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Den Euro retten durch Gelddrucken

Wennschon, dennschon: vielleicht liege ich ja völlig daneben, aber wie wäre es denn, wenn die EZB den Banken im Euroraum so viel Geld zur Verfügung stellte, dass sie damit alle Finanzierungswünsche der Staaten zu tragbaren Konditionen erfüllen könnten? Dann gäbe es auch wieder Wachstum, oder jedenfalls ließe sich das Risiko einer Rezession nachhaltig vermindern. Die Quadratur des Kreises besteht im Euroland heute ja darin, gleichzeitig die Staatshaushalte zu sanieren und den Schuldendienst durch robustes Wirtschaftswachstum zu ermöglichen. Weiter„Den Euro retten durch Gelddrucken“

 

Bankenkrise eskaliert wieder

Was ist nur mit den Banken los? Sie trauen sich gegenseitig nicht mehr über den Weg, so dass die EZB immer mehr zum Ersatz-Interbankenmarkt mutiert. Anleger kaufen Bankaktien nur, wenn die zu Ausverkaufspreisen zu haben sind. Vor allem die Banken in den südlichen Problemländern erleben eine Kapitalflucht in den angeblich sicheren Norden und zwingt sie, um Ersatz für die schwindenden Einlagen zu betteln. Da aber auch nördlich der Alpen von gesunden Banken keine Rede sein kann, geben sich diese zugeknöpft, mit der Folge, dass die EZB in die Bresche springen muss. Sie stellt notgedrungen immer größere Beträge zu immer kulanteren Konditionen im Hinblick auf Zinsen, Sicherheiten und Laufzeiten zur Verfügung und nimmt dabei hin, dass sich die Qualität ihrer Bilanz ständig verschlechtert. Weiter„Bankenkrise eskaliert wieder“

 

Anleger wollen Sicherheit, aber auch Cash Flow

Traditionelle Anlagen wie Bundesanleihen oder US Treasuries, die bisher in jedes gut sortierte Portefeuille gehörten und vor allem auch bei Versicherungen und Pensionskassen beliebt waren, sind inzwischen sehr teuer geworden. Angesichts von Renditen von weniger als zwei Prozent bieten sie noch nicht einmal mehr einen Ausgleich für die Geldentwertung. Das zeigt, welche Panik an den Rentenmärkten herrscht, wie sehr die Anleger auf Sicherheit bedacht sind. Es zeichnet sich nämlich noch nicht ab, ob, wann und wie die globale Finanzkrise überwunden werden kann. Den Wirtschaftspolitikern fehlt ein überzeugendes Konzept – übrigens auch den Ökonomen – und es ist nicht ausgeschlossen, dass es zu Entwicklungen wie in Japan kommt. Dort liegen die Aktienkurse nur bei einem Fünftel der Werte, die sie bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten erreicht hatten, und die zehnjährigen Bondrenditen sind auf 0,98 Prozent gefallen. In der Schweiz sind sie sogar auf 0,65 Prozent abgestürzt. Deutsche Bundespapiere im Laufzeitenbereich bis etwa ein Jahr haben derweil negative Zinsen!

Aktien von Unternehmen, die aufgrund ihrer Marktstellung aller Voraussicht nach immer in der Lage sein werden, eine auskömmliche Dividende zu zahlen, haben sich daher zu konservativen Alternativen gemausert. Auch viele Unternehmensanleihen gehören jetzt in diese Kategorie. Anleihen von Banken allerdings noch nicht, ebenso wenig wie Bankaktien. Die Bankenkrise ist nämlich noch keineswegs ausgestanden. Es besteht offenbar noch ein erheblicher Abschreibungsbedarf: Bei vielen multinationalen Instituten liegen die Aktienkurse bei weniger als der Hälfte der Buchwerte!

Insgesamt ist der Ausblick für die Weltwirtschaft nicht so negativ, wie es scheinen könnte, wenn man nur die Nachrichten aus den OECD-Ländern verfolgt. China, dessen nominales BIP vermutlich bereits im Jahr 2018 das der USA erreicht haben dürfte, expandiert weiterhin kräftig, ebenso wie die Mehrzahl der Schwellenländer. Sie sind allesamt finanziell sehr gesund und haben beim BIP pro Kopf noch einen gewaltigen Aufholbedarf. Sie dürften auch im schwierigen Jahr 2012 noch mit einer Rate von 4,5 Prozent zulegen. Das wiederum dürfte verhindern, dass die Rohstoffpreise noch einmal so einbrechen wie im Jahr 2008.

