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Volker Wieland, der Rat und die Fiskalpolitik

Volker Wieland aus Frankfurt soll in den Sachverständigenrat einziehen. Glückwunsch zunächst, Wieland ist ein kluger Wissenschaftler, der viel für das Ansehen seines Fachs – gerade in Deutschland – getan hat.

Offene Fragen aber bleiben in seinen Arbeiten zur Finanzpolitik. Er ist Co-Autor eines inzwischen recht bekannten Papiers zur Wirksamkeit von Konjunkturpolitik, das er mit Tobias Kwik, John Taylor und John Cogan im Jahr 2009 verfasst hat. Alles klasse Ökonomen – aber trotzdem überzeugt ihre Arbeit nicht.
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Die fiscal cliff – eine ideologische Herausforderung für deutsche Ökonomen

Paul Krugman hat neulich auf die Verrenkungen hingewiesen, die die Anhänger eines Konsolidierungskurses machen müssen, wenn das Thema auf die fiskalische Klippe in den USA kommt. Wir erinnern uns: Ohne Gegenmaßnahmen treten am 31. Dezember Einsparungen und Steuererhöhungen in Höhe von rund 600 Milliarden Dollar – etwa fünf Prozent des BIP – in Kraft. Das führt nach allgemeiner Auffassung zu einer tiefen Rezession und sollte deshalb vermieden werden.
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Weltwirtschaft expandiert weiter auf Kosten der Umwelt

In einigen Wochen muss ich in Singapur einen Vortrag über die Tendenzen in der Umweltbelastung halten. Die Schaubilder und Tabellen, die ich bisher vorbereitet habe, lassen nur den Schluss zu, dass sich die Situation weiter verschlechtern wird. Ein Wendepunkt wird irgendwann wohl kommen, er ist aber noch nicht in Sicht. Das reale Sozialprodukt der Welt nimmt im Trend mit einer jährlichen Rate von 3,8 Prozent zu (in Kaufkraftparitäten gerechnet). Energieverbrauch und CO2-Emissionen steigen zwar nicht ganz so rasch (um durchschnittlich 2,6 und 2,8 Prozent p.a. zwischen 1998 und 2008), aber selbst solche Zuwachsraten bedeuten, dass sich der Ausstoß des wichtigsten Schadstoffs in den nächsten 25 Jahren verdoppeln wird – wenn die jetzigen Trends nicht gestoppt werden können. Schon das heutige Niveau ist gefährlich hoch.
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Wenn’s ums Geld geht, Sparkasse?

Eigentlich bin ich ja ein Freund des Drei-Säulen-Modells im deutschen Finanzsektor inklusive des öffentlich-rechtlichen Bankenlagers. Aber was Sparkassenchef Georg Fahrenschon da laut FAZ zu sagen hat, stimmt mich nachdenklich:

Es ist nun ganz wichtig, dass die Notenbank den Punkt erkennt, wo man die hohe Liquidität wieder aus dem Markt herausnimmt“, mahnte Fahrenschon im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) aus Anlass des Weltspartages. Auch müssten die Länder in Europa „wirklich mit dem Sparen“ beginnen. „Nur dann nimmt die Geldmenge wieder ab, und die Vermögen der Sparer nehmen wieder zu. Dann werden auch die Zinsen wieder steigen“.

Die Länder in Europa sollen also wirklich mit dem Sparen beginnen. Und was macht Griechenland, wo das Strukturdefizit seit 2009 laut OECD von 16,4 auf 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesenkt wurde? Das entspricht einer Reduktion um 16,6 Prozentpunkte und kommt wahrscheinlich der größten Kürzungsorgie der Wirtschaftsgeschichte gleich? Oder Spanien, mit einem Rückgang um immerhin 5,0 Punkte? Oder Irland mit 6 Punkten? Deutschland hat im Rahmen der Agenda gerade einmal 2,9 Punkte eingespart – und dafür ein Jahr länger gebraucht.

