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269. Prozesstag – Beratung über Anträge

Für Dienstag hat der Senat im NSU-Prozess kein Beweisprogramm vorgesehen. Stattdessen wird über zurückliegende Beweisanträge beraten. So sollen die Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben ihren Antrag verteidigen, nach dem ein Psychiater die verstorbenen NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt posthum untersuchen soll, um bei ihnen eine psychopathische Störung zu diagnostizieren. Die Bundesanwaltschaft war dem Gesuch am Vortag entgegengetreten.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

368. Prozesstag – NSU-Prozess nimmt Arbeit wieder auf

Nach zwei Wochen Pfingstferien geht es am Dienstag im NSU-Verfahren weiter. Bevor es in der kommenden Woche erneut um den Zschäpe-Gutachter Henning Saß geht, dürften diesmal hauptsächlich Formalien auf dem Programm stehen – insbesondere Entscheidungen über Beweisanträge. Zudem war in der Pause über einen Befangenheitsantrag der Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben gegen alle Richter zu beraten. Grund des Angriffs auf den Senat war, dass das Gericht mehrere Beweisanträge der Anwälte abgelehnt hatte.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

367. Prozesstag – Befangenheitsantrag der Wohlleben-Verteidiger

Der NSU-Prozess steht kurz vor dem Ende der Beweisaufnahme – aber eben nur kurz davor. Zuletzt hatten die Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben mit mehreren Beweisanträgen versucht, neue Zeugen in das Verfahren zu laden. Diese lehnte Richter Manfred Götzl am Dienstag ab – in der Folge kündigten die Anwälte einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden an. Heute soll das Gesuch gestellt werden.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Gutachter wehrt sich und belastet weiterhin Zschäpe

Am Psychiater Henning Saß haben sich Beate Zschäpes Anwälte die Zähne ausgebissen: Entgegen allen Widerständen hält er an der Schuldfähigkeit der Angeklagten fest.

In einem Gerichtssaal ist der Psychiater Henning Saß eine Insel der Bodenständigkeit. Wird um ihn herum gestritten und geschrien – wie so häufig im Münchner NSU-Prozess – tut Saß das, was er am besten kann: abwarten, beobachten, überlegen. Vier Jahre lang hat er mit dieser Aufmerksamkeit die Regungen der Hauptangeklagten Beate Zschäpe beobachtet, im Auftrag des Gerichts.

Doch auch Saß kann vor Abfälligkeit triefende Spitzen abfeuern, wenn jemand die Expertise des 72-Jährigen infrage stellt. Immerhin hat er die moderne forensische Begutachtung in Deutschland mitentwickelt und im Laufe seiner Karriere um die 1.000 psychiatrischen Gutachten über Straftäter geschrieben. Sein 15 Jahre jüngerer Berufskollege Pedro Faustmann hatte sich im selben Prozess vor rund einem Monat mit einem Ausstoß von 2.500 Gutachten gerühmt. „Das kann man nur bewundern“, sagt Saß mit ironischer Trockenheit.

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366. Prozesstag – Psychiater Saß erneut geladen

An diesem Tag ist wieder Psychiater Henning Saß ins Gericht geladen. Er hatte im NSU-Prozess das Gutachten über Beate Zschäpe erstattet – im Auftrag des Gerichts. Sein Ergebnis: Die Hauptangeklagte ist voll schuldfähig und weiterhin gefährlich, somit ein Fall für die Sicherungsverwahrung. Gesprochen hat Zschäpe nie mit ihm – aber mit dem Psychiater Joachim Bauer, der dem Gericht eine wenig überzeugende Analyse vorlegte. Die neue Aussage Zschäpes konnte Saß nun in seinem eigenen Gutachten ergänzen. Dass sich in wesentlichen Punkten etwas ändern wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich.

Neben dem aktualisierten Gutachten wird Saß eine Stellungnahme verlesen, in der er auf die Vorwürfe des Psychiaters Pedro Faustmann eingeht. Dieser hatte das Gutachten im Auftrag von Zschäpes Verteidigern methodenkritisch untersucht und war zu dem Ergebnis gekommen, Saß habe nicht wissenschaftlich korrekt gearbeitet und an vielen Stellen die erforderliche Genauigkeit vermissen lassen.

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Zu Hause bei Familie Zschäpe

Um ihre Tochter zu unterstützen, ist die Mutter von Beate Zschäpe im NSU-Prozess aufgetreten. Doch nach einem peinlichen Manöver vom Gutachter der Angeklagten dürfte auch das nicht mehr helfen.

Als sie in den Gerichtssaal kommt, trägt Annerose Zschäpe ein Taschentuch in der linken Hand. Wie vorsorglich. Doch emotionsärmer könnte ihr Auftritt vor dem Münchner Oberlandesgericht, ihr zweiter, nicht sein. Die Frau mit den kurzen grauen Haaren und dem Wollpulli nimmt Platz am Tisch für die Zeugen. Ihre Tochter Beate sitzt rund zwei Meter entfernt auf der Anklagebank – beschuldigt der Mittäterschaft beim zehnfachen Mord, den Verbrechen der rechtsterroristischen Gruppe NSU. Ohne Regung schaut die Angeklagte zur Mutter herüber. Die schaut auf den Richter Manfred Götzl.

