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Die Olympischen Spiele in 20 Tweets

Es sollten die Olympischen Spiele der neuen Medien werden. Nach zwei Wochen lässt sich konstatieren: Der Kurznachrichtendienst Twitter ist einer der großen Gewinner dieser Spiele. Über 150 Millionen Tweets wurden während der olympischen Zeit gesendet. Während der Abschlussfeier waren es über 100.000 Tweets pro Minute.

Dabei begann Olympia für das US-Unternehmen mit einem PR-Desaster. Twitter sperrte den Account eines Journalisten, nachdem dieser zu Protesten gegen die Olympia-Berichterstattung der NBC aufgerufen hatte:

Twitter monierte, dass die Veröffentlichung von privaten Mail-Adressen nicht erlaubt sei. Die veröffentlichte Mail-Adresse war jedoch nicht privat, sondern öffentlich einsehbar. Nach einem Sturm der Entrüstung nahm Twitter die Sperre zurück.

Auch die US-Athleten kamen über Twitter in die Schlagzeilen: Unter dem Hashtag „#wedemandchange“ kritisierten sie das olympische Komitee und ihren nationalen Verband für das Sponsoren-Verbot:

Über keinen anderen Athleten wurden so viele Tweets geschrieben wie über Usain Bolt. Zunächst ließ er die Welt rätseln, wer die jungen Damen sind, mit denen er seine Goldmedaille im 100 Meter Sprint feierte:

Zwei Goldmedaillen später erklärte er vollmundig:

Von solch einer effektiven Nutzung der sozialen Medien sind die deutschen Athleten weit entfernt. Zwar twitterten, fotographierten und retweeteten sie, was das Zeug hielt. Sinnvolles kam dabei jedoch selten heraus:

Kreativer waren andere:

Aus dem Twitter-Einerlei der deutschen Athleten ragte Hürdenläuferin Carolin Nytra heraus. Ihr Tipp für Nörgler:

ZEIT ONLINE-Redakteur Christian Spiller twitterte während der olympischen Spiele aus London. Einige Tweets waren lustig, andere lustiger. Keiner hat so viele Reaktionen provoziert wie dieser:

Vielen Twitter-Nutzern missfiel die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen TV-Sender. Das ZDF mahnt zur Differenzierung:

Während der Abschlussfeier wurde auf Twitter die Musikauswahl diskutiert:

Und noch ein Tipp für alle, die nicht vier Jahre auf Sportarten wie Taekwondo, rhythmische Gymnastik und Bogenschießen verzichten wollen:

 

Olympia-Splitter: Medaillenspielereien, Friedrich beschwert sich, Blumen für die Ruderer

Der Medaillenspiegel ist ein Politikum, das die Diskutanten in zwei Lager trennt. Es soll Leute geben, die ihr Sportverständnis und ihr Gefallen an Olympia vor allem an dieser etwas altbackenen Nationenwertung ausrichten. Im Gegenzug hat man das Gefühl, dass man in den Augen mancher Medaillenspiegelkritiker mit einem Fuß in der rechten Ecke steht, wenn man einen Blick auf ihn wirft.

Dabei kann man mit diesem Ranking so schön spielen. Der Guardian hat die offizielle Medaillenzahl (Gold, Silber und Bronze, in verschiedener Punktzahl bewertet) mit dem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt (BIP), der jeweiligen Einwohnerzahl und der Teamgröße verrechnet. Welches Land mehr Mittel hat, ob Geld oder Menschen, dem fällt auch das Gewinnen leichter. Das dürfte einleuchten.

Dadurch ergeben sich leichte Relativierungen in den Hierarchien. Die USA fallen von 1 (Stand jetzt, mit China geteilt) auf 57 (BIP), die Chinesen von 1 auf 60 (Einwohner). Neuer Sieger in diesen beiden Wertungen ist Grenada, das den 400-Meter-Sieger bei den Männern stellt: Kirani James. Noch mehr Grund für die 90.000 Bewohner der karibischen Insel, auf der Straße olympische Erfolge zu feiern, wie in dieser Woche.

Deutschland fällt übrigens von 5 auf 28 (Einwohner) und 44 (BIP). Noch ist uns kein Trick Quotient eingefallen, mit dem wir Deutschland wieder in die Top 3 hieven könnten. Haben Sie eine Idee, liebe Leser? Vielleicht Medaillen geteilt durch die Sonnenminuten pro Jahr?

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Eine weitere spannende Variable, mit der man die Medaillenzählerei aufwerten könnte, wäre der finanzielle Einsatz, der der Ausbeute zugrunde liegt. Etwa wie viele Steuern in die Sportförderung geflossen sind und was der Staat im Gegenzug dafür fordert. Dazu bräuchte man einen Einblick in die Zahlen.

Doch obwohl sich der Innenminister Hans-Peter Friedrich vor etwa zwei Wochen von einem Gericht belehren lassen musste, dass er die Zielvereinbarungen, die sein Ministerium mit dem DOSB für London getroffen hat, offenlegen muss, hat er den zwei klagenden Journalisten bislang keinen Einblick gewährt. Der oberste Dienst- und Datenherr des Sports hält es für ein Geschäftsgeheimnis, wie die Regierung mit dem Geld der Leute den Sport finanziert.

Der Minister hat nun sogar den Einsatz erhöht und Beschwerde gegen das Urteil eingelegt, ihm gehen die Argumente so schnell nicht aus (was man in Berlin so Argumente nennt). Sportlich, sportlich. Doch verweigert das Ministerium bis Freitag, 15 Uhr, die Herausgabe der Informationen, drohen dem Ministerium 10.000 Euro Zwangsgeld, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte. Und die Beschwerde habe bezüglich des Zwangsgelds keine aufschiebende Wirkung. Allgemein, ergänzen die Richter, sei es sehr selten, dass eine Behörde sich nicht an Gerichtsbeschlüsse halte.

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© Julian Finney/Getty Images Sport
© Julian Finney/Getty Images Sport

Rhetorisch einfallsreich sind auch die Fotoagenturen Getty und AP. Muss man auch sein, wenn man weiterhin an seiner Bildsprache festhalten will, mit der man die Beachvolleyballerinnen begleitet.

Die amerikanische Website Buzzfeed hat einige Beispiele gesammelt, womit die Agenturen ihre „butts and bodies“-Bilder beschriften. So heißt es etwa vor zwei Fingerzeichen, die eine Spielerin hinter dem Rücken ablichtet (siehe oben): „Zara Dampney gibt ihrer Partnerin während des Spiels Signale.“ An anderer Stelle vor ähnlichem Ausschnitt: „Anastasia Vasina und Anna Vozakova feiern einen Punkt.“ Oder: „Shauna Mullin bereitet einen Aufschlag vor.“

Doch, bevor ich den – männlichen – Kollegen Scheinheiligkeit vorwerfe, sollte ich wohl selbst mal kurz überlegen, warum ich zu diesem Thema in den Bildarchiven stöbere.

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Um unserem Gleichstellungsauftrag gerecht zu werden, wollen wir an dieser Stelle nicht versäumen, Sie darauf aufmerksam zu machen, warum bei Siegerzeremonien an männliche Ruderer Blumen verteilt werden.

