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Give growth a chance

Spätestens mit der heutigen Zinserhöhung stimuliert die Europäische Zentralbank (EZB) das Wachstum Eurolands nicht mehr. Das dürfte Jean-Claude Trichet genauso sehen, der wohl das A-Wort auf der gleich beginnenden Pressekonferenz vermeiden wird. Das A-Wort ist das berühmte „akkomodierend“, das die EZB-Volkswirte seit Jahren nutzen, um zu signalisieren, dass ihre Geldpolitik konjunkturfördernd ist. (Nachtrag: Ich habe mich geirrt! Trichet hat „policy remains on the accommodative side“ gesagt. Unglaublich. Das sollte er mal vorrechnen!) Gerade hat die EZB den Leitzins auf vier Prozent angehoben. Damit hat sie die Zinsen binnen 18 Monaten verdoppelt! Bremst sie schon? Wahrscheinlich noch nicht. Aber erste Bremsspuren an den Immobilienmärkten und bei der Immobilienkreditvergabe vor allem in Spanien, Irland und Frankreich sind nicht mehr zu leugnen. Ja, die Banken erwarten sogar wieder strengere Vergabekriterien für Immobilienkredite, wie der jüngste Lending Survey der EZB zeigt Seite 5 und 6). Es ist an der Zeit innezuhalten, Mister Trichet. Vier Prozent sind genug. Weiter„Give growth a chance“

 

Kredit-Alarm

Die Daten der deutschen Kreditstatistik sind alarmierend. Trotz Aufschwung schwächt sich die Kreditnachfrage schon wieder ab. Das spricht nicht gerade für ein reibungsloses Funktionieren des hiesigen Kapitalismus. Ist der Aufschwung, bevor er begonnen hat, schon wieder vorbei? Oder ist die schwache Kreditnachfrage lediglich Ausdruck der enormen Schieflage der deutschen Volkswirtschaft, der zu hohen Gewinne und zu geringen Löhne? Ich tippe auf Letzteres.
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6,5 Prozent oder 2,5 Prozent?

Ausnahmsweise übernehme ich heute mal eine Überschrift der BILD-Zeitung: 6,5 Prozent oder 2,5 Prozent – Wie viel Lohnerhöhung ist richtig? fragt die Boulevardzeitung auf Seite eins. Es sei die wichtigste Lohnentscheidung des Jahres. Ganz recht. Ihre Antwort: „6,5 Prozent ist genau richtig! Die Beschäftigten müssen endlich an Wachstum und Aufschwung beteiligt werden“, lässt sie Professor Hickel sagen. Und auch Professor Bofinger darf antworten: „Großzügige Lohnerhöhungen sorgen dafür, dass die Kaufkraft steigt und der Aufschwung an Breite gewinnt.“

Chapeau. So klar habe ich das bis heute in keiner Zeitung gelesen. Als kleine Argumentationshilfe noch mal die Grafik mit den jetzt aktuellen Zahlen der Arbeitgeber der Metallindustrie Weiter„6,5 Prozent oder 2,5 Prozent?“

 

Völlig losgelöst

Tut mir leid, ich muss nörgeln. Die Rekordjagd an den Börsen geht mir entschieden zu weit. In den vergangenen Wochen habe ich mich erstmals wieder an die „goldenen Zeiten“ 1999 und 2000 erinnert gefühlt. Damals schoss mir fast täglich das Lied „Völlig losgelöst“ durch den Kopf, ja dieser Neue-Deutsche-Welle-Song. Jetzt tut er das wieder. Schrecklich. Weiter„Völlig losgelöst“

 

Steuersenkungen? Nein Danke!

Es ist eine der absurdesten Debatten der jüngsten Zeit: Kaum zeichnet sich ab, dass Peer Steinbrück verdammt viel Glück gehabt hat. Dass seine unnötig riskante Mehrwertsteuererhöhung die entfachte Dynamik der Wirtschaft nicht abwürgt, da werden die künftig höheren Steuereinnahmen schon wieder dem Staat in Abrede gestellt. Steuersenkungen sollen her, wie es Wirtschaftsminister Glos und Konsorten (auch unsere tonangebenden Ökonomen in den Instituten) fordern. Das ist ein starkes Stück, denn es ist Ideologie pur. Der böse Staat soll kurz gehalten werden, damit in der nächsten Krise wieder Theaterdonner veranstaltet werden kann: Nicht finanzierbar, der Sozialstaat, nicht finanzierbar, eine Wirtschaftpolitik, die die zunehmenden Ungleichgewichte auszubalancieren versucht, durch bessere Betreuung, durch bessere Bildung. Löcher, Abgründe, der Staatsbankrott ist nahe. Alles erst 18 Monate her, dass viele im Land diese Parolen geglaubt haben. Und jetzt werden Steuersenkungen debattiert. Es ist nicht zu fassen.
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War’s das?

