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Kopftücher in Norwegen

Zwei Meldungen aus Norwegen, anhand derer ich noch einmal versuchen will, meine Haltung zum islamischen Kopftuch zu klären:

Erstens wird berichtet, das Lebensmittelunternehmen Nortura ermögiche Musliminnen das Tragen von Kopftüchern bei der Arbeit – und stelle zu diesem Zweck auch hygienische Einmal-Kopftücher bereit, wie Sie auch in Schweden bereits im Gesundheitswesen üblich sind. Kopftücher zum Wegwerfen also.

Die Mitarbeiter dort sind ohnehin gehalten, bei der Arbeit ihre Haare zu bedecken. Ich halte diese Regelung für völlig in Ordnung. 

Nortura-Managerin demonstriert das Wegwerf-Kopftuch

Zweitens hat die Eingabe einer islamischen Polizistin Erfolg gehabt, die bei der Arbeit Hidschab tragen will. Künftig wird es in Norwegen erlaubt sein, als Polizistin Kopftuch zu tragen. Islamische Verbände begrüßen diese Regelung, die Polizeigewerkschaft ist enttäuscht, weil sie das Neutralitätsprinzip verletzt sieht. Das Argument der Befürworter lautet, im Sinne einer umfassenden Repräsentanz der Gesellschaft sei es sinnvoll, das Kopftuch zuzulassen, denn sonst „würde man de facto diese Gruppen ausschliessen“. 

Keltoum Hasnai Missoum, die norwegische Polizistin

Ich finde dieses Argument gefährlich. Man hat damit die Deutung akzeptiert, dass die neutrale Kleidung eine Diskriminierung derer ist, die mit ihrer Kleidung eine relgiöses Bekenntnis zum Ausdruck bringen wollen. Sie wird gerne von Islamisten vorgebracht. Sie ist aber nicht plausibel. (Eine Parallele zum Burkini-Fall in Berlin.)

Ich bin der Überzeugung, dass es legitim ist, mit seiner Kleidung religiöse und andere Meinungen auszudrücken. Und ich bin allerdings auch der Meinung, dass man bereit sein muss, dafür gegebenenfalls  den Preis zu zahlen – dass man eben nicht für den weltanschaulich neutralen Staat stehen kann. 

(Wenn man etwa als orthodoxe Jüdin die Police Academy von New Jersey absolviert hat, steht man auch vor schweren Entscheidungen. Hier taucht dann z. B. die Frage auf, ob man überhaupt am Freitag Dienst tun könne.)

Es ist nichts gegen ein Kettchen mit islamischen Insignien zu sagen, oder gegen ein kleines Kreuz, das man um den Hals trägt. Aber ein großes Kreuz möchte ich nicht um den Hals eines Polizeibeamtenoder selbst eines Religionslehrers baumeln sehen. Eine Kippa auf dem Kopf finde ich im öffentlichen Dienst auch unangemessen.

Dito ein Kopftuch. Wer den Verzicht darauf nicht auf sich nehmen kann, muss eine andere Karriere einschlagen.

Das Argument, bekopftuchte Polizistinnen kämen besser an in manchen Migranten-Milieus, ist auch gefährlich. Heisst das, ganz gewöhnliche Polizisten würden dort nicht akzeptiert? Brauchen wir eine Scharia-konfome Polizei? Ja, wo leben wir denn?

Es ist ein Irrweg, wie in den USA oder in Großbritannien Kopftücher und Turbane (von Sikhs) im Staatsdienst zuzulassen.

Neutralität im öffentlichen Dienst ist ein hohes Gut. Und es wird immer wertvoller, je bunter unsere Gesellschaften werden.

In keinem Fall darf das Argument akzeptiert werden, die Pflicht zur religiösen Zurückhaltung im Dienst sei schon Diskriminierung.

Muslime sind als Polizisten sehr willkommen, wie jede andere Gruppe auch. Es werden aber keine Gruppen eingestellt, sondern Individuen, die einen Eid auf den Staat leisten. Es darf keine religiöse Diskriminierung geben, ja der Staat sollte sich für das religiöse Bekenntnis überhaupt nicht interessieren. Aber muslimische Staatsdiener dürfen umgekehrt den Staatsdienst nicht zur Propagierung ihrer Religion nutzen, wie jeder andere übrigens auch.

Immer wieder das Gleiche: Im Namen der Toleranz wird die öffentliche Sphäre demontiert, um die religiösen Aktivisten zu akkomodieren. Den vielen Muslimen, die den Westen wegen seiner Neutralität schätzen und wegen der Trennung von Religion und Staat, tut man damit einen Tort an.

