Lesezeichen
 

199. Prozesstag – Verfassungsschützer sagen aus

Neue Erkenntnisse zur Verstrickung des Geheimdienstes in den NSU-Komplex soll der 199. Verhandlungstag bringen: Geladen ist der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath. Befragt wird der 46-Jährige allerdings nicht in seiner Funktion als Behördenleiter, sondern wegen einer früheren Tätigkeit: Für den Brandenburger Verfassungsschutz hatte er den V-Mann „Piatto“ betreut. Der Rechtsextreme, der bürgerlich Carsten Sz. heißt, lieferte 1998 eine Information, die möglicherweise zur Ergreifung des gerade untergetauchten Trios aus Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätte führen können: Demnach sollte ein Anhänger der radikalen Organisation Blood & Honour dem Trio eine Waffe beschaffen. Fahnder gingen dem Hinweis jedoch nicht nach.

Meyer-Plath hatte bereits im Untersuchungsausschuss des Bundestags ausgesagt. Die Verpflichtung eines V-Manns wie Sz., der damals wegen versuchten Mords in Haft saß, bezeichnete er im Nachhinein als Fehler. Bemerkenswert sei jedoch die Qualität von „Piattos“ Hinweisen gewesen: So seien Publikationen aus der rechten Szene „plastiktütenweise“ auf seinem Schreibtisch gelandet.

Ein weiterer Komplex des Tages ist der ehemalige V-Mann Marcel D., ein früherer Landesvorsitzender der mittlerweile verbotenen Organisation Blood & Honour. Dieser hatte bei seiner ersten Aussage im März vehement abgestritten, für den Geheimdienst gearbeitet zu haben. Heute hört das Gericht dazu D.s Quellenführer Norbert Wießner, der auch den V-Mann Tino Brandt betreut und dazu im Prozess ausgesagt hatte. Im Anschluss steht D. selbst im Zeugenstand. Zumindest für den sächsischen Ableger des Blood-&-Honour-Netzwerks ist nachgewiesen, dass dessen Mitglieder versuchten, dem NSU-Trio eine Waffe zukommen zu lassen.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Ein Zeuge fühlt sich zu sicher – Das Medienlog vom Donnerstag, 12. März 2015

Marcel D. arbeitete als V-Mann für den thüringischen Verfassungsschutz – jedenfalls war das bislang Stand der Ermittlungen. Im NSU-Prozess widersprach der ehemalige Blood & Honour-Funktionär: Mit der Behörde habe er nie etwas zu tun gehabt. Doch ganz so einfach funktionierte es dann doch nicht für D. Denn die schmallippigen Antworten waren der Auftakt „einer dramaturgisch glänzenden Befragung des sich anscheinend sicher fühlenden Zeugen“, beobachtet Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online.
Weiter„Ein Zeuge fühlt sich zu sicher – Das Medienlog vom Donnerstag, 12. März 2015“

 

191. Prozesstag – V-Mann sagt als Zeuge aus

Zwei Personenkreise sind für die Aufklärung des NSU-Komplexes besonders interessant: Informanten des Verfassungsschutzes und Mitglieder der radikale Neonazi-Gruppe Blood & Honour. Marcel D., Spitzname Riese, war beides. Für den Thüringer Landesverfassungsschutz lieferte er Informationen aus der rechten Szene, in der Thüringer Sektion von Blood & Honour war er Landesvorsitzender. Am Mittwoch sagt er im NSU-Prozess aus.
Weiter„191. Prozesstag – V-Mann sagt als Zeuge aus“

 

187. Prozesstag – Mögliche NSU-Mitwisser als Zeugen geladen

Erneut beschäftigt sich das Oberlandesgericht mit mutmaßlichen Unterstützern aus der früheren Zeit des NSU-Trios. Dazu gehören die Brüder Gunter und Achim F., die in der rechten Szene von Chemnitz unter dem Namen „die Geklonten“ bekannt waren. Gunter F., der heute aussagt, soll Uwe Böhnhardt seinen Personalausweis und seine Geburtsurkunde überlassen haben. Mit den Papieren soll Böhnhardt einen Reisepass beantragt haben, um unter falschem Namen auftreten zu können. F.s Bruder ist am Donnerstag geladen.

Ebenfalls in den Zeugenstand tritt Jörg W., ein Kopf aus dem Umfeld der mittlerweile verbotenen rechtsradikalen Organisation Blood & Honour. Ein anderes Mitglied aus der Gruppe soll den Auftrag gehabt haben, eine Pistole für das Trio zu besorgen. Beide Zeugen sollen über mögliche Zugänge des Trios zu Waffen aussagen.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Rechtsextremer spielt seine Rolle herunter – Das Medienlog vom Mittwoch, 17. Dezember 2014

Das Wort des Tages in der 171. Sitzung lautete „Patriotismus“. Mit diesem Begriff verbrämte der rechtsextreme Zeuge Michael P. die Arbeit des militanten Netzwerks Blood & Honour. Wie in seiner ersten Vernehmung von Anfang Dezember verharmloste er die Ziele der radikalen Organisation. Das Wort „scheinen die Rechten inzwischen offenbar nicht nur bei den Pegida-Demonstrationen als Deckmäntelchen für ihre wahren Absichten entdeckt zu haben“, kommentiert Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online.

Weiter„Rechtsextremer spielt seine Rolle herunter – Das Medienlog vom Mittwoch, 17. Dezember 2014“

 

171. Prozesstag – V-Mann-Unterstützer erneut im Zeugenstand

Zum zweiten Mal sagt am Dienstag der mutmaßliche Blood-&-Honour-Aktivist Michael P. aus. Er hatte im Jahr 1999 dem V-Mann Carsten Ri. alias Piatto geholfen, aus dem Gefängnis freizukommen, indem er ihm eine Stelle in seinem Szenegeschäft gab. Ri. hatte dem Verfassungsschutz Hinweise auf Waffenlieferungen der militanten Organisation Blood & Honour an den NSU gegeben. In seiner Vernehmung äußerte sich Piatto zwar zu dem Netzwerk, gab sich ansonsten aber vage und bedeckt.

Außerdem geladen ist ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs, der den Mitangeklagten Carsten S. nach dessen Festnahme im Februar 2012 vernommen hatte. S. hatte im Prozess Hinweise auf einen weiteren Anschlag geliefert, an die er sich bei der Befragung vor dem Haftrichter offenbar noch nicht erinnern konnte.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Ein gelähmtes Verfahren – Das Medienlog vom Donnerstag, 11. Dezember 2014

Am 169. Prozesstag lagen die Nerven im NSU-Prozess blank. Streit entbrannte zwischen Nebenklägern auf der einen, Verteidigung und Anklage auf der anderen Seite um die Frage, wie ausführlich das Unterstützernetz des NSU ausgeleuchtet werden muss. Anlass war die Vernehmung des mutmaßlichen früheren Blood-&-Honour-Mitglieds Antje B. Bundesanwalt Herbert Diemer kritisierte, dass zu viele sachfremde Fragen gestellt würden. „Dass Staatsanwälte und Verteidiger am selben Strang ziehen, ist nicht selbstverständlich“, bemerkt Tanjev Schultz in der Süddeutschen. Partei ergriff schließlich Richter Manfred Götzl und ließ die Fragen zu: „Götzl ist offenbar nicht dazu bereit, die Themen des Prozesses so eng zu definieren wie die Ankläger.“

Weiter„Ein gelähmtes Verfahren – Das Medienlog vom Donnerstag, 11. Dezember 2014“

 

Das verräterische Archiv des NSU – Das Medienlog vom Mittwoch, 10. Dezember 2014

Fingerabdrücke von Beate Zschäpe waren das Thema am 168. Prozesstag im NSU-Prozess. Die Spuren fanden sich an Zeitungsartikeln, die das Trio in seiner letzten Wohnung in Zwickau aufbewahrten. Teils wurden die Archivalien im Bekennervideo der Terrorzelle verwendet. Als Teil von Sachverständigengutachten wurden die Schlagzeilen im Gericht verlesen – und warfen ein Licht auf die Arbeit der Medien vor der Enttarnung des NSU im November 2011: So wurde „noch einmal dokumentiert, wie sehr sowohl die Ermittlungsbehörden als auch wir Medien in der NSU-Affäre jahrelang versagt haben“, kommentiert Thies Marten vom Bayerischen Rundfunk.

Weiter„Das verräterische Archiv des NSU – Das Medienlog vom Mittwoch, 10. Dezember 2014“

 

169. Prozesstag – Mögliche Helferin Antje B. erneut im Zeugenstand

Zum zweiten Mal sagt am Mittwoch die Zeugin Antje B. aus. Sie muss sich vermutlich scharfen Fragen aus den Reihen der Nebenklageanwälte stellen – denn bei ihrer ersten Vernehmung war sie den Prozessbeobachtern vor allem aufgefallen, weil sie ihre Zeit in der rechten Szene beschönigte und das radikale Netzwerk Blood & Honour verharmloste.

Den Verdacht gegen sie bestreitet sie: Demnach soll sie Beate Zschäpe nach der Flucht des NSU-Trios im Jahr 1998 ihren Reisepass zur Verfügung gestellt oder das zumindest versucht haben. Durch Aussagen anderer Zeugen gilt als gesichert, dass sie gemeinsam mit ihrem damaligen Mann den V-Mann Carsten Sz. alias Piatto in ihrem Szenegeschäft anstellte und ihm dadurch die vorzeitge Entlassung aus dem Gefängnis ermöglichte. Piatto wiederum meldete dem Verfassungsschutz, dass B. ihren Pass an Zschäpe weiterreichen wollte.

Zudem sagt ein Ermittler aus, der im Jahr 2012 Beweismittel zum zynischen Bekennervideo sammelte, das nach dem Auffliegen der Terrorzelle 2011 auf DVD verbreitet wurde.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

168. Prozesstag – Erkenntnisse zum Mann von Blood & Honour

Immer deutlicher wird im NSU-Prozess die Rolle des radikalen rechten Netzwerks Blood & Honour, das Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach ihrem Untertauchen 1998 unterstützt haben soll. Wichtigster Helfer aus dem Kreis der mittlerweile verbotenen Organisation war nach Aussage mehrerer Zeugen der Neonazi Jan W. aus Chemnitz. Im Gericht durfte er die Aussage verweigern, weil gegen ihn ein Ermittlungsverfahren läuft. Deshalb sagen am Dienstag zwei Polizisten aus Baden-Württemberg aus, die im Jahr 2012 Ermittlungen über W. führten.

Der Zeuge soll den Auftrag gehabt haben, dem geflüchteten Trio eine Waffe zu besorgen. Das hatte der Brandenburger V-Mann Piatto dem Verfassungsschutz gemeldet.

Zudem sagt eine deutsche Richterin aus, die an der Befragung der Schweizer Zeugen Hans-Ulrich M. und Peter-Anton G. beteiligt war. Beide waren im Juni im schweizerischen Thun befragt worden, nachdem sie zu ihren Vernehmungen in München nicht erschienen waren. Sie sollen in der Nähe von Bern die Pistole Ceska 83 besorgt haben, die später in die Hände des NSU-Trios gelangte. Mit der Waffe wurden neun Menschen erschossen.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.