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98. Prozesstag – Freunde aus der Szene sagen aus

Am Mittwoch sagen zwei Zeugen aus, die sich in Jena zum Umfeld des NSU gehörten. Als erstes geladen ist Juliane W., die frühere Freundin des Mitangeklagten Ralf Wohlleben. W. hatte bei der Polizei ausgesagt, Wohlleben habe sie nach dem Untertauchen der drei im Januar 1998 beauftragt, Kleidung aus den Wohnungen von Beate Zschäpe und Uwe Mundlos zu holen.

Im Anschluss tritt Andreas R. in den Zeugenstand. Er war damals ein guter Freund von Mundlos. Er könnte Aussagen zur politischen Einstellung des Trios machen.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Eine Zusammenfassung des Prozesstages veröffentlichen wir am Abend auf diesem Blog. Weitere Berichte fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

97. Prozesstag – Gericht beschäftigt sich mit schweigendem Zeugen

Max-Florian B. soll das NSU-Trio in seiner Wohnung untergebracht und Uwe Mundlos seinen Personalausweis überlassen haben. Vor Gericht verweigerte der mutmaßliche Unterstützer im Februar die Aussage. Deswegen sagen am Dienstag zwei Polizisten aus, die B. während der Ermittlungen vernomen hatten. Dabei hatte der Zeuge die Unterstützungshandlungen zugegeben.

Im Anschluss werden zwei Postangestellte gehört, die Angaben zum Inhalt des Briefkastens machen, der zur letzten Wohnung des Trios in der Zwickauer Frühlingsstraße gehörte.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

96. Prozesstag – Mutmaßlicher Helfer André K. zum dritten Mal geladen

Er soll dem NSU ein wichtiger Helfer gewesen sein – doch daran erinnert sich André K. heute nach eigenem Bekunden nicht mehr. Bereits zweimal musste der Jenaer im Prozess aussagen, am Donnerstag ist es das dritte Mal. K. war Mitglied der sogenannten Kameradschaft Jena, einer losen Nazi-Gruppierung, der auch Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt angehörten. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt K., die drei in der Anfangszeit unterstützt zu haben. Unter anderem gab er zu, den dreien gefälschte Pässe besorgt zu haben.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

95. Prozesstag – Zeuge soll Wohnung für das Trio gemietet haben

Fast ein halbes Jahr lebten Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zwischen Sommer 1998 und Frühjahr 1999 in der Altchemnitzer Straße 12 in Chemnitz. Doch sie waren nicht als Mieter eingetragen: Den Vertrag hatte ihr Bekannter Carsten R. unterschrieben. Am Mittwoch hört das Gericht in München ihn als Zeugen.

Weiterhin geladen ist ein Polizist, der den Zeugen Andreas Sch. vernommen hatte. Er soll wiedergeben, was der Zeuge bei einem Termin auf der Polizeiwache gesagt hatte. Grund dafür ist, dass Sch. bei seiner Vernehmung vor Gericht die Aussage verweigert hatte.

Die Vernehmung des Anwalts Thomas J., die ebenfalls für den 95. Prozesstag geplant war, wurde auf einen Termin Anfang Mai umgeladen. Der Zeuge hatte sich krankgemeldet.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

94. Prozesstag – Mittelsmann beim Waffentransport sagt aus

Der Thüringer Enrico T. soll am Dienstag aussagen. Es ist bereits der zweite Versuch, ihn zu vernehmen: Seinen ersten Termin im Februar hatte der Zeuge geschwänzt.

T. soll sich am Transport der NSU-Waffe Ceska 83 beteiligt habe, mit der neun Migranten erschossen wurden. Den Ermittlungen zufolgte war er mit einem Schweizer befreundet, der die Waffe 1996 in seinem Heimatland gekauft haben soll. Demnach stellte er den Kontakt zwischen seinem Freund und dem Thüringer Jürgen L. her, der sie schließlich nach Jena schaffte.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Die Ruhe des Verfassungsschützers

Nach dem NSU-Mord in Kassel stand ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes unter Verdacht. Der damalige Behördenleiter Lutz Irrgang hatte offenbar wenig Interesse, die Geschichte aufzuklären.

