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Gottsucher und Islamisten

Eine Kollegin, die es wissen muss, weil sie viel mehr vom Islamismus versteht als ich, schreibt Folgendes:

hallo Jörg,
du schreibst: „neben Köhler etwa der frühere deutsche Botschafter Murad Winfried Hofmann oder der Berliner Imam Mohammed Herzog – sind spirituelle Sucher, keine politischen Islamisten.“

diese aufzählung ist für herzog und köhler eine beleidigung. in deiner einschätzung von murad hofmann liegst du wirklich falsch – er ist einer der vordenker eines gesellschaftssystems auf rein „islamischer“ grundlage mit demokratischem antlitz (keine trennung von staat und religion – er ist akteur eines islamismus im demokratischen gewande). dafür giibt es in seinen reden, büchern, vorträgen massengaft belege. hofmann propagiert ein islamisches gesellschaftssystem in form einer schurakratiyya oder theodemokratie aufbauend an überlegungen von maududi usw.
islamismus ist eine ideologie, ein gesellschaftskonzept, und islamismus begint nicht erst bei gewalt und totalitarismus. köhler und herzog haben solche geselschaftsvorstellungen nicht, auch wenn köhler sich mehr islamische ethik und moral im öffentlichen raum wünscht, was aber etwas anderes ist, als es murad hofmann propagiert.

Und ich fürchte, sie hat Recht. Diese Differenzierung ist notwendig.

 

Kann es einen privatisierten Freizeit-Islam geben?

Der kluge Zafer Senocak hat einen Essay über diese dringende Frage geschrieben.

Kernzitat:

Das Kernproblem heißt: Kann ein Muslim sich jenseits des Koran und der koranischen Vorschriften gesellschaftlich und politisch orientieren? Und wie drückt sich eine solche Orientierung in seinem Privatleben aus?

Kann er sich zur Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, zur Gleichberechtigung aller Bürger, unabhängig von ihrer Glaubensorientierung bekennen, ohne islamische Prinzipien zu verletzen?

Er kann es eigentlich nicht. Bislang jedenfalls. Wenn er sich zu einer anderen Gesellschaftsordnung bekennt als der islamischen gibt es immer Erklärungsbedarf. Auch deshalb steht der türkische Ministerpräsident Erdogan, ein bekennender Muslim, unter Druck.

Doch weder er noch seine Partei können dieses Problem lösen. Eine Partei ist keine Denkschule. Die AKP islamisiert die Türkei nicht. Die Reformen, die diese Partei in die Wege geleitet hat, haben offenkundig mehr mit den Kopenhagener Kriterien der EU zu tun als mit den Rechtsnormen aus Mohammeds Zeiten.

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Zafer Senocak

Ihre Wähler erwarten eine weitere Modernisierung der türkischen Gesellschaft, eine Öffnung des politischen Systems, die Etablierung eines Rechtsstaats, wirtschaftlichen Aufschwung. Sie erwarten nicht die Einführung der Scharia, sie leben mehrheitlich einen Islam, der Privatangelegenheit geworden ist.

Doch darf es, kann es einen solchen Freizeit-Islam überhaupt geben? Muslimische Theologen und Philosophen stehen schon ziemlich lange, nämlich seit dem Anbruch der Moderne vor über einem Jahrhundert, genau vor dieser Fragestellung.

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Steinmeier: Wir müssen in Afghanistan mehr tun

Gespräch mit dem deutschen Aussenminister Frank-Walter Steinmeier aus der ZEIT von heute (Auszug. Mehr in der Print-Ausgabe und demnächst auf ZEIT online):

ZEIT: Der UN-Beauftrage Tom Koenigs hat im Interview mit der ZEIT befürchtet: Wenn die Amerikaner aus dem Irak abziehen, wird dies die Extremisten in der Region ermutigen, aber auch in Afghanistan. Ist an dieser Befürchtung etwas dran?

Steinmeier: Das ist nicht nur eine Befürchtung, die Tom Koenigs hat. Auch im Baker/Hamilton-Vorschlag, der im Dezember letzten Jahres veröffentlicht worden ist, wurde ein übereilter Rückzug abgelehnt, weil er das Gefährdungspotenzial erhöht. Stattdessen wurde ein Rückzug in Stufen und in Abhängigkeit von der Entwicklung der Sicherheitslage vorgeschlagen.

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Frank-Walter Steinmeier Foto: JL

ZEIT: In Basra haben nach dem Rückzug der Briten Schiiten auf Schiiten geschossen.