 

Mesut Özil für Deutschland

Der Bremer Spieler Mesut Özil (geboren in Gelsenkirchen) ist von Joachim Löw für die Deutsche Nationalmannschaft nominiert worden. Er soll am 11. Februar für Deutschland gegen Norwegen spielen.

Türkischen Zeitungen ist das eine kleine Debatte wert. Pure Freude kommt nicht auf.
Özil hatte im November 2007 die Ausbürgerung aus der türkischen Staatsangehörigkeit beantragt, weil er sich für den deutschen Pass entschieden hatte. Und er sieht seine sportliche Zukunft offenbar auch in Deutschland.
Wie sollte es auch anders sein? Der Junge ist hier geboren und aufgewachsen, warum in aller Welt sollte er für die Türkei spielen?
Trotzdem schreibt Milliyet: „Schade, wir haben ihn verpasst.“ Was für ein Blödsinn.

Man sollte Mesut Özil feiern. Er macht es richtig. Deutschland ist das Land der Chancen für ihn. Er nimmt sie wahr, anders als Hunderttausende, die es sich zwischen den Stühlen bequem machen.

 

Türken haben keine Lobby

Und wenn, dann die falsche, meint Necla Kelek in der FAZ, wo sie die Debatte über den Integrationsreport kommentiert:
„Liest und hört man die Kommentare der türkischstämmigen Politiker, scheint tatsächlich das Integrationsproblem mit den Türken wenig, mit der deutschen Politik aber viel zu tun zu haben. „Es geht vor allem um eine soziale Frage und nicht um eine kulturelle“, so der Grünen-Chef Cem Özdemir. „Es ist falsch, Integration nach ethnischen Kriterien zu beurteilen“, erklärt Hakki Keskin von der PDS, und sein Parteigenosse Ali al Dailami möchte gleich alle Türken einbürgern. Emine Demirbüken-Wegner aus dem Bundesvorstand der CDU sagte Tage zuvor zum Problem der Gewalt unter Jugendlichen Ähnliches: „Ethnisierung des Problems hilft uns nicht weiter.“ Und die Kölner SPD-Abgeordnete Lale Akgün erklärt, dass die schlechten Ergebnisse an der Bildungspolitik und an mangelnden Perspektiven für die Migranten lägen.

Keiner der türkischstämmigen Politiker stellt sich hin und sagt: Ja, es gibt spezifische Probleme, die nicht relativiert werden dürfen. Warum reden sie nicht über arrangierte Ehen, Ferienbräute, Ehrenmorde, Gewalt in Familien, Diskriminierung der Frau? Warum redet ein Sozialpädagoge wie Cem Özdemir in der „Tageszeitung“ am liebsten nur von der türkischen Mittelschicht, warum klangen manche seiner Äußerungen in der Vergangenheit so, als sei er Pressesprecher in Ankara? Warum fordert der Türken-Lobbyist und SPD-Genosse Kenan Kolat gebetsmühlenartig mehr Geld für Türken, warum möchte Lale Akgün am liebsten die Islamkonferenz und den Integrationsgipfel abschaffen, und warum hält die Berliner SPD-Abgeordnete Ülker Radziwill es für unangemessen, dass türkische Eltern ihren Kindern bei den Schularbeiten helfen, nach dem Motto: „Das können migrantische Eltern nicht leisten“? Die Antwort ist einfach und bitter. Diese türkischstämmigen Politiker arbeiten seit Jahrzehnten daran, sich und ihre Klientel als Opfer zu stilisieren und selbst als Opferanwälte aufzutreten.“

Mehr hier.

 

Türken, investiert in eure Kinder!

Der Satz des Tages vom neuen türkischen Botschafter Ali Ahmet Acet, der heute in der Tageszeitung Türkiye (Europaausgabe) an die hier lebenden Türken appelliert, Bildung endlich ernst zu nehmen:

Investieren Sie in die Bildung ihrer Kinder, statt ihr Geld in der Türkei anzulegen, so Acet. 

Er ist offenbar weiter als manche Verbandsfunktionäre hier zu Lande, die sich seit Tagen vor allem mit der Abwehr der Studie des Berlin- Instituts beschäftigen.

