Lesezeichen
 

Wollen Sie uns verschaukeln, Peer Steinbrück?

Wer nach Gründen für das Elend der SPD sucht, findet sie in diesem Interview mit dem Wall Street Journal.

Er als Kanzler würde wohl großzügiger gegenüber den Krisenländern sein, signalisierte der frühere Bundesfinanzminister. Steinbrück sprach sich dafür aus, den Staaten notfalls mehr Zeit zur Budgetkonsolidierung zu geben, und ihnen mit wachstumsfördernden Maßnahmen unter die Arme zu greifen.

Das klingt nach Kurswechsel, nach neuer Politik, denkt man und liest interessiert weiter.

„Wir brauchen einen wirtschaftlichen Stimulus, von mir aus nennen Sie es einen Marshallplan B, insbesondere mit Blick auf die Jugendarbeitslosigkeit“, verlangte er. Das Geld für solche zusätzlichen Maßnahmen könne aus bestehenden EU-Fonds und von einer Finanztransaktionssteuer kommen.

Der Marshallplan wird also finanziert aus einer Finanztransaktionssteuer die mangels eines europäischen Konsens nicht kommen wird, und Geldern, die bereits ausgegeben wurden. Mit anderen Worten: Auch Steinbrück will nicht mehr Geld ausgeben. Diese Position kann man ja einnehmen – doch dann soll man nicht so tun, als wolle man etwas anderes als die Kanzlerin und mit Pauken und Trompeten einen Kurswechsel ankündigen. Das ist das Grundproblem der SPD: Sie bietet in Wahrheit keine Alternative, aber sie gibt vor, eine zu haben.

Ich finde, solche Interviews beleidigen die Intelligenz der Wähler und ich hoffe, jemand sagt das dem Kandidaten.

 

Yellen vs Summers

Die Debatte über die Nachfolge von Ben Bernanke ist in vollem Gang und Larry Summer und Janet Yellen sind die Top-Kandidaten. Die FT berichtet über kritische Aussagen von Larry Summers über die Politik des Quantitative Easings

… the people who have discussed policy with him say Mr Summers regards fiscal policy as a more effective tool than monetary policy. 

Das hat bei den Anhängern einer aktivistischen Makropolitik – zu denen ich auch gehöre – regelrechte Abwehrreflexe ausgelöst und Yellen Sympathiepunkte gebracht. Einmal abgesehen, dass fast jeder sympathischer ist als Larry Summers und Yellen in der Tat eine exzellente Kandidaten wäre: Summers hat Recht.
Weiter„Yellen vs Summers“

 

Draghis magische Worte

Eine neue Mode macht sich breit in europäischen Zentralbankkreisen: Forward guidance – gemeint ist damit der Versuch, durch verbale Signale zukünftiges Handeln vorhersehbar zu machen. Im konkreten Fall: Die EZB und die Bank von England versprechen, die Zinsen für einen längeren Zeitraum nicht anzuheben.

Es ist der verzweifelte Versuch, sich gegen die Zinswende in den USA zu stemmen. Weiter„Draghis magische Worte“

 

Gläubigerhaftung – der Teufel steckt im Detail

Die Euro-Gruppe hat sich vergangene Woche auf die Haftungsregel bei der Einbeziehung von Bankaktionären und Bankgläubigern geeinigt. Hier ein Auszug aus der offiziellen Darstellung der Einigung des BMF für den Finanzausschuss des Bundestags:

gläubigerhaftung

In der Regel müssen die Aktionäre und Gläubiger also mit mindestens acht Prozent der Bilanzsumme beteiligt werden. Das ist die Zahl, die öffentlich verbreitet wurde. Es gibt aber auch die Möglichkeit, auf 20 Prozent der risikogewichteten Aktiva auszuweichen. Das ist ja nach Kapitalstruktur für viele Banken erheblich komfortabler und wie die Aktiva gewichtet werden, berechnen die Banken selbst.

Eine nette Ausnahme also aus Sicht der Banken und weil sie wissen, dass das nicht populär ist, sagen die Finanzminister, dass diese Ausnahme in der Währungsunion nicht zur Anwendung kommen wird. Ich frage mich aber: Warum wählt man den komplizierten Weg über eine schriftliche Zusage der Kommission und ist das Ganze eigentlich rechtlich tragfähig? Und: Wie werden die international tätigen Banken reagieren, wenn plötzlich in Europa mit zweierlei Maß gemessen wird?

Wie auch immer: Die Briten werden jedenfalls sicherlich nicht einknicken und die acht Prozent annehmen, es wird also im parlamentarischen Prozess der jetzt beginnt ein gewaltiges Lobbying geben, in der Währungsunion die 20 Prozent doch noch zuzulassen. Das wird noch lustig.

 

Warum der ESM keine Rolle mehr spielt

Die Debatte über die Möglichkeit des ESM, Banken direkt zu rekapitalisiere, erregt große Aufmerksamkeit. Ich verstehe das nicht, denn der ESM ist als Instrument zur Bankenrettung in dieser Krise ohnehin nicht mehr zu gebrauchen.

