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King Kong

Die Hamburger Kinderbuchautorin Kirsten Boie wird 65 Jahre alt – und stellt bei der Gelegenheit gleich den langersehnten neuesten „Möwenweg“-Band vor.

King Kong war für mich lange Zeit nicht der berühmte Riesenaffe, sondern, ganz klar: ein Meerschwein. Es gehörte dem Jungen Jan-Arne und gemeinsam erlebten sie die spannendsten Abenteuer. Nachdem ich Kirsten Boies Geschichten vom Reise-, Krimi- und Liebesschwein gelesen hatte, stand für mich schnell fest: Hamster sind doof, Meerschweinchen cool! Vor allem die langhaarigen, kuscheligen. Ich bekam auch eins und nannte es, natürlich, King Kong. Bestimmt ist es vielen, vielen Kindern seitdem genauso ergangen. Und wenn sie kein Meerschweinchen wollten, dann hatten sie vielleicht den Traum, so mutig zu sein wie der kleine Ritter Trenk oder das Piratenmädchen Seeräubermoses. Mitte der achtziger Jahre begann die Hamburgerin Kirsten Boie, Kinderbücher zu schreiben. Damals arbeitete sie noch als Lehrerin. Weil sie gemeinsam mit ihrem Mann ein Kind adoptieren wollte, musste sie ihren Beruf aufgeben – so verlangte es das Jugendamt. Heute wäre das zu Recht Anlass für einen kollektiven Aufschrei. Andererseits hätte Kirsten Boie dann vielleicht auch nie beschlossen, Schriftstellerin zu werden. Es hätte keine über 100 Kinder- und Jugendbücher gegeben, die nicht nur von wilden Abenteuern erzählen, sondern auch davon, wie es ist, sich allein, überfordert, ängstlich zu fühlen. Kirsten Boie wäre auch nicht mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises ausgezeichnet worden und keine Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Also, alles richtig gemacht. Und so feiert die Schriftstellerin im März zusätzlich zum 65. Geburtstag auch noch 30-jähriges Jubiläum als Autorin. Und ihr neuestes Buch Ferien im Möwenweg. Deshalb: Herzlichen Glückwunsch und Danke für King Kong!

Text: Julia Braune

 

Dusty Donuts

Funk und Soul, meisterhaft serviert: Die DJs Marc Hype, Jim Sharp, Naughty NMX und Runex feiern ihre Record-Release-Party im Mojo Club.

Rund, handlich, Loch in der Mitte – kapiert? Das titelgebende Gebäck des Labels Dusty Donuts hat durchaus was mit 7-Inch-Vinyl, also Single-Schallplatten, gemein. Und auch wenn die Scheiben nicht gefuttert werden, sind sie doch ziemlich lecker. Hinter dem Label stecken die vier DJs Marc Hype, Jim Sharp, Naughty NMX und Runex, unterwegs zwischen London, Hamburg und Berlin. Im Mojo feiert das Quartett Label-Night und Record-Release-Party, aufgelegt wird ausschließlich mit Vinyl auf 45 Umdrehungen pro Minute: viel Funk und Soul für anspruchsvolle Freunde der Tanzmusik, meisterhaft gemixt und gescratcht. Die Feier am 21. März steigt anlässlich der Veröffentlichung der dritten Single des Labels. Die ersten zehn Gäste, die am Einlass eine 45-Vinyl-Single abgeben, erhalten zum Tausch eine der streng limitierten Dusty-Donuts-Singles (kosten sonst 15 Euro) und freien Eintritt.

Text: Michael Weiland

 

Berlin Calling

Der DJ und Produzent Paul Kalkbrenner spielt sich selbst – und irrt, von DJ-Kanzel über Kantstein in die Psychiatrie, durch Berlin.

Die meisten Techno-Freaks und andere Interessierte werden diesen Film von Hannes Stöhr bereits gesehen haben. Allen anderen sei er hiermit empfohlen. Denn es ist ein großes Vergnügen, den DJ und Produzenten Paul Kalkbrenner sich selbst spielen zu sehen und wie ein Voyeur auf Glanz und Elend zu blicken, die der Alltag eines überzeugten Ravers und vielbeschäftigten DJs mit sich bringen: Absturz unter synthetischen Drogen, Aufenthalt in der Klapse, Gespräche mit dem Seelenklempner, Diskussionen mit Managerin und Labelchefin … Wer gleich im Anschluss einen weiteren Musikfilm sehen möchte, kann einfach im B-Movie verbleiben. Ab 22 Uhr läuft dann Mark Christophers Film über den legendären New Yorker Tanzschuppen Studio 54 – auch dieser Film ist nicht ganz frei von Wahnsinn und Exzess.

 

Moulettes

Klassik, Jazz, Folk, Psychedelik: Sechs mit allen musikalischen Wassern gewaschene Multitalente lassen sich zum ersten Mal in der Hansestadt blicken.