 

Neue Studie: Türken am schlechtesten integriert

Nichts Neues für dieses Blog, aber eine herbe Nachricht für das Land und für Berlin im Besonderen: Eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zeichnet ein dramatisches Bild von der (Nicht-)Integration weiter  Kreise unter den hiesigen türkischstämmigen Migranten.
30 Prozent ohne Schulabschluss, nur 14 % eines Jahrgangs machen Abitur, kaum Bildungsmotivation bei der dritten Generation, und zu 93 % wird in der eigenen Gruppe geheiratet.
Die Spätaussiedler, die auch erhebliche Integrations-Schwierigkeiten hatten, scheinen sich zunehmend besser zu integrieren. EU-Ausländer kommen besser klar. Afrikaner kommen besser zurecht. Asiaten sowieso. ALLE kommen besser zurecht als die Türken. Wann wird das zu einer Stolz-Frage für diese sonst so stolze Gruppe?
Was aber sind die ersten Folgerungen aus der Studie, die heute erst komplett der Öffentlichkeit vorgestellt wird? Mehr Förderung, bürokratische Hürden senken, den Doppelpass erlauben…
Macht nichts, dass der Vergleich mit anderen Einwanderergruppen überhaupt keinen Anlass gibt zu diesen Forderungen!

Ein Satz aus der Berliner Zeitung bringt die Realitätsverweigerung auf den Punkt:

„Sie wurden wie Gäste behandelt, und fingen an, sich auch wie solche zu verhalten. Als ihr Zuhause sahen sie Deutschland nicht.“

Wer als Gast behandelt wird, hat also keine Verpflichtungen? Wer als Gast behandelt wird, kann sich hängen lassen? Wer als Gast kommt, wird darum hier nicht zuhause sein wollen?

Es ist also eine Strafe, als Gast aufgenommen zu werden? Gast zu sein demotiviert?

Haarsträubend. Wieder ist die Gastgesellschaft schuld. Man hat den Türken einfach nicht genug gegeben. Hätten Sie von Anfang an einen Doppelpass gehabt, hätten wir heute keine Integrationsprobleme. Wer glaubt denn sowas?

Man lese etwa folgenden Text meines Kollegen Martin Spiewak, der sich auf die Spurensuche nach den Gründen des Erfolgs der Vietnamesen in Deutschland gemacht hat:

„Die meisten Vietnamesen halten sich als Selbstständige über Wasser. Wegen ihrer Sprachprobleme finden sie keine reguläre Anstellung. Bis zu 60 Stunden in der Woche arbeiten sie in ihren Nippesläden und Blumengeschäften, in Nagelstudios oder auf Wochenmärkten. Dass viele sich verpflichtet fühlen, regelmäßig Geld an Verwandte in der Heimat zu schicken, erhöht den Einkommensdruck.

Oft müssen die Kinder im Geschäft mit anpacken. Dung musste sich um Bruder und Schwester kümmern. Denn jahrelang bekamen die Kinder ihre Eltern wenig zu sehen. Nur am Nachmittag erschien die Mutter kurz, um das Essen zuzubereiten. Ansonsten waren die Geschwister viele Stunden auf sich allein gestellt. Dennoch beugten sie sich am Nachmittag über die Bücher und brachten exzellente Noten nach Hause.

Wie ist das möglich, Herr Nguyen? Warum sind vietnamesische Kinder so gut in der Schule? Jetzt lächelt der Vater, der bislang recht streng geschaut hat, das erste Mal. Das Thema gefällt ihm besser als das Reden über die Vergangenheit. Seine Antwort ist verblüffend einfach: »Weil alle vietnamesischen Eltern wollen, dass ihre Kinder gut sind in der Schule.« Übersetzt heißt dies wohl: Die Kinder lernen früh, welche Noten sie ihren Eltern schulden und dass sie dafür viel lernen müssen.“

In anderen Worten: Es ist eine Frage des Bewußtseins, der Mentalität, der Kultur. Eine andere Lern- und Bildungskultur ist entscheidend. Wenn diese nicht von den Eltern vertreten und durchgesetzt wird, kann der Staat nicht mehr viel retten.

p.s. Und hier die erste Reaktion von Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde (TGD):

„Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Kenan Kolat, hat sich Angaben der MILLIYET zufolge gegen Ergebnisse einer Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung gewendet, die türkische Bürger in Deutschland als die am wenigsten integrierte Bevölkerungsgruppe darstellt. Aus den Ergebnissen könnten falsche Schlüsse gezogen werden, so Kolat. Doch vielmehr gelte es darum, das Zustandekommen zu analysieren. Kritik äußert Kolat daran, dass in der Studie weder die finanzielle Situation noch die Bildungssituation der untersuchten Menschen thematisiert werde. Die türkische Community in Deutschland habe 80 Prozent, die in Armutsverhältnissen lebten. Unter Deutschen seien das nur 13 Prozent. Es könne nicht sein, dass diese Zahlen nicht berücksichtigt werden.“