Steinmeier: Ich habe nicht ohne Not gesagt, dass Entscheidungen über den Rückzug in Abhängigkeit von der Sicherheitslage zu treffen sind. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Diejenigen, die militärisch interveniert haben, tragen auch besondere Verantwortung für die Gestaltung eines Rückzugs.
ZEIT: Welche Rückwirkungen wird dies auf Afghanistan haben – und damit auf deutsche Soldaten?

Steinmeier: Zweifellos hat die irakische Situation Einfluss auf Afghanistan, vermutlich ist die erhöhte Zahl von Selbstmordattentaten in Afghanistan auch eine Konsequenz der Auseinandersetzung im Irak. Trotzdem rate ich zur Vorsicht. Ich bezweifle, dass das Nachdenken über Rückzug im Irak notwendigerweise eine Ermutigung für die regierungsfeindlichen Kräfte in Afghanistan bedeuten muss. Viel wichtiger ist doch, wie entschlossen die internationale Staatengemeinschaft an ihrer Präsenz in Afghanistan festhält und möglicherweise sogar ihr Engagement zur Stabilisierung des Landes erhöht.

ZEIT: Das bedeutet: Wenn die Amerikaner rausgehen, müssen wir noch stärker reingehen?

Steinmeier: Ich habe von Engagement gesprochen. Das war nicht beschränkt aufs Militärische.

ZEIT: Die Propaganda der Dschihadisten wird sein: »Wir haben Irak befreit«. Und daraus folgt: Das muss in Afghanistan fortgesetzt werden.

Steinmeier: Es gibt nicht die Zwangsläufigkeit, die Sie mit Ihrer Frage unterstellen. Niemand kann es den Menschen hierzulande verdenken, dass sie fragen, welchen Umfangs, welcher Dauer unser Engagement in Afghanistan sein wird. Wir müssen immer wieder selbstkritisch überprüfen, wie weit wir mit unserem Engagement in Afghanistan gekommen sind. Gemessen an unseren übernommenen Selbstverpflichtungen, sage ich: Wir müssen eher mehr als weniger tun. Das gilt für den Auf- und Ausbau der afghanischen Polizei, in noch größerem Umfang aber für Ausbildung und Ausstattung der afghanischen Armee – und erst recht für den zivilen Wiederaufbau.

Interview: Brigitte Fehrle, Jörg Lau, Bernd Ulrich

 

Wiedergeborene Muslime

Dies hier ist der bahnbrechende Aufsatz von Malise Ruthven, gleich nach dem 11. September 2001 veröffentlicht, in dem der Begriff born-again-muslims geprägt wurde. Von Ruthven stammt übrigens auch die Prägung „Islamofascism“ – und zwar schon aus dem Jahr 1990.
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Malise Ruthven

 

Dschihadisten als Herausforderung für Muslime

Leser und Mitblogger emcee schreibt zu den Dschihadisten Fritz und Daniel:

Ich bin selber Konvertit und bin von fundamentalistischer Vereinnahmung bisher verschont geblieben. Alhamdulillah. Ich bin immer noch schockiert von den Ereignissen der Sauerländer Mujahidiin. Hier gibt es etwas, was wir Muslime mit zu verantworten haben. Hier wäre eine deutlichere Sprache des KRM sehr angebracht.
Wir Muslime haben deutlicher und energischer als je zuvor dieses Problem endlich zu lösen.

Möge ALLAH diesen Verblendeten das Handwerk legen. Amin.

 

Der Dschihad der Bürgerkinder

Mein Artikel aus der ZEIT von morgen, Donnerstag, 13. September 2007

Der Dschihad spricht jetzt auch deutsch und hört auf Namen wie Fritz und Daniel. Das ist nicht nur für die deutsche Mehrheitsgesellschaft ein Schock. Für die Islamverbände hierzulande hatte die Nachricht, dass zwei deutsche Konvertiten daran gehindert wurden, in Deutschland verheerende Anschläge zu begehen, eine ebenso bittere wie heikle Seite. Unter den hiesigen Muslimen machen Neubekehrte schätzungsweise höchstens zwei bis drei Prozent aus. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil Moscheegemeinden keine Mitgliedslisten führen. Doch im Zentralrat der Muslime, dessen Vorsitzender Ayyub Axel Köhler auch den neuen Koordinationsrat der Muslime (KRM) anführt – Innenminister Schäubles Gegenüber in der Deutschen Islamkonferenz –, haben auffällig viele Konvertierte das Sagen.
Vielleicht fällt darum die Stellungnahme des KRM zu den abgewehrten Anschlägen so merkwürdig klamm und schmallippig aus. Man verurteilt zwar den »erneuten Versuch des Missbrauchs der friedlichen und friedliebenden Religion des Islams für extremistische und terroristische Interessen«. Und appelliert, »jeglichen extremistischen Ideologien eine deutliche Absage zu erteilen und ihnen keinen Platz in Moscheen zu gewähren«. Doch die größte Sorge des KRM ist offenbar, dass durch die Terroristen »alle Muslime unter Generalverdacht« geraten könnten. Pflichtschuldig Distanz markieren und flugs in die Opferrolle abtauchen – so wird das peinliche Thema schnell entsorgt. Der Ball wird ins Feld der Nichtmuslime geschlagen, die bitte ihre Vorurteile im Blick behalten sollen: »Die Vorstellung, dass insbesondere Konvertiten anfällig für extremistische Positionen sind«, so Köhler, »weise ich entschieden zurück.«