Die Ermittler der Kasseler Mordkommission Café mussten nicht nur klären, warum der Deutschtürke Halit Yozgat am 6. April 2006 in seinem Internetcafé erschossen worden war. Sie mussten auch immer wieder den Verfassungsschützer Andreas T. fragen, warum er sich nicht bei ihnen gemeldet hatte, obwohl er zur Tatzeit anwesend war. Und sicherlich fragten sie sich auch, wieso das hessische Landesamt für Verfassungsschutz kaum Bereitschaft zeigte, bei der Lösung des Rätsels um den dubiosen Zeugen aus den eigenen Reihen zu helfen.

Als die Umtriebe des Geheimdienstlers bekannt wurden, geriet das Landesamt für Verfassungsschutz ins öffentliche Blickfeld – und damit auch dessen damaliger Vorsitzender Lutz Irrgang. Am 92. Tag des NSU-Prozesses ist er als Zeuge geladen. Vor dem Gerichtsgebäude hat sich eine Protestgruppe aufgebaut, die die Auflösung des Verfassungsschutzes fordert. Zehn Angehörige der Mordopfer sind gekommen, so viele wie schon lange nicht mehr. Der Druck auf Irrgang ist hoch. Wusste er etwas von T., das die Ermittler nicht erfuhren?

Vor der Vernehmung präsentiert Nebenklageanwalt Yavuz Narin einen Beweisantrag, aus dem deutlich wird, wie mysteriös die Vorgänge in der hessischen Behörde gewesen sein müssen. Narin beantragt, die Abteilungsleiterin Iris P. zu laden. Diese habe T. und andere Mitarbeiter am 24. März 2006 in einer E-Mail über die Mordserie an Migranten informiert – noch vor dem Mord an Halit Yozgat. In dem Schreiben forderte P. ihre Untergebenen auf, ihre Quellen nach den Morden zu fragen, angehängt war ein Informationsblatt des Bundeskriminalamts.

Damit könnte es eine Erklärung für das auffällige Wissen von T. geben. Eine Kollegin aus der Behörde hatte am Vortag ausgesagt, T. habe schon vier Tage nach der Tat erwähnt, der Fall gehöre womöglich zu einer bundesweiten Mordserie. Noch unerklärlicher wird dadurch jedoch, warum der Verfassungsschützer sich nicht schnellstens bei der Polizei meldete – schließlich musste er gewusst haben, wie brisant der Fall werden könnte.

Im Anschluss tritt Irrgang in den Zeugenstand. Er stand von 1990 bis Oktober 2006 an der Spitze des Verfassungsschutzes, danach ging er in Pension. Der 72-Jährige hat weiße Haare; wenn er ausatmet, rasselt es in der Mikrofonanlage. Geladen ist er wegen eines Gesprächs, das er nach der Tat mit T. führte – doch die Prozessbeteiligten interessieren sich für weitaus mehr Aspekte.

Irrgang soll von den Zuständen „im Amt“ erzählen, wie der Zeuge das Landesamt für Verfassungsschutz stets bezeichnet. Den Mitarbeiter T., der zuvor bei der Post gearbeitet hatte, habe er vor der Tat flüchtig gekannt – das Amt sei ja nicht groß gewesen, es gab zu wenig Personal. „Darum hat mein Vorgänger das Angebot aufgegriffen, dass überzählige Postbeamte eine Chance bekommen – dazu gehörte er“, sagt Irrgang. Er sei mit dieser Methode der Personalgewinnung nicht so zufrieden gewesen, doch T. habe einen geeigneten Eindruck gemacht. Irrgang schlug ihn für eine Ausbildung zum Gehobenen Dienst vor. T. betreute daraufhin Quellen aus dem Bereich Islamismus und Rechtsextremismus.