Stellen Sie sich vor, Sie kämen gerade aus einem vierwöchigen Urlaub zurück. Einem Urlaub ohne Blackberry, ohne Internet, Fernsehen und Zeitungen, also aus so einem richtig perfekten Urlaub. Dann schauten Sie heute Abend erstmals wieder auf den Kursteil Ihrer Zeitung. War nix los, würden Sie beruhigt oder gelangweilt denken. Der Dax, der vor vier Wochen kurz vor 7000 stand, schloss am Freitag bei rund 6.900 Zählern. Auch im Verhältnis der großen Währungen Euro, Dollar und Yen hat sich im Vierwochenvergleich kaum etwas getan. Der Yen ist noch immer viel zu schwach. Ganz ähnlich das Bild bei den Anleihen oder beim Ölpreis. War was?

Und noch wichtiger: War’s das schon? Ist die Korrektur an den Märkten ausgestanden, fallen schon in dieser Woche die alten Höchstmarken? Ich bin skeptisch. Der kräftige Anstieg der Aktienkurse in der vergangenen Woche war zwar eine schöne Erholungsbewegung. EuroStoxx und Dax haben fünf Prozent gut gemacht! Das ist sehr viel.

Das ist zu viel. Ich halte es mit den europäischen Aktienstrategen von Morgan Stanley, die ich immer gerne lese und die Ende Januar rechtzeitig zur Vorsicht gemahnt hatten – und damit den scharfen Einbruch Ende Februar ganz gut getroffen hatten. Sie schreiben in ihrem neuen Bericht: „We are more than halfway through a normal bull market correction“. Weiter„War’s das?“

 

Die EZB entdeckt den natürlichen Zins

Zwei Tage in Folge habe ich den Worten von zwei der wichtigsten Notenbanker des Eurosystems gelauscht. Am Dienstag Axel Weber, dem Bundesbankpräsidenten, und gestern Abend Lorenzo Bini-Smaghi, dem italienischen Direktor der Europäischen Zentralbank. Beide reden weiteren Zinserhöhungen das Wort. Das ist nichts Neues. Was mich umtreibt, ist das geldpolitische Modell, das die Herren im Kopf haben. Hier der spekulative Versuch, zu verstehen, wie die EZB zur Zeit tickt. Ich fürchte, gerade ist ein altes geldpolitisches Konzept schwer auf dem Vormarsch: der natürliche Zins. Die Zwei-Säulen-Strategie hätte defacto ausgedient. Sollte ich mich nicht irren, steigt der EZB-Zins mindestens auf 4,25, wenn nicht auf 4,50 Prozent, wenn die Wirtschaft Eurolands dieses und nächstes Jahr so wächst wie vermutet, also um rund 2,5 Prozent.
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Volatilität oder Liquidität?

Was treibt die Finanzmärkte wirklich? Volatilität oder Liquidität? Diese Frage muss nach dem Anschauungsunterricht der Tage seit dem Grauen Dienstag gestellt werden. Das Standardargument kennt jeder: die Notenbanken fluten die Märkte, pumpen Geld ins System. Es ist zu viel Suppe da und diese treibt dann die Kurse an den Finanzmärkten. So oder so ähnlich. Zumindest wird immer so getan, als würden die Notenbanken mit ihrer Geldpolitik die Liquiditätsbedingungen an den Finanzmärkten festlegen. Diese Sichtweise habe ich noch nie recht verstanden. Ist es nicht vielmehr die Volatilität, also die Schwankungsanfälligkeit der Kurse, die Blasen erzeugen kann, wenn die Vola niedrig ist?
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Die Woche nach dem Grauen Dienstag

Das Wochenende neigt sich seinem Ende zu. Die Hektik an den Märkten, die mir eine spannende Woche beschert hat, ist weit weg. Habe in den vergangenen beiden Tagen eine Menge Research-Material gelesen und bin, ehrlich gesagt, recht gelassen. Nicht, weil ich glaube, das Schlimmste sei überstanden. Bis zu einer ordentlichen Korrektur an den Aktienmärkten fehlen noch fast 15 Prozent Kursverluste. Und die Verluste in Amerika am Freitag in den letzten Handelsstunden, der feste Yen sowie der recht brutale Anstieg der Volatilitäten auf den verschiedensten Märkten verheißen bis auf weiteres kaum Entspannung.
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Der Tag danach

Irgendwie ist heute alles anders. Zwar regnet es wie gestern, ist es für die Jahrszeit noch immer zu warm und auch sonst sind in der realen Welt keine Änderungen festzustellen. Und doch hat sich seit dem heftigen Kursrutsch am Dienstag die Welt geändert. Die virtuelle zwar, die finanzielle Sphäre des Kapitalismus. Die Erschütterungen an den Märkten waren zu heftig, als dass man über sie hinweg gehen könnte. Es handelte sich immerhin um den stärksten Kurseinbruch an den US-Börsen seit der Wiedereröffnung nach dem 11. September 2001. Und die US-Börsen sind die größten und liquidesten der Welt!

Auch wenn am Tag danach die Unsicherheit nicht in Panik gekippt ist, so ist noch lange nichts ausgestanden. Weiter„Der Tag danach“