Wir erinnern uns: Die Idee des Gipfels vom letzten Sommer war es, Bankenrisiken und Staatenrisiken zu trennen. Schon wenige Tage nach dem Gipfel wurde klar, dass Deutschland das nicht mitmachen würde. Jede Form der direkten Rekapitalisierung durch europäische Institutionen wird sich nicht auf Altlasten, sondern nur auf neue Bilanzrisiken beziehen.
Weiter„Warum der ESM keine Rolle mehr spielt“

 

Die BIZ ist auf einem Auge blind

Es ist schon viel geschrieben worden über die Ungereimtheiten im neuesten Jahresbericht der BIZ (etwa hier, hier und hier). Nur ein Gedanke von mir dazu:

What central bank accommodation has done during the recovery is to borrow  time – time for balance sheet repair, time for fiscal consolidation, and time for reforms to restore productivity growth. But the time has not been well used, as continued low interest rates and unconventional policies have made it easy for the private sector to postpone deleveraging, easy for the government to finance deficits, and easy for the authorities to delay needed reforms in the real economy and in the financial system. After all, cheap money makes it easier to borrow than to save, easier to spend than to tax, easier to remain the same than to change.

Ich habe diese Metapher des Zeitkaufens nie richtig verstanden. Sie impliziert, das Zentralbankpolitik sozusagen irgendwie keine realen Folgen hat. Natürlich kann die Notenbank keine Arbeitsmärkte deregulieren – aber wenn sie die Zinsen niedrig hält und dadurch Investitionen anschiebt, dann ändert sich natürlich das wirtschaftliche Umfeld. Es wird also nicht nur Zeit gekauft. Das trifft auch dann zu, wenn man davon ausgeht, dass die Probleme struktureller Natur sind, wenn also zum Beispiel wegen einer Blase im Immobiliensektor Arbeitskräfte in anderen Sektoren unterkommen müssen (was zumindest nicht ausschließlich der Fall ist). Denn irgendwo müssen ja die Arbeitsplätze für diese Leute herkommen und sie entstehen wenn ein neuer Kapitalstock gebildet wird – und ob das gelingt hängt natürlich mit der Finanzierungsseite zusammen, die die Zentralbank beeinflussen kann.

 

Ist Walter Krämer ein Börsengenie?

Der Statistikprofessor und Euroskeptiker Walter Krämer hat ein Buch geschrieben. Darin steht das übliche wie in diesem Interview mit der Wirtschaftswoche nachzulesen ist. Interessant aber ist, was er über seine eigene Geldanlage sagt.

Ich habe vor ein paar Jahren gesagt: Jetzt wette ich mal darauf, dass Merkel und die EZB einknicken, und Griechenland immer weiter rausboxen. Also habe ich ein paar griechischen Staatsanleihen gekauft. Zu dem Zeitpunkt waren sie noch 50 Prozent ihres Ausgabewertes wert. Zwischenzeitlich sind die Papiere auf einem Gegenwert von 20 Prozent gefallen. Jetzt wieder bei 50 Prozent. Dank Frau Merkel habe ich also noch keinen Cent verloren.

Krämer hat also vor ein „paar Jahren“ gekauft, das war nehme ich an vor der Umschuldung. Damals wurden die alten Anleihen in neue mit niedrigerem Coupon und längerer Laufzeit getauscht, ein Barwertverlust von rund 70 Prozent. Zuletzt haben diese Anleihen tatsächlich zugelegt, aber wie gesagt, sie sind nur einen Bruchteil der alten wert.

Entweder Krämer ist ein Genie oder er kann nicht rechnen oder er hat schon lange nicht mehr in sein Depot geschaut.

 

Die Zinsen werden steigen

Wenn die Pressekonferenz von Ben Bernanke der Versuch gewesen sein soll, die Märkte zu beruhigen, dann ist er kläglich gescheitert. Der amerikanische Notenbankchef erklärte, die Anleihemärkte hätten auf seine Aussage, wonach die Anleihekäufe zurückgefahren werden könnten überreagiert. Daraufhin fallen die Renditen aber nicht etwa, sie steigen weiter. Dafür gibt es zwei Erklärungen: Weiter„Die Zinsen werden steigen“

 

Ist Karlsruhe biased?

Am Dienstag beginnt vor dem Bundesverfassungsgericht die Anhörung zu den Anleihekäufen der EZB. Dass sich die deutschen Richter damit befassen, ist legitim – man muss aus meiner Sicht das Grundgesetz so interpretieren, dass auch in internationalen Verbünden jede Staatsgewalt vom deutschen Volk ausgeht. Insofern kann es für europäische Institutionen keine Blankovollmacht geben, ihr Handeln muss sich aus deutschen Verfassungsgrundsätzen ableiten lassen. Man kann sich andere Legitimationsstränge vorstellen, aber dann muss man eben das Grundgesetz ändern.
Weiter„Ist Karlsruhe biased?“