Warum aber leben 80 Prozent in „Armutsverhältnissen“? Warum haben sie eine so schlechten „Bildungssituation“? Ob Herr Kolat sich einmal mit einem Vetreter der Vietnamesen unterhalten möchte? Der könnte ihm sicher einige Tips geben.

p.p.s. Die Studie jetzt hier.

 

Schmutzige kleine Geheimnisse der Bildungsforschung

Aus einem Interview der ZEIT mit dem Pisa-Chef Manfred Prenzel über die erstaunlich guten Ergebnisse der östlichen Bundesländer:

 

ZEIT: Wie steht es um die sogenannte Risikogruppe, also Schüler, die mit fünfzehn nicht richtig lesen und rechnen können? Sie ist ja hierzulande besonders groß.

Prenzel: Insgesamt ist sie etwas kleiner geworden, im Jahr 2000 bestand sie aus einem knappen Viertel, jetzt umfasst sie etwa ein Fünftel der getesteten Schüler. Das sind aber immer noch viel zu viele. Auch hier ist Sachsen beispielhaft, mit 8,5 Prozent in den Naturwissenschaften erreicht es fast finnische Werte.

ZEIT: Auch wieder, weil es nur wenige Migrantenkinder hat.

Prenzel: Das ist im Bildungsmekka Finnland nicht anders.

 

„Sie gehören immer noch nicht dazu“

Ein interessantes Interview findet sicht im Magazin meiner kleinen alten taz an diesem Wochenende. Befragt wird vom Kollegen Martin Reichert die Journalistin und Autorin Güner Balci – über Neukölln, Türken in Deutschland, ihren Aufstieg und die Gründe für scheiternde Vermischung und Integration:

 

Sie sind ja jetzt auch nicht mehr Sozialarbeiterin im Neuköllner Mädchentreff, sondern ZDF-Journalistin und Buchautorin – wie geht Ihr Umfeld damit um? Mit Stolz?

Ja, sehr. Blöd fanden sie allerdings meist meine islamkritischen Beiträge, meine Kritik an der Migrationsgesellschaft. Da haben sie mich immer wieder angesprochen, dass ich sie schlechtmachen würde. Trotzdem war es zwischen denen und mir immer ein vernünftiges Gespräch. Denn ich bin immer noch eine von uns. Das ist ja jetzt nicht so, dass ich sage: „Jetzt habe ich den Absprung geschafft, bin weg von euch und will mit euch nichts mehr zu tun haben.“ (…)

Güner Yasemin Balci  Foto: Fischer Verlag

Sogenannte Abiturtürken finden, dass Frauen wie Necla Kelek oder Seyran Ates „alles kaputtmachen“.

Was machen die denn kaputt? Die machen auf Dinge aufmerksam, auf die man eben zeigen muss. Den sogenannten Abiturtürken geht es offenbar nur darum, dass niemand nestbeschmutzt. Die schicke Fassade soll aufrechterhalten werden. Ich nenne die auch Hollywoodtürken.

(…) 

Geht es insgeheim womöglich darum, dass es bestimmte Dinge gibt, die bitte in der Familie bleiben sollen – über die man „draußen“ in der Mehrheitsgesellschaft nichts erfahren soll?

Ein Image soll aufrechterhalten werden. Wir sind die ordentlichen, fleißigen Gastarbeitertürken. Da gibt es vielleicht mal einen Ehrenmord oder eine Zwangsehe, aber eigentlich sind wir doch vernünftige Menschen, durch die Bank. Und jetzt kommen da zwei Hexen und machen alles kaputt. In der Türkei ist das mittlerweile ein viel größeres Thema als hier, auch Prominente äußern sich, das Thema wird in Vormittagstalkshows behandelt.

Warum ist das so ein Problem für „Abiturtürken“?

Die, die es geschafft haben, haben meist ein Identitätsproblem. Es kommt eben immer darauf an, aus welchem Milieu sie kommen, was sie für Eltern hatten, als sie herkamen oder hier geboren wurden. Manche erfolgreiche türkischstämmige Geschäftsleute verleugnen diese Wurzeln dann – das ist auch verlogen.