Auch Deutschland hat bisher keine Probleme. Da es keine Blasen gab, die hätten platzen können, gibt es auch keinen Grund, forciert Schulden abzubauen und Ausgaben einzuschränken. Die niedrigen Zinsen und der schwache Euro sind genau das, was das Land braucht. Jetzt müssten nur noch die Löhne kräftiger steigen – dann wäre unsere Wirtschaft doch glatt die Konjunkturlokomotive Europas und es wäre nicht so schlimm, wenn in den anderen Ländern des Euroraums eine pro-zyklische Finanzpolitik betrieben wird. Es wäre fast zu schön!

Eine ausführliche Analyse der wirtschaftlichen Lage nach fast viereinhalb Jahren Finanzkrise und der Risiken und Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – January 2012*) (pdf, 302 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Schwacher Euro, starke deutsche Wirtschaft

Der Euro war im vergangenen Jahrzehnt das beste Konjunkturprogramm, das sich denken lässt. Bisher hat Deutschland außerordentlich vom Euro profitiert: vom stabilen innereuropäischen Wechselkurs, der es ermöglichte, durch Lohnzurückhaltung die preisliche Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, vom relativ schwachen Wechselkurs gegenüber Drittwährungen, den niedrigen Notenbankzinsen, dem Zufluss von Fluchtgeldern und, in dessen Gefolge, den rekordniedrigen langfristigen Zinsen – das Ganze bei Preisstabilität. Das neue Wechselkursregime hat uns ein wachstumsfreundliches Umfeld beschert. Auch aus diesem Grund ist es im nationalen Interesse, dass der Euro überlebt.

Unter dem Druck der Märkte sind die Politiker Eurolands in diesen Tagen gezwungen, die Währungsunion endlich durch eine gemeinsame finanzpolitische Struktur weiterzuentwickeln und damit gegen Schocks zu wappnen. Ich glaube immer noch, dass ihnen das gelingen wird, schon weil ein Auseinanderbrechen geradewegs in einen Bankencrash und eine Rezession, wenn nicht sogar Depression führen würde. Noch kann die deutsche Seite bestimmen, wo es langgehen soll. Das Zeitfenster wird aber nicht mehr lange offen bleiben.

Gegenüber diesem alles beherrschenden Thema ist ziemlich aus dem Blickfeld geraten, wie gesund die deutsche Wirtschaft zurzeit ist. Das zeigen insbesondere die detaillierten Zahlen für das Sozialprodukt im dritten Quartal, die am 24. November veröffentlicht wurden. Weiter„Schwacher Euro, starke deutsche Wirtschaft“

 

Die Idee einer Finanzunion nähert sich dem Mainstream

Heute hat Manfred Schepers von der EBRD, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, in der Financial Times einen Plan zur Beendigung der Euro-Krise vorgestellt („A three-pillar plan to underpin a new fiscal union“), der sich ziemlich genau mit meinen Vorschlägen vom Dienstag deckt. Er würde den EFSF allerdings durch zwei neue Institutionen ersetzen: zum einen durch einen Europäischen Währungsfonds, der die Rolle meines Budgetkommissars übernehmen würde und in die Haushaltspolitik der Länder eingreifen kann, wenn Vorgaben verletzt werden, zum anderen durch eine Schuldenagentur, die alle 17 staatlichen Emissionsinstitute ersetzen würde. Das heißt wohl auch, dass der größte Teil der heute existierenden Staatsanleihen von dieser „Treasury“ übernommen würde (nämlich der Teil, der mittelfristig unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit tragbar ist), und dass jedes der Mitgliedsländer gesamtschuldnerisch für die alten und neuen Schulden zu haften hätte.
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Eine Finanzunion muss nicht teuer sein

Eurolands Wirtschaft ist dabei, außer Kontrolle zu geraten. Wenn die Eurokrise nicht schnellstens beigelegt wird, steuert die Währungsunion geradewegs auf eine neue Rezession zu. Der Euro würde dafür verantwortlich gemacht und damit zunehmend in Frage gestellt. Währungsunion gleich Rezessionsunion? Das kann es nicht sein. Wir brauchen eine große Lösung, Flickschusterei reicht nicht mehr. Weiter„Eine Finanzunion muss nicht teuer sein“

 

