollte das Wetter mitspielen, kann es für ihr Hamburg-Gastspiel keinen passenderen Ort geben als das schöne Rund der Freilichtbühne im Stadtpark. Freuen wir uns also darauf.

Text: Michael Weiland

 

Lesen im Nochtspeicher

Die neue Debattenreihe über Literatur und Leben in der Bar des Kulturspeichers startet mit dem Roman „Winesburg, Ohio“ (1919) von Sherwood Anderson.

Ein Buchclub – hört sich nicht gerade innovativ an. Eine Debattenreihe über Literatur in der Bar des Nochtspeichers (ehemaliges Erotic-Art-Museum), moderiert von Kritikerin Brigitte Neumann (ARD Hörfunk) – schon besser! Die Verpackung macht den Unterschied. Ganz anders ist das bei Büchern. Da zählt nur der Inhalt. Die Geschichten, die zwischen dem Einband schlummern, drehen sich um Dinge, die uns bewegen, um Hoffnungen und Ängste, um andere Menschen und die Beziehung zu ihnen. Weil das Lesen an sich aber ein „einsames Geschäft“ ist, soll zumindest das Sinnieren über die Bedeutung der Worte im Austausch stattfinden. Jeden letzten Dienstag im Monat kommen Menschen auf St. Pauli für das neue Debatten-Format Erleuchtung garantiert zusammen, um ein zuvor festgelegtes Werk zu besprechen. Zum Auftakt der Reihe am 29. Juli fällt die Wahl auf Sherwood Andersons Winesburg, Ohio (1919) in der Neu-Übersetzung von Eike Schönfeld aus dem Jahr 2012.

Text: Lena Frommeyer

 

„Visual Leader 2014“

Im Haus der Photographie in den Deichtorhallen werden die besten Kampagnen, Bilder, Websites und Magazinbeiträge aus dem vergangenen Jahr gezeigt.

Ein trauriger Umstand in der Welt der Zeitungen, Zeitschriften und des Internets ist, dass schöne Bilder und Geschichten viel zu schnell wieder verschwinden, mit etwas Neuem überdeckt und dann einfach vergessen werden. Dagegen setzt die LeadAcademy ein Zeichen, die seit über 20 Jahren jährlich herausragende Leistungen der Medien-, Fotografie- und Werbebranche auszeichnet. Jährlich werden die innovativen, beispielgebenden Fotos, Magazinbeiträge, Websites und Werbekampagnen im Haus der Photographie in den Deichtorhallen ausgestellt.

Visual Leader

Ab heute ist es wieder soweit. Wer sich selbst in Sachen Grafik- und Webdesign auf den neuesten Stand bringen möchte, die Werbe- und Kreativszene studieren oder sich einfach nur mit überraschenden, witzigen und klugen Bildkonzepten beschäftigen möchte, ist bei der Ausstellung Visual Leader 2014 richtig. Allerdings sollte man genug Zeit mitbringen, damit das Gesehene auch hängen bleiben kann.

Text: Katharina Manzke

 

Monty Python

Mit „Monty Python Live (mostly)“ zeigt das Savoy Kino den Mitschnitt der Aufführung in der Londoner O2-Arena – in Originalfassung.

Hier und dort stand es ja bereits zu lesen: Die Monty-Python-Truppe tritt noch mal auf eine Bühne, um ihre besten Sketche aufzuführen. Und, klar, die Tickets waren irre schnell ausverkauft, für die erste Show soll es ganze 45 Sekunden (!) gedauert haben, bis die Eintrittskarten vergriffen waren. 40 Jahre nach dem Ende von Monty Python’s Flying Circus im BBC gibt es sie also noch mal zu sehen und zu hören: das Holzfäller-Lied, der tote Papagei, Always Look On The Bright Side Of Life und so weiter. Natürlich wirkt das alles nicht mehr so frisch und anarchisch wie früher, aber was soll man sich darüber beschweren? Und wenn sie es nur tun, um ihre Kontostände aufzubessern – wir alle haben Graham Chapman, John Cleese, Terry Gilliam, Eric Idle, Terry Jones und Michael Palin so viel zu verdanken – einen hierzulande immer noch unerreichten, tief schwarzen, dadaistischen Humor – dass wir auch darüber hinwegschauen würden.

 

SNFU

Unzerstörbares Stehaufmännchen und kanadischer Skate-Punk der ersten Stunde: Mr. Chi Pig kommt mit seiner Band in den Hafenklang.

Der ein oder andere dachte, dass die Buchstaben SNFU als Kurzform für „Situation Normal Fucked Up“ stünden. Tja, daneben gelegen. Macht aber nichts, die Bedeutung „Society’s No Fucking Use“ ist auch ganz nett. Hinter den vier Lettern steht eine der dienstältesten und einflussreichsten kanadischen Hardcore-Punk-Bands nach NoMeansNo und D.O.A. 1981 gegründet, haben SNFU bisher insgesamt zehn Studio-Alben eingespielt (in den 1990er Jahren auch für das Bad-Religion-Label Epitaph). Kurios: Sämtliche Albumtitel bestehen aus sieben Wörtern. Noch mehr Zahlen? In den nunmehr 33 Jahren ihrer Bandgeschichte haben SNFU über 20 Mitglieder verschlissen und sich dreimal aufgelöst. Insofern ist es schon erstaunlich, dass SNFU-Sänger Mr. Chi Pig, wie sich das letzte verbliebene Original-Mitglied nennt, jetzt noch mal durch die Lande reist, um den legendären Skate-Core seiner Band live und direkt in die Clubs zu dreschen. Pogo-Alarm!

 

Looking for Sound & Utopia

Google Earth gab es schon in den 1920ern? Beim Vortrag von Thomas Tode erfährt man kuriose Fakten der Technikgeschichte anhand zahlreicher Filmbeispiele.

Gerne erzählen unsere Väter ihre Geschichten – beispielsweise, dass sie der erste Mensch im Heimatdorf waren, der ein Autotelefon besaß. Einen dicken Knochen, der die gesamte Mittelkonsole in Beschlag nahm. Die Leute konnten nicht fassen, dass sie mit jemandem telefonieren, der über die Autobahn braust.

Das war Anfang der 1990er. Tatsächlich startete die Geschichte der technischen Medien weitaus früher. „Seit den 1880er Jahren arbeitete man gleichzeitig an der Entwicklung von Telefon und Fernsehen, Tonaufzeichnung und Film“, heißt es in der Ankündigung des Vortrages von Filmemacher und Publizist Thomas Tode (Kinemathek Hamburg, Kurzfilmfestival), der am 28. Juli auf recht unterhaltsame Art und Weise im Metropolis Kino viele Fundstücke aus Film- und Tonarchiven präsentiert und unter anderem aufklärt, dass es den Walkman, Google Earth und eine Totalvernetzung eigentlich schon in den 1910er und 1920er Jahren gab. Und dass der Missbrauch neuer Medien, beispielsweise durch Überwachung, nicht erst ein Thema der modernen Welt ist.

Text: Lena Frommeyer