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Ich weiß nicht …

… zu wem ich gehöre: Eine Revue über den kleinen Unterschied feiert ihre Premiere am 21. August im Ernst Deutsch Theater.

„Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre …“ – diesen Chanson von Friedrich Hollaender sangen schon viele schillernde Bühnenfiguren. Udo Lindenberg zum Beispiel, und Marlene Dietrich, diffus erotisch mit rauchiger Stimme und weitem Hosenanzug. Das Lied, das gleichermaßen Unentschlossenheit und Unabhängigkeit feiert, ist Titelgeber einer Gemeinschaftsproduktion des Berliner Renaissance-Theaters und des Ernst Deutsch Theaters. Das Grüblerische des Liedes wird in der Revue auf das Verhältnis der Geschlechter übertragen. Was ist der Unterschied zwischen Frau und Mann? Bestimmen Gene oder Gesellschaft, was wir sind? Was wäre, wenn wir tauschen könnten? Neben weiteren Chansons von Friedrich Hollaender werden Lieder von Georg Kreisler und Günter Neumann, Elvis Presley und Udo Lindenberg sowie Texte von Goethe, Shakespeare und Wedekind zu Rate gezogen. Ob es Antworten gibt? Oder läuft die ganze Fragerei am Ende doch nur auf eine Antwort hinaus: „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre, ich glaub, ich gehöre nur mir ganz allein.“

Text: Katharina Manzke

 

LINK (reloaded)

Zwei Hamburger Bands und ein reanimiertes DJ-Duo machen das Kanalspielhaus Flora auf Kampnagel für eine Nacht unsicher.

Für legendäre Techno-Tanztreffen sorgten die DJs Harre und Henry alias LINK in den neunziger Jahren in der Roten Flora, unterstützt vom Visualteam dura lux (1993-2005). In der kleinen Flora, die im Zuge des internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel am Osterbekkanal aufgebaut wurde, findet nun das einmalige Veteranentreffen “LINK (reloaded)“ statt. Wer damals nicht dabei war, kann dies jetzt nachholen. Bevor das DJ-Duo an die Decks tritt, gibt es an selber Stelle noch zwei Bands zu sehen: Helgoland existieren seit 1993, sind zurzeit zu zweit (Bass + Schlagzeug) und spielen eine Variante von Primzahlenjazz, die erst noch erfunden werden muss. Hallo Werner Clan sind im Kern eigentlich auch ein Duo, das aber in letzter Zeit (und auch am 21.8. auf Kampnagel) in der “unplugged“ Version, unterstützt durch Kontrabass, Schlagzeug und Perkussion, auftritt, und dessen Dada-Hop Dich ganz foufou machen wird. Fast besser als Drogen nehmen …

 

Apecrime

Via YouTube in die Plattencharts: Das niedersächsische Schlager-Rap-Comedy-Pop-Trio präsentiert sein Debütalbum, „Affenbande“, live im Knust.

Ursprünglich haben die drei Jungs aus dem niedersächsischen Stadthagen als Entertainer begonnen, die ihre Videos via YouTube ins Netz stellten und sich damit beachtliche Klickzahlen einheimsten. Nachdem Cengiz Dogrul, Christoph Meyer und Andre Schiebler nach Hamburg gezogen sind, konzentrierte sich das Trio auf sein musikalisches Standbein. Bei den Videodays im August 2013 absolvierten Apecrime mit dem Stück Ich trau mich nicht einen umjubelten Auftritt in der Kölner Lanxess Arena. Die zweite Single, Swing Dein Ding, enterte Anfang dieses Jahres die Top 20 der deutschen und österreichischen Charts. Gute Voraussetzungen also auch für einen anständigen Abverkauf des Affenbande betitelten Debütalbums von Apecrime, das dieser Tage aus dem Presswerk in die Läden gelangt ist. Man kann davon ausgehen, dass der Knust an diesem Abend nicht gerade leer bleiben wird.

 

 

The Garden

1990 drehte Derek Jarman eine queere Passionsgeschichte im eigenen Garten. Seine subjektive Eden-Vision ist im Metropolis Kino zu sehen.

Als der 1994 verstorbene britische Filmemacher Derek Jarman (Jubilee, The Tempest – Der Sturm, Caravaggio, Wittgenstein) in den 1980er Jahren eine Gartenparzelle samt einer im Jahr 1900 erbauten hölzernen Fischerhütte im südenglischen Dungeness erwarb, freute er sich darüber, dass es dort – in der Nähe eines Atomkraftwerks – so gut wie keine Spaziergänger gab. Inzwischen ist der Garten an der Küste von Kent, den Jarman mit Feuersteinknollen, Treibholz und verrosteten Eisenobjekten künstlerisch gestaltete, ein Wallfahrtsort für unorthodoxe Gartenfreunde aus aller Welt geworden. In seinem Film The Garden aus dem Jahr 1990 hat Jarman das karge Areal zum Schauplatz einer queeren Passionsgeschichte gemacht und dort seine sehr subjektive Vision eines Garten Eden entworfen. Selten sind sich Garten- und Filmkunst so grün gewesen!

