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Die Konjunktur nimmt Fahrt auf

Wenn alle Signale auf Grün stehen, bewegt sich auch die deutsche Konjunktur, von der das fast niemand mehr erwartet hatte. Gegenüber dem dritten Quartal war das reale BIP im vierten Quartal mit einer Verlaufsrate von etwas mehr als 2,8 Prozent gestiegen (also annualisiert oder hochgerechnet auf ein ganzes Jahr), sodass sich erstmals seit Langem die Output-Lücke verringert hat. Vorlaufende Indikatoren wie die Auftragseingänge in der Industrie oder die Ifo-Umfragen deuten darauf hin, dass der Aufschwung weitergehen wird. Weiter„Die Konjunktur nimmt Fahrt auf“

 

QE beschleunigt das Bankensterben

Für die Banken wird es eng, wenn ihre Zinseinnahmen weiter sinken. Sie sind ihre wichtigste Einnahmequelle. Durch das Quantitative Easing (QE), den massiven Ankauf von staatlichen Anleihen und anderen Vermögenswerten durch die Notenbanken des Eurosystems, das nächsten Monat beginnt, dürften vor allem die Zinsen für längere Laufzeiten unter Druck geraten – die kurzen haben ja bereits die Nulllinie erreicht. Obwohl die Banken nicht fürchten müssen, dass die Leitzinsen in den nächsten Jahren erhöht werden und sie daher davon ausgehen können, dass sie ihre Kredite und festverzinslichen Wertpapiere weiterhin fast kostenlos und ohne großes Risiko am Geldmarkt und durch Einlagen ihrer Kunden finanzieren können, schmilzt ihnen doch die sogenannte Marge weg. Je flacher die Zinskurve ist, also je geringer der Abstand zwischen den kurzfristigen und den langfristigen Zinsen, desto weniger bleibt für sie übrig. Mit der sogenannten Fristentransformation lässt sich kaum noch Geld verdienen. Weiter„QE beschleunigt das Bankensterben“

 

Wege aus der Zinsfalle

Gerade ist ein Buch mit dem Titel „Die Zinsfalle“ erschienen, in dem Eckhard Sauren zusammen mit drei Kollegen auf 244 Seiten beschreibt, wie die Niedrigzinsen Anleger zu neuen Strategien zwingen. Als Dachfondsmanager ist seine Kölner Firma auf die unabhängige Analyse von Fondsmanagern und ihren Produkten spezialisiert. Das Buch ist seriös gemacht, verständlich geschrieben, mit zahlreichen Grafiken, volkswirtschaftlich gut fundiert und insgesamt ein nützlicher Leitfaden durch insgesamt sechs Assetklassen und drei Arten von Fonds. Wie die Autoren betonen, hängt es vom Alter, dem Einkommen, der Risikobereitschaft und natürlich der Lage am Kapitalmarkt ab, wie viel von welchen Assets der Anleger in sein Portfolio aufnehmen sollte. Adressaten sind aber nicht nur die Privatanleger, sondern ebensosehr institutionelle Investoren wie Versicherungen, Banken oder Pensionskassen. „Je intensiver wir uns mit den rückläufigen Zinsen auseinandersetzten, desto klarer wurde uns, dass ein Großteil der Anleger nicht sinnvoll für die Zukunft aufgestellt ist und in der Zinsfalle steckt.
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„Der schwache Euro macht uns faul“

Schön, wenn man Vorurteile hat. Am Sonntag hatte Lisa Nienhaus in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung die Politik der EZB auf’s Korn genommen. Ihre These: Versucht eine Notenbank – wie zur Zeit die EZB mit ihrem quantitative easing – durch eine expansive Politik de facto den Außenwert der Währung abzusenken, mag das neue Arbeitsplätze schaffen und sogar höhere Löhne mit sich bringen, aber das wird überkompensiert durch ein verlangsamtes Wachstum der Produktivität, also des allgemeinen Wohlstands: „So schafft eine solche Situation Faulheit.“ Statt sich anzustrengen und attraktive Produkte auf den Markt zu bringen, werden Nachteile im internationalen Wettbewerb einfach durch Preissenkungen ausgeglichen. Das ist für sie das italienische Modell, das inzwischen das Modell Eurolands geworden sei. Aus welchem Land kommt noch mal Mario Draghi?
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Leute, macht Schulden!

Im Augenblick kann sich der Bund für zehn Jahre Geld zu einem Festzins von 0,35 Prozent leihen; auch für 30 Jahre sind es nicht mehr als 1,07 Prozent. Gemessen an den Inflationserwartungen sind das negative Realzinsen. Die Marktteilnehmer schenken dem Staat gewissermaßen Geld, Mario Draghis quantitative easing sei Dank.

