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„LaRed – Das Netz“

Faszinierendes Wechselspiel: Bei „LaRed – Das Netz“ trifft Akrobatik auf Tanz und Neuer Zirkus auf multimediale Kompositionen.

Lissajous-Figuren sind Kurvengraphen. Sie entstehen durch die Überlagerung zweier harmonischer Schwingungen. Und wenn es dabei zu einer leichten Abweichung kommt, dann entsteht der faszinierende Effekt einer langsam rotierenden Figur in 3 D. Man kann dies als Sinnestäuschung auffassen, aber auch wesentlich bedeutungsvoller als eine Ästhetik der Physik. So sieht es auch die Familie Lizajous, ein avantgardistisches, interdisziplinäres Kollektiv aus Wissenschaftlern, Medienkünstlern, Musikern und Akrobaten zwischen Hamburg und Barcelona.

Sie verstehen Licht und Schall als physikalische Schwingungen und übersetzen diese zu einer ganz eigenen Art der Ästhetisierung des Raums in Beleuchtung und Klang – Überraschungen sind inbegriffen. In LaRed – Das Netz, dem neuesten Stück der Familie Lizajous, verbindet sich die spielerische Offenheit des Cirque Nouveau mit virtuellen Elementen. Auf der Suche nach dem autonomen Selbst geratene Akteure, sphärische Musik und Gesang bilden ein faszinierendes Wechselspiel, in welchem alles miteinander verbunden zu sein scheint. Am Wochenende ist die Show zu Gast im Hamburger Sprechwerk.

Text: Reimar Biedermann

 

Foxygen

Große Posen und Hippie-Sound: Foxygen live zu sehen ist wie eine Reise in ein längst vergangenes Jahrzehnt.

Große Gesten á la Mick Jagger oder Iggy Pop auf der Bühne machen geht nicht mehr? Da kennt man Foxygen schlecht. Sänger Sam France und Gitarrist und Keyboarder Jonathan Rado wirken dabei alles andere als überzogen. Aber nicht nur die Posen erinnern an alte Zeiten – auch ihre Musik tut es und beweist, dass die Hippie-Ära noch nicht tot ist. Mit ihren beiden Platten Take The Kids Off Broadway und We Are The 21st Century Ambassadors of Peace & Magic, die im letzten Januar erschienen ist, belegen sie ihre Liebe zu alten analogen Zeiten. Die Produktionen sind gleichzeitig aber auf dem neusten Stand. Besonders live wirken Foxygen, als würden sie nicht ins heute gehören. Das liegt vor allem an der Band, die den besonnenen Stücken mehr Dynamik einhaucht. Eine Zeitreise in die Sechziger/Siebziger gefällig? Dann kommt am Dienstag ins Molotow!

Text: Andra Wöllert

Treefort #2: Foxygen – „Shuggie“ from INTOTHEWOODS.TV on Vimeo.

Foxygen – ‚On Blue Mountain‘ | A Take Away Show from La Blogotheque on Vimeo.

 

„Griechenland aus der Steckdose“

Die Tierarztpraxis Dr. Costa aka DJ Costa rockt das Golem mit einem Mix aus griechischer Folklore und Electronica.

Es ist erst wenige Jahre her, als in Griechenland eine Gesetzesvorlage diskutiert wurde, die vorsah, Bars und Clubs wochentags spätestens um 5 Uhr morgens zu schließen. Zehntausende gingen daraufhin zwischen Athen und Thessaloniki auf die Straße. An einem Dienstag um fünf Uhr morgens nach Hause gehen? Vollkommen inakzeptabel!

Mit derselben Einstellung hatte – vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch – DJ Costa im Jahre 2001 in der Schilleroper erstmals aufgelegt, einen rasanten Mix aus griechischer Musik von Schlager bis Rembetiko, unterlegt mit elektronischen Beats. Im Wesentlichen das, was in jeder griechischen Disko passiert: Englischsprachige Charts-Musik läuft da lediglich im Hintergrund zum Warmwerden. Die Tanzflächen füllen sich erst, wenn auf Griechisch gesungen wird.

Seit 2001 hat sich in Griechenland einiges verändert, die guten Zeiten sind vorbei, der Ruf angeschlagen. Aber eines gilt nach wie vor: Die Griechen wissen, wie man feiert. Den Bewies tritt DJ Costa im Golem an, wenn er unter dem Motto Griechenland aus der Steckdose alle Register des griechischen Partyalphabets zieht.

