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Zion Train

Die britischen DubHouse-Pioniere fluten den Hafenklang mit Beats und Bässen. Im Vorprogramm: das Tunche Soundsystem aus Hamburg.

Als Zion Train vor ungefähr 25 Jahren auf den Plan traten, wirkte ihre Mischung aus traditionellen Dub-Riddims und flotten, fast schon House-artigen Beats neu und aufregend. Der DubDance war erfunden. Nicht, dass man vorher nicht zu Dub Music tanzen konnte (aber hallo!). Mit dem Neo-Dub von Zion Train (und natürlich auch anderen englischen Bands, Produzenten und Soundsystems) erhielt das angenehm Verkiffte des Genres allerdings einen Stoß in Richtung Wachheit und Up-Tempo – als hätte man einen starken Joint mit zwei, drei ebenso starken Tässchen Espresso kombiniert. Die Live-Performances von Zion Train demonstrieren eindrucksvoll, was „Dub“ bedeutet und wie er entsteht und funktioniert: Band und Vokalisten spielen und singen und liefern damit das akustische Material für den Mixer, der live und spontan entscheidet, wann die Live-Spielenden und in welchem Sound sie zu hören sind. Immer wieder faszinierend!

 

Treib.gut

Wintermatjes aus Glückstadt, Schokoladendatteln aus Hamburgs Norden – die Plattform für Kultur und Kulinarik in Altona bietet nachhaltige Leckerbissen aus der Region.

Ein Hoch auf die Weihnachtszeit! Jedes Wochenende finden gerade irgendwo in der Stadt Designmärkte oder charmante kulinarische Events statt. Am 13. und 14. Dezember wird der Alte England-Fährterminal von 11 bis 18 Uhr zur Plattform für den guten Geschmack. Die Weihnachtsedition von treib.gut bietet wieder Leckeres aus der Region: Obst und Honig aus dem Alten Land, Wintermatjes aus Glückstadt, Schokoladendatteln aus Hamburgs Norden, Winterchtuneys, vegane Bratensaucen und vieles mehr. Gemeinsamer Nenner aller Waren an den 30 Ständen: Sie wurden nachhaltig geerntet, produziert und weiterverarbeitet. Diesmal sind auch junge Kreative und Designer bei treib.gut vertreten, die schöne Dinge rund ums Essen und Trinken anbieten: Kochbücher, Kochlöffel, Küchentücher, alles sehr hübsch – machen sich auch gut unterm Tannenbaum. Drumherum gibt es reichlich Programm: Es wird gebacken, die Lütten können sich zu Schlittenhunden schminken lassen und Weihnachtskarten, Fensterbilder oder Baumschmuck basteln. Livemusik ist übrigens auch am Start.

 

„Fette Beute“

Über Reichtum und Überfluss: Der Fotograf Juergen Teller kommt im Rahmen der Ausstellung zu Besuch ins Museum für Kunst und Gewerbe.

Während Juergen Teller sich selbst mit Kniestrümpfen und in reichlich unvorteilhaften Shorts auf dem Trimm-Dich-Rad vor der elterlichen Schrankwand in Bubenreuth fotografiert, macht sein furios ironischer Blick ebenso wenig vor anderen Motiven halt. Auch deshalb ist seine Fotoserie für das Auktionshaus Phillips, de Pury & Company eine der Höhepunkte der Schau Fette Beute im Museum für Kunst und Gewerbe (MKG), die sich mit Reichtum und Protzerei beschäftigt. Seinen Sohn Ed behängte Teller ebenso mit Schmuck (Foto) wie er seinen Vater alterslüsternd am Ohrring von Eds hübscher junger Patentante fingern lässt. Ein weiterer Höhepunkt ist, dass Teller, der seit 1986 in London lebt, am 14. Dezember um 15 Uhr für ein Gespräch über seine Arbeit in die Ausstellung kommt. Unbedingt rechtzeitig in die Schlange stellen!

Text: Sabine Danek

 

Julian Casablancas

Noch einmal, mit Gefühl: Bevor er mit den Strokes wieder ins Studio zieht, geht ihr Frontmann mit The Voidz düster-punkigen Nebenbeschäftigungen nach.