 

Olympia Splitter: Phelps gesteht, ins Becken zu pinkeln

Phelps uriniert ins Becken

Der Olympiasieger in der Disziplin Olympiasiege, der US-Schwimmer Michael Phelps, gab offen zu, vor Wettkämpfen in das Aufwärmbecken zu pinkeln. Das veranlasste den Guardian, das Tabu-Thema „Urinieren im Schwimmbad“ in einer Umfrage zu untersuchen: „Haben Sie je in ein Schwimmbecken gepinkelt?“ Aktueller Stand: Eine Zwei-Drittel-Mehrheit antwortet mit Ja.

Liu Xiang humpelt ins Ziel

Als der 110 Meter Hürden-Läufer Liu Xiang bei seinen Heimspielen in Peking vor dem Start verletzt aufgeben musste, gingen die Bilder des weinenden Chinesen um die Welt. In London kam er im Vorlauf immerhin bis zur ersten Hürde, ehe er stürzte und verletzt aufgeben musste. Da dies jedoch zugleich das wahrscheinlich letzte Rennen in der Karriere des Olympiasiegers von 2004 sein sollte, humpelte er unter tosendem Applaus der Zuschauer auf einem Bein ins Ziel – natürlich nicht über die Hürden, aber immerhin. Seine Kollegen verneigten sich vor ihm.

Turnerin weint um Gold

Keine Athletin vergoss bei diesen Spielen so viele Tränen wie Viktoria Komova. Die Turnerin verpasste in gleich vier Disziplinen ihr angepeiltes Gold und weinte dabei jedes Mal; so auch am heutigen Dienstag, als sie am Stufenbarren zweimal stürzte und auf dem letzten Rang landete. Selbst als sie im Mehrkampf am Wochenende die Silbermedaille gewann, brach sie in Tränen aus – sie wollte unbedingt Gold gewinnen. Kein Wunder, dass sie so verbissen ist: Die 17-Jährige könnte in vier Jahren zu alt sein, um ganz vorne mitzuturnen. Die meisten Medaillengewinnerinnen im Turnen waren zwischen 16 und 20 Jahren alt. In keiner anderen Sportart ist der Jugendwahn so groß.

Bronzemedaille nach dubiosem Doping-Urteil

Das Thema Doping schwebt wie ein Damoklesschwert über jedem Sportwettbewerb. Auch die Bronzemedaille der saudischen Springreiter hinterlässt Fragen: Wie das Deutschlandradio berichtet, fiel das Pferd des saudischen Reiters Waleed Sharbatly erst vor wenigen Wochen durch eine Dopingkontrolle, Reiter und Ross wurden gesperrt. Erst kurz vor Beginn der Spiele verringerte der Internationale Sportgerichtshof CAS die achtmonatige Sperre auf zwei Monate, Sharbatly konnte überraschend doch bei Olympia starten. Seltsamerweise beschloss zur gleichen Zeit der Saudi Equestrian Fund, die Nationenpreisserie im Springreiten zu sponsern. Zufall oder nicht: Die saudische Bronzemedaille hat auf jeden Fall einen Beigeschmack.

Sprinter in den Schlagzeilen

Der Goldmedaillen-Gewinner über 100 Meter, Usain Bolt, will Fußballspieler werden, sagte er der Presse. Er möchte jedoch nicht bei irgendeinem jamaikanischen Amateurverein anfangen, nein, der englische Top-Klub Manchester United soll es sein. Fraglich nur, was deren Trainer Sir Alex Ferguson von dieser Idee hält. Der knorrige Schotte gilt als harter Hund, der widerspenstige Spieler schon mal mit Schuhen bewirft. Bolt hingegen isst gerne in Fast-Food-Restaurants oder feiert bis zum Morgengrauen, statt zu trainieren. Ob sich der Jamaikaner den richtigen Verein ausgesucht hat?

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Bolts Gegenspieler Tyson Gay kann weder mit einer Medaille noch mit fußballerischen Fähigkeiten überzeugen, dafür firmiert er jetzt unter einem neuen Namen – zumindest wenn es nach der Internetseite der American Family Association ginge. Da die automatische Korrektur der fundamental-christlichen Website das Wort „Gay“ (übersetzt: schwul) als unflätig einstuft, änderte die Software in einem Agenturtext seinen Namen in „Tyson Homosexual“. Das führte zu Stilblüten wie: „‚It means a lot to me,‘ the 25-year-old Homosexual said.“ Bleibt für die Website zu hoffen, dass der nigerianische Ringer Andrew Abido Dick am Wochenende keine Medaille gewinnt.

 

Olympia-Splitter: Eine Judoka übt poetische Selbstjustiz, Becker zürnt, Transparenz beim DSV

Edith Bosch kam nach England, um etwas zu gewinnen. Das gelang der Holländerin beim Judo-Wettbewerb, sie holte Bronze. Nun eroberte sie zudem die Sympathien vieler Sportfans. Kurz vor dem Startschuss zum 100-Meter-Finale der Männer warf ein pöbelnder Zuschauer eine Bierflasche auf die Laufbahn (der gif-Beweis), sie landete wenige Meter hinter den Läufern, die im Startblock knieten. Im Fernsehen war das Objekt gut zu sehen.

Eine blöde Idee, vor allem, wenn man neben einer Medaillengewinnerin im Judo steht. Edith Bosch, als Zuschauerin anwesend, schnappte sich den Typen und verhinderte mit ein paar einfachen Griffen weitere Störaktionen. Der Mann konnte verhaftet werden. Nicht ausgeschlossen, dass sie dabei auch eine Technik angewandt haben könnte, für die sie in ihrer eigentlichen Disziplin von den Kampfrichtern disqualifiziert worden wäre; Judo ist ja ein reduzierter Kampfsport, bei dem vor allem Wurf- und Fallaktionen zählen.

Von den Fans erhält sie nun Lobeshymnen, es sind Grüße aus Frankreich, Deutschland, Spanien, England: „Well done, Edith!“ Sebastian Coe bekundet, dass er Selbstjustiz freilich ablehne, aber in diesem Fall von „poetry justice“ mache er gerne eine Ausnahme. Er verteilt ihr einen Ippon, die höchste Wertung beim Judo.

Frau Bosch selbst twittert: „Een dronken gast voor mij gooit een flesje op de baan!! IK HEB HEM GESLAGEN…. Ongelofelijk!!“ Holländisch kann so drollig klingen …

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Die New York Times setzt ihre Reihe gelungener grafischer und auditiver Sportanimationen fort. Heute lässt sie alle 100-Meter-Lauf-Medaillengewinner der olympischen Geschichte gegeneinander antreten. Interessanter Nebenaspekt: Dem aktuell schnellsten Achtjährigen Amerikas (13.46 Sekunden) hätte 1896 weniger als 1 Sekunde zu Bronze gefehlt (korrigiert).

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Trotz der Mätzchen der Läufer bei ihrer Vorstellung – ein 100-Meter-Rennen gehört zu den faszinierendsten Sportwettkämpfen. Doch der Verdacht läuft immer mit. Alle Olympiasieger seit 1984 bis auf Donovan Bailey (1996) und Usain Bolt (2008, 2012) wurden später mit Doping in Verbindung gebracht: Carl Lewis, Ben Johnson, Linford Christie, Maurice Greene und Justin Gatlin.

Es ist ein leidiges Thema, auch ein kompliziertes Thema, mit komplizierten Fragen: Ist es menschenmöglich, 100 Meter in 9,63 Sekunden und schneller zu laufen? Soll man Doping-Sünder länger sperren, automatisch für die nächsten Olympischen Spiele, wie es die Osaka-Regel vorsieht, die das IOC bevorzugt, der Internationale Sportgerichtshof aber ablehnt? Und dass jemand nicht positiv getestet wurde, bedeutet ja leider auch oft wenig.