Und wenn also gespart wird, dann nimmt die Geldmenge wieder ab und dann steigen die Zinsen. Aber steigen die Zinsen nicht in der Regel, wenn Geld mehr auf Pump ausgegeben wird, weil dann der Kapitalmarkt stärker beansprucht wird? Und welches Modell hat Fahrenschon im Kopf, wenn er sagt, dass Sparen die Geldmenge verringert?

Wenn das die makro-ökonomische Kompetenz der Sparkassen ist, dann sollte man überlegen, sein Geld lieber zur Deutschen Bank zu bringen. Die verstehen wenigstens was davon.

 

Guerillero Weidmann

Paul de Grauwe, der streitbare belgische Ökonomieprofessor, nahm kein Blatt vor den Mund, als er in dieser Woche in der Financial Times Jens Weidmann vorwarf, dieser führe einen Guerillakrieg gegen die EZB („Stop this guerrilla campaign against ECB policy“). Dadurch beschädige der Bundesbankpräsident vor allem in Deutschland die Glaubwürdigkeit des Euro und erschwere so den Aufbau der Institutionen, mit denen die junge Währung krisenfest gemacht werden kann.

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Rainer Brüderles total irres Inflationspapier

Rainer Brüderle hat noch nie eine Gelegenheit ausgelassen, mit einem populären Thema in die Schlagzeilen zu kommen – sein „Programm zum Inflationsschutz“, wie es heute vom Handelsblatt zitiert wird, ist allerdings eine Klasse für sich.

„Während im Euro-Raum manche Güter des täglichen Bedarfs noch keine inflationären Tendenzen aufweisen, steigen die Preise für Vermögensgüter exorbitant.“

Na gut: In Spanien fallen die Immobilienpreise beispielsweise, auf dem platten Land in Deutschland auch, bei Peripherieanleihen geht es eher abwärts, von einer dramatischen Überbewertung an den Aktienmärkten kann wohl keine Rede sein  und mit Inflation hat das ohnehin nichts zu tun und – aber egal.

„Jede Erhöhung der Abgaben entfacht Inflation.“

Das ist ja nun einmal sehr interessant. Wenn der Staat also die Steuern erhöht, um die Schulden abzubauen, dann entsteht Inflation? Seltsam ist das, weil Brüderle kurz vorher noch schreibt, dass nur eine Abkehr von der Schuldenpolitik die Geldwertstabilität befördert. Aber Konsistenz in der Argumentation war für die FDP ja noch nie wichtig.

So hat Brüderle dann auch eine Kausalkette parat: Wenn die Menschen weniger Netto vom Brutto haben, fordern sie höhere Löhne und dann kommt die Inflation. Das ist nun auch interessant. Ich fordere schon seit einiger Zeit mehr Geld, aber komisch, nichts passiert. Vielleicht, weil zu einem Vertragsabschluss zwei Parteien gehören und höhere Forderungen nur eine Chance auf Erfolg haben, wenn die Verhandlungsmacht groß genug ist. Und das wiederum hat vielleicht mit der allgemeinen Situation am Arbeitsmarkt zu tun.

Wenn jetzt aber Steuererhöhungen die Wirtschaft abwürgen – was Brüderle als tax cutter doch glauben müsste, dann bremsen sie vielleicht die Inflation. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb man Sparmaßnahmen in der Regel mit sinkenden Inflationsraten assoziiert. Vielleicht hätte Brüderle oder wer immer ihm das aufgeschrieben hat einen Blick in ein beliebiges Lehrbuch der Makroökonomie werfen sollen. Da hätte er dann nachlesen können, wie Inflation entsteht.

Es geht noch weiter. Die Europäische Zentralbank habe die Geldmenge enorm ausgeweitet, schreibt Brüderle.