Mit einem Instrumentarium bestehend aus Stimme, Cello, Geige, Gitarre, Schlagzeug, Fagott, Bass und Synthesizer haben die Moulettes eine kreative wie klangliche Bandbreite zu bieten, die heutzutage selten ist. Die Mitglieder des britischen Sextetts haben zum Teil eine klassische Musikausbildung genossen. Laut Sängerin Hannah Miller zählen sowohl der russische Komponist Dmitri Schostakowitsch als auch Jazz-Legenden wie Miles Davis und Folkrocker wie Pentangle zu ihren Einflüssen. Ähnlich breit gefächert waren auch die bisherigen Tätigkeiten der Musiker. So wirkten sie bereits bei Aufnahmen oder Auftritten von Mick Jagger, Nick Cave und David Gilmour mit. Kurz gefasst könnte man sagen: Die sechs Moulettes sind mit allen musikalischen Wassern gewaschen. Wie diese geballte Musikalität sich in der kleinen, gemütlichen Prinzenbar breit macht, kann man am 21. März mitverfolgen.

 

Hanse Song

Niels Frevert, Locas In Love, Lambert, Last Days Of April und Rocko Schamoni – das Indoor-Festival in Stade macht Lust auf die bevorstehende Open-Air-Saison.

Hey, ist schon wieder Festivalsaison? Das Hanse-Song-Festival belässt es im März zwar umsichtigerweise bei Indoor-Konzerten, macht aber schon mal Lust auf mehr. In mehreren Konzertsälen in Stade werden die Bühnen von Singer-Songwritern und Indie-Bands bespielt: im Grunde die kleinstädtische, beschaulichere Version des Reeperbahn-Festivals. Und das Line-up kann sich sehen lassen: Zu Gast sind in diesem Jahr Niels Frevert, ClickClickDecker, Locas In Love, Lambert, Last Days Of April und viele mehr. Bevor am Samstag die große Konzertrutsche stattfindet, gibt es am Freitagabend bereits eine literarische Einstimmung: Rocko Schamoni liest aus seinem aktuellen Roman Fünf Löcher im Himmel, ganz ohne Musik kommt die Veranstaltung aber auch nicht aus – heißt ja schließlich Hanse Song, das Ganze. Schamoni bringt den Kollegen Ted Strzoda mit und singt ein paar Lieder. Karten für den Freitagabend mit Rocko Schamoni kosten 12 Euro, das Festivalticket für Samstag 35 Euro und das Kombiticket für beide Tage 45 Euro.

Text: Michael Weiland

 

Das Erbe der Toten

„Nachlass“ begibt sich auf die Spuren eines Lebens nach dem Tod. Das Stück läuft vom 20. bis 22., am 27. und 28. März im Lichthof Theater.

In ihrem Dokumentarstück Cityswap führten „Die Azubis“ ihre Besucher durch fremde Wohnzimmer. Im Rahmen des Festivals 150% Hamburg erzählten die Bewohner von St. Pauli und der HafenCity, wie sich beide Stadtteile verändern, und verliehen der Dauerdebatte um Gentrifizierung eine persönliche Note. Als Regisseure des Stücks Der König bittet zum Tanz hinterfragten die Azubis Christopher Weiß und Kai Fischer 2013 die Mündigkeit des Menschen der Zukunft. Doch was passiert, wenn der Mensch unmündig wird, weil er zum Beispiel, nun ja – eben tot ist? Nachlass wurde sowohl von der Kulturbehörde als auch von der Rudolf Augstein Stiftung gefördert. In dem Stück werden grundlegende Existenzfragen geklärt: Ist es uns allen bewusst, dass wir sterben? Nutzen wir dieses Bewusstsein als ein Sprungbrett zum Glück oder als den Sturz in Melancholie und Selbstmitleid? Christopher Weiß und Kai Fischer nehmen Gegenstände Verstorbener genauer unter die Lupe und fügen mosaikartig durch Erzähltheater und Objektspiel alles zusammen: die Gegenstände und die dahinter verborgenen Geschichten.

Text: Adriana Jodlowska

 

Kante

Von der Indie-Größe zur Theater-Band: Die Gruppe Kante präsentiert ihr neues Album „In der Zuckerfabrik“ am 20. März im Schauspielhaus.

Das letzte Kante-Album Die Tiere sind unruhig mag fast neun Jahre her sein, aufmerksamen Fans ist aber nicht entgangen, dass die Hamburger Indie-Band weiterhin Musik machte. Die Krise der Musikbranche führt eben zu unterschiedlichen Bewältigungsstrategien: Kantes (ziemlich gescheite) Idee, als Künstler weiter den Lebensunterhalt bestreiten zu können, bestand eben darin, zum Dienstleister zu werden, allerdings auf die schönstmögliche Weise. Nachdem die Band mit Rhythmus Berlin eine Revue im Friedrichstadtpalast vertonte, blieb sie im Bühnenfach und schrieb Musik für verschiedene deutschsprachige Theater. Die jüngst erschienene Zusammenstellung In der Zuckerfabrik versammelt nun Stücke, die sich an Brecht, Voltaire und Dostojewski anlehnen, aber auch alleine stehen können. Damit der Rahmen für die Live-Aufführung stimmt, begibt sich die Band folgerichtig fürs Konzert ins Schauspielhaus.

Text: Michael Weiland

 

„Anderthalb Stunden zu spät“

Auch die Senioren kommen zu Wort. Die Komödie um Ruhestand und Liebe im Alter feiert am 20. März Premiere im Winterhuder Fährhaus.

Pierre und Laurence sind seit zwanzig Jahren verheiratet und stehen kurz vor dem Ruhestand. Die Kinder sind aus dem Haus: eine wunderbare Gelegenheit, miteinander zu sprechen. Genau das möchte Laurence mit ihrem Mann tun – ungünstigerweise verspäten sie sich bereits zum Abendessen bei Freunden. Der Regisseur Herbert Herrmann, der auch die Rolle von Pierre übernimmt, inszeniert das Duell des Ehepaares als ein wortreiches und bisweilen absurdes Auf und Ab… – Wenn es eine traditionelle Domäne der Jugend gibt, dann ist es Tanz. Die meisten Menschen assoziieren mit Tanz junge und durchtrainierte Körper, die täglich an ihre Grenzen gehen. Die Choreografin Gabriele Gierz widerspricht dieser Vorstellung. Sie sieht Tanz nicht als Hochleistungssport, sondern als Kunst des körperlichen Ausdrucks. „Da hat man gerade im Alter ganz besondere Möglichkeiten“, sagt sie. Das beweisen die dreizehn Männer und Frauen des My Way Ensembles. Die Tänzer sind alle zwischen 65 und 86 Jahren und können mittlerweile auf acht Jahre intensives Tanztraining unter der Leitung von Gierz zurückblicken. Im Februar lief ihre vierte Produktion Zapp! Die Stücke des My Way Ensembles geben einen tiefen Einblick in die Lebenswelt und die Themen, die Senioren beschäftigen. Sie sind oft biografisch inspiriert und bedienen sich einer zeitgenössischen Tanzsprache. „Die Körper sind geprägt von den Geschichten, die sie erzählen – mit berührender Ehrlichkeit, unprätentiös und echt“, sagt Gierz. „Man staunt, wie leicht und geschmeidig sie sich bewegen.“

Text: Natalia Sadovnik

 

Auf die Plätze!

Das Hamburger Kindertheatertreffen geht vom 20. bis zum 26. März im Fundus Theater über die Bühne. Klein und groß sind gleichermaßen dazu eingeladen.

Maria steht Kopf und ruft nach ihrem Sohn. Sie ist eine (Über-)Lebensakrobatin, und zwar eine obdachlose. Ihr Leben hat ein paar Wendungen genommen, die sie irgendwann auf die Straße katapultierten. Maria (toll gespielt von Gesche Groth) agiert weitestgehend allein auf der kargen Bühne, sie ist umgeben von ein paar Wagen, die bis oben hin bepackt sind. An der Seite hat Frank Wacks seinen Platz, er sorgt mit Musik und Klängen für Atmosphäre. Im Hintergrund läuft ein Film mit Kamerafahrten über Hamburgs Straßen. Maria erklärt den Kindern im Publikum und ihren Eltern von der Zuspitzung ihrer Lebensumstände. Es ist ein performatives Stück, dessen nichtlineare Erzählweise die Acht- und Neunjährigen herausfordert. Später, als wir wieder zu Hause sind, muss ich noch manch eine Frage beantworten. Immer Weiter arbeitet in meinen Kindern, denn der Stoff ist nicht ganz einfach, den Christiane Richers vom Theater am Strom Kindern ab acht Jahren vermitteln will – im Ergebnis aber sehr sehenswert. Das Stück hatte im Februar Premiere, im März eröffnet es das Hamburger Kindertheatertreffen im Fundus Theater.

Text: Lisa Scheide

 

Fast Fashion

Die Schattenseiten der Mode zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe bis zum 20. September. Eröffnung ist am 19. März um 19 Uhr.

Ein komplett neues Outfit für ein Taschengeld – die Überflussgesellschaft macht es möglich. Dass billige Mode mit Raubbau an Mensch und Natur teuer erkauft wird – geschenkt? Nicht doch. Die Ausstellung Fast Fashion im Museum für Kunst und Gewerbe geht dem Kreislaufsystem Kleidung auf den Grund, beschreibt die skandalösen Produktionsbedingungen in Entwicklungsländern und zeigt Alternativen wie Re- und Upcycling. Das komplexe Themengebiet Mode wird von allen Seiten beleuchtet: ökonomisch, ökologisch, gesellschaftlich und ästhetisch. Informationen und Hintergründe werden dabei in einem eigens entworfenen Parcours in Szene gesetzt: Der Besucher durchläuft den ganzen Konsumprozess vom Laufsteg über Fotostudio zu Litfasssäule und Schaufenster bis zur Umkleidekabine. Fast Fashion plädiert fürs Umdenken – und dafür, beim nächsten Shopping-Trip zweimal zu überlegen, bevor man ein T-Shirt für fünf Euro kauft.

Text: Michael Weiland