Da tut es gut, wenn jemand Ordnung reinbringt. Der ZDF-Moderator und Leichtathletik-Experte Wolf-Dieter Poschmann sagte gestern, als er einer Bildergalerie unter anderem mit Johnson, Christie und Greene kommentierte (mitgeschnitten von @kubowski):

Das Vorhaben, Dopingsünder lebenslang wegzusperren, ist gescheitert. Und das ist auch nachvollziehbar. Weder die Vier-Jahres-Sperre noch ein Olympiaverbot sind rechtlich durchsetzbar und wären auch nicht die Lösung. Im Grunde genommen wäre es nur die Fortsetzung der Augenwischerei, der Heuchelei, des immer noch unorthodoxen, wenig effektiven Kontrollaktivismus, verbunden mit hohen Kosten und verbunden dann mit der Dämonisierung der wenigen, die dann noch ins Netz gehen. Nein, das ist nicht die Lösung.

 

Die Abendzeitung München sammelt erste Reaktionen.

Update: In der ARD spricht heute ein kenianischer Leichtathlet über die Dopingpraktiken in seinem Land: der Marathon- und 10.000-Meter-Läufer Mathew Kisorio.

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Boris Becker war ein Serve-and-Volley-Spezialist: harter Aufschlag, ans Netz und schnell den Punkt machen. Der Return hingegen misslang ihm häufig, viele landeten weit hinter der Grundlinie. So ähnlich auch diesmal, als er auf einer PR-Veranstaltung einer kritischen Journalistin die Leviten las. Die hatte sich erdreistet, nach der Zwangsversteigerung seiner Finca auf Mallorca zu fragen. „Falsche Frage zur falschen Zeit!“, entgegnete Becker.

Bei dem Termin ging es um Beckers neue Funktion als Botschafter der englischen Tourismusbehörde. In England fühlt sich Becker mehr geschätzt als in seiner Heimat, als charmanter Tenniskommentator der BBC genießt er auf der Insel auch nach seiner Karriere einen guten Ruf.

Doch die Engländer erlebten ihn nun von seiner schwachen Seite. Nach Ende der Veranstaltung soll der Botschafter Becker sogar auf die Journalistin mit erhobenem Zeigefinger zugestürmt sein (sein Verhalten hat er später verteidigt). Die Atmosphäre war ähnlich freundschaftlich wie bei nach einem After-Match-Handshake mit Andre Agassi (ab 14:00). Die umstehenden Briten sollen betreten zu Boden geschaut haben.

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Löbliche Transparenz beim DSV: Er schreibt seine Stellen aus, darunter die Cheftrainer Frauen und Männer. Noch löblichere Partizipation bei Jens Weinreich: Dort können Sie in dieser Sache Ihr Wahlrecht ausüben – passiv und sogar aktiv. Seepferdchen erwünscht.

 

Claire, die Taxifahrerin, kennt den Weg nicht

Die Engländer, jaja, die haben Humor. Was dieser Russell Square denn sei, eine Straße, ein Platz, ein Gebäude, oder was?, fragte Claire, als ich zu ihr ins Auto steige. Der war echt gut, Claire ist schließlich offizielle Olympia-Chauffeurin, fährt den ganzen Tag Leute durch die Stadt und diesen Russell Square findet jeder Londoner mit verbundenen Augen. Nur Claire nicht, sie hatte keine Ahnung.

Claire ist nett, aber kennt den Weg nicht. Damit ist die freundliche Mittvierzigerin ein typischer Vertreter der 70.000 freiwilligen Helfer dieser Spiele. 250.000 hatten sich beworben, wahrscheinlich ging es nach Freundlichkeit. Die Volunteers lächeln immer und überall. Sie würden wahrscheinlich auch noch lächeln, wenn man ihnen sagen würde, ihre lilafarbenen Volunteer-Shirts seien hässlich (was stimmt) und alle Olympiasieger sowieso gedopt (was hoffentlich nicht stimmt).

Mit der mangelnden Freiwilligen-Kompetenz hat niemand so recht ein Problem. Die Freiwilligen nicht, was sollen sie auch machen? Die Besucher auch nicht, sie werden einfach zum nächsten Freiwilligen geschickt, der, egal wo man sich in dieser Stadt befindet, nie weiter als fünfzig Meter entfernt zu sein scheint. So geht das fröhlich weiter und nach dem Prinzip der Schwarmintelligenz gibt es dann irgendwann doch die Auskunft, die man braucht.

Mittlerweile hat Claire mit meiner Hilfe das Navigationsgerät des Sponsorenwagens, auf dem fesche London-2012-Sticker kleben, bedienen können. Jetzt muss sie nur noch in ihr Funkgerät sprechen und hoffen, dass das Funkgerät zurückspricht und ihr das Okay zur Abfahrt gibt. So etwas kann dauern. „I apologize„, sagt sie, Entschuldigung, das sei erst das zweite Mal, dass sie jemanden fahre.

Dann erfolgte die Startfreigabe, Claire fährt vorsichtig los, die Hände einen Tick zu verkrampft am Lenkrad haltend. Ich versuche, sie abzulenken und stelle Fragen. Claire erzählt, dass sie an insgesamt zehn Tagen dieser Spiele „volunteeren“ dürfe. Am Anfang sollte sie die Autos für die Prominenten fahren. Es stellte sich aber heraus, dass es wesentlich mehr Prominentenfahrer gab als Prominente, weil ja bekanntlich selbst David Cameron neulich mit der U-Bahn zum Olympischen Park fuhr.

Also ließ Claire sich herabstufen und fährt jetzt Journalisten, was gemeiner klingt, als es klingen sollte. Sie kann jetzt etwas entspannter reden, die ersten Kilometer liefen gut. Wenn sie nur nicht auf der falschen Seite fahren würde. Kleiner Scherz meinerseits, der Claire für ein paar Sekunden aus der Fassung bringt.

Vor allem seit der große rote Journalistenbus vor uns fährt, der den gleichen Weg hat, wird Claire ruhiger. Sie braucht nur noch im Windschatten bleiben. Ja, sie habe auch ein nichtolympisches Leben: Lehrerin für Kinder, die nicht zur Schule gehen. Als sie in mein irritiertes Gesicht blickt, erklärt sie, dass sie Jugendliche, die in der Schule gemobbt werden, über das Internet unterrichte.

„Ich möchte Teil dieser Spiele sein“, sagt sie. Und dass die Londoner die Spiele spätestens mit der Eröffnungsfeier lieben gelernt haben. Alles sei ja so „exciting„. Vor allem, dass sie selbst jetzt auf dieser olympischen Spur fahren dürfe, die nur Athleten, Offiziellen, Journalisten und eben Claire vorbehalten sei, mache sie stolz. Den Journalistenbus vor ihr zu überholen, traut sie sich aber doch nicht.