Wir brauchen eine andere EZB

Viele freundliche Worte wurden gewechselt bei der Stabübergabe von Jean-Claude Trichet an Mario Draghi, eins aber wurde nicht gesagt: dass die EZB ein deutlich erweitertes Mandat braucht. Es reicht nicht, allein für Preisstabilität verantwortlich zu sein und, wenn das geschafft ist, auch noch etwas für die Konjunktur zu tun. So wie die Krise des Euro gerade eskaliert, wird es nicht mehr lange dauern, bis die EZB die Finanzierung der italienischen und spanischen Haushaltsdefizite übernehmen muss. Diese Aufgabe war bisher nicht vorgesehen. Weiter„Wir brauchen eine andere EZB“

 

Schwellenländer: die fundamentale Alternative

Anleger haben mal wieder Probleme: Wo gibt es noch eine vernünftige Kombination von Risiko und Ertrag? Die Renditen von Anleihen mit gutem Rating sind auf historischen Tiefs, real sogar meist negativ, die Konjunktur schwächelt so sehr, dass zumindest in den reichen Ländern eine Rezession nicht mehr auszuschließen ist, die Unternehmensgewinne können daher nur sinken, und mit ihnen die Aktienkurse.

Hinzu kommt die Unsicherheit über die Stabilität der öffentlichen Schuldner im Euroland. Selbst in Amerika sieht es nicht besser aus. Auf eine weitere Aufwertung des Schweizer Franken braucht auch niemand mehr zu wetten, und die Goldblase ist offenbar geplatzt. Was ist aus der Rohstoffeuphorie geworden? Preiseinbrüche wohin das Auge sieht.

Kommt es am Ende doch wieder zu einer inflationären Lösung der staatlichen Schuldenprobleme – genug Geld wurde – und wird – ja gedruckt. Wie wäre es mit inflationsgeschützten Anleihen?

Ich argumentiere, dass die deflationären Effekte in den reichen Ländern weiterhin dominieren. Die meisten von ihnen stecken in einer Liquiditätsfalle, weil Haushalte und Banken vorwiegend mit Schuldenabbau beschäftigt sind. Auch die Finanzpolitik setzt auf’s Sparen und verstärkt dadurch die Nachfrageschwäche.

Die einzig plausible Alternative sind in dieser Situation die Schwellenländer. Ihr reales Sozialprodukt dürfte 2012 mit einer Rate von fünf Prozent zunehmen und damit etwa fünfmal rascher als das der OECD-Länder. Sie haben, anders als noch bis in die späten neunziger Jahre, erheblichen finanziellen Spielraum und können daher die Inlandsnachfrage stimulieren, wenn es mit ihren Exporten nicht mehr so laufen sollte.

Ausführliches zur wirtschaftlichen Lage in den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern (mit einem Schwerpunkt auf den vier BRIC-Staaten), sowie zu den Risiken und Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – October 2011*) (pdf, 344 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Arbeitsmarktzahlen zeigen: Das Rentenproblem ist lösbar

Wenn ich mir die Arbeitsmarktzahlen, die eben veröffentlicht wurden, anschaue, kann ich nur staunen. Alle Frühindikatoren sind im Sinkflug, am Arbeitsmarkt aber brummt es immer noch. Ich weiß, der Arbeitsmarkt reagiert immer mit Verspätung auf konjunkturelle Wendepunkte. Die Arbeitslosenquote ist im September saisonbereinigt auf 6,9 Prozent gefallen – sie lag im März 2005 noch bei 12,1 Prozent, das ist ja gar nicht so lange her. In den Rezessionsjahren 2008 und 2009 war das reale Sozialprodukt insgesamt um 6,8 Prozent eingebrochen (Q1 2008 bis Q1 2009), so stark wie seit Menschengedenken nicht mehr, die Quote war jedoch lediglich von 7,6 auf 8,3 Prozent gestiegen. Zurzeit sind 2,922 Millionen Menschen ohne Job; das sind 232.000 weniger als vor Jahresfrist. Weiter„Arbeitsmarktzahlen zeigen: Das Rentenproblem ist lösbar“

 

Die Goldblase ist geplatzt – wieder einmal

Ja, ich weiß, das Thema hatten wir schon im vergangenen Februar. Seitdem ist der Goldpreis um fast 30 Prozent gestiegen; in der Spitze waren es sogar 46 Prozent. Gold ist eines der wenigen Anlageobjekte, dessen Marktpreis immer noch deutlich über dem Wert zu Jahresbeginn liegt – auf Dollarbasis um 17 Prozent.

Grafik: Goldpreis und Welt-BIP seit 2001

Ich fand den Goldpreis schon damals völlig überhöht. Weiter„Die Goldblase ist geplatzt – wieder einmal“