Text: Nik Antoniadis

 

„Poets On Dice“

Literarischer Gladiatorenkampf: In der Poetry Game Show im Nachtasyl treten fünf kampferprobte Slammer gegeneinander an.

Das Nachtasyl lädt ein zur dritten Ausgabe der Instant Poetry Game-Show des Hamburger Vereins Writer’s Room. Die Regeln für diesen skurrilen und äußerst kurzweiligen Wettbewerb sind einfach: Per Würfelwurf werden zufällige Bildsymbole ermittelt, die dann in kürzester Zeit zu Geschichten zusammengefügt werden müssen, und zwar in vorgegebenen Szenarien. Je origineller, desto besser. Als literarische Gladiatoren treten dieses Mal an, die Autorin Sigrid Behrens, die Texterin Regina Pichler, der Konzepter Jürgen Nerger sowie Charlotte Parnack und Daniel Haas, eigentlich Kollegen in der Hamburger ZEIT-Redaktion, an diesem Abend aber erbitterte Widersacher. Denn: Es kann nur einen geben. Und der wird vom Publikum am Ende des Abends gewählt. Also, Daumen hoch oder Daumen runter für die Poets on Dice.

Text: Nik Antoniadis

 

Einstellungsraum e.V.

Das Fotoprojekt „Passage“ von Jost Hinrichsen und Thomas Hansen handelt vom Schweigen in der Geschäftigkeit.

Die Künstler von Einstellungsraum e.V. haben es sich zum Ziel gesetzt, zeitgenössische Kunst und kulturelle Phänomene der Gegenwart zu ergründen. Fotografie und Sound verbindet die neue Ausstellung, die von Orten handelt, davon, wie man sie zum Schweigen bringen kann, wie sie in der Erinnerung einfrieren, zu Bildern im Kopf werden oder zu rasen beginnen. Darum dreht sich das Fotoprojekt Passage von Jost Hinrichsen und Thomas Hansen. Es handelt vom Schweigen inmitten eines Umfeldes, das permanenter Geschäftigkeit ausgesetzt ist. Die Gemeinschaftsarbeit gliedert sich in zwei Teile: eine Serie mit zwölf Schwarzweiß-Fotos im Erdgeschoss und eine Diaschau mit Klangkomposition im Kellerraum der Galerie. Zur Eröffnung wird eine Einführungsrede gehalten.

Text: Sabine Danek

 

„Lady Salsa“

Tanz, Rum und Revolution: Sechs Jahrzehnte kubanische Musikgeschichte verpackt in eine feurige Show im St. Pauli Theater.

Lady Salsa ist eine Reise über Zuckerrohrfelder, durch Havannas Clubs und die Kabaretts mit Mambo, Cha-Cha-Cha und Salsa. Der kubanische Choreograf Roclan Gonzales Chaves hat bereits mit Enrique Iglesias zusammengearbeitet und bringt in seiner Show die Musik Kubas auf die Bühne. Zusammen mit über 30 Musikern, Tänzern und Sängern blickt er zurück auf das Kuba der 1950er Jahre vor der Revolution, als aufwendige und pompöse Shows in den Luxushotels entstanden und gleichzeitig bereits das Aufbegehren des Volkes zu spüren war. Die Zeitreise endet im neuen Kuba, dessen Musikszene nach der Lockerung der US-Sanktionen internationalen Aufschwung erfährt und einer neuen Generation kreative Möglichkeiten bietet. Besonderes Leckerli: Am 28. Mai findet die erste Voraufführung im St. Pauli Theater statt.

Text: Aaltje Anhalt

 

„L-Filmnacht“

Filmische Pflaster für gebrochene Frauenherzen: Der lesbische Kinoabend im Metropolis zeigt fünf Kurzfilme von zwei Kontinenten.

„Und an diesem wunderschönen Frühlingstag verliebte sich unsere Jungfrau unsterblich.“ Das kleine Mädchen hebt skeptisch die Augenbrauen. „In die Prinzessin?“ „Genau“, sagt die Erzählerin. „In die Prinzessin.“ So steht’s im Drehbuch von Die Maid und die Prinzessin, einem von fünf Kurzfilmen in der L-Filmnacht im Metropolis. Fünf Pflaster für gebrochene Frauenherzen, fünf mit Sehnsucht aufgepumpte Ballons, alles in einer Nacht. Bei der L-Filmnacht werden sehr unterschiedliche, rührende, zärtliche, komische Geschichten aus Deutschland, Australien, Norwegen und dem Senegal erzählt, die – so will es der Veranstalter – das Alphabet lesbischer Liebe präsentieren: Von M wie Martha bis P wie Prinzessin, von F wie Frauensache bis D wie „Du schon wieder!“

 

Hagen Rether

Liebe und Lakonie: Mit weisem Witz kommentiert der Comedian in der Laeiszhalle das gesellschaftliche Weltgeschehen.

