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Beklemmende Protokolle – Das Medienlog vom Freitag, 2. Januar 2015

Zum zweiten Mal versuchen die Süddeutsche Zeitung und der Bayerische Rundfunk, das komplizierte Geschehen im Münchner NSU-Prozess anschaulich und begreifbar zu machen: Wie im Vorjahr haben Reporter beider Medien auch 2014 jeden Tag Protokolle aus der Verhandlung geschrieben – das Ergebnis ist ein knapp zweistündiger Film, in dem vier Schauspieler ausgewählte Passagen aus den Mitschriften lesen. Die Schlüsselstellen sind in einer Multimedia-Reportage zusammengefasst.

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Rechtsextreme fordern Freilassung von Wohlleben – Das Medienlog vom Mittwoch, 31. Dezember 2014

Immer wieder protestieren Aktivistengruppen vor dem Strafjustizzentrum in München, wo der NSU-Prozess stattfindet. Im März sollen dort auch Rechtsextreme eine Kundgebung abhalten, wie der Blick nach Rechts berichtet. Das Motto des Aufmarsches soll demnach „Schluss mit dem ‚NSU‘-Schauprozess – Freiheit für Ralf Wohlleben!“ lauten. Wohlleben ist als Unterstützer des extremistischen Trios angeklagt und sitzt in Untersuchungshaft.

Hinter der Aktion steht der Münchner Kreisverband der extremistischen Partei „Die Rechte“. Wohlleben erhält aus rechten Kreisen weiterhin Unterstützung, etwa durch Besucher, die ihn von der Tribüne aus grüßen. Kameraden verkauften auch T-Shirts, auf denen seine Freilassung gefordert wurde. Im Sommer scheiterten seine Anwälte mit dem Antrag, ihren Mandanten aus der Haft zu entlassen.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 2. Januar 2015.

 

Bilanz eines historischen Prozesses – Das Medienlog vom Dienstag, 30. Dezember 2014

172 Prozesstage haben sich bis zum Ablauf des Jahres angesammelt. Viele dieser Tage waren nur schwer erträglich für Zuschauer – etwa, wenn grausige Fotos von Opfern gezeigt wurden oder Zeugen drastische Schilderungen abgaben. „Wie geht man als Journalist mit dem Grusel um?“, fragt der Tagesspiegel-Reporter Frank Jansen in einem Rückblick. Zum einen helfe die Erkenntnis, dass es sich bei dem historischen Prozess um ein Pflichtprogramm handle. Zum anderen: „Es ist auch die Gelegenheit zu einem düsteren Erkenntnisgewinn, vor dem man sich eigentlich fürchtet, der aber den Blick auf das eigene Land weitet.“ Indes sei es oft schwer, eine professionelle Distanz zum Prozessgeschehen einzuhalten.

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Ernüchterung am Jahresende – Das Medienlog vom Montag, 29. Dezember 2014

Mit 2014 geht ein Jahr zu Ende, in dem von Januar bis Dezember im NSU-Prozess verhandelt wurde. Hat das Verfahren in dieser Zeit Aufklärung für die zahlreichen Nebenkläger gebracht? „Die bisherige Verhandlung hat viele, die von den NSU-Morden betroffen sind, ernüchtert“, bilanziert Andreas Speit in der taz. Nicht geklärt ist etwa, ob zum NSU weitere Mitglieder gehörten, die mehr taten, als das bislang bekannte Trio aus Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos mit Gefälligkeiten zu unterstützen. Richter Manfred Götzl folgte demnach lange der Version der Anklage, „dass das Trio nahezu isoliert agierte“. Zuletzt habe er jedoch nach größeren Strukturen gefragt.

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Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 30. Dezember 2014.

 

Keine Berichte zum NSU-Prozess

Am Mittwoch, 24. Dezember, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.

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Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 29. Dezember 2014.

 

Ist die Terroristen-WG ein Mythos? – Das Medienlog vom Dienstag, 23. Dezember 2014

Das Haus in der Frühlingsstraße 26 in Zwickau war die letzte Bleibe des NSU – doch war die Wohnung darin ihr einziger Unterschlupf? Recherchen der Spiegel-Autoren Bertolt Hunger und Christina Elmer legen nahe, dass Beate Zschäpe meist allein dort wohnte, ohne ihre Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. „Nahezu sicher nicht als einziges Domizil“ hätten die drei ihre Wohnung genutzt. Das geht aus den Verbrauchswerten der Wasserzähler hervor, die für drei regelmäßig anwesende Menschen viel zu gering erscheinen.

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Keine Berichte zum NSU-Prozess

Auch am Montag, 22. Dezember, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.

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Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 23. Dezember 2014.

 

Ein neuer Anschlag und neue Hintermänner – Das Medienlog vom Donnerstag, 18. Dezember 2014

Der 172. Verhandlungstag war der letzte vor der Weihnachtspause – und brachte noch einmal spannende Neuigkeiten zum NSU-Komplex: Erst befasste sich das Gericht mit einem Anschlag, den Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt 1999 in Nürnberg verübt haben sollen. Im Anschluss schien durch, dass ein wichtiger Unterstützer der Terrorzelle geladen werden soll.

Der Bombenanschlag kam erst durch die Aussage des Mitangeklagten Carsten S. auf die Agenda des Gerichts.
„Dennoch gibt es auch im Fall Nürnberg wieder die fast schon typischen Merkwürdigkeiten bei den Ermittlungen zu Verbrechen der Terrorzelle“, kommentiert Frank Jansen im Tagesspiegel – so wurde ein fremdenfeindliches Motiv von Beginn an ausgeschlossen.

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Noch ein weiterer NSU-Anschlag?

Schon vor dem ersten Mord verübte der NSU möglicherweise einen Bombenanschlag in Nürnberg. Ein ausländerfeindliches Motiv schlossen die Ermittler aus.

Der Knall hat ein Loch in die Decke gesprengt. Auf dem Boden der Herrentoilette liegen Kunststoffteile, auch den Handtuchhalter hat es zerrissen. In der Luft liegt der strenge Geruch gezündeter Chinaböller.

In einer Nürnberger Kneipe namens Sonnenschein übernimmt der Polizist Peter O. am 23. Juni 1999 einen Fall, den er nicht aufklären wird: Es geht um eine Bombe, die im Tubus einer Taschenlampe versteckt war und den 18-jährigen Putzmann Serkan Y. verletzt hat. Nach einigen Monaten wird die Akte geschlossen.

Mehr als ein Jahrzehnt später gibt es ein deutliches Indiz auf die Urheber des Sprengsatzes: Die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt könnten ihn damals im Sonnenschein abgelegt haben. Stimmt das, wäre der Nürnberger Fall der erste terroristische Anschlag des NSU und nicht mehr der Mord an dem Blumenverkäufer Enver Simsek vom September 2000. Polizist O., damals tätig als Ermittler des bayerischen Landeskriminalamts, sagt darum am letzten Tag vor der Weihnachtspause als Zeuge im Münchner Prozess aus.

Den Hinweis auf die möglichen Täter hatte der Mitangeklagte Carsten S. in seiner Aussage zu Prozessbeginn geliefert. S. gestand, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bei einem Treffen um die Jahrtausendwende die Pistole übergeben zu haben, mit der die beiden mutmaßlich neun Menschen erschossen. Unter Tränen erzählte er, bei der Verabredung in Chemnitz hätten die beiden Uwes ihm erzählt, sie hätten in Nürnberg „eine Taschenlampe hingestellt“. Er habe sich erst keinen Reim darauf machen können – später sei ihm der Gedanke gekommen, Mundlos und Böhnhardt könnten Sprengstoff in die Lampe eingebaut haben.

Serkan Y., das Opfer des bis heute nicht aufgeklärten Anschlags, putzte damals gelegentlich im Sonnenschein, manchmal schenkte er auch Getränke aus. Am Nachmittag des 23. Juni fand er im Vorraum der Herrentoilette eine Taschenlampe hinter dem Abfalleimer. Er konnte sich nicht erklären, wie sie dorthin gekommen war und schaltete sie ein. Kurz hörte er ein Surren, als ein Glühdraht das Schwarzpulver entzündet, das in ein Rohr im Inneren gefüllt ist. Y. sah einen blauen Blitz, dann schleuderte ihn die Wucht der Explosion an die Wand.