Dem amerikanischen Rolling Stone erzählte Julian Casablancas neulich, er fühle auf der Bühne nichts bei den alten Songs seiner Band The Strokes. Man kann das sogar nachvollziehen: Vor allem die Durchschlagskraft des Debüts Is This It lässt sich nicht unbegrenzt reproduzieren, ein bockiges Stück wie Last Nite erleidet da schon mal Reibungsverluste. Und Casablancas mag sich nicht wiederholen: Es muss ihn gewurmt haben, dass ausgerechnet die schematische Strokes-Nummer All The Time auf ihrem (sonst ziemlich tollen) letzten Album Comedown Machine als Rückkehr zur alten Form begrüßt wurde. Tyranny – die Platte, die Casablancas nun mit The Voidz eingespielt hat – läuft jedenfalls nicht Gefahr, Fans zu vertraut vorzukommen: Es ist ein düsteres Synthiepunk-Album, das seine Melodien gut versteckt hält, garniert mit einem Cover, das an alte Schlachtrufe-BRD-Sampler erinnert. Das Ganze ist trotz vieler guter Ideen auf faszinierende Art unausgegoren und kein Sound, auf den sich eine Solokarriere gründet – da war Casablancas’ Debüt unter eigenem Namen Phrazes For The Young durchaus zukunftsfähiger. Trotzdem: Dem Strokes-Kopf bei dem zuzuhören, was er gerade für richtig hält, ist immer spannend – und keine der von ihm verantworteten Platten war ohne ihre brillanten Momente. Die muss man auf Tyranny zwar mitunter suchen – im Mojo Club aber hoffentlich nicht, wenn der coolste Frontmann der letzten 20 Jahre vielleicht sogar wieder etwas fühlt.

Text: Michael Weiland

 

Dennis Gastmann

Zu Gast beim Geld: Der Journalist und Satiriker liest aus seinem Buch „Geschlossene Gesellschaft“ und erzählt Anekdoten von seinen Ausflügen in den Jet Set.

Wer von draußen an den Stäben des goldenen Käfigs rüttelt, muss meistens auch dort bleiben. Einer hat es dennoch in die Wohnzimmer der Superreichen geschafft: Der Journalist und Satiriker Dennis Gastmann hat für sein Buch Geschlossene Gesellschaft ein Jahr mit dem Jet Set verbracht und fand eine entrückte Elite vor, deren Geldsorgen eher aus dem Wohin als dem Woher erwachsen. Es gibt vergleichsweise leise Künstler wie den Sohn von Gunter Sachs, der seinen Reichtum tatsächlich als Privileg begreift, aber auch von der realen Welt unbeleckte Idioten mit Geld wie der ukrainische Oligarch Zahoor und seine Frau, die Pop-Diva Kamaliya. Als embedded journalist macht Dennis Gastmann seine Sache vorbildlich: Seine Geschichte lässt eben sich nur als Eingeladener und gelegentlicher Scharlatan hinterm Edelmetallzaun erzählen, mit allen Problemen, die das aufwirft. Aber Geschlossene Gesellschaft ist auch keine investigative Reportage, sondern ein mitunter verwunderter Reisebericht. Ein paar zusätzliche Anekdoten gibt es bei der Lesung im Uebel & Gefährlich.

 

Michel van Dyke

Der Musiker, Song-Autor, Auftragsschreiber und Wahl-Hamburger singt die deutschsprachigen Lieder seines neuen Albums Doppelleben im Knust.

Hits schreiben viele, aber nur wenige Evergreens: Du trägst keine Liebe in dir, Michel van Dykes Song für die Band Echt, könnte man guten Gewissens als solchen bezeichnen, schöner als dieses Herzschmerz-Lied wird deutsche Popmusik nicht mehr. Zwar hat sich van Dyke als Auftragsschreiber einen Namen gemacht, seine eigenen Alben sind allerdings keineswegs zu vernachlässigen, auch wenn dem Hamburger der ganz große Durchbruch verwehrt blieb. So war schon 2001 Die große Illusion eine wunderbare Liedersammlung, auf der mindestens Von vorn anfangen ein Riesenhit hätte werden müssen (ein paar Jahre später versuchte es die Band Neuser damit nochmal, auch eher mit Achtungserfolg). Doppelleben ist nun das erste Soloalbum nach zehn Jahren und zeigt den Songschmied als Meister seines Handwerks. Und mit Nichts von dir preis ist wieder ein großartiger Tränenzieher dabei, den diesmal keine Teenie-Band kriegt.

Text: Michael Weiland

 

Voca People

Außerirdisch: Das ungewöhnliche A-Cappella-Ensemble aus Israel führt sein amüsantes Musikprogramm live im CCH 2 auf.

Während wir Menschen ins All fliegen, ob als Touristen oder Forscher, und mit Raumsonden Kometen namens Tschuri erforschen, sind längst Außerirdische auf unserer Erde gelandet: eine weiße eierköpfige Spezies vom Planeten Voca. Aber keine Angst: Diese Wesen sind äußerst fried- und melodieliebend. Ihr unterhaltsames und musikalisches Talent stellen die fünf Männer und drei Frauen bald auch in Hamburg unter Beweis. In einer Mischung aus A-cappella-Gesang, Beatboxing und Comedy nehmen sie ihr Publikum mit auf eine Reise durch die Hits dieser Welt: In medley-artiger Manier geben sie Stücke zum Besten, die Musikgeschichte geschrieben haben – von Mozart und Beethoven über ABBA und Beatles bis zu Madonna und Pharrell Williams. Mit ihrer außerirdischen Show haben die Voca People am New Yorker Off-Broadway gastiert und sind rund um die Welt getingelt – immer mit ordentlich Tamtam.