Das Handwerk des Comedians gründet ja bekanntlich neben den Inhalten im Spiel mit den Affekten des Zuschauers. Das Paradebeispiel ist Mitlacher-Stand-up Mario Barth: „Nä?! Ist doch so!?!“ Im Vergleich dazu erscheint Berufslakoniker Hagen Rether geradezu als Comedy-Weiser, kleidet er seinen Spott doch in zarte Ansprache statt laute Wumme. Seit mehr als fünfzehn Jahren tourt er mit seinem stets quartalsaktuellen Programm Liebe durch das Land, mit klugem Blick doziert er über das gesellschaftliche Weltgeschehen, fein abgerundet und kommentiert mit dem Piano, das Ganze vor der Kulisse der Laeiszhalle. Warum man lieber ihm zuhört als anderen, hat mit dem Gefühl zu tun, dass man aus seiner Show tatsächlich etwas Bedeutsames mitnimmt – für das Leben. Dargebracht in angemessenem Ton und perfektem Timing. Das ist gewiss eine Kunst. Warum also immer laut lachen, wenn man sich auch mal ganz leise so sehr über etwas freuen kann.

Text: Reimar Biedermann

 

Autoren zu Gast

In welchen Hamburger Privatwohnungen bei „Literatur in den Häusern der Stadt“ gelesen wird, bleibt bis kurz vorher geheim.

Der Einfluss von Orten auf Literatur sollte nicht unterschätzt werden: Nicht überall entfalten sich die Worte gleichermaßen gut, ob nun gerade aus der Feder entschlüpft oder bei einer Lesung. Das Festival Literatur in den Häusern der Stadt verspricht besonders viel Harmonie zwischen Werk, Autor und Leseort.

Das Programm vom 27. bis 31. Mai findet an verschiedenen Orten statt. Im Pianohaus Trübger stellt der Musikjournalist Bjørn Woll sein Interviewbuch vor, in dem Sängerinnen und Sänger Einblicke in ihre Kunst geben. Um ein Unternehmen, das in einer düsteren Zukunft Glück garantiert, dreht sich der spannende Thriller Score von Martin Burckhardt, der in den Räumen der Techniker Krankenkasse vorgelesen wird.

Wie die Atmosphäre von Privatwohnungen mit den Lesungen zusammenpasst, bleibt eine Überraschung: Erst kurz vor der Veranstaltung werden die Adressen der Gastgeber, die überall in der Stadt verteilt sind, bekannt gegeben. Auf dem Programm stehen Autorenlesungen mit Hanns Zischler, Petra Hartlieb (Foto), Michel Bergmann, Herbert Feuerstein und anderen. Es lohnt ein Blick in das Programm.

Text: Katharina Manzke

 

Kaltstart

Bühnenprofis: Das Theaterfestival im Kulturhaus 73 zeigt in seiner zehnten Runde spannende Produktionen junger Theatermacher.

In seinen Anfängen genoss das Kaltstart Theaterfestival Hamburg, das nun in die zehnte Runde geht, in der überregionalen Presse einen Ruf als „unbekanntestes Festival Norddeutschlands“. Diese Zeiten sind lange vorbei. Timo von Kriegstein, der in diesem Jahr die künstlerische Leitung wieder von Anne Schneider übernimmt, hat erneut zehn Tage mit aufregenden Produktionen junger Theatermacher der deutschsprachigen Stadt- und Staatstheaterszene, aber auch der Freien Szene zusammengestellt.

In der Reihe Kaltstart Pro sind diesmal Produktionen unter anderem von der Volksbühne Berlin, vom Schauspielhaus Köln und von der Schaubühne Berlin eingeladen. Die Autoren-Lounge bietet dem Autorennachwuchs ein Forum. Die Plattform Sprungbrett präsentiert den studierenden Nachwuchs aus und jenseits von Hamburg. Nach längerer Pause ist in diesem Jahr auch Fringe wieder mit dabei, eine Plattform für Produktionen der freien Performance-Szene. Alles schön kompakt an einem Ort, im Kulturhaus 73. Nach dem Auftakt am 28. Mai geht das Festival bis zum 6. Juni.

Text: Annette Stiekele