 

Bear Hands

Elektronisch angereicherter Postpunk von Kunsthochschulabsolventen und MGMT-Freunden aus Brooklyn, New York – live in der Prinzenbar.

Mal wieder Lust auf Kunsthochschul-Punks? Bear Hands aus Brooklyn pflegen jene Art von sittsamer Ausgelassenheit, mit der man zwar keine gesellschaftlichen Umbrüche vorantreibt, aber wenigstens die Party am Laufen hält. Dylan Rau und Ted Feldman lernten sich auf dem College kennen, wo sie mit den beiden Köpfen von MGMT befreundet waren, eine gewisse Brüderschaft im Geiste lässt sich auch nicht abstreiten. Wo sich Ben Goldwasser und Andrew van Wyngarden allerdings wenig um Erwartungshaltungen ihres Publikums scheren, geben sich Bear Hands etwas bodenständiger und straighter: Ihr elektronisch angereicherter Postpunk ist tanzbar und ein bisschen retro, leicht zu konsumieren und immens eingängig. Diesen Monat erscheint ihr zweites Album Distractions, das gewiss sein Publikum finden wird. Und kein kleines.

Text: Thorsten Moor

 

Katriana

Die Sängerin und Songschreiberin aus Hamburg trägt die Songs ihres Albums „Aber klar doch“ gemeinsam mit ihrem Live-Trio auf der Barkasse Hedi vor.

Wer in Hamburg wohnt und sich für Singer/Songwriter-Pop interessiert, dem müsste in den letzten Jahren der Name Katriana hier und dort begegnet sein. Falls nicht, wird es dafür jetzt mal höchste Zeit. Die Sängerin, Songschreiberin und Band-Leaderin ist, was das Absolvieren von Live-Auftritten und Touren angeht, alles andere als faul. Zur Präsentation ihrer aktuellen CD, Aber klar doch (wie ihre bisherigen Tonträger ebenfalls bei Pussy Empire Redcordings erschienen), bereiste sie – stets in Begleitung der Cellistin Monika Fughe und der Schlagzeugerin Dörte Schüler – im letzten Jahr immerhin 35 Städte. Jetzt geht’s weiter. Und da Katriana in Hamburg schon so einige der üblichen Live-Club-Verdächtigen bespielt hat, findet ihr nächster Gig – übrigens auch nicht zum ersten Mal – an Bord der Barkasse Hedi statt.

 

Wortpicknick

Dichter sterben, ihre Werke leben weiter. Und manchmal trifft man sie im ganz neuen Gewand wieder, zum Beispiel Mittwoch in Planten un Blomen.

Wer tot ist, kann sich nicht mehr wehren. Das gilt für tote Kung-Fu-Meister und Diktatoren ganz genauso wie für Dichter und Denker. Am Mittwoch macht sich Faust aufs Auge – Titel Toter Dichter, neu aufgelegt diesen Umstand zunutze. Die Literaturwerkstatt von barner 16, ein in Altona ansässiges Netzwerk von Künstlern mit und ohne Handicap, und die Hamburger Schriftstellerin Daniela Chemelik tragen an diesem Abend Neugedrehtes und -gewendetes großer Dichter, von Goethe bis Tschechow, vor. Mit Schere, Wörterbuch, Pinzette und Metapherwürfel wurden die Werke der unvergessenen Meister so verändert, dass sie im ganz neuen Licht erscheinen, ohne Rücksicht darauf, ob der eine oder andere sich dazu im Grabe umdrehen oder in frenetischen Applaus ausbrechen würde. Tot ist tot, Faust aufs Auge! Für die musikalische Abrundung des Abends sorgt der Berliner Songwriter Claudius Mach mit seinen Liedern, irgendwo zwischen Charme und Schnauze. Und da findet dann alles wieder zusammen, denn, Anstand hin oder her, was könnte man auf einem Grab besseres tun, als das Leben fröhlich zu betanzen?

Text: Miriam Mentz

 

Crash Fest

Zum zweiten Mal lässt es der Kultursommer auf der Trabrennbahn festlich krachen. Mit Blink 182, Frank Turner & The Sleeping Souls, Terrorgruppe u. a.

