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NSU-Opfer verlangen Antworten von Zschäpe

Wer half dem NSU, wie wurden die Morde organisiert, wen sollte es noch treffen? Diese Fragen haben Opferanwälte Beate Zschäpe im Prozess gestellt – und sich auch nach intimen Details erkundigt.

Verletzte und Angehörige von Opfern des NSU haben schon lange nicht mehr im Münchner Oberlandesgericht Platz genommen. In den Reihen der Nebenklage saßen zuletzt nur noch deren Anwälte. Die Aufarbeitung findet ohne diejenigen statt, die sie eigentlich betrifft.

Was sollen sie auch von dem Verfahren erwarten, solange die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ihnen die Antworten schuldig bleibt auf entscheidende Fragen, die nur ein Mitglied des NSU kennen kann – etwa: Warum musste gerade unser Vater, Ehemann, Bruder sterben? Der NSU-Prozess hat an diesem Tag einen wichtigen Schritt in diese Richtung getan: Die Nebenklagevertreter haben Gelegenheit erhalten, ihre Fragen an Zschäpe zu stellen.

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Gespräche hinter Gittern – Das Medienlog vom Mittwoch, 6. Juli 2016

Ein wirrer Auftritt im NSU-Prozess: Als Zeuge sagte ein Mann aus, der mit dem Neonazi Tino Brandt 2014 im Gefängnis München-Stadelheim gesessen hatte. Damals machte Brandt seine erste Aussage vor Gericht – und soll dem Zeugen Sönke P. dabei verraten haben, dass er gezielt Informationen über seine rechten Kameraden zurückgehalten hat. Viel Überraschendes steckte nicht in diesen Informationen, zuvor hatte P. in einem Schreiben an das Gericht behauptet, er „habe was an der Klatsche“. „Von Bedeutung dürfte Sönke P.s Aussage vor allem für die Verteidigung des Mitangeklagten Ralf Wohlleben gewesen sein“, bilanziert Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online. Denn nun könnten Wohllebens Anwälte argumentieren, dass die Schlüsselrolle in der rechten Szene nicht von ihrem Mandanten – wie von der Anklage behauptet – ausgefüllt wurde, sondern von Brandt.

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295. Prozesstag – Neue Fragen zum Bekennervideo

Erkenntnissen des Bundeskriminalamts zufolge war Zschäpe möglicherweise an der Herstellung des NSU-Bekennervideos beteiligt: Sie soll eine Sendung über den Kölner Bombenanschlag von 2004 aus dem Fernsehen mitgeschnitten haben, als die mutmaßlichen Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt noch nicht wieder zuhause sein könnten, wie die Behörde ermittelt hatte. Demnach war Zschäpe vermutlich in die Tat eingeweiht – anders, als sie selbst behauptet hatte.

Am Mittwoch sagt erneut eine Beamtin aus, die den Fall eingehend untersucht hatte. Diesmal geht es um die Frage, ob damals im Wohnhaus des NSU das Programm des Westdeutschen Rundfunks zu empfangen war. Dort waren die Bilder gelaufen, die später Eingang in den Film fanden. Wäre ein Empfang nicht möglich gewesen, würde dies Zschäpes Aussage stützen.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Das Plädoyer ist gehalten

Im NSU-Prozess haben sich die Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben auf eine Verteidigungslinie festgelegt: Ihr Mandant sei das Opfer. Stimmig wirkt das nicht.

Eigentlich folgt das Plädoyer der Verteidiger erst nach der Beweisaufnahme, wenn also alle Zeugen gehört und alle Beweisstücke gesichtet sind. Es ist der letzte Appell ans Gericht, die letzte Chance, noch einmal mit Argumenten zu punkten – bevor die Richter eine möglicherweise sehr lange Haftstrafe verhängen.

Im NSU-Prozess aber warten immer Überraschungen. Und so ist am Dienstag lange vor Ende der Beweisaufnahme ein Vortrag zu hören, der alle Qualitäten eines Plädoyers besitzt – gehalten von Nicole Schneiders und Olaf Klemke, den Verteidigern des Mitangeklagten Ralf Wohlleben. Überraschend legen sich die Anwälte dabei auf eine Verteidigungslinie fest: Ihr Mandant stehe als „Sündenbock“ des gleichsam wegen der Beihilfe zum Mord angeklagten Carsten S. vor Gericht.

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Keine Berichte zum NSU-Prozess

Auch am Dienstag, 5. Juli, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 6. Juli 2016.

 

294. Prozesstag – Die Mordwaffe und ein Mithäftling von Tino Brandt

Neun Menschen erschossen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt der Anklage zufolge mit der Pistole Ceska 83. Was die Ermittler feststellten, nachdem sie das Beweisstück aus dem Brandschutt der Zwickauer NSU-Wohnung geborgen hatten: Die Waffennummer war ausgeschliffen worden. Heute sagte ein Sachverständiger des Wiesbadener Bundeskriminalamts aus, der die Ziffern wieder sichtbar gemacht hatte. Für die Aufklärung des Falls ist das bedeutsam: Die Pistole lässt sich damit als diejenige identifizieren, die über Mittelsmänner aus der Schweiz zum NSU geschmuggelt wurde.

Ebenfalls geladen ist ein Mann, der gemeinsam mit dem Neonazi Tino Brandt im Gefängnis gesessen hatte. Ihm hatte Brandt nach Aussage des Zeugen gestanden, bei seiner ersten Aussage vor Gericht Informationen verschwiegen zu haben, um seine Kameraden zu schützen.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Angeklagter fleht den Zeugen an – Das Medienlog vom Freitag, 1. Juli 2016

Im NSU-Prozess wurde am Donnerstag ein Ermittler des Bundeskriminalamts befragt, der den Mitangeklagten Carsten S. zweimal vernommen hatte – nicht nur durch das Gericht, sondern auch durch S. selbst. S. hatte gestanden, dem NSU-Trio die Pistole überbracht zu haben, mit der neun Menschen erschossen worden sein sollen. Das Geld dafür habe ihm der ebenfalls angeklagte Ralf Wohlleben gegeben. Dieser bestritt das in seiner Aussage im vergangenen Dezember. Nun ging es um die wichtige Frage, in welchem Zusammenhang S. folgenden, im Protokoll seiner Vernehmung von damals festgehaltenen Satz sagte: „Ich kann mich nicht einmal konkret erinnern, dass ich das Geld von Wohlleben bekommen habe.“

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Jura-Lehrstunde für mutmaßlichen V-Mann – Das Medienlog vom Donnerstag, 30. Juni 2016

Am Mittwoch wurde es im NSU-Prozess juristisch kompliziert. Geladen war zum dritten Mal der Zeuge Marcel D., Neonazi und eindeutigen Belege zufolge V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. D. hatte bislang allerdings geleugnet, als Informant tätig gewesen zu sein. Richter Manfred Götzl fragte den Zeugen nach einer Belehrung („Bitte nur die Wahrheit!“) erneut nach seiner Tätigkeit. Vor Gericht entspann sich daraufhin eine Diskussion, ob dem Zeugen nun ein Aussageverweigerungsrecht zustehe.

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293. Prozesstag – Ermittler berichtet über Carsten S.

Am Donnerstag sagt ein Ermittler des Bundeskriminalamts aus, der den Mitangeklagten Carsten S. zweimal vernommen hatte. S. ist angeklagt, dem NSU-Trio 1999 oder 2000 die Pistole vom Typ Ceska 83 überbracht zu haben, mit der neun Menschen erschossen worden sein sollen. S. hat die Tat gestanden und angegeben, der ebenfalls angeklagte Ralf Wohlleben habe ihn dazu angestiftet. Dieser bestritt das in seiner Aussage vom vergangenen Dezember. Mit der Vernehmung des Kriminalbeamten werden S.‘ frühere Angaben zu dem Fall erneut geprüft.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Zschäpes trickreicher Antrag – das Medienlog vom Dienstag, 29. Juni 2016

Beate Zschäpe will erneut ihre Pflichtverteidigerin Anja Sturm loswerden. Der Brief, mit dem sie die Absetzung bei den Richtern beantragte, liegt nun mehreren Medien vor und offenbart den Grund: Die Hauptangeklagte meint, ihrer Anwältin gehe es nur um das Honorar, sie verhalte sich heuchlerisch und unprofessionell. Gisela Friedrichsen vermutet auf Spiegel Online hingegen, der Schritt hänge mit ihrem Wahlverteidiger Hermann Borchert zusammen. So sei der Hintergrund „offensichtlich, dass der Senat die Bestellung Borcherts zum fünften Pflichtverteidiger schon mehrfach abgelehnt hatte, Zschäpe dies aber offenbar nicht akzeptieren will“.

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