Und woher die krasse Abneigung gegen Seyran Ates und Necla Kelek?

Die Probleme, über die beide sprechen, sind für viele Probleme einer „bäuerlichen“ Gesellschaft. Sie brüsten sich und sagen: „Wir, die gebildeten Kemalisten aus Istanbul, bei uns gibt’s das nicht!“

Könnte doch sein, oder?

Das ist aber eine Lüge, alle von Kelek und Ates benannten Probleme findet man in allen Gesellschaftsschichten der Türkei. Es stimmt eben auch nicht, dass die Frauenrechte seit Atatürk immer hochgehalten wurden. Wenn man da mal dran kratzt, sieht man schnell, dass es da noch Nachholbedürfnisse gibt, sowohl was die Frauen- als auch was die Menschenrechte angeht. Letztlich ist die Türkei eine männerbestimmte Gesellschaft, in der Frauen auch mal Führungsaufgaben übernehmen dürfen.

Wenn man Ihr Buch liest, hat man das Gefühl, dass es gar keine Möglichkeiten gibt, der Traum von erfolgreicher Einwanderung könne wahr werden. Wie kann man den Menschen helfen?

Bei den Älteren geht es jetzt, glaube ich, nur noch darum, dass sie einigermaßen gut versorgt sind im Alter. Aber ansonsten ist diese Generation eher der Meinung, dass sie nun ihre Pflicht getan hat. Zum Teil leben sie auch schon halb in der Türkei – die sieht man ja auch kaum im öffentlichen Leben Deutschlands. Häufig sind sie auch krank, weil sie immer viel gearbeitet haben und wenig Geld hatten. Es ist wichtig, dass man die Menschen erreicht, die hier in Deutschland zur Welt gekommen sind.

 

Und wie geht das?

Ebendiese Menschen gehören noch immer nicht zur deutschen Gesellschaft. Sie betrachten sich auch selbst nicht so. Man muss deutlicher machen, dass all diese Aishes und Tareks – und wie sie alle heißen – Teil dieser deutschen Gesellschaft sind. Was sollen sie denn auch sonst sein: Sie sind hier geboren und aufgewachsen! Statt immer nur ihre besonderen kulturellen Eigenheiten zu betonen, sollte man sie genauso in die Verantwortung nehmen wie alle anderen auch. Weiter„„Sie gehören immer noch nicht dazu““

 

Multikulturalismus und Rassismus – Brüder im Geiste?

Im neuen Merkur nimmt Kenan Malik die destruktive Logik ins Visier, die sich entfaltet, wenn politische Konflikte in Kultur-Kategorien formuliert werden:

„Der argumentativen Logik der Kulturschützer zufolge hat jede Kultur eine unverderbte Form, ihren ursprünglichen Zustand. Sie verfällt, wenn sie sich nicht länger in diesem Zustand befindet. Das erinnert an den Begriff des »Typus«, der im Mittelpunkt der Rassenkunde des 19. Jahrhunderts stand. All dem Gerede über die Veränderungen der Kultur und ihre flüssige Identität zum Trotz veranlasst der Multikulturalismus nicht weniger als der altmodische Rassismus die Menschen unweigerlich dazu, von menschlichen Gruppen in festen Begriffen zu denken. Beide Seiten der Rassismusdiskussion sprechen ihren eigenen Dialekt der Differenz. Die Rechte hat sich die Sprache der Diversität zu eigen gemacht, um ihre Botschaft rassischer Ausgrenzung zu propagieren. Die Liberalen bedienen sich oft der Mundart der Ausgrenzung, um eine pluralistische Idee von Kultur zu formulieren.

Kenan Malik

»Jede Gesellschaft, jede Nation ist einzigartig«, behauptete Enoch Powell, der lautstärkste Gegner der Immigration von Schwarzen in das England der Nachkriegszeit. »Sie hat ihre eigene Vergangenheit, ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Erinnerungen, ihre eigenen Sprachen oder Sprechweisen, ihre eigene – wenn ich es wagen darf, dies Wort zu benutzen – Kultur.« Deshalb, so sein Argument, könnten Einwanderer, die unterschiedlichen Kulturen und unterschiedlichen Traditionen angehörten, niemals vollständig Engländer werden. Weiter„Multikulturalismus und Rassismus – Brüder im Geiste?“

 

Liveblog: Wahl in den USA

01:00h Ach ja: Und Amerika ist doch ein großartiges Land.

