Lesezeichen
 

Warum Deutschland hohe Energiepreise braucht

Am Mittwoch gab es in der Financial Times einen Artikel mit der Überschrift „High energy prices hold Europe back„, und der Unterüberschrift „Das europäische Durcheinander verschafft den USA gewaltige Wettbewerbsvorteile“. Tags zuvor war ein Bericht der Europäischen Kommission zum Thema Energiepreise erschienen. Für den Kolumnisten der FT wurde dort mehr oder weniger das Ende der europäischen Industrie beschworen: Für die Unternehmen seien die Strompreise doppelt so hoch wie in Amerika, und selbst im Vergleich zu China 20 Prozent höher. Bei Gas sei die Lage noch schlimmer. Das sei eine unterschätzte Wachstumsbremse – Europa habe keine Chance auf energieintensive Direktinvestitionen aus dem Rest der Welt. Die Preisdifferenzen hätten eine krisenhafte Situation geschaffen.
Weiter„Warum Deutschland hohe Energiepreise braucht“

 

Einkommen und Vermögen sind ungleich verteilt – ein Erklärungsversuch

Vor einigen Monaten ist in Frankreich ein fast tausend Seiten dickes (aber gut lesbares) Buch erschienen, das sich in der Tradition der großen Ökonomen des neunzehnten Jahrhunderts mit der Frage beschäftigt, wie und aus welchen Gründen sich die Einkommen und Vermögen in einer Volkswirtschaft verteilen, und welche Trends zu beobachten sind (Thomas Piketty: Le capital au XXIe siècle, 970 S., Paris, September 2013). Anders als seine Vorgänger vor mehr als 150 Jahren (Malthus, Ricardo, Marx) kann Thomas Piketty auf lange Zeitreihen zurückgreifen und seine Thesen auf diese Weise empirisch untermauern oder andere widerlegen, so etwa die von Kuznets aus den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Simon Kuznets, der als einer der Väter der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gilt, hatte behauptet, dass sich das pro-Kopf-Einkommen im Frühstadium der wirtschaftlichen Entwicklung zunächst ungleichmäßiger verteilt, dass die Ungleichheiten aber abnehmen, wenn das Land ein hohes Wohlstandsniveau erreicht hat; das ist die einst berühmte Kuznets-Kurve. Piketty zeigt – wie in letzter Zeit auch andere Autoren -, dass die These nicht aufrecht zu erhalten ist.
Weiter„Einkommen und Vermögen sind ungleich verteilt – ein Erklärungsversuch“

 

Deflationsrisiko nimmt weiter zu

Die gestrigen Zahlen für Dezember haben bestätigt, dass das Preisniveau im Euroland nahezu stagniert und dass Deflation ein Risiko ist, das ernst genommen werden muss. In Deutschland sieht es besser aus – weil die Konjunktur einigermaßen läuft. In den Preis- und Kostenpipelines der Währungsunion als Ganzes, also auf den vorgelagerten Stufen, gibt es eine Menge an Deflationspotenzial. Für die EZB stehen die Ampeln weiterhin auf Rot und es geht ihr daher nur darum, auf welche Weise sie die inländische Kaufkraft des Euro rascher vermindern kann als in den letzte Monaten, wie sich also die Endnachfrage mit ihren Mitteln stimulieren lässt.
Weiter„Deflationsrisiko nimmt weiter zu“

 

Bondschwäche wird bald enden

Zum Ende des vergangenen Jahres haben Anleger mit zehnjährigen Bundesanleihen Geld verloren. Die Rendite ist von 1,32 auf 1,93 Prozent gestiegen, was einem Kursverlust von etwa 6 Prozent entspricht; der mickrige Zins hat den Rückgang des Marktwerts bei Weitem nicht ausgleichen können. Ist die Bondrallye, die vor drei Jahrzehnten begann, nun vorbei?
Weiter„Bondschwäche wird bald enden“

 