Nach vierzig Minuten haben wir unser Ziel erreicht, Russell Square. „Es ist nett hier“, sagt Claire. Sie müsse jetzt nur noch zurückfahren, sagt sie, dann habe sie Feierabend und fahre nach Hause, anderthalb Stunden dauert das. Mit diesem Auto hier, frage ich? „Nein nein, ich nehme den Zug.“

 

Olympia-Splitter: Engländer finden ihre Olympiasiegerin per Zeitungsanzeige

Deutsche Medaillen-Ziele werden öffentlich

„Ich habe nie Medaillen gezählt“, hatte Michael Phelps vor der Eröffnungsfeier in London gesagt, und wohl niemand hatte es ihm geglaubt. Medaillen sind die Währung der Olympischen Spiele. Jeder Sportler will eine, am besten in Gold, jede Nation will ganz viele, auch Deutschland. Alle vier Jahre schreibt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) den Sport-Verbänden deshalb in Zielvereinbarungen vor, wie viele Medaillen jeder Sportverband bitteschön gewinnen sollte. Schließlich gibt das Bundesinnenministerium (BMI) jährlich mehr als 130 Millionen Euro für den Spitzensport aus. Weil das Steuergeld ist, wollten Journalisten des WAZ-Rechercheblogs – unter anderem der ZEIT-ONLINE-Autor Daniel Drepper – wissen, wie viele Medaillen der DOSB in welcher Sportart in London verlangt. DOSB und BMI verweigerten eine Antwort. Doch gestern entschied das Verwaltungsgericht Berlin: Das Ministerium muss die Medaillenvorgaben aller Sportverbände offenlegen. Wir sind gespannt, wie groß beispielsweise die Lücke zwischen Ist und Soll bei den Schwimmern ist.

Per Zeitungsanzeige zur Medaille

Der britische Sportverband hatte schon vor Jahren einen noch besseren Plan, um an Medaillen zu kommen. Per Zeitungsanzeige suchten die Funktionäre Teilnehmer für die Olympischen Spiele. Die Mutter von Helen Glover las in ihrer Lektüre, dass große Menschen mit Sportinteresse gesucht werden. Sie dachte an ihre Tochter, die Sport studierte, sportlich und relativ erfolgreich im Mountainbike-Fahren war und sprach mit ihr darüber. Das war vor vier Jahren. Am gestrigen Mittwoch gewann Helen Glover dann die erste Goldmedaille dieser Spiele für Großbritannien, im Rudern. Obwohl sie bis 2008 noch nie ein Ruder in der Hand gehalten hatte, schaffte sie es durch maximales Training innerhalb von vier Jahren, von einer Nicht-Ruderin zur Olympiasiegerin im Zweier ohne Steuerfrau zu werden.

Die Fotos der Beachvolleyballerinnen

Die Olympischen Spiele sind ein bildstarkes Ereignis, Tausende Sportfotografen sind in London unterwegs, sie fotografieren alle Wettkämpfe, meist für ihre Bildagenturen, die eine Auswahl der Bilder vornehmen und die Bildausschnitte bestimmen. Die Medien suchen sich dann in den Datenbanken der Agenturen jene Bilder, die sie veröffentlichen. Besonders interessant sind die Fotos vom Beachvolleyball. Wir vermuten, dort gibt es mehr Sportfotografen als Sportfotografinnen. Das ist nur eine These. Über die Geschlechterverteilung in der Berufsgruppe Sportfotograf liegen uns keine Statistiken vor. Aber wer etwa bei der großen Bildagentur Getty Wettkampfbilder sucht, findet Bilder wie dieses. Bei anderen Wettkämpfen wie etwa Gewichtheben oder Schießen sind die Bildausschnitte anders gewählt. Die Kollegen von metro.us brachte das auf einen interessanten Gedanken: Was wäre, wenn alle olympischen Sportarten wie beim Beachvolleyball der Frauen fotografiert werden würden?

Best of 100 Meter Schwimmen

Einen anderen Was-Wäre-Wenn-Gedanken hatten Journalisten der New York Times: Sie lassen alle Olympiamedaillengewinner über 100 Meter Freistil gegeneinander schwimmen. Alle heißt alle. Im animierten Schwimmbecken treten etwa Mark Spitz (sieben Goldmedaillen 1972) gegen Johnny Weissmuller (erster Schwimmer, der 1928 schneller als eine Minute war) gegen den neuen Olympiasieger Nathan Adrian an. Heraus kommen Erkenntnisse wie diese: Alfréd Hajós, erster Goldmedaillengewinner im Jahr 1896, wäre heutzutage mit seiner Zeit (1:22,2) mehr als 42 Meter hinter dem Olympiasieger des Jahres 2008.

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In der olympischen Vergangenheit war jedoch nicht in allen Disziplinen alles schlechter als es heute ist. Zum Beweis dieses Fundstück von den Spielen 1972 in München.

 

Olympia-Splitter: Weggeworfene Badminton-Spiele, eine sportmoralische Frage

Doping ist verwerflich, weil Sportler unsaubere Mittel einsetzen. Aber immerhin wollen sie gewinnen. Der heutige Fall liegt anders. Vier Badminton-Frauenteams aus Südkorea, China und Indonesien wollten ihre Partien verlieren, zwei davon spielten sogar dabei gegeneinander. Ist das genauso verwerflich wie Doping oder noch verwerflicher?

Kann ein solcher Wettbewerb ums Verlieren nicht auch ganz unterhaltsam sein, ließe sich das nicht weiterdenken? Wie sähen zum Beispiel Laufwettbewerbe oder Ruderrennen aus, in dem alle Teilnehmer Letzter werden wollten? Nicht neugierig, liebe Leser? Ich würde mir das jedenfalls nicht entgehen lassen.

Doch die Sache hat, wie vieles im Unterhaltungsbetrieb Sport, einen ernsten Kern. Denn die Spielerinnen handelten natürlich nicht aus Rücksicht, sondern aus Kalkül. Weil sie bereits für die nächste Runde qualifiziert gewesen waren, hofften sie auf einen leichteren Gegner im Viertelfinale.

Aber: Ein Code im Badminton sieht vor, dass sich die Spieler um ihre beste Leistung bemühen sollen – in jedem Spiel ist gemeint. Davon kann hier keine Rede sein. „To throw the match“, sagt der Engländer, von „thrown games“ spricht der Sportrechtler. Weggeworfene Spiele. Sowas ist im Badminton verboten, vermutlich auch, weil das Phänomen in diesem Sport nicht unbekannt ist. Können sich die Beschuldigten auf Gewohnheitsrecht berufen?

Doch geht es nicht nur um Paragrafen, hier stellt sich eine Grundsatzfrage. Denn das Gewinnenwollen ist die Grundlage des Sports, deswegen kommen Zuschauer, sie versprechen sich Wettbewerb, erhoffen sich Spannung. Athleten, die verlieren wollen, entziehen dem Ganzen den Sinn. Hier hat ja nicht ein Vater seinen kleinen Sohn beim Federball über die Teppichstange im eigenen Garten gewinnen lassen. Das war Olympia.

Wem diese Anklage zu hochgegriffen klingt, der schaue sich das Video an, wie die Spielerinnen Aufschläge deutlich absichtlich ins Netz oder neben das Aufschlagfeld schlugen, das plötzlich so klitzeklein wurde. Bilder können auch in moralischen Fragen eine andere Wirkung zeitigen als Buchstaben.

Andererseits darf man sich auch nicht von Bildern verführen lassen. Die Teams verfolgten ja eine Erfolgsstrategie: jetzt verlieren, später gewinnen. Kann man das jemandem verübeln? Dieses Dilemma ja auch in anderen Sportarten vorkommen. Die Zuschauer in der Wembley-Arena jedenfalls pfiffen auf sportmoralische Debatten und auf die Spielerinnen. Der Badminton-Verband schloss alle vier Teams aus, das ist immerhin das halbe Feld. Die Verteidigungsrede des südkoreanischen Trainers, die Chinesen hätten angefangen, machte alles nur noch schlimmer.