Seine Mutter fuhr den Verletzten ins Krankenhaus, er hatte blutende Schnittwunden im Gesicht, am Oberkörper und den Armen. Möglicherweise lebensrettend war für ihn, dass nicht das gesamte Schwarzpulver zündete. Andernfalls wäre die Sprengkraft wesentlich höher gewesen: „Das Rohr wäre zerlegt worden, was schwerwiegende Verletzungen bis zur Todesfolge hätte verursachen können“, mutmaßt Polizist O.

Nun, da der Fall im Gerichtssaal geschildert wird, werden auch die Parallelen zu einer anderen NSU-Tat offensichtlich: dem Anschlag in der Kölner Probsteigasse von 2001. Opfer wurde damals die Tochter eines iranischen Geschäftsinhabers. Auch damals war die Bombe getarnt, nämlich in einer Stollendose versteckt. Das Funktionsprinzip war analog: Ein Glühdraht zündete Schwarzpulver, dessen Explosion dem Opfer schwerste Brandverletzungen zufügte.

Auch die Ermittlungen in Nürnberg verliefen so, wie es praktisch immer im Anschluss an die rassistischen Taten der Fall war: Ein ausländerfeindliches Motiv schloss der Staatsschutz aus. Tatsächlich schrieben die Polizisten vor Ort bereits in ihrer ersten Meldung an das Landeskriminalamt, ein politischer Hintergrund der Tat sei ausgeschlossen. Stattdessen hörten sich die Ermittler sehr genau an, was etwa Y.s Arbeitgeber vermutete: Dass das Opfer eine Mitschuld trage, weil er in irgendetwas verwickelt sei oder die Bombe gar selbst gebaut habe. Nachteilig war für Y., dass er der Polizei wegen kleinerer Drogendelikte auffällig geworden war.

„Auf den vagen Hinweis hin wurde das Opfer selbst verdächtigt“, kritisiert der Nebenklageanwalt Mehmet Daimagüler. Alle anderen Hinweise hätten die Ermittler ignoriert – etwa, dass die Zeugen überhaupt keine möglichen Feinde von Y. oder dem Pächter der Gaststätte benannten.

Die Opferanwälte sehen im Taschenlampen-Komplex zudem einen weiteren Beweis für die Glaubwürdigkeit des Angeklagten S. Ohne seine Angaben wäre der Fall wohl nie dem NSU zugeordnet worden, gibt Daimagüler zu bedenken. „Das macht mich unruhig, weil es vor Eröffnung des Prozesses hieß, die Sache sei ausermittelt.“

Bisher ist das Sprengstoffdelikt nicht Teil der Anklage. Die Bundesanwaltschaft prüft noch immer, ob die Liste der Vorwürfe gegen Zschäpe wegen Mittäterschaft erweitert werden soll.

Dennoch ist völlig unklar, wie verfänglich der Fall für die Hauptangeklagte ist. Denn Carsten S. hatte in seiner Aussage noch mehr vom geheimen Treffen erzählt, bei dem er von der Taschenlampe erfuhr: Kurz darauf sei Zschäpe mit an den Tisch gekommen. Die Uwes hätten daraufhin etwas wie „Psst, die darf das nicht hören“ gesagt. Wenn die beiden Männer die Bombe platziert hatten – hielten sie Zschäpe daraufhin aus der Sache heraus? Oder sollte die lediglich nicht merken, dass die Uwes über eine Tat des Trios plauderten?

 

Rechtsextremer spielt seine Rolle herunter – Das Medienlog vom Mittwoch, 17. Dezember 2014

Das Wort des Tages in der 171. Sitzung lautete „Patriotismus“. Mit diesem Begriff verbrämte der rechtsextreme Zeuge Michael P. die Arbeit des militanten Netzwerks Blood & Honour. Wie in seiner ersten Vernehmung von Anfang Dezember verharmloste er die Ziele der radikalen Organisation. Das Wort „scheinen die Rechten inzwischen offenbar nicht nur bei den Pegida-Demonstrationen als Deckmäntelchen für ihre wahren Absichten entdeckt zu haben“, kommentiert Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online.

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