Gut zwei Wochen nach der Tat im Jahr 2006 hatten Polizisten die Spur ins Amt entdeckt. Am Abend des 21. April erhielt Irrgang einen Anruf: Sein Mitarbeiter T. sei festgenommen worden. Der Amtsleiter setzte sich an den Schreibtisch, schickte T.s Kalender und andere Unterlagen an die Polizei. Es schien, als sei der Verfassungsschutz kooperationsbereit.

Kurz darauf kam T. auf freien Fuß. Damit war der Aufklärungswille bei Irrgang, sofern er jemals vorhanden war, offenbar erlahmt. „Mit seiner Entlassung galt für mich uneingeschränkt die Unschuldsvermutung“, sagt er. Richter Manfred Götzl genügt das nicht: „Da ist einer Ihrer Mitarbeiter verhaftet worden – das muss doch geklärt werden. Da muss doch ein Interesse von Ihrer Seite dagewesen sein.“ Doch Irrgang beruft sich auf einen Anruf des damaligen Landespolizeipräsidenten von Hessen: „Der Präsident bat darum, dass sich meine Behörde möglichst aus dem gesamten Sachverhalt zurückziehen soll.“ Das bedeutete: Nur auf Nachfrage sollte der Verfassungsschutz aktiv werden.

Umfangreiche Konsequenzen hatte die Affäre um T. im Amt nicht, außer für den Mitarbeiter selber: Irrgang suspendierte ihn zunächst für drei Monate, schließlich bis auf Weiteres. Die zweite Suspension musste sich T. persönlich bei ihm abholen. „Ich sagte zu ihm: Wenn er mir noch irgendetwas zu diesem Sachverhalt zu sagen habe, dann wäre das jetzt der letzte mögliche Zeitpunkt.“ Doch T. habe geantwortet, da gebe es nichts mehr zu sagen. Irrgang habe dem Mann, der gerade Vater geworden war, noch mit auf den Weg gegeben: „Sie haben jetzt einen kleinen Jungen – denken Sie daran, was Sie dem schuldig sind.“ Es sei das einzige Gespräch gewesen, das die beiden nach der Tat geführt hätten.

Interne Ermittlungen im Landesamt führte das Regierungspräsidium Darmstadt. Bloß bekam Irrgang davon offenbar nicht viel mit. Er forderte T. auf, eine dienstliche Erklärung abzugeben. Darin bestätigte dieser, sich in dem Café aufgehalten zu haben. Das genügte offenbar. „Sehr wenig“, sagte Irrgang auf mehrfache Nachfragen, habe er von den Recherchen im Haus erfahren.

Irrgangs Haltung blieb den Ermittlern nicht verborgen. Der leitende Kriminaldirektor der nordhessischen Polizei, Gerald Hoffmann, sagte bereits im Untersuchungsausschuss des Bundestags, dass das Landesamt kein Interesse an einer Kooperation gezeigt habe – so habe er sich aus der Behörde einmal den Satz „Wir haben es hier doch nur mit einem Tötungsdelikt zu tun“ anhören müssen. Deshalb bekam die Mordkommission auch nicht die Namen von Informanten, die mit T. in Kontakt gestanden hatten. Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten erkundigt sich, ob denn wenigstens bei den internen Ermittlungen die Quellen befragt worden seien. Irrgang: „Darüber habe ich keine Informationen bekommen.“

Irrgang sagt dazu, er sei reichlich beschäftigt gewesen, nach dem Verdachtsfall den Betrieb in der Behörde aufrecht zu erhalten. „Ich bin heute noch unheimlich stolz darauf, mit welcher Ruhe und Gelassenheit das Amt seine Geschäfte weitergeführt hat.“ Es wirkt eher, als habe sich das Amt nie aus der Ruhe bringen lassen.