00:55h Karl Rove, der Spinmeister von George W. Bush, sagt auf Fox News, die Republikaner müßten sich modernisieren. Na klar: Der finstere Meister, der die Partei in die Sackgasse geführt hat mit seinem aggressiven Rechtsruck und dem Ausverkauf an die verrücktesten evangelikalen Christianisten, plädiert jetzt für das Rücken in die Mitte. Er hat wirklich übehaupt keine Scham. Und die Journalisten lassen ihm das durchgehen. Auch egal: Der Mann ist Geschichte! Und so geht man mit Freuden und erleichtert ins Bett.

00:45h In Cambridge und Boston sind die Straßen voll mit jungen Leuten. Fremde lächeln sich an. Autos fahren Korso, die Fenster heruntergekurbelt: Obama! Obama! Viele junge Schwarze sind unterwegs und feiern. Amerika ist nach einigen harten Wochen mit sich versöhnt. Und weil jeder weiß, was auf das Land noch zukommt – Obama hat es in seiner Rede angedeutet – ist die Freude in dieser Nacht noch größer. Unter den feiernden Studenten in Cambridge sind alle Nationen vertreten. Sie feiern, als hätten sie selbst gewonnen. Es ist etwas Großes passiert, das noch nicht begriffen werden kann.

23:34h Auf MSNBC erzählt der Abgeordnete John Lewis von den Zeiten, da er noch in segregierten Bussen fahren musste und bestimmte Bänke nicht benutzen durfte. Und nun sieht er auf seine alten Tage einen Schwarzen im Weissen Haus.

23:28h Das war der McCain, den man während des Wahlkampfes fast schon vergessen hatte: fair, ein Gentleman, kämpferisch, aber grosszügig. Im Publikum viele mittelalte weiße Männer, die traurig ins Leere schauen, während der Gescheiterte sie auffordert, dem neuen Präsidenten ihre Loyalität zu erweisen.

23:26h McCain baut Palin als Hoffnung der republikanischen Partei auf. Wir können alle gespannt sein, was sie noch alles im Dienst der Partei und des Landes vollbringen werde.

23:19h McCain gesteht Obama den Sieg zu, und er tut es in bewegenden Worten. Er lobt Obama für den Geist der demokratischen Erneuerung, den er in den Jungen inspiriert habe. Und er spricht auch von dem großen Moment, den dies für die Schwarzen in Amerika bedeute. McCain reklamiert die Tatsache, dass ein Schwarzer nun Präsident werde, als Grund für patriotischen Stolz. Tolle Wendung!

23:18h Die Veteranen der schwarzen Bürgerrechtsbewegung haben Tränen in den Augen.

23:13h Keith Olberman nennt die Wahl Obamas einen „Man-on-the-moon-moment“. Wenn man die ausgelassen feiernden schwarzen Wähler sieht, kann man da nur zustimmen.

23:11h Virginia geht an Obama, ein wichtiger Teil des alten Südens. Es war knapp, aber trotzdem ist das ein historischer Moment: Ein schwarzer Kandidat wird im Herzen der alten Konföderation gewählt.

23:10h Obama hat die Katholiken gewonnen, und die Männer mit 50 zu 48 Prozent. Das ist seit Kennedy keinem Demokraten mehr gelungen.

23:00h Obama wird bei NBC zum Gewinner erklärt. Hier in Cambridge wird gejubelt.

22:43h In Florida hat Obama noch Chancen. Aber es wird knapper als erwartet. Er stützt sich dort allerdings hauptsächlich auf Minderheiten-Wähler. Die vielen weißen Alten haben überwiegend McCain gewählt. Obama hat nur bei den moderaten Independents etwas gut machen können, die von Bush abgestoßen sind.

22:37h Obama liegt in Virginia jetzt mit 2 Prozent Vorsprung vorn.

22:24h Obama führt in Virginia mit fast 40.000 Stimmen bei 88 Prozent ausgezählten Bezirken.

22:03h: Obama führt in Florida mit fast 200.000 Stimmen oder 51 zu 49 Prozent, bei etwa zwei Dritteln ausgezählter Stimmen.

21:58h Obama zieht in Virginia mit 10.000 Stimmen Vorsprung davon, es bleibt aber noch beim 50:50.

Texas geht erwartungsgemäß an McCain.

21:35h 50:50 in Virginia, McCain führt mit 7000 Stimmen bei 72 Prozent ausgezählten.

21:32h Obama scheint auch Pennsylvania zu gewinnen. Das wäre mit 21 Wahlmännern ein wichtiger Brocken.