Was Anleger 2014 schockieren könnte

Deutsche Aktien sind teuer, Bundesanleihen und Pfandbriefe werfen real kaum noch etwas ab, der Euro hat sich von 1,22 Dollar im Juli 2012 auf fast 1,36 Dollar aufgewertet und in den attraktiveren Städten des Landes gibt es bei Immobilien inzwischen so etwas wie einen Miniboom. Auch an ausländischen Märkten gibt es kaum noch etwas, was wirklich billig ist. Die Zentralbanken geben Gas, aber da die Kapazitätsauslastung überall noch niedrig ist und die Löhne nur sehr moderat steigen, entwickelt sich in den Industrieländern kein Aufschwung, der sich selbst zu tragen verspricht. Die USA könnten die erfreuliche – und wichtige – Ausnahme sein. Aber selbst dort kaufen Unternehmen trotz rekordniedriger Zinsen lieber ihre eigenen Aktien zurück als in Sachanlagen zu investieren. Vielfach haben Aktien den Kontakt zur Realwirtschaft, also zur Entwicklung der Gewinne verloren. Die Hausse hat etwas Künstliches. Will sagen, wenn es Schocks geben sollte, kann es vor allem an den Märkten, die in letzter Zeit gut gelaufen sind, zu deutlichen Kurskorrekturen kommen.
Weiter„Was Anleger 2014 schockieren könnte“

 

Feste Aktien, Deflationsgefahr und übermäßig expansive Geldpolitik

Die globalen Finanzmärkte werden weiterhin durch die extrem expansive Geldpolitik der Fed, der EZB, der Bank von Japan und anderer Zentralbanken getrieben. Die Zinsen sind so niedrig wie noch nie, aber die Kreditnachfrage des privaten Sektors lässt zu wünschen übrig. Im Euroland ist sie nach wie vor rückläufig, weil vor allem die Haushalte in den Krisenländern bestrebt sind, ihre Hypothekenschulden abzubauen. Die USA sind in dem Prozess weiter, sodass sich der Immobiliensektor inzwischen deutlich erholt hat und die Inlandskonjunktur insgesamt Fahrt aufgenommen hat. Das Wirtschaftswachstum hat sich im gesamten OECD-Raum etwas beschleunigt, aber die Outputlücken sind nach wie vor groß; die Arbeitslosigkeit bleibt das Hauptproblem.

Das gilt vor allem für den Euroraum, wo es inzwischen fast 20 Millionen Arbeitslose gibt. Während die USA auf dem Weg zu einem sich selbst tragenden Aufschwung sind, kann davon auf dieser Seite des Atlantiks keine Rede sein. Deflation bleibt ein ernst zu nehmendes Risiko, zumal der feste Euro und die Schwäche der meisten Rohstoffmärkte dazu führen, dass die Importpreise kräftig sinken. Die EZB kann die Zinsen kaum noch senken und ist daher nicht mehr in der Lage, die Wirtschaft zusätzlich zu stimulieren. Zinserhöhungen sind auf lange Zeit nicht zu erwarten. Es hilft, dass die europäische Finanzpolitik von nun an weniger restriktiv sein wird als in den vergangenen Jahren.

Trotz des schwachen Wirtschaftswachstums – die OECD rechnet 2014 beim realen BIP Eurolands mit einer Zuwachsrate von 1,0 Prozent – haben die deutschen Aktien Rekordwerte erreicht. Die Bondrenditen sind seit einiger Zeit deutlich niedriger als die Dividendenrenditen, so dass die Anleger gar nicht anders konnten, als auf Aktien umzusteigen. Ähnliches gilt für die USA und Japan. Die Gewinne haben aber mit den Kursgewinnen nicht Schritt halten können, sodass eine längere Korrektur wahrscheinlich geworden ist. Es empfiehlt sich, auf Märkte auszuweichen, die in diesem Jahr vernachlässigt worden sind, also auf die der europäischen Krisenländer und der Schwellenländer.

Im Übrigen tun konservative Anleger gut daran, den Anteil flüssiger Mittel in ihren Portefeuilles zu erhöhen. Bei den Zinsen wird der nächste Schritt ein Anstieg sein, auch wenn es dazu erst im Jahr 2015 oder später kommen wird, und bei den Aktien ist die Luft auf den „soliden“ deutschen, schweizerischen, skandinavischen, amerikanischen und japanischen Märkten inzwischen dünn geworden. Dividendenpapiere sind immer noch erste Wahl.

Der Rückgang der Rohstoffpreise wird vermutlich anhalten, weil das vormals hohe Niveau die Nachfrage gedämpft und die Produktion stimuliert hat. Dass sich der Ölpreis angesichts des eher moderaten Wachstums der Weltwirtschaft, der niedrigen Gaspreise und des Produktionsbooms in den USA so gut hält, ist für mich ein Rätsel.