Auf der Basis inflationsgeschützter Bundesanleihen lässt sich berechnen, dass am Markt für die kommenden zehn Jahre eine durchschnittliche Inflationsrate von 0.94 Prozent erwartet wird, ähnlich wie übrigens in Frankreich (1,11 Prozent) und Italien (0,98 Prozent). Die EZB publiziert außerdem regelmäßig die Inflationserwartungen „professioneller Prognostiker„. Der folgenden Grafik ist zu entnehmen, dass sie in fünf Jahren eine Rate in der Größenordnung 1,7 bis 1,8 Prozent vorhersagen. Zwar beziehen sich die Zahlen auf den gesamten Euroraum, dürften für Deutschland aber nicht viel anders sein. So oder so, nach beiden Ansätzen übertreffen die Inflationserwartungen die nominalen Bondrenditen beträchtlich. Ob sie sich am Ende auch als zutreffend erweisen, ist allerdings nicht ausgemacht.
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Restriktive Finanzpolitik gefährdet den Euro

Genug ist genug: Das Wirtschaftswachstum ist vor allem in der Peripherie des Eurolands seit Jahren so gering, dass dort zunehmend gefragt wird, was der Euro eigentlich bringt. Die überwiegende Mehrheit möchte den Euro zwar behalten, die euro-skeptischen Parteien aber haben starken Zulauf. Sie sind nicht für eine Abschaffung, die Regeln und Auflagen sind ihnen jedoch zu streng und sie würden sie gerne ändern. In den vergangenen sieben Jahren sind weder zusätzliche Arbeitsplätze entstanden, noch hat es einen Anstieg des allgemeinen Wohlstands gegeben. Ganz im Gegenteil, im Süden Europas, liegen die Arbeitslosenquoten immer noch zwischen 13 und 26 Prozent. Das Fatale an der Sache ist, dass die europäische Wirtschaftspolitik auf pro-zyklische Weise versucht, die angeblich gefährliche Staatsverschuldung durch forciertes Sparen statt durch Wirtschaftswachstum in den Griff zu bekommen.
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Die Welt auf dem Weg in die Deflation

Anleger müssen sich darauf einstellen, dass die Inflationsraten bei den Verbraucherpreisen auf Jahre hinaus sehr niedrig bleiben werden und mit ihnen die Leitzinsen in den Industrieländern. Disinflation und Deflation sind inzwischen weltweite Phänomene, weil das globale Sozialprodukt langsamer zunimmt als das potenzielle. Insgesamt gibt es daher beträchtliche freie Kapazitäten, auch am Arbeitsmarkt. Preiskämpfe sind die Folge. Für’s Erste ist es nicht mehr nötig, sich gegen das Risiko steigender Inflationsraten zu schützen.

Sogar in den USA kann in diesem Jahr damit gerechnet werden, dass die Verbraucherpreise gegenüber dem Durchschnitt von 2014 eher leicht fallen als steigen werden, und das trotz robusten Wirtschaftswachstums. Im Euroland lag das Preisniveau zuletzt um 0,2 Prozent unter seinem Vorjahreswert. Nach den Frühindikatoren wie Wachstum, Arbeitslosigkeit, Einfuhrpreise oder industrielle Erzeugerpreise zu urteilen kann es 2015 bei negativen Inflationsraten bleiben. Es muss beunruhigen, dass selbst in China, der Wachstumslokomotive der Welt, die Preise mit Raten von weniger als zwei Prozent zunehmen.

In den OECD-Ländern werden die Notenbanken bei ihrer Nullzinspolitik bleiben. Ich halte es sogar für wenig wahrscheinlich, dass die Fed, wie allgemein erwartet, bereits in diesem Jahr die Zinsen erhöhen wird – der starke Dollar wirkt bereits recht restriktiv. Die Renditen der Staatsanleihen sind im vergangenen Jahr angesichts der Inflationsaussichten und der expansiven Geldpolitik stark gefallen. Trotzdem gibt es noch Luft nach unten, vor allem bei den Anleihen der USA und der Länder in der Peripherie des Euroraums. Noch sind die europäischen Renditespreads größer als vor dem Ausbruch der Finanzkrise, dabei hat das Risiko stark abgenommen, dass der Euro scheitern wird. Das institutionelle Sicherheitsnetz ist in den vergangenen Jahren durch die zentralisierte Bankenaufsicht und den Europäischen Stabilitätsmechanismus entscheidend verstärkt worden, zudem auch durch die Aussage von Mario Draghi, dass die EZB alles tun werde, damit der Euro stabil bleibt – es fehlt der EZB ja nicht an finanzieller Feuerkraft. Griechenland wird Mitglied der Währungsunion bleiben.