 

92. Prozesstag – Wie viel wusste Lutz Irrgang von Andreas T.?

Lutz Irrgang, früherer Präsident des hessischen Verfassungsschutzes, sagt am Mittwoch in München aus. Thema ist das Verhalten eines ehemaligen Mitarbeiters der Behörde: Andreas T., der beim Mord an Halit Yozgat 2006 in dessen Kasseler Internetcafé am Tatort war. T. behauptet, er habe von den tödlichen Schüssen auf Yozgat nichts mitbekommen. Fraglich ist, wie viel Irrgang später von T. erfuhr: In einem abgehörten Telefonat lobte ein Kollege T.s diesen, dass er sich gegenüber Irrgang nicht „so restriktiv wie bei der Polizei“ verhalten habe.

Im Anschluss ist T. erneut selbst als Zeuge vor Gericht. Es ist bereits sein vierter Termin in München.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Eine Zusammenfassung des Prozesstages veröffentlichen wir am Abend auf diesem Blog. Weitere Berichte fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Andreas T. sollte selbst im Yozgat-Fall ermitteln

Andreas T. ist alles andere als ein Zwerg. Mit seiner auffälligen Halbglatze stößt er beinahe an den Türrahmen in dem Kasseler Internetcafé, in dem am 6. April 2006 der Betreiber Halit Yozgat mutmaßlich vom NSU erschossen wurde. T. war damals Gast in dem Café – gab jedoch an, vom Mordgeschehen nichts bemerkt zu haben. Deshalb baten ihn die Ermittler knapp zwei Monate nach der Tat noch einmal in die Räumlichkeiten an der Holländischen Straße. In einer Videorekonstruktion sollte T. nachstellen, wie er damals das Café verließ. Der kurze Film verstärkt die Zweifel, dass der 1,90 Meter große Mann den Sterbenden nicht hinter seinem Schreibtisch liegen sah.

T. arbeitete damals beim hessischen Landesamt für Verfassungsschutz, nutzte den Aufenthalt im Café für Internetflirts. Weil er sich nicht selbstständig bei der Polizei meldete, geriet er zwischenzeitlich in den Kreis der Tatverdächtigen und wurde festgenommen. In bislang drei Vernehmungen ist es dem Oberlandesgericht München nicht gelungen, T. der Lüge zu überführen. Andererseits schaffte es T. auch nicht, in den Verhandlungen an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Der Fall des mittlerweile suspendierten Verfassungsschützers ist am 91. Prozesstag erneut Thema.

In dem Video steht T. von dem Computer auf, den er am Tattag benutzt hatte. Er braucht rund zehn Sekunden bis zu dem Tresen, an dem er bezahlen will. Doch dort sitzt niemand. Er geht zur Tür hinaus und schaut nach links und rechts. Er geht wieder nach hinten in den Computerraum, kehrt schließlich an den Tresen zurück und legt ein Geldstück hin. Seine Blickachse reicht offensichtlich über den Rand des Tisches hinaus. Konnte er dort den blutenden Körper und den umgefallenen Stuhl übersehen haben? T. bleibt bis heute bei dieser Version. Nach rund 50 Sekunden verlässt er im Video das Café und steigt in sein Auto.

Den Kollegen mehr erzählt als den Ermittlern?

Antworten auf ihre drängenden Fragen an den Beamten suchen an diesem Tag auch viele Nebenkläger. Angehörige aus drei Opferfamilien sind erschienen, darunter Yozgats Eltern und drei Geschwister. Ismail Yozgat, der Vater, will erneut eine Erklärung zum Mord an seinem Sohn abgeben. Doch Richter Manfred Götzl bremst ihn unwirsch, als Yozgat wie bei seinen bisherigen Äußerungen die „Familienangehörigen der Märtyrer“ begrüßt.

Es kommt zu einer Diskussion zwischen dem Richter und Yozgats Anwalt Thomas Bliwier. Der Anwalt sagt, er werde „nicht unseren Mandanten entmündigen“. Yozgat wolle über „die Gefühle der Familie“ reden. Doch Götzl bleibt dabei – der Vater dürfe sich nur zum Beweisthema äußern. Schließlich lässt Bliwier seinen Mandanten die Erklärung zurückstellen.