Bei den Wechselkursen gehe ich von einer weiteren Schwäche des Yen aus – die japanische Notenbank hat sich zum Ziel gesetzt, die Inflation mit allen Mitteln in Richtung zwei Prozent und mehr zu treiben. Dazu gehört eine schwache Währung. Der Euro wird dagegen vermutlich fest bleiben, weil die Bankenunion kommt und Fundamentaldaten wie der Leistungsbilanzüberschuss und das (aggregiert) niedrige Staatsdefizit dafür sprechen. Irgendwann wird die Aufwertung die Realwirtschaft gefährden. Ich vermute daher, dass es bei etwa 1,50 Dollar und 155 Yen zum Euro zu Absprachen der betroffenen Notenbanken kommen wird.

Ausführliches zur wirtschaftlichen Lage in den Industrie- und Schwellenländern mit einem Schwerpunkt zur momentanen Deflationsgefahr, sowie zu den Aussichten und Risiken für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – December 2013*) (pdf, 338 KB)

*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)

 

Die Bankenunion ist im Koalitionsvertrag nur ein Randthema

Gemessen an der Anzahl der Seiten, die den verschiedenen Politikbereichen im 185-seitigen Koalitionsvertrag gewidmet sind, ist die Bankenunion nicht weit oben auf der Prioritätenliste. Sie ist so ziemlich das Unwichtigste. Die Umwelt- und Energiepolitik etwa bringen es zusammen auf 16 Seiten, die Bankenunion kommt nicht einmal auf ein Zehntel davon, nämlich auf eineinhalb Seiten. Zugegebenermaßen handelt es sich um ein trockenes und sperriges Thema, aber für die Zukunft des Landes hängt viel davon ab, wie mit ihm umgegangen wird. Die Bankenunion ist ein notwendiger Baustein im europäischen Einigungsprozess – ohne sie wird es keine Fiskalunion geben, und ohne die dann auch keine politische Union, die ja immer noch das erklärte Endziel ist. Weiter„Die Bankenunion ist im Koalitionsvertrag nur ein Randthema“

 

Wie sich Sparer vor Deflation schützen können

Deflation wird bis auf Weiteres das Thema für alle seriösen und weniger seriösen Anlageberater sein, nachdem kaum noch jemand Angst hat vor der vielbeschworenen Inflation. Die EZB hat aus Sorge vor einem rückläufigen europäischen Preisniveau den Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent gesenkt: Die Inflationsrate war im Oktober im Vorjahresvergleich auf 0,7 Prozent gefallen.

Bei Spiegel Online wird eine Langfriststudie der Credit Suisse und der London Business School zitiert, nach der „in Zeiten extremer Deflation … der Realertrag mit Anleihen im Schnitt 20 Prozent pro Jahr [betrug]. … Allerdings brachten auch Aktien in einem extrem deflationären Umfeld eine reale Rendite von im Schnitt elf Prozent pro Jahr.“ Die Halter von Gold hatten in solchen Zeiten eine Realrendite von zwölf Prozent pro Jahr erzielt. Ich staune: Am besten schütze ich mein Vermögen vor Deflation, indem ich einfach alles kaufe. Fehlen nur noch Immobilien in der Liste!
Weiter„Wie sich Sparer vor Deflation schützen können“

 

Die Euro-Krise muss nicht immer weitergehen

Am Montag hatte Wolfgang Münchau in der Financial Times die These aufgestellt, dass die Euro-Krise nicht beendet werden kann, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern. Den Krisenländern werde es nicht gleichzeitig gelingen, die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu verbessern – indem sie Ressourcen von den Binnensektoren in die Außensektoren umlenken und gegenüber den Handelspartnern real abwerten – und die staatlichen Schulden auf ein erträgliches Niveau zu reduzieren. Da es keinen Plan gebe, mit dem das bewerkstelligt werden kann, wird die Euro-Krise weitergehen. Die Marktteilnehmer, die in letzter Zeit eine Liebesaffäre mit dem Euro angefangen haben, machten daher einen Fehler. Weiter„Die Euro-Krise muss nicht immer weitergehen“

 

Energiewende darf nicht auf der Strecke bleiben

Unter den zehn zentralen Themen, über die die Sozialdemokraten in den nächsten Wochen mit der Union verhandeln wollten, fehlte zunächst die Energiepolitik. Auch die Umwelt kam nicht vor, ebenso wenig wie die Zukunft des Euro und die Bankenunion. Ich dachte daher, dass sich die Parteien auf diesen Feldern wohl weitgehend einig seien und keinen Handlungsbedarf sahen. Das hat sich seit gestern geändert – es gibt neuerdings zwölf Arbeitsgruppen, und alle drei Themen sind jetzt abgedeckt. Gut so.
Weiter„Energiewende darf nicht auf der Strecke bleiben“