21:23h Obama gewinnt Ohio. Kein Republikaner hat je die Wahl gewonnen, ohne Ohio dabei mitzunehmen.

21:14h Virginia ist noch knapper! Jetzt sind es nur noch 50 Prozent für McCain, 49 für Obama bei 64 Prozent der Stimmen.

21:09h In Virginia wird der Abstand geringer: McCain führt 51 Prozent zu 48, bei fast 60 Prozent ausgezählter Stimmen. Ohio und Indiana sind noch nicht klar. Es wird eine lange Nacht.

20:46h Obama hat noch keinen einzigen Staat „umgedreht“ – weder Florida, noch Virginia, noch Indiana. Ein Durchmarsch sieht anders aus….

20:34h McCain liegt weiter vorne, jetzt mit 55 Prozent bei 36 Prozent ausgezählter Stimmen.

20:17h Virginia liegt mit 56 Prozent weiter im republikanischen Lager, jetzt bei 26 Prozent ausgezählter Stimmen.

20:13h Virginia liegt nach einem Viertel der ausgezählten Stimmen bei 53 Prozent für McCain. In den Umfragen hatte Obama vorne gelegen.

19:17h Obama gewinnt 91 Prozent der schwarzen Wähler in Virginia, McCain liegt bei den weissen Wählern mit 53 zu 43  Prozent vor ihm, wie aus ersten Exit Polls hervorgeht. Virginia ist vielleicht der entscheidende „battleground state“.

18:04h Die langen Schlangen vor den Wahllokalen sind ein Symbol der erneuerten Demokratie in Amerika. Jetzt schon steht fest, dass der scheinbar unabwendbare Abwärtstrend bei der Wahlbeteiligung umgekehrt wurde. Die Amerikaner sind repolitisiert worden durch eine Kampagne, in der es um deutlich unterscheidbare Alternativen ging. Beide Kandidaten haben sich um die Republik verdient gemacht. Obama hat besonders die Jungen mobilisiert – und viele schwarze Erstwähler, die endlich das Gefühl haben, dass es auf sie ankommt. Nun ja, und George W. Bush hat natürlich auch geholfen, indem er das Land vor die Wand gefahren hat.

17:31h In weniger als einer halben Stunde schließen die ersten Wahllokale in Indiana und Kentucky. Dann wird man einen ersten Trend sehen. Vielleicht werden manche Sender auch schon einen Sieger ausrufen. Man sollte allerdings bis mindestens 7 Uhr Ortszeit warten, weil erst dann die letzten Lokale an der Grenze zu Illinois zumachen. Obama erhofft sich Gewinne in diesem Teil Indianas, der zuvor republikanisch gewählt hat. Schafft er es dort, dann sieht es bitter aus für McCain.

 

Muslim beißt Hund

Hier kann man einem urbanen Mythos beim Entstehen zuschauen:

„Muslime beschweren sich über Postkarte mit süßem Hündchen!“

Die Daily Mail und der Telegraph greifen eine Geschichte auf, die im schottischen  Tayside spielt.

Dort hat die Polizei einen jungen Schäferhund, der sich ausserordentlicher Beliebtheit erfreut: Rebel, der kleine schwarze Rüde.

Sein Bild wird eingesetzt, um zu Spenden aufzurufen oder auf besondere Nummern aufmerksam zu machen, wie es auf der unten stehenden Karte geschieht.

Diese Karte ist nun zum Gegenstand der Aufregung geworden, denn angeblich, so heißt es in den Berichten der englischen Blätter, habe die Karte bei muslimischen Ladenbesitzern für Unmut gesorgt:

It is understood that Muslims have been upset by it because dogs are considered ritually unclean. Some shopkeepers have been refusing to display the advert.

Dundee councillor Mohammed Asif said last night, “My concern was that it’s not welcomed by all communities, with the dog on the cards. It was probably a waste of resources going to these communities.

“They (the police) should have understood. Since then the police have explained that it was an oversight on their part, and that if they’d seen it was going to cause upset they wouldn’t have done it.”

tayside-puppy.jpg

Der Telegraph  berichtet, die Polizei sei nun reumütig und gestehe, man habe den „diversity adviser“ vor der Verteilung der Postkarte nicht befragt.

Die Darstellung geht offenbar auf die Kommentare des Stadtrats von Dundee, Mohammed Asif, zurück. Er hatte die Bedenken gegen die Postkarte bei einer Sitzung des joint police board geäußert.