Im Anschluss untersucht das Gericht, ob T. in seiner Behörde möglicherweise mehr erzählt hatte als gegenüber den Beamten. Dafür gibt es Anhaltspunkte: In einem abgehörten Telefonat sieben Wochen nach der Tat lobte ein Mitarbeiter T., dass er sich gegenüber dem Landesamtsdirektor Lutz Irrgang nicht „so restriktiv wie bei der Polizei“ verhalten habe. Als Zeugen geladen sind zwei Kollegen mit höherem Dienstgrad, von denen sich einer krankgemeldet hat. Irrgang soll am Mittwoch aussagen.

In den Zeugenstand tritt T.s ehemalige Kollegin Jutta E. Sie arbeitet noch heute in der Kasseler Dienststelle. Ihrer Erinnerung nach hatte sie damals einmal mit T. über den Fall gesprochen.

Über den Mord bemerkenswert gut Bescheid gewusst

Yozgat war an einem Donnerstag ermordet worden. Am Tag darauf hatte T. frei. Ihr Vorgesetzter habe E. beauftragt, T. am nächsten Montag anzuweisen, zu dem Mord Informationen in Erfahrung zu bringen: Er sollte zum Staatsschutzkommissariat der nordhessischen Polizei fahren, um sich nach dem Vorfall und dem Namen des Opfers zu erkundigen. Der Zeuge, der sich bis dahin nicht zu erkennen gegeben hatte, sollte also selbst Ermittlungen in dem Fall aufnehmen. Das war für ihn jedoch offenbar kein Anstoß, von seinem Aufenthalt am Tatort zu erzählen. T. habe lediglich gesagt, er kenne das Café, weil es auf seinem Heimweg liege, sagt die Zeugin.

Womöglich war es der Zeitpunkt, an dem T. das erste Mal über seine Beziehung zur Tat log. Auf einen Vorhalt hin bestätigt E., dass bestimmte Internetcafés für Verfassungsschützer tabu waren: eines in der Nähe der Dienststelle, zum anderen solche an der Holländischen Straße – weil dort viele Ausländer verkehrten, in deren Kreisen das Landesamt Beobachtungen unterhielt.

Götzl erkundigt sich, wieso der Vorgesetzte überhaupt Erkundigungen zu dem Fall angeordnet hatte. Die Zeugin antwortet, man habe abklären wollen, ob die Tat „im islamistischen Bereich war“, denn das Opfer war ja türkischer Herkunft. Auch T. führte Quellen aus dem islamistischen Milieu. Außerdem habe er „die besseren Kontakte“ zur Polizei gehabt.

Über den Mord wusste er bemerkenswert gut Bescheid, wie E. sich erinnert: Er habe gewusst, dass es sich um eine Serientat handeln könnte, weil die Pistole bei mehreren anderen Morden eingesetzt worden war. In der Woche nach der Kasseler Tat sah E. ihren Kollegen zum letzten Mal, fuhr anschließend in den Urlaub. „Als ich zurückkam, war er schon verhaftet.“

 

91. Prozesstag – Verfassungsschützer sagen über Ex-Kollegen T. aus

Am Dienstag sind in München zwei Mitarbeiter des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz geladen. Der damalige Vorgesetzte und eine weitere Beschäftigte äußern sich zu ihrem früheren Kollegen Andreas T., der beim Mord an Halit Yozgat 2006 in Kassel am Tatort war. T. behauptet, er habe von den tödlichen Schüssen auf Yozgat nichts mitbekommen. Das Gericht will nun herausfinden, was T. damals in der Behörde zu dem Fall sagte.

Weiterhin sagt ein Polizist aus, der während der Ermittlungen die Tat rekonstruierte. Ein Arzt stellt zudem ein Gutachten über den Zeugen Martin A. vor, der neben der Polizistin Michèle Kiesewetter saß, als diese mutmaßlich von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen wurde. Auch A. hatte damals ein lebensgefährlicher Schuss getroffen.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Eine Zusammenfassung des Prozesstages veröffentlichen wir am Abend auf diesem Blog. Weitere Berichte fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.