Der ein oder andere mag sich noch an die erste Crash-Fest-Ausgabe aus dem letzten Jahr erinnern. Mit NOFX, Bad Religion, Slime u. a. wurde ein Line-up an einem Tag versammelt, das man sonst über ein Wochenende verteilt bei einem Festival erwarten würde. Genauso läuft es nun – wie vermutet – auch bei Ausgabe Nummer zwei. Am Mittwoch bespielen die Terrorgruppe, Zebrahead, The Flatliners, Frank Turner & The Sleeping Souls und die seit 2009 wiedervereinten Blink 182 die Trabrennbahn Bahrenfeld. Ein Programm, bei dem man nur schwer Wortwitze mit All The Small Things unterbringen kann also, das dafür aber reichlich Raum bietet, um in Erinnerungen an wilde Jungpoppunker-Tage zu schwelgen, Frank Turner nach seiner letzten ausverkauften Club-Show doch noch mal live zu sehen, einen Pogo auf die Wiese zu legen oder einfach mal zu schauen, was man wohl vom neuen Blink 182 Album erwarten darf, das die Band kürzlich angekündigt hat.

 

Otto Normalverbraucher

Eine der bekanntesten Figuren der Krimi-Literatur steigt auf die Bühne des Imperial Theaters: „Jerry Cotton jagt den New York Ripper“. Interview mit dem Hauptdarsteller Stefan Brentle.

SZENE HAMBURG: Jerry Cotton existiert seit 1954. Die Heftchenromane erschienen in einer Gesamtauflage von circa 950 Millionen Exemplaren. Wie fühlt es sich an, eine Kultfigur zu verkörpern?

Stefan Brentle: Das ist sehr spannend. Ich kenne die Heftchen noch aus meiner Jugendzeit. Und ich finde mich in dem Charakter total wieder.

Inwiefern?

Dafür zitiere ich mal aus meinen Unterlagen: „Jerry Cotton ist hart, aber herzlich, besitzt Sinn für Humor und ist durchschnittlich intelligent.“ Das passt auch zu mir. Eigentlich ist er ein Otto Normalverbraucher.

Im Imperial Theater kommt Jerry Cotton zum ersten Mal auf eine Theaterbühne. Er jagt den New York Ripper. Wie ist die Textfassung entstanden?

Frank Thannhäuser hat sich dabei nicht an einem bestimmten Jerry-Cotton-Roman orientiert, sich aber strikt an die Vorlagen der Ripper-Bücher gehalten. Der Tathergang wird komplett entlehnt, aber in die Neuzeit, nach New York im Jahr 1963, verlegt.

Was haben diese beiden Krimi-Mythen gemeinsam?

Beide sind nicht wirklich greifbar. Im alten London sind sie immer ganz dicht hintendran an Jack the Ripper … Und doch kriegen sie ihn nicht. Und in den Cotton-Büchern wird nie beschrieben, wie Jerry Cotton aussieht. Durch die Theaterfassung lernt man Cotton erst richtig kennen. Ich möchte die Rolle so umsetzen, dass männliche Zuschauer denken: Coole Socke! Mit dem würde ich angeln gehen. Und dass die Frauen sich denken: Was für ein netter, charmanter Mann!

Interview: Katharina Manzke

 

Shaggy

Mr. Boombastic ist zurück – und versucht mit seinem aktuellen Album, „Out Of Many One Music“, an frühere Erfolge anzuknüpfen.

„Wie die Elfe durch das Unterholz sei Shaggy im Jahr 1993 mit seinem damaligen Debüt-Album Pure Pleasure über die Musik-Szene hereingebrochen. Nun, den 1968 in Kingston geborenen Musiker, der mit bürgerlichem Namen Orville Richard Burrell heißt, mit einer Elfe zu vergleichen, ist schon ziemlich gewagt. Was damit eigentlich gesagt werden soll: Erst durch Shaggys Hit Boombastic, clever vermarktet in Kooperation mit einem bekannten Jeans-Hersteller, haben die allermeisten Musikhörer hierzulande zum ersten Mal von einem jamaikanischen Stil namens Dancehall gehört. 1996 gewann Shaggy dafür einen Grammy, zwei Jahre später erntete er für den Song My Dream die Goldene Himbeere – für den schlechtesten Song, der in einem Film verwendet wurde. Danach folgten weitere Tracks und Alben, It Wasn’t Me war 2001 ein weiterer veritabler Hit, ebenso wie Feel The Rush, das im Rahmen der Fußball-EM 2006 auf den ersten Platz der hiesigen Single-Charts stürmte. Ob er mit seinem aktuellen, immerhin mit Sly & Robbie produzierten Album, Out Of Many One Music, an frühere Erfolge anknüpfen kann?