Ich denke, der größte Teil der Euroabwertung liegt vor allem aus den vier folgenden Gründen hinter uns:

  1. Durch den Verfall der Energiepreise kommt es zu einem Kaufkraftschub, der das Wachstum anschiebt.
  2. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen hat sich stark verbessert, so dass der Außenbeitrag und damit die Endnachfrage höher ausfallen werden als erwartet.
  3. Die Finanzpolitik wird der Tendenz nach endlich weniger restriktiv: In Deutschland gibt es inzwischen Haushaltsüberschüsse, die Auflagen für Griechenland dürften gelockert werden, und insgesamt wird sich angesichts der weitverbreiteten Anti-Euro-Bewegungen die Erkenntnis durchsetzen, dass die Sparpolitik nicht übertrieben werden sollte.
  4. Vermutlich werden auch die sogenannten geopolitischen Spannungen nachlassen: Russland wird erkennen, dass weitere Gebietserorberungen in der Ukraine kontraproduktiv sind.

Wo der Ölpreis seinen Boden finden wird, ist nur schwer abzuschätzen. Wenn er wie 2008/2009 am Ende um vier Fünftel fallen sollte, könnte der Wendepunkt bei 23 Dollar liegen. Andererseits halte ich selbst ein Niveau von 60 Dollar für hoch – es bedeutet nämlich, dass die Barrelpreise in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich mehr als 10 Prozent pro Jahr gestiegen wären, also viel rascher als das nominale Sozialprodukt der Welt. Es gibt zurzeit eher einen Überschuss als einen Mangel an Energie.

Dass sich die Aktienmärkte so gut halten, trotz Deflation und moderatem Wachstum, hat vor allem damit zu tun, dass die Anleiherenditen vielfach nicht mehr attraktiv sind – die Rendite zehnjähriger Schweizer Anleihen ist inzwischen auf -0,07 Prozent gesunken, die der Bundesanleihen auf +0.46 Prozent. Dividendenrenditen sind deutlich höher. Wie fast immer, sind europäische Aktien nach mehreren Kriterien deutlich billiger als amerikanische – Anleger sind bereit, für den besonderen Status der US-Unternehmen eine Prämie zu zahlen. Ich vermute, dass sich die Differenz gegenüber europäischen Aktien vermindern wird, wenn es im Verlauf des Jahres wieder bessere Wirtschaftsnachrichten von dieser Seite des Atlantiks gibt.

Ausführliches zur wirtschaftlichen Entwicklung in den USA und Euroland, den Effekten des Ölpreisverfalls und den Aussichten bei Aktien, Anleihen und Wechselkursen finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – Deflation is here, January 2015*) (pdf, 562 KB)

*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)

 

QE – viele Gewinner, kaum Verlierer

Mario Draghi wirbt in diesen Tagen vor allem in Deutschland intensiv um sein Projekt, durch den massiven Ankauf von Staatsanleihen (Quantitative Easing, kurz auch QE genannt) die Konjunktur zu stimulieren und das Abgleiten in die Deflation zu verhindern. Am Freitag hat er dem Handelsblatt eines seiner seltenen Interviews gewährt. Er weiß, dass es vor allem auf die öffentliche Meinung unseres Landes ankommt, da der deutsche Steuerzahler de facto das größte Risiko zu übernehmen hat und es eine Katastrophe wäre, wenn Jens Weidmann und Sabine Lautenschläger, die beiden deutschen Mitglieder des EZB-Rats, aus Protest gegen eine aus ihrer Sicht unsolide Geldpolitik zurücktreten würden. Um meine Einschätzung vorwegzunehmen: Ich weiß nicht, ob QE schon die Wende bringen kann, und ob es nicht bessere Alternativen gibt, es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung, und er ist nicht übermäßig riskant.
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Banken noch nicht aus dem Schneider

Ich halte die Ruhe an den europäischen Kapitalmärkten für trügerisch. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht, auf sich allein gestellt, sind die Banken im Allgemeinen nicht solide finanziert und daher immer noch sehr krisenanfällig. Nach wie vor verfügen sie, anders als „normale“ Unternehmen, nur über dünne Kapitalpolster, was ein Indiz dafür ist, dass sie darauf vertrauen, in einer Krise wegen ihrer angeblichen Relevanz für das große Ganze erneut von big daddy, den Steuerzahlern, gerettet zu werden. Eine durchgreifende Reform des Bankensektors steht weiterhin aus: Das Problem des too big to fail und damit des Erpressungspotenzials der Banken ist bisher noch nicht gelöst worden. Selbst die Bundesbank beklagt, dass es im Verlauf der Finanzkrise kaum zu Marktaustritten größerer Banken gekommen ist (Finanzstabilitätsbericht 2014, S. 7).
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