Kritik kommt nun auf am Modus. Normalerweise wird Badminton im K.o.-System durchgeführt, so auch in Peking 2008. Wer verliert, scheidet aus. In London hat man Gruppenphasen eingeführt, vielleicht weil man allen Teams nach Niederlagen eine zweite Chance geben wollte, vielleicht weil damit mehr TV-Zeit und Geld rauszuschlagen ist. Hier sind meine 2 Cent: das doppelte K.o.-System, in dem man erst nach der zweiten Niederlage ausscheidet. Der Modus ist zwar ein bisschen komplizierter, aber irgendwas ist ja immer.

Aber auf den Modus kann auch nicht alles schieben, jedenfalls nicht, wenn man auf Selbstverantwortung von Athleten und Sportsgeist glaubt.

Der Fall erinnert die Chronisten und Sportfans entweder an Hamburg 74, als die BRD bei der Fußball-WM vielleicht absichtlich gegen die DDR verlor, um auf Holland erst im Finale zu treffen. Oder an Gijon 82. Bei der WM in Spanien „einigten“ sich Deutschland und Österreich schweigend ab etwa der 20. Minute auf den aktuellen Spielstand (1:0) als Endergebnis. Beide profitierten davon, Algerien, das sein Spiel schon ausgetragen hatte, war zuschauender Leidtragender. Auch hier sehr dreist, wie wenig beide Teams ihr falsches Spiel maskierten. Nach dem Turnier legte die Fifa fest, dass alle Spiele der letzten Runde zeitgleich stattfinden müssen. Es war einer der größten Skandale der Fußballgeschichte, bis heute eins der dunkelsten Kapitel des deutschen Sports.

Warum soll man den heutigen Fall anders bewerten? Weil es „nur Badminton“ ist? Das wäre herablassend. Das ist Frage 1 unseres Besinnungsaufsatzes, liebe Leser. Frage 2 heißt: Wäre es eigentlich moralisch besser gewesen, wenn die Spielerinnen nicht so offensichtlich absichtlich verloren und stattdessen einen Scheinwettkampf geliefert hätten?
Mof

 

Olympia-Splitter: Heidemann in Lego, Daley, Medaillendusche

Wem einmal eine Medaille überreicht wurde, der möchte gerne noch eine. So auch Felipe Kitadai. Der brasilianische Judoka und Bronzemedaillengewinner in der Gewichtsklasse 60 Kilogramm, dürfte aber besonders darauf erpicht sein, denn seine Trophäe fiel ihm beim Duschen runter. Er hatte geschworen, sie überall mithinzunehmen. Nun hat sie eine Delle, und das Trageband riss. „Ich nahm sie mit unters Wasser und steckte sie in den Mund“, sagte Kitadai völlig geknickt. „Ich wollte verhindern, dass sie nass wird. Als ich mich einseifte, fiel sie runter.“ Kitadai bat um ein neues Modell, das IOC überlegt nun, wie es mit der Bitte umgehen soll. Werden sich die harten Herren der Ringe (und Medaillen) erweichen lassen?

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Britta Heidemann wird nach ihrer Silbermedaille im Degen-Einzel eine weitere Ehre zuteil: Der Guardian hat mit Lego ein Reenactment ihres Gefechts gegen Shin A-Lam fabriziert. Die Tränen der Koreanerin muss man sich aber hinzudenken. Schnelle Produktionszeit der englischen Kollegen übrigens.



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Das Internet ist eine wichtige Errungenschaft, weil es belegt, mit welcher Verbitterung selbst Jugendliche zu kämpfen haben und zu Werke gehen. Auf Twitter ist der britische Wasserspringer Tom Daley von einem enttäuschten Fan böse beleidigt worden. „Du bist eine Enttäuschung für Deinen verstorbenen Vater“, hieß es in dem Tweet.

Vor eineinhalb Jahren verlor der nur ein Jahr ältere Daley seinen Vater, der an einem Gehirntumor starb. Der Wasserspringer widmet seine Erfolge stets seinem Vater. Beim Synchronwettbewerb vom Zehn-Meter-Turm waren Daley und sein Partner Pete Waterfield am Montag als Medaillenhoffnung der Gastgeber an den Start gegangen – und wurden Vierte.

„Es tut mir leid, Kumpel. Ich wollte nur, dass du gewinnst, bitte nimm meine Entschuldigung an. Ich will nicht gehasst werden“, sagte Daleys Peiniger, nachdem er von der Polizei festgenommen wurde.

Daley ist übrigens Stänkerei gewohnt. Als er mit fünfzehn Jahren Weltmeister wurde, mobbten ihn anschließend seine Mitschüler. „Ich versuchte, in der Pause irgendwie im Klassenzimmer zu bleiben.“

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Wer ist nicht von solchen Beifahrern genervt, die jede Gas-, Kuppel- und Bremsbewegung mitvollziehen? Doch solch motorischer Support kann auch beflügeln. Die Eltern der amerikanischen Turnerin Aly Reisman, konnten bei der Kür ihrer Tochter nicht an sich halten und gingen auf der Tribüne ordentlich mit, vor allem die Mutter. Siehe da, es half. Am Dienstagabend gewannen die Amerikanerinnen Teamgold im Turnen.

 

Olympia-Splitter: Banksy, Soldaten und Asylgesuch

Die Eltern von Barry Murphy hätten ihre Arme und Beine gegeben, um ein Ticket für die olympischen Schwimmwettkämpfe zu bekommen. Murphy ist irischer Schwimmer, wie sehr seine Eltern ihn in London schwimmen sehen wollen würden, twitterte er. Am Wochenende schwamm er jedoch, ohne dass seine Mutter oder sein Vater dabei waren. Dabei waren im Stadion etliche Plätze nicht besetzt. Mehr als 12.000 Plätze blieben am vergangenen Sonntag bei den olympischen Wettkämpfen laut Telegraph leer. Ausgerechnet bei attraktiven Wettbewerben wie Turnen, Tennis, Basketball und Schwimmen waren ganze Zuschauerblöcke freigeblieben. Offensichtlich waren aber, entgegen einer etwas voreiligen Aussage von Großbritanniens Sportminister Jeremy Hunt, nicht die Sponsoren schuld. Vor allem Funktionäre haben von ihren Karten keinen Gebrauch gemacht. Olympioniken, die vergeblich versucht hatten, Tickets für Freunde und Familie zu besorgen, ärgerte das. Politiker und Medien sprechen in London bereits vom Ticket-Fiasko. Einerseits soll die Nachfrage nach Tickets größer sein als das Angebot. Andererseits schaffen es die Organisatoren wohl nicht, Ticketkontingente, die zurückgegeben werden, zeitnah zu verkaufen. Organisationschef Sebastian Coe reagierte auf die Kritik gelassen und kündigte an: „Wir lassen jetzt Soldaten rein.“ Die hätten es verdient, weil sie kurzfristig für die Sicherheit der Spiele in die Bresche gesprungen seien. Außerdem würden die weltweit gesendeten Fernsehbilder dann keine halbleeren Tribünen zeigen.