„Eine derart aufgeblähte Menge an Geld erhöht die Inflationsgefahren drastisch.“

Seltsam nur, dass das Wachstum der Geldmenge M3 nun schon seit Monaten unter dem Referenzwert der EZB liegt, weil die Banken das Geld nicht weiterreichen, sprich der Multiplikator kollabiert ist.

Schlimm genug, dass so etwas geschrieben wird. Noch schlimmer, dass es aus der Feder des Fraktionsvorsitzenden einer Partei stammt, die sich mit ihrer Wirtschaftskompetenz rühmt.

Aber vielleicht kommt die FDP ja jetzt auch noch auf die Idee, die Heimholung des Bundesbankgolds zu fordern.

Update: Er hats getan. War ja zu erwarten.

 

Wer profitiert von einem Sperrkonto für die Griechen?

Die neueste Idee der Bundesregierung ist es also, die Hilfen für Griechenland auf ein Sperrkonto zu zahlen. Es dürfte dann nur für den Schuldendienst verwendet werden. Auf diese Weise will man einerseits eine Staatspleite vermeiden und andererseits den Druck auf die Griechen aufrechterhalten und – wichtiger noch – in Deutschland Rückhalt für die nächste Rettungsrunde erzeugen.

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Paul Krugmans Ratschläge – und Angela Merkels Zögern

Der US-Ökonom Paul Krugman hat im Frühjahr sein Buch „End This Depression Now!“ vorgelegt. Darin gibt es das Kapitel „Euro-Dämmerung“. Krugman ist bekanntlich ein ausgesprochener Euro-Skeptiker. Euro-Land ist für ihn kein optimaler Währungsraum. Aber das heißt nicht, dass er sich den Euro wegwünscht. Das wäre mit zu hohen Kosten verbunden, und zwar nicht nur für die Länder der Währungsunion. Und es wäre das Ende des europäischen Projekts, durch wirtschaftliche Integration dauerhaft Frieden und Demokratie zu sichern.

Da es den Euro aber nun einmal gibt, stellt sich die Frage: Wie kann er überleben? Krugman hat klare Vorstellungen – und spannend ist, sie mit den aktuellen Entwicklungen in der EU abzugleichen.

Den größten Handlungsbedarf sieht Krugman bei Garantien, die sicherstellen, dass es nicht zu Panikattacken auf einzelne Banken und Regierungen kommt. Das ist inzwischen weitgehend umgesetzt worden: Die Europäische Zentralbank hatte bereits am 20. Dezember vergangenen Jahres und dann erneut am 28. Februar 2012 allen Banken, die über verpfändbare Sicherheiten verfügten, unbegrenzt für drei Jahre Liquidität zu einem Zinssatz von nur einem Prozent angeboten. Damit konnten diese sich für einen sehr langen Zeitraum günstig refinanzieren. Eine Alternative wäre gewesen, auf Kundeneinlagen zurückzugreifen.

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Die USA werden nicht von der Klippe springen

Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Der Internationale Währungsfonds hat in dieser Woche seinen halbjährlichen World Economic Outlook vorgelegt, in dem er seine Wachstumsprognosen vom Frühjahr deutlich nach unten revidiert hat. Die Weltwirtschaft wird viel langsamer expandieren als vor der Krise, vor allem die reichen Länder kommen einfach nicht in Schwung. Außerdem könnten die Prognosen demnächst noch weiter nach unten revidiert werden. Vor allem zwei unkalkulierbare Risiken sprechen dafür: die Krise des Euro und die (der?) sogenannte „fiscal cliff“ in den USA. Was Letzteres angeht, wird es Anfang nächsten Jahres zu einem 600 Milliarden-Schock aus Steuererhöhungen und staatlichen Ausgabenkürzungen kommen, wenn sich der Kongress nicht endlich zusammenrauft und einen Kompromiss findet. Es geht um knapp vier Prozent des Sozialprodukts (von 15,6 Billionen Dollar). Weiter„Die USA werden nicht von der Klippe springen“