Doch am 2. Juli allerdings berichtet die lokale Zeitung „The Courier“, dass die ganze Aufregung keine Basis in der muslimischen Bevölkerung hat:

„But Mr Asif’s comments have won little support among the public or Dundee’s Islamic community.

Last night Mahmud Sarwar, trustee of the Scottish Islamic and Cultural Centre and the Dura Street mosque, appealed for calm.

He said he had no problems with the postcard and called on homeowners and local businesses to display them as it is in the public interest.

“I’ve not heard anything about that from members of the community,” Mr Sarwar said.

“I was round some shops today and at the mosque and nobody has said anything about it.”

Mr Sarwar said that religious sensitivities would prevent him from displaying the postcard on a building of religious significance but there was nothing to stop them being displayed in shops.

“There is not a dog—it is just a picture,” he said.

Mr Sarwar also queried whether the concerns raised by Councillor Asif belonged to him or his constituents.

“Maybe that is his own thinking—everyone has the right to say things regarding their own wishes,” he said.

The controversy erupted when Councillor Asif said he was concerned the cards would not be welcomed in all communities and had been a waste of police resources.

The issue has generated intense interest from people across the region and beyond, many of whom contacted The Courier to express their point of view.

One concerned resident said, “The story mentioned that Muslim-owned shops and convenience stores were rejecting the card due to the fact that it had a picture of a puppy on it and that Muslims found this offensive as they deem dogs to be ‘unclean.’

“Surely these cannot be the same Muslim-owned shops which have dog food cans and packets on the shelves and bacon and pork sausages in the chill cabinet with the pictures of happy pups and contented porkers beaming from the packaging?”

A resident from Wolseley Street, Dundee, said, “I have always endeavoured to be considerate to others regardless of race, colour, creed, etc.

“However I am amazed at the reaction Mohammed Asif expresses.

“Many of the shops he mentions—if not all—sell dog food, complete with graphic labels. Should they not wish for whatever reason to support an initiative by our local police, so be it.”

Steve Ross, of Fleming Gardens, said, “Tayside Police may be forced to spend valuable funds on changing the postcard they have produced to advertise their new non-emergency phone number because a certain section of the community consider a dog to be dirty—just let’s get on with our lives and preserve British culture.

“As a cat owner I don’t care too much for dogs but I do about the spending of what I assume to be public money to pacify a few.”

After reading about it on The Courier website, Eileen McInally, from Santa Monica, California, was prompted to write, “This story is absolutely unbelievable—what wrong have the police done?

“How can anyone find an image of a dog offensive? Absolutely no apology is necessary.

“The complainers should be reminded that Britain is a Christian country, full of people who love dogs.”

Cheers, an off-licence on Campfield Square, Broughty Ferry, which is owned and operated by Muslims, has not been given the postcards to display or distribute.

Shop assistant Irza Saeed said, however, Cheers would be happy to have the postcards featuring police-dog-in-training Rebel and advertising the new contact number for non-emergency calls to the police.

“We have a lot of customers of different cultures and religions but we are owned by Muslims and the workers are Muslim,” Miss Saeed said.

“I don’t feel that I’d be especially concerned or upset if we were given the postcards to distribute or that there would be anything wrong with that. However, it is part of Islam that we don’t have dogs around us.

“Most of our people are afraid of dogs but we try not to make a big deal of it.”

To make a big deal out of it – das ist aber genau die Absicht der Kollegen von Mail und Telegraph. Und es dauert sicher auch nicht lange, bis die Geschichte von Rebel zum Teil der so genannten „islamkritischen“ Folklore geworden ist, die uns die stetig sich ausbreitende Islamisierung Europas inklusive Scharia weismachen will.

Aus einer Begebenheit, die man auch als Beleg dafür lesen könnte, dass Muslime erstaunlich pragmatisch mit den Anforderungen ihres Glaubens umgehen, wird eine Episode aus dem Untergang des christlichen Abendlandes gemacht. Beim Leser bleibt hängen, dass diese fanatischen Muslime sich nicht einmal von einem süssen Hündchen von ihren schrecklich rigiden Glaubensgesetzen abbringen lassen. Und dass sie rechtschaffenen Tierfreunden eine harsche Scharia-Ordnung aufdrücken wolle.

Solch eine tendenziöse und böswillige Berichterstattung ist eine Schande. Und die Kollegen vom „Courier“ können stolz auf sich sein.

(Dank an Chajm.)