Götzl fragt nach den persönlichen Daten: 64 Jahre alt, wohnhaft in Jena, angestellt als Pflegehelferin. Ansonsten hat sie als Verwandte das Recht, die Aussage zu verweigern. Der Richter erkundigt sich, ob sie dennoch Angaben machen wolle. „Nein, ich möchte von meinem Recht Gebrauch machen“, antwortet Annerose Zschäpe. Bis hierher verläuft die Vernehmung genau wie beim ersten Mal im November 2013. Diesmal allerdings erteilt Zschäpes Mutter die Genehmigung, das Protokoll einer Vernehmung als Beweismittel zu verwenden, die sie 2011 kurz nach dem Auffliegen des NSU mit der Polizei geführt hatte.

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365. Prozesstag – Beate Zschäpes Mutter wieder im Zeugenstand

Im Jahr 2013 war Annerose Zschäpe schon einmal als Zeugin im NSU-Prozess – und verweigerte die Aussage. Heute ist die Mutter der Angeklagten Beate Zschäpe erneut geladen. Grund ist, dass sie für das Gutachten des Psychiaters Joachim Bauer der Verwendung einer Aussage zugestimmt hat, die sie 2011 beim Bundeskriminalamt gemacht hatte. Diese Genehmigung soll sie heute vor Gericht wiederholen.

Denkbar ist theoretisch auch, dass sich Annerose Zschäpe umentscheidet und eine umfängliche Aussage macht. Darin ginge es vor allem um die Kindheit, die von wechselnden Partnern und einer schlechten Beziehung zwischen Mutter und Tochter geprägt war. In einem Schreiben an das Gericht hatte Zschäpe dies aber ausgeschaltet. Um die Aussage von damals nachvollziehen zu können, ist zudem einer der Beamten geladen, der Zschäpe damals vernommen hatte.

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Ein Zschäpe-Gutachten wird zur Posse

Ein von Beate Zschäpes Anwälten angeheuerter Psychiater hat Zeugen nach Gutdünken ausgesucht. Auf kritische Nachfragen zu seinem Gutachten findet er keine Antworten.

Am 4. Mai betritt der Psychiater Joachim Bauer die Justizvollzugsanstalt München. Er will die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe treffen. Im Auftrag von deren Rechtsanwälten soll er ein Gutachten über sie schreiben. An der Sicherheitskontrolle hält ihn eine Justizbeamte auf, die feststellt, dass er etwas verbirgt. Unter Dokumenten in seiner Hand kommt eine Schachtel Pralinen zum Vorschein. Doch Mitbringsel für Gefangene sind streng verboten.

Ein Psychiater, der seiner Probandin Pralinen mitbringt? Im Gericht von einem Anwalt der Nebenklage darauf angesprochen, ist Bauer die Sache peinlich. Eine „völlig unschuldige Geste der Humanität“ sei das doch gewesen, verteidigt er sich. Mag sein. Trotzdem hängt schon seit Beginn des Prozesstags ein Eindruck von Kumpelei, Einseitigkeit und Gefälligkeit im Raum, der dem Gutachten Bauers über Zschäpe anhaftet.

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364. Prozesstag – Fragen an Psychiater Bauer

Zum zweiten Mal ist heute der Psychiater Joachim Bauer geladen. Vor zwei Wochen hatte er sein Gutachten vorgestellt, laut dem Beate Zschäpe vermindert schuldfähig und an einer Persönlichkeitsstörung erkrankt ist. Er hatte Zschäpe in der Untersuchungshaft befragt und darauf geschlossen, dass sie nach schädlichen Einflüssen in Kindheit und Jugend in eine emotionale „Geiselhaft“ ihrer Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt geriet. Auch sei sie nicht in der Lage, im Gericht ihre Betroffenheit auszudrücken.

Ab heute muss Bauer Fragen zu dem Ergebnis beantworten, sowohl vom Gericht als auch von den anderen Prozessbeteiligten. Eine kritische Prüfung ist zu erwarten, da Bauers Expertise sowohl Zschäpes Verhalten während des Prozesses und zahlreichen Schilderungen von Zeugen widerspricht als auch dem Gutachten des vom Gericht bestellten Sachverständigen Henning Saß. Er hält Zschäpe für voll schuldfähig und sieht keine Anzeichen für eine Störung. Anwälte der Nebenklage hatten bereits nach der Vorstellung von Bauers Gutachten Zweifel an seiner Darstellung geäußert.

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Mutter Zschäpe hilft ihrer Tochter

Vor Gericht hatte Beate Zschäpes Mutter die Aussage verweigert. Jetzt gibt sie doch noch Informationen preis – weil es der mutmaßlichen Rechtsterroristin nützen könnte.

Es war ein ganz kurzer Auftritt, den Annerose Zschäpe Ende November 2013 vor Gericht hatte: Die Mutter der Angeklagten Beate Zschäpe ließ sich von Richter Manfred Götzl fragen, ob sie eine Aussage machen wolle. Dann, ob das Gericht als Beweismittel das Protokoll einer Vernehmung verwenden dürfe, die Ermittler des Bundeskriminalamts gut zwei Jahre zuvor mit ihr geführt hatten. Zschäpe sagte zweimal „Nein“ – wie es als Angehörige einer Angeklagten ihr gutes Recht war. Dann ging sie. Ihre Tochter schaute ihr kurz nach.

Die Mutter schwieg damals, weil die Tochter schwieg. Es war ein freundlicher Gefallen an die Angeklagte, die der Mittäterschaft an zehn Morden beschuldigt wird. Zu der Zeit, ein halbes Jahr nach Prozessbeginn, galt nämlich: Je weniger Informationen über Zschäpe bekannt werden, desto besser. Das war die Linie ihrer Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm. Doch davon ist Beate Zschäpe schon vor langer Zeit abgewichen.

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