Stadion-Schlüssel verbummelt

Im Stadion in Wembley standen die Verantwortlichen vor dem Start des olympischen Fußballturniers vor verschlossenen Türen. Weil sie keinen Schlüssel hatten, verständigten sie die Polizei. Doch die Ermittlungen kamen zu keinem Ergebnis. Sie fanden keinen Täter. Weil die Generalschlüssel sich nicht wieder eingefunden haben, musste die Sicherheitsfirma fast alle Türschlösser austauschen. Scotland Yard stufte die Schlüsselaffäre jedoch nicht als Straftat ein.

Foto: Banksy

Banksy beteiligt sich an den Spielen

Eine andere Straftat hat die britische Polizei bisher bloß im Internet entdeckt. Der unbekannte Graffiti-Künstler Banksy veröffentlichte vor dem Beginn der Spiele ein neues Straßen-Kunstwerk. Auf seiner Website zeigte er das Bild, das bisher noch niemand entdeckt hat. Vielleicht ist das auch gut so. Londons Polizei verfolgt Graffiti-Künstler, wenn sie ihre Werke im öffentlichen Raum hinterlassen, und entfernt diese. Im März wurde übrigens ein Kunstwerk von Banksy für mehr als 400.000 Pfund in London versteigert.

Kinnhaken beim Fechten

Das Auftaktwochenende des deutschen Olympiateams verlief schlechter als geplant. Im Schwimmen, wo Medaillen eingeplant waren, enttäuschte das Paar Britta Steffen und Paul Biedermann. In allen übrigen Wettkämpfen gelang keinem deutschen Athleten eine positive Überraschung. Auch der Säbelweltranglistenerste Nicolas Limbach scheiterte. Am schlimmsten erwischte es aber wohl die Florettfechterin Carolin Golubytskyi. Die 26-Jährige führte gegen Elisa di Francisca mit 8:6, als die Italienerin mit dem Florett voll durchzog und der Deutschen Meisterin mit dem Griff der Waffe einen Kinnhaken verpasste. Golubytskyi taumelte, stürzte zu Boden und musste mehrere Minuten behandelt werden. Danach kämpfte sie weiter, verlor und musste am Sonntag schon wieder nach Hause fahren. Manfred Kaspar, Sportdirektor des Deutschen Fechter-Bundes, bedauerte die Niederlage, gab aber zu: „Fechten ist eben eine Kampfsportart.“

Asyl in London:

Es gibt ja viele Menschen, die diese Olympischen Spiele mögen. In London macht es Spaß, Sportler zu sein. Der Gedanke, dass dies in zwei Wochen schon wieder vorbei ist, gefiel einem Läufer aus Sudan überhaupt nicht. Vor dem Wochenende berichteten britische Medien über einen Athleten aus dem südsudanesischem Olympiateam, der in Leeds des nachts eine Polizeiwache aufgesucht haben und um Asyl gebeten haben soll. Im Sudan herrschten in den vergangenen Jahrzehnten oft bürgerkriegsähnliche Zustände. Hunderttausende Menschen starben bei den Auseinandersetzungen zwischen dem arabischen Norden und dem seit dem vergangenen Jahr eigenständigen Süden des Landes. Es wäre verständlich, wenn ein Sportler in London auf die Idee käme, nicht zurück reisen zu wollen. Doch bevor das Asylgesuch zum Aufreger dieser Spiele wurde, dementierte am Freitag die sudanesische Botschaft offiziell in London: Es werde weder ein Mitglied des Teams vermisst, noch habe ein Sportler um politisches Asyl in England gebeten.

Der schlimmste Tweet über die Eröffnungsfeier

Eine Show wie die mehrstündige Eröffnungsfeier der Spiele kann nicht jedem gefallen. Vermutlich wollte das der Regisseur Danny Boyle auch nicht. Doch eine Reaktion, wie sie der Tory-Politiker Aidan Burley der Öffentlichkeit mitteilte, hat womöglich auch den Oscar-Gewinner Boyle überrascht. Die 34-Millionen-Euro-Darbietung sei „multikultureller Käse“ gewesen, twitterte der Konservative und fuhr fort, dass das Spektakel die linkeste Eröffnungsfeier war, die er je gesehen habe. Selbst Politiker aus Burleys Partei empörten sich im Anschluss an dessen Meinungsäußerung. Burley war im vergangenen Jahr übrigens Gast auf einer Party, die englische Medien als Nazi-Party bezeichneten.

 

London gemeindet Sport in die Popkultur ein

01:45 Das Fazit überlassen wir heute unserem Gast Gunter Gebauer:

„Die Show hat nach leichten Anlaufschwierigkeiten meine hohen Erwartungen erfüllt. London war das Gegengewicht zur Eröffnungsfeier von Peking 2008. Das war zwar perfekt arrangiertes High-Tech, aber trug deutlich autoritäre Züge.

Die Feier in London war viel leichter, hatte viele tanzende Momente, witzige Momente. Die Show zielte auf witzige Stimmung, etwa, dass die großen Hits der englischen Musikkultur zum Tragen kamen. Das war kreativ, das war der Spirit of London. London hat die Popkultur gefeiert, und Sport gehört eben zur Popkultur. Wenn man den Abend zusammenfassen will: Der Sport wurde in die Popkultur eingemeindet.

Die Deutschen haben sich als vergnügte Mannschaft präsentiert, die Gefallen an dem Fest gefunden haben. Unsere Fahnenträgerin Natascha Keller ist eine muntere und witzige Frau. Die ganze Mannschaft strahlt Lebensfreude aus. Das finde ich gut bei deutschen Mannschaften, das war früher nicht immer so. Die Freude ist auf mich übergesprungen.

Erstaunlich auch immer wieder, welche Weltprominenz Olympia versammeln kann: Ban Ki Moon, Muhammad Ali, über hundert Staatsoberhäupter. Schade, dass das IOC nicht in der Lage ist, diese Macht im guten politischen Sinne auszuspielen, sondern meist nur im schlechten.

Negativ: ein paar nationale Misstöne zu Beginn und in der Rede von Sebastian Coe, das langweilige Ende und der deutsche Fernsehkommentar.“

Christian Spiller ergänzt aus dem Stadion: „Bestgelaunte aller Mannschaften auf dem Innenfeld: die Australier. Tanzen, lachen und schwatzen mit den Kanadiern und Chinesen.“

Und ich finde, da war viel dabei. Wenn ich drei vermisst habe, dann: Oasis, Morrissey und Robbie Williams. Und Stuart Pearce. Und damit eine Gute Nacht und Ihnen schöne, spannende Olympische Spiele. Vielen Dank an Gunter Gebauer, der schon auf dem Nachhauseweg ist, und Ihnen fürs Mitmachen.

01:40 Die Flamme wird von einer großen Menge Jugendlicher entzündet, begleitet von ehemaligen britischen Medaillengewinnern. Die Briten entziehen sich der mit großer Spannung erwarteten Frage. Nennen wir es elegant.

Geht’s nur mir so? Ich muss zu Boden schauen, Paul McCartney (70) kommt nicht mehr an die hohen Töne von Hey Jude ran. Aua, Mitleid.

01:19 Die Queen macht bei ihrem Eröffnungssatz einen müden majestätischen Eindruck. I declare this bazaar open.

Ein Tweet von Paul

01:15 Die Funktionäre holen uns mit ihren nichtssagenden Phrasen wieder runter. Kein Wort von Coe und Rogge über München 72.