 

Harpprecht @Literaturhaus

Publizist und Biograf Klaus Harpprecht stellt im Gespräch mit dem ehemaligen Rowohlt-Verleger und Staatsminister für Kultur, Michael Naumann, seine Memoiren vor.

Wahre Gelehrsamkeit und allgemeine Verständlichkeit treffen nicht oft aufeinander. Klaus Harpprecht ist eine unbestrittene Größe deutscher Zeitgeschichte: Deutschlands erster Redenschreiber für Willy Brandt, der erste Washington-Korrespondent beim ZDF, ZEIT-Autor in Paris. Er bereiste die ganze Welt und sein publizistisches Werk ist enorm. Seine Biografien von Thomas Mann und Marion Gräfin Dönhoff sind beachtlich, sein geschichtliches und tagesaktuelles Wissen scheint unermesslich. Der elegante Herr mit dem süddeutschen Akzent beherrscht außerdem die Kunst, intellektuelle Themen anspruchsvoll und doch interessant für ein breites Publikum aufzubereiten. Seine Memoiren Schräges Licht sind eine Geschichte der Bundesrepublik. Aber er erzählt in ihnen auch erstmals von seiner eigenen Kindheit und Jugend in einer schwäbischen Pfarrersfamilie, vom Durcheinander der 1940er Jahre und vom Verlust seiner beiden Brüder im Krieg. Im Gespräch mit dem früheren Rowohlt-Verleger und ehemaligen Staatsminister für Kultur Michael Naumann spricht der 87-Jährige über seine Erinnerungen.

Text: Natalia Sadovnik

 

Platten im Designxport

Eine Ausstellung im neuen Designzentrum zeigt Albumcover, die Hamburger Gestalter entwarfen. Arbeiten von Typeholics und Rocket & Wink sind dabei.

Im Sommer 2014 eröffnete in der HafenCity ein neues Zentrum für Gestaltung namens Designxport. So sollte Design aus Hamburg einen festen Ort und die Kreativen der Stadt eine Anlaufstelle erhalten. Das Echo darauf fiel unterschiedlich aus – von „überflüssig“ bis „überfällig“ reichten die Kommentare. Zumindest klingt die aktuelle Sonderausstellung recht spannend: Es geht um die Hamburger Musikszene. Gemeint sind nicht Sänger oder Produzenten, sondern jene Menschen, die das Artwork von Tonträgern gestalten. Schließlich gibt es diverse Hamburger Designer, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Die Ausstellung Cover zeigt Werke von 13 Gestaltern beziehungsweise Agenturen. Darunter Typeholics, die das psychedelische Erscheinungsbild der Platte Erdbeben von Fettes Brot verantworten. Ebenfalls ausgewählt wurden Arbeiten von Rocket & Wink, 2erpack studios, Christian Doering for Maison Blessing, Christine Krawinkel, Gudberg Nerger, Ingo Fischer, Katja Rajewski, Kerstin Holzwarth, Nic Blunck, Studio Chapeaux, We Are BüroIBüro und Alex Solman.

Text: Lena Frommeyer

 

Clueso

Der Rapper, Sänger und Songwriter aus Erfurt präsentiert sein jüngstes Werk, „Stadtrandlichter“, live in der O2 World.

Text und Ton hieß sein Debütalbum – und den gleichen Namen trägt nun auch das eigene Label, auf dem Clueso (dessen bürgerlicher Name Thomas Hübner lautet) im September sein jüngstes Studioalbum veröffentlicht hat. Angefangen hat der gebürtige Erfurter als Hip-Hopper, auch wenn sich die Koordinaten mittlerweile deutlich in Richtung Popmusik verschoben haben. Irgendwann hat der mittlerweile 34-Jährige dann nämlich auch verstanden, dass er eine passable Singstimme hat und nicht nur Tracks, sondern auch Lieder schreiben kann. Sein jüngstes Album Stadtrandlichter setzt Clueso mit ein bisschen Elektropop harmlos modernisiert ins rechte Licht, so ist das Ganze zukunfts-, allerdings weiterhin ausbaufähig. Im Vorprogramm treten die sehenswerten AnnenMayKantereit aus Köln auf. Pünktliches Erscheinen ist also ratsam.