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Adam Gadahn alias Azzam Al-Amriki Fotos: FBI Most Wanted

Konvertiten suchen den echten, unverdünnten Stoff
Hat Köhler nicht recht? Die große Mehrheit der Konvertiten hierzulande findet schließlich durch die weltliche Liebe zum Islam – meist deutsche Frauen, die einem Muslim heiraten. Und viele der Wortführer des deutschen Islams – neben Köhler etwa der frühere deutsche Botschafter Murad Winfried Hofmann oder der Berliner Imam Mohammed Herzog – sind spirituelle Sucher, keine politischen Islamisten. Sie haben in den glücklichen Tagen den Glauben gewechselt, als die deutsche Orientromantik – eine alte Tradition von Goethe über Friedrich Rückert und Karl May bis zu Annemarie Schimmel – noch nicht vom Qaida-Terror überschattet war. Sie sind Konservative, aber zweifellos keine Extremisten: Wer konvertiert, hat meist kein Interesse an Reform und Erneuerung. Man wechselt den Glauben nicht, um sich gleich wieder mit Zweifeln und Ambivalenz herumzuschlagen. Man sucht den echten, unverdünnten Stoff.
Viele von ihnen sind enttäuschte Christen, die im Islam den »reineren« Monotheismus fanden. Keine umständlichen theologischen Kon­struk­tio­nen wie die Dreifaltigkeit, keine haarspalterischen Debatten über die Natur Jesu als »wahrer Sohn und Mensch zugleich«. Und vor allem keine Ursünde, keine Kreuzigung, keine Auferstehung, keine Erlösung. Die Schöpfung ist gut und gerechtfertigt, wie sie von Allah erschaffen wurde. Der Koran ist das unverfälscht erhaltene Wort Gottes. Halte dich an die fünf Säulen und die sechs Glaubensgrundsätze, und du bist auf der sicheren Seite.
Doch in diese heile Welt des orientalistischen Gottsuchertums sind nun Fritz und Daniel eingebrochen, Deutschlands erste echte homegrown terrorists. Sie haben mit dem Islam Handfesteres vor als die früheren islamophilen Deutschen, die in der untergegangenen Welt des West-östlichen Diwans Erlösung suchten.
Es ist nicht viel damit gewonnen, wenn die Islamverbände erklären, Fritz G. und Daniel S. seien qua Terrorismus keine Muslime, denn der Islam verbiete »Gewalt gegen Zivilpersonen«. Jene sehen sich durchaus als Muslime, und es hängen Menschenleben davon ab, ob man es verstehen lernt, wie sie und andere zu diesem radikalen Glauben kommen.
Was treibt sie? Wer auf die Suche nach inneren Motiven geht, wie es inzwischen eine ganze Horde von Islamwissenschaftlern tut, wird immer wieder auf den recht banalen Befund treffen, es handele sich meist um junge Männer aus der Mittelschicht, die religiös vorgeprägt sind und in eine Lebenskrise geraten. Marc Sageman, ein forensischer Psychiater und früherer CIA-Mitarbeiter, hat Dutzende von Konversionen zum radikalen Islam analysiert. Das einzige gemeinsame Merkmal, so Sageman, sei, dass es sich durchweg um »isolierte, einsame und emotional entfremdete junge Männer« handelt. Anfangs sei darum für diese Verlorenen die Aufnahme in eine verschworene Gruppe sehr viel wichtiger als die dschihadistische Ideologie. Wenn sich erst einmal die Vorteile des Aufgehobenseins in der Gruppe bemerkbar machen, tritt die Ideologie in den Vordergrund: Durch regelrechte Übertrumpfungswettbewerbe signalisieren die Neubekehrten in der Gruppe ihre Zugehörigkeit. In den sich radikalisierenden Zirkeln ist ab einem bestimmten Punkt nicht mehr wichtig, wer Konvertit und wer als Muslim geboren ist: Denn alle sind im Geiste der Dschihad-Ideologie »wiedergeborene Muslime«. Die einen haben die Ungläubigkeit überwunden, die anderen die Trägheit ihrer traditionalistischen Glaubensbrüder, die im Blick des radikalen Islamismus noch schlimmer ist als Unglaube. Mit der Herkunft gebrochen zu haben verbindet neue Muslime wie Fritz G. und Daniel S. mit »born again muslims« wie dem türkischstämmigen Adem Y., der zusammen mit ihnen verhaftet wurde.
Aber dies sind Mechanismen der Radikalisierung in Gruppen, die nicht spezifisch islamistisch sind. Man kennt sie auch aus der Beziehungsdynamik der RAF. Was ist das besondere Angebot, das jene Konvertiten ergreifen, die sich nicht so sehr zum Islam, sondern gleich zum Islamismus bekehren? Sie würden, wie es Benno Köpfer vom baden-württembergischen Verfassungsschutz ausdrückt, »nicht so sehr vom Islam als Religion angezogen, sondern vom Islam als Ideologie«. Und in diesem Sinn markiert die Verhaftung der Gotteskrieger Fritz und Daniel einen Einschnitt in der deutschen Protestgeschichte: »Der Dschihadismus«, stellt der Extremismusforscher Eberhard Seidel fest, »ist kein Importartikel mehr, sondern ein einheimisches Ideologieangebot. In Deutschland gibt es zurzeit zwei Heilsversprechen, die die Systemüberwindung und die Erhöhung der eigenen Person in Aussicht stellen: den Rechtsextremismus und den Islamismus. Der Islamismus verzichtet auf die Exklusivität des Blutes und lädt jeden ein, der sich in einem Akt des Voluntarismus zu ihm bekennt. Als Internationalismus des 21. Jahrhunderts ist der Islamismus deshalb auch für Sinn- und Aktionssuchende attraktiv, denen der Islam nicht in die Wiege gelegt wurde.«
In der jüngsten Videobotschaft Osama bin Ladens ist dieser Internationalismus mit Händen zu greifen. Wer sich nicht vom gefärbten Bart des Terrorpropheten ablenken lässt, kann in der Ansprache den geschickten Versuch eines ideologischen Relaunches erkennen: Bin Laden präsentiert sich als Globalisierungskritiker. Er lobt Noam Chomsky und schimpft auf das amerikanische Kapital, das für die Erderwärmung verantwortlich sei. Bush klagt er an, als Büttel der Industrie das Kyoto-Protokoll zu missachten und Millionen Tote – »vor allem in Afrika« – in Kauf zu nehmen. Er hetzt nicht einmal mehr gegen die »Zionisten«, sondern betont die Toleranz des Kalifats gegenüber Minderheiten. Die europäischen Juden könnten noch leben, wären sie Schutzbefohlene unter islamischer Herrschaft gewesen. Der Islamismus löst sich vom Nahostkonflikt und erfindet sich neu als eine um­fas­sen­de, alternative Form der Globalisierung im Zeichen der imaginären Umma.
Der Islam hat heute einen
Nimbus des »radical chic«
Bin Laden hat sein Angebot für ein neues Publikum überarbeitet: Die Al-Qaida-Rekruten für die neue Phase des Kampfes sind nicht mehr wütende junge Männer aus den Tyranneien des Nahen Ostens oder aus palästinensischen Flüchtlingscamps. Bin Laden zielt auf europäische Migranten der zweiten Generation wie die Londoner Rucksackbomber und auf Konvertiten, die beim Kampf in den westlichen Metropolen besonders nützlich sind.
Der Islam hat heute einen unvergleichlichen Nimbus des radical chic. Mit jedem Anschlag von Terroristen und mit jeder Anfechtung durch islamfeindliche Rechtspopulisten wird dieser Nimbus weiter gesteigert. »Mit einem Punk«, sagt ein deutscher Konvertit aus ländlich-konservativem Elternhaus, »hätte meine Familie noch leben können. Aber der Übertritt zum Islam war nicht zu toppen.« Islamisten bieten neue Zugehörigkeit mit klaren Regeln für jede Lebenssituation, kombiniert mit größtmöglicher Andersheit gegenüber der Herkunft und radikalstmöglicher Ablehnung des bestehenden Weltsystems. Für einige junge Männer ist dies eine unschlagbares Angebot: Dabeisein und Dagegensein, Außenseitersein und Auserwähltsein in einer unaufschnürbaren Packung.
Es gibt ein in Deutschland wenig bekanntes Vorbild für Konvertiten wie Fritz und Daniel: den Amerikaner Adam Gadahn, der es als ­Azzam al-Amriki bis ins »Medienkomittee« von al-Qaida geschafft hat. Gadahn stammt aus einer Familie von Hippies und linken Aktivisten mit einem jüdischen Zweig. Er war als Teenager eine Größe in der lokalen Death-Metal-Musikszene von Orange County und nahm sogar selbst Musik auf. Wie viele Konvertiten durch­lief er eine Phase innerer Leere und brennender tanszendentaler Obdachlosigkeit. Bei einer evangelikalen Gruppe stieß ihn das »apokalyptische Geschwafel« ab. Dann las er im Koran und fand sich fasziniert von der totalen Transzendenz und Entrücktheit Allahs. Dass der Islam den Ruf hatte, mit der westlichen Moderne nicht in Einklang stehen zu können, machte ihn gerade anziehend. Die lange Mähne des Metal-Fans fiel, der Bart wuchs. Adam Gadahn hatte eine neue Form von Dissidenz gefunden, gegen die sich die Höllenmusik des Death Metal kindisch ausnahm. Über eine radikale Moschee kam er in Kontakt mit Dschihadisten, die ihm eine Reise nach Pakistan organisierten. Wenige Jahre später war Adam alias Azzam mit Ende zwanzig der jüngste Terrorist auf der »Most Wanted List« des FBI. Als erster Amerikaner seit 50 Jahren ist er des Hochverrates angeklagt worden.
Genau wie den friedliebenden Muslimen fällt es auch dem nichtmuslimischen Mainstream einstweilen schwer, zur Kenntnis zu nehmen, dass entfremdete Bürgerkinder, die aus Weltekel, Selbsthass und Bravado vor Jahrzehnten vielleicht noch zu Linksradikalen geworden wären, heute ihren Blutdurst unter dem Banner des Propheten stillen.

 

Syrien als Zuflucht?

Syrien ist eines der Länder, die von den USA als Schurkenstaaten – Unterstützer des internationalen Terrorismus, Feinde der liberalen Demokratie – betrachtet werden. Was sagt es über das Ausmaß des Desasters im Irak, dass täglich 2000 Iraker aus dem vermeintlich „befreiten“ Land in die totalitäre Herrschaft des Assad-Regimes fliehen?

Dies sagt Erika Feller vom UN-Flüchtlingskomissariat gegenüber Asharq-Alawsat:

„Approximately 2,000 Iraqis cross the border into Syria every day in search of a safe haven. So far, more than two million Iraqis have left Iraq and I think Iraqis will continue to leave because of the hard circumstances, turmoil, violence and religious persecution. I do not think anyone living in such circumstances can stay in Iraq. I was in Syria and saw the enormous numbers of Iraqis who have left Iraq. The number of Iraqis in Jordan and Lebanon may have stabilized, but not in Syria. It is difficult to determine the figures because we do no know where these Iraqis are staying.“

 

Beim Barte des Propheten

Es ist in den letzten Tagen viel über das tiefe Schwarz des Bin Laden’schen Bartes spekuliert worden, das an Stelle der ehrwürdigen grauen Strähnen getreten ist. osamabart.jpg

Hier ist die Auflösung:
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Dank an Andrew Sullivan.

 

Amerikanischer Scheich: Wer den Holocaust leugnet, untergräbt den Islam

In der jüdischen Zeitschrift Tikkun schreibt Scheich Hamza Yusuf:

I have personally met many Holocaust survivors and their children. I have seen tattoos. I have also heard firsthand accounts of the horrific events. The numbers and details of such events may be legitimate areas of research and inquiry for scholars, but questioning whether the events took place at all undermines the epistemological basis of our collective knowledge. Muslims, of all people, should be conscious of this as their religion is predicated on the same epistemological premises as many major events in history, such as the Holocaust.
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Hamza Yusuf (alias Mark Hanson) Foto: Zaytuna Institute

To deny such things is to undermine Islam as an historical event. That a “conference” examining the historicity of the Holocaust should take place in a Muslim country hosted by a Muslim head of state is particularly tragic and, in my estimation, undermines the historicity of the faith of the people of that state.

In our inherent contradictions as humans, and in order to validate our own pain, we deny the pain of others. But it is in acknowledging the pain of others that we achieve fully our humanity.

Ganzer Text hier.