Jetzt der Eid, nicht nur von Athleten gesprochen. Dr. Soundso: „Ich schwöre, dass ich alle Medikamente selbst hergestellt habe.“

Gebauer: „Ich bin sehr enttäuscht, dass Sebastian Coe einen nationalistischen Ton hereinbringt (‚Nie war ich so stolz, ein Brite zu sein‘). Das hat auf einer internationalen Veranstaltung nichts verloren. Er prophezeit auch etwas zu großsprecherisch, dass die Spiele ein Triumph würden. Ich wünsche mir mehr Understatement. Da merkt man halt, dass er ein konservativer Politiker ist.“

01:05 Arctic Monkeys doing Beatles! Yeah! Herr Gebauer sing mit, aber wie reagiert eigentlich Peking auf diese Show? Die halten das doch bestimmt für ordinär und westliche Dekadenz.

00:32 Ein paar Worte zu den deutschen Fernsehkommentatoren, Herr Gebauer, bitte.

Gebauer: „Schablonenhaft, dröge, forciert um Stimmung bemüht. Es hat keinen Witz, keinen Schwung, keinen Esprit. Das deutsche Fernsehen verkrampft, im Gegensatz zur deutschen Mannschaft. Auch die Beteiligung einer Athletin war offensichtlich keine gute Idee. Kathrin Boron ist mir als eindrucksvolle Persönlichkeit in Erinnerung, doch Sportler können wohl nur aus dem eigenen Sportlerleben etwas beitragen, Einordnungen zu kulturellen und politischen Hintergründen darf man von ihnen nicht erwarten. Sie haben wohl nur die Funktion, emotionale Tiefe herzustellen. Aber das klappte heute auch nicht. Ist ja auch schwer, Gefühle zu beschreiben. ‚Jänsehaut pur‘ hab ich noch im Ohr.“

Heidrun Bleeck schreibt in den Kommentaren: „Wieso ist es im deutschen Fernsehen nicht möglich, einen Engländer, der mit der Geschichte, Musik, Kunst etc. seines Landes vertraut ist, dem Kommentator als „Souffleur“ an die Seite zu stellen? Schade um die vielen Infos, Gags und Aspekte der tollen Brit-Show, die am Großteil des deutschen Fernsehpublikums vermutlich unverstanden vorbeigerauscht sind.“ Herrn Gebauer gefällt das.

00:02 Wie kommt es eigentlich, dass Olympia einen solchen intellektuellen und spirituellen Überbau hat, ungewöhnlich für einen Sportwettbewerb?

Gebauer: „Das geht auf Coubertin zurück, der die Wiederbelebung Olympias bei seinen Landsleuten durchsetzen musste. Die französischen Intellektuellen waren damals theoretisch orientiert, körperfeindlich – im Gegensatz zu den Engländern. Coubertin hat seine Auffassung von Sport überhöht, um sie zu überzeugen. Dabei kam ihm zugute, dass Olympia, geradezu die ganze Antike, insgesamt über Jahrtausende verklärt wurde. Heute sieht man das historische Olympia und die Antike deutlich kritischer.

Dabei hat Coubertin seine Idee mit quasireligiösen Elementen überfrachtet. Die Olympische Idee, der Olympische Eid – das hat alles etwas Weihevolles. Das schleppen die Olympischen Spiele bis heute durch, obwohl das heute nichts mehr mit dem zu tun hat. Und vermutlich auch wohl nie hatte.“

23:30 Herr Gebauer, wie bewerten Sie die Debatte um die verweigerte Schweigeminute für die israelischen Opfer von 1972?

Gebauer: „Ich bin immer für Schweigeminuten. Oder sagen wir: Ich bin für ein würdiges Gedenken. Aber das muss man nicht auf der Eröffnungsfeier machen, denn die soll Vorfreude wecken. Die olympische Bewegung sollte jedenfalls der Toten auf würdevolle Weise gedenken, und zwar auf institutionalisierte Weise, bleibend, bei jeder Feier, nicht nur eine Minute lang. Es wundert mich ohnehin, dass diese Debatte nicht früher schon geführt wurde. Einbeziehen sollte übrigens alle Toten, nicht nur die Israelis. Etwa die Opfer der Studentenrevolten vor den Spielen in Mexiko 1968.

Welche Überlegungen bei der aktuellen Absage gespielt haben, kann ich nicht sagen. Sollte sich der Verdacht erhärten, dass das IOC auf ein Gedenken an die Israelis verzichtet, weil es sich nicht mit der arabischen Welt verscherzen möchte, wäre das fatal. Ich kenne ja die Spekulationen um Thomas Bachs Verbindungen in den Nahen Osten und seine Geschäftsinteressen. Aber dieses Gerücht ist interpretationsabhängig.“

Christian Spiller mailt aus London: „Jetzt, wo der Einmarsch der Teams beginnt, eilen viele Zuschauer aufs Klo. Aber wer soll es ihnen verdenken? Bei so einer tollen Show muss man es halten, bis es nicht mehr geht. Very cool, very british alles. Spätestens bei Mr. Bean und allerspätestens bei dem grandiosen Ritt durch die englische Musikgeschichte haben die Engländer die Welt eingefangen. Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate links und rechts haben ebenfalls tüchtig mitgewippt und ein Tränchen im Auge.“

Philosophengetränk
Philosophengetränk

23:05 Warum spielen sie denn nicht „God Save The Queen“ von den Sex Pistols, wo sie doch schon mal anwesend ist?

Blur statt Oasis. Man muss sich halt für eins entscheiden.

Und Hugh Grant, toll! Ich verlange aber auch Ali G.

22:55 Bei so viel englischer Geschichte – sehen wir später auch einen verschossenen Elfmeter?

Gunter Gebauer muss ans Telefon: Interview mit dem Deutschlandfunk. Ein Mann für alle Sender. Er ist jedenfalls geradezu erfreut über so viel Popkultur (Merke: Gegensatz zu Peking), die inzwischen die Show dominiert.

22:45Die moderne olympische Idee hat auch englische Wurzeln. Pierre de Coubertin hat sich an der Pädagogik britischer Internate orientiert. Kann man das so sagen, Herr Gebauer?

Gebauer: „Ja, an der Realität in der englischen Public School, wo Jugendliche der Oberklasse geformt wurden. Kinder der Reichen, die mit ihren Lehrern den modernen Sport erfunden haben, sich dabei und dadurch diszipliniert haben. Aber genau das zeigt die Feier bislang gerade nicht.“

„Mr. Bean mit Simon Rattle, sehr guter Einfall, große Klasse, genau das hab ich mir von den Briten erhofft. Überhaupt bekommt es einen surrealistischen Touch: fliegende Gorillas, eine zehn Mieter große Frau, viele Mary Poppins und fröhliches Krankenhaus. Jetzt haben sie die Feier schön tief gehängt, genau richtig.“

22:30 Absprung Queen und Bond per Fallschirm: „Das ist echt witzig! Gute Idee.“ (Gebauer)

„Doch aus dem Queen-Begleiter Daniel Craig wurde plötzlich Jacques Rogge. Und als Bondgirl gleich neben dran: Dr. Thomas Bach.“ (C. Spiller)

„Aber das Fahnenhissen ist eine große Enttäuschung. So viel Militär! Und alle Waffenkategorien vorhanden.“ (Gebauer)

„Interessant, hier werden die fünf Ringe direkt aus der englischen Schwerindustrie hergeleitet. Die Engländer klauen bei den Franzosen. Oder sagen wir: Die Engländer eignen sich Geschichte an. Ich dachte, Fakes wären den Chinesen vorbehalten.“ (Gebauer)

22:20 Aus dem Programmheft: Ein bisschen Number Crunching aus dem Programmheft: 7.500 freiwillige Darsteller, 500 Lautsprecher (hört man!), im Innenraum liegen gerade 7.346 Quadratmeter Rasen. Still to come: 320 Betten, 10.490 Athleten, 120 Beats per Minute beim Einmarsch der Sportler (damit sie schneller laufen, kein Scherz) und 7 Milliarden Papierschnipsel, für jeden Erdenbürger einen.

