Das NSU-Verfahren ist in seiner Endphase angekommen – für die Verteidiger der Angeklagten gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten, für ihre Mandanten Punkte zu sammeln. Beate Zschäpe und der mutmaßliche Waffenbeschaffer Ralf Wohlleben steuern auf harte Strafen zu, schreibt Christoph Lemmer in einem dpa-Bericht. Während jedoch Zschäpe und ihr neuer Anwalt Mathias Grasel meist untätig sind, versuchten Wohllebens Verteidiger, Zweifel an den Anklagevorwürfen zu wecken – „nicht ganz ohne Erfolg“. Die Anwälte des Jenaer Rechtsextremisten „zwingen das Gericht immer wieder, sich auf neue Akten und neue Zeugen einzulassen“.
Am Freitag, 30. Oktober, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.
An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.
Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 2. November 2015.
Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis es für den Mitangeklagten Holger G. eng wird – jetzt könnte es so weit sein: Nebenkläger wollen mit einem umfangreichen Beweisantrag Details über die Gesinnung des 41-Jährigen zutage fördern, der nach eigenen Angaben aus der rechten Szene ausgestiegen ist. Zum Verhängnis könnte ihm werden, dass er zu Prozessbeginn weder alles noch nichts zu den Anklagevorwürfen gesagt, sondern eine sogenannte Teilaussage abgelegt hatte. „Holger G. hat sich auf dieses Glatteis begeben. Jetzt bringt ihn die Nebenklage möglicherweise in die Bredouille“, analysiert Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online.
Im Fall der nicht existierenden Nebenklägerin Meral Keskin hat das Gericht Ermittlungen in Auftrag gegeben – ein BKA-Beamter berichtete am Dienstag von seinen Recherchen in Köln. Demnach hatte der Nebenkläger Attila Ö. zugegeben, die Frau erfunden zu haben – vermutlich, um daraus Profit zu schlagen. Ungereimtheiten bleiben. Die Frage, wieso das falsche Opfer „zweieinhalb Jahre lang als Nebenklägerin in einem ansonsten penibel geführten Strafprozess durchgehen konnte, bleibt weiter unbeantwortet“, sagte Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online.
Erneut beschäftigt sich das Gericht an diesem Tag mit Stadtplänen, die Ermittler aus der Brandruine der letzten NSU-Wohnung in Zwickau geborgen hatten. Auf diesen Karten hatten die mutmaßlichen Terroristen offenbar Ziele markiert, die zur Planung von Mordanschlägen und Banküberfällen dienten. Ein Beamter des Bundeskriminalamts, der das Material untersucht hat, ist als Zeuge geladen. In dieser Vernehmung geht es um einen Plan der Stadt Dassow in Mecklenburg-Vorpommern. Nach dem Stand der Ermittlungen hat der NSU dort nie zugeschlagen.
Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.
Im NSU-Prozess untersucht das Gericht den Fall der erfundenen Nebenklägerin. Dabei zeigt sich, wie listig ein Opfer in das Verfahren geschleust wurde – es hilft aber nicht bei der Aufklärung der Mordserie.
Das Phantom ist eine ältere Frau mit kurzen, hellblonden Haaren und einer Brille. Es gibt ein Bild von ihr, das erschreckend aussieht: Die Seniorin sitzt auf einem Sofa, über ihr linkes Auge ist Verband gelegt, die Haut dahinter ist gerötet. Das soll Meral Keskin sein, ein Opfer des NSU-Anschlags in Köln von 2004, das bis vor Kurzem Nebenklägerin im Münchner Terrorismusprozess war.
Auch am Dienstag, 27. Oktober, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.
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Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 28. Oktober 2015.
Der Fall ist eine Bedrohung für die Glaubwürdigkeit der Nebenklage im NSU-Prozess – aber auch für die Richter: Ein Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße hatte eine erfundene Person als Nebenklägerin in das Verfahren eingeschleust und dafür eine Provision und möglicherweise auch Opferentschädigung kassiert. Die Richter genehmigten die Nebenklage der fiktiven Frau namens Meral Keskin trotz dünner Datenlage. Jetzt wollen sie öffentlich klären, wie das Zeugen-Phantom entstehen konnte.
Geladen ist der BKA-Ermittler Frank L., der den mutmaßlichen Betrüger Attila Ö. aus Köln vernommen hatte, laut eigenem Geständnis der „Erfinder“ von Meral Keskin. Unklar ist noch, ob der Kommissar auch andere Zeugen für den Fall befragte, etwa Keskins Anwalt Ralph Willms aus Eschweiler.
Mithilfe eines Berliner Polizisten untersuchen die Richter zudem weitere Stadtpläne, die aus der Wohnung des NSU in Zwickau geborgen worden waren. Mithilfe der Pläne hatte das Trio offenbar Anschläge und Raubüberfälle geplant.
ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.
Erneut untersuchte das Gericht im NSU-Prozess Stadtpläne aus dem Fundus des NSU, die mit Markierungen versehen waren – solchen, die offensichtlich der Planung von Anschlägen dienten und solchen, die heute Rätsel aufgeben. Deutlich ist etwa der Hinweis „Wohngebiet wie Mülheim Köln“ auf einem Plan von Dortmund, wo 2006 der Kioskinhaber Mehmet Kubasik ermordet wurde. Denn im Kölner Stadtteil Mülheim hatte 2004 der Nagelbombenanschlag in der Keupstraße stattgefunden.
Es sind kleinteilige Beweise, die das Gericht im NSU-Prozess dieser Tage begutachtet – doch sie spielen bei der Aufklärung der NSU-Mordserie eine wichtige Rolle. Mit mehreren Stadtplänen aus der letzten Wohnung des NSU in Zwickau werde derzeit „Beweis um Beweis vorgelegt, sodass Zweifel an der Täterschaft mehr und mehr obsolet werden“, schreibt Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online. Die Pläne, die das mutmaßlich von Beate Zschäpe gelegte Feuer in dem Wohnhaus überstanden, zeugten von der „akribischen Vorbereitung“ auf Raubüberfälle und Mordanschläge.