Aber ehrlich gesagt: Bei Eröffnungsfeiern komme ich recht schnell nicht mehr mit.

Gebauer: „Offenbar ist es wie immer: Die Macher wollen Englands Geschichte in neunzig Minuten zeigen. Schwierig. Und dann noch in einem Stadion. Jeder Akt der Darsteller ist symbolisch aufgeladen, und der Zuschauer hechtet nach der Bedeutung. Er ist mit dem Interpretationswahn überfordert.“

22:10 Erstaunlich viel Cricket und Rugby bislang.

22:05 Bradley Wiggins, der englische Tour-de-France-Sieger, tritt in Gelb auf und läutet eine Glocke. „Eine Geste mit bescheidenem symbolischem Gehalt. Außerdem ein totaler Missgriff. Tour de France und Olympia sind wie Feuer und Wasser. Wird das jetzt doch eine nationale Feier?“ (Gebauer)

21:59 Gänse und Kühe laufen ins Stadion, und Poschmann redet von „Exzess“.

21:55 ZON: Heute sendet das ZDF. Aus London. Nicht aus Usedom oder Helgoland etwa. Erleichert?

Gebauer: „Ja, sehr. Wenn es festlich wird, sieht man Steinbrecher im Studio. Das bringt uns schon mal in eine feierliche Stimmung. Die Ruderin Kathrin Boron ist als Expertin am Mikro. Das sieht nach sportlicher Mitbestimmung aus. Aus der Luft sieht das Olympiagelände wie ein Rummelplatz aus, nicht wie eine Weihestätte.“

21:40 Gunter Gebauer ist nun da, sagt, die Erwartungen an diese Feier seien hoch. Welche Bedeutung haben denn Eröffnungsfeiern generell?

Gebauer: „Ursprünglich in der Geschichte der modernen Olmpischen Spiele waren Eröffnungsfeiern ein zeremonieller Rahmen mit religiösem Charakter. Wenn man aus dem Alltag heraustreten will, kann man durch ein Schwellenritual in eine Sonderwelt eintreten: Man tritt über eine Schwelle aus dem profanen Leben in eine höhere Welt, wie man in der Kirche in einen Sakralraum tritt. Das war unter den Bedingungen der Moderne eine rituelle Last für die Olympischen Spiele.

Los Angeles 1932 zum Beispiel war dem Totengedenken gewidmet, in Anspielung an das antike Olympia, dem auch eine Feier des toten Gottes Pelops bevorging. 1936 wurde Olympia zu einer religiös-nationalistischen Feier erhöht. München 1972 hingegen hat folkloristisch-bayrische Elemente in den Mittelpunkt gestellt, etwa Leute mit Lederhosen. Dadurch bekam das eine liebenswürdigen, provinziellen Charakter. München eben.

Andere Städte wie Barcelona 1992 haben sich bemüht, historische Elemente (die Geschichte des Mittelmeerraums) in einer Themen-Show darzustellen. In Peking 2008 erlebten wir die Rückkehr zu Massenspektakel mit hochdisziplinierten Darstellern und einer fulminanten Technik-Show. Von London erwartet man sich den Verzicht auf historische und mythische Tiefgründelei, dafür aber Witz, Popkultur, Understatement. Auf jeden Fall eine Mischung der verschiedenen Elemente, durch die Großbritannien immer wieder zu bezaubern weiß (ein Beatle, Fußballmodel, eine Queen, Farmtiere …).“

21:17 Christian Spiller mailt mir gerade: „Truely international hier im Olympiastadion. Rechts neben mir sitzt der Kollege aus Katar, links ein Mexikaner, daneben zwei Scherzkekse aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die ihre Visitenkarte gegen meine Kreditkarte tauschen wollten. Vor mir zwei Italiener, die nicht still sitzen können, daneben drei Nepalesen, die schon ein paar Gigabyte an Fotos geschossen haben. Ich glaube, das ist Olympia. Die ganze Welt auf kleinem Fleck?“

21:00 Aus dem Stadion twittert der Kollege Christian Spiller. Jens Weinreich bloggt von ebenda. Die New York Times stellt die 25 wichtigsten Athleten der aktuellen Spiele vor.

20:48 Der zweiteilige Plan der Eröffnungsfeier sieht folgendes vor: Teil 1 wird durch den Regisseur Danny Boyle („Trainspotting“) gestaltet. In Teil 2 laufen die Nationen ins Stadion ein, angeführt von Griechenland. Anschließend werden wir eine Ein-Satz-Rede der Queen und den Olympischen Eid durch einen Athleten, einen Trainer und einen Kampfrichter hören. Zum Schluss wird die Fackel hereingetragen und das Olympische Feuer entzündet.

Vorbemerkung

Die Olympische Familie reist nach 1908 und 1948 zum dritten Mal nach London. Die angeblich schlechte Laune der Gastgeber scheint gewichen, und es gibt gute Anzeichen, dass es heitere Spiele werden – trotz aller Sicherheitsvorkehrungen und Militräpräsenz und auch wenn der Guardian seinen olympiagefrusteten Usern seine Homepage mit einem Klick ganz ringfrei anbietet.

Es wäre ein begrüßenswerter Kontrast zu den beiden letzten Sommerspielen: 2004 in Athen schienen sich die Gastgeber nur für die heimischen Athleten zu interessieren, die Spiele 2008 litten unter dem Protz einer Diktatur.

Den heutigen Fernsehabend begleitet die Frage: Wer wird die Olympische Flamme entzünden? Als Favoriten handeln die englischen Zeitungen und Buchmacher: Sir Steven Redgrave, erfolgreichster Brite der Olympiageschichte und sechsfacher Sieger im Rudern, Sir Roger Bannister, der Mann, der als erstes die Meile unter 4 Minuten lief, Daley Thompson, der Zehnkämpfer, der Jürgen Hingsen in den Wahnsinn trieb, und David Beckham, dem Verdienste beim Zuschlag für die Londoner Bewerbung zugerechnet werden (und der für seine Nichtteilnahme bei dem Turnier entschädigt werden könnte).

Charmant fänden wir auch, wenn die Engländer einen Flieger aus dem Zweiten Weltkrieg entsenden würden. Aber wenn wir einen Vorschlag machen dürften: Wie wärs mit John Cleese? Der hat zwar sportlich überschaubare Verdienste, kann aber schön laufen und die Fackel auf den letzten Metern sicher würdig zum Ziel bringen:

Wir bloggen die Eröffnungsfeier aus der Berliner Redaktion live. Zu uns stoßen wird ab etwa 21.30 Uhr Gunter Gebauer, der viel gefragte Sportphilosoph. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.

Halt, wir haben noch mal nachgeschaut. John Cleese hat doch eine sportliche Vergangenheit: