Bürgerkriegsähnliche Zustände führten im Jahr 2001 in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien zu einer ungewöhnlichen, doch mehr als verständlichen Idee: Um für kurze Zeit, und sei es nur für eine Nacht, alle Sorgen und Ängste zu vergessen, entstanden in mazedonischen Städten vorübergehend Räume, in denen illegale Clubnächte organisiert wurden. 2012 reiste der Künstler Franz von Strolchen durch Mazedonien, filmte und führte Interviews. Aus diesem Material hat er nun zusammen mit dem Techno-Produzenten Lars Stöwe (alias DJ Anstam) eine Performance kreiert, die das Gefühl einer verunsicherten und um ihre Identität ringenden Bevölkerung vermitteln soll, die den Tanz zum großen Trost erhebt. „We promote fiction, so let’s freak out and dance“, lautet einer der Schlüsselzeilen des Stücks. Die heutige Uraufführung findet in englischer, deutscher und mazedonischer Sprache statt.
Sie wurden als Gegenveranstaltung zu den Vattenfall-Lesetagen ins Leben gerufen. Die Macher des Literaturfestivals HEW-Lesetage führen nun ganz ohne direkten „Feind“ ihr Projekt weiter. Zur Eröffnung laden die Veranstalter am 13. April zu einer Diskussion über Kunst und Knechtschaft auf Kampnagel. Auf dem Podium: die Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier, die Verlegerin Hanna Mittelstädt (Edition Nautilus), die Gängeviertel-Aktivistin Christine Ebeling sowie der renommierte Filmkritiker Georg Seeßlen. Anspielungsreich betitelt geht es an diesem Abend um das Gefahrengebiet Kultursubvention. An verschiedenen Hamburger Orten finden dann in den folgenden vier Tagen weitere Diskussionen, Workshops und vor allem Lesungen statt. Unter den Autoren, die hier zu hören und sehen sein werden, befinden sich Inga Sawade, Alexander Posch und Hans Platzgumer. Weiterhin angekündigt sind Feridun Zaimoglu und Frank Schätzing.
Das ClubHeim im Schanzenpark mit dem röhrenden Elch im Logo ist zum Sport- und Serien-Kino avanciert. In zwei Sälen zeigen die Macher vom Open-Air-Schanzenkino auf großen Leinwänden alle Spiele der Bundesliga – dazu gehören natürlich auch die Partien vom FC St. Pauli und dem HSV –, die Champions League, aber auch aktuelle US-Serien, die bisher nur im Pay TV ausgestrahlt werden. In einem Raum laufen dann beispielsweise House of Cards, Homeland, House of Lies im englischen Originalton, in einem anderen Raum als Erstausstrahlung mit deutscher Synchronisierung. Das ClubHeim ist gemütlich-rumpelig eingerichtet: Umgeben von holzvertäfelten Wänden sieht man Sitzsäcke, Holzstühle, Kunstrasenteppich, eine Bar und eine Diskokugel. Es gibt Bier vom Fass und Burger. Sonntags läuft in Saal 1 und Saal 2 um 20.15 Uhr dasselbe Programm – nicht dem Fußball, keiner US-Serie, sondern dem Lieblingskrimi der Deutschen wird diese Ehre zuteil. Und egal, ob der Tatort spannend und man aufgewühlt ist oder ob die Story flach war und die Zuschauer frustriert sind – abreagieren können sie sich im Anschluss bei einer Runde Tischfußball.
Geburtstagsdoppelsause: Im April vor 17 Jahren wurde das Fundbureau als Förderstätte für elektronische Tanzmusik gegründet und als Club unter der Sternbrücke eröffnet. Vor zwei Jahren erblickte die Fundbureau-Partyreihe gut drauf das Licht der Welt, bei der internationale Künstler auf hanseatische Kollegen treffen. Beides sind gute Gründe zum Feiern. Es gratuliert das Organic-Techno-Duo Piemont, das auch schon in Berlins Berghain, dem Hive Club in Zürich und dem Studio 80 in Amsterdam gastierte. Aus Frankfurt am Main reist Bebetta mit melodischen House-Rhythmen und treibendem Techhouse an. Und die vielen Freunde des Hauses, darunter Jacob Groening, Mikah, F.O.X., Backforth, Ayks, Herr Opperman und Unter Dörfer, lassen sich ebenfalls blicken. Übrigens: Der Doppelgeburtstag ist am 12. April nicht das einzige Jubiläum im Hamburger Nachtleben. Auch die Musikkneipe Komet in der Erichstraße auf St. Pauli feiert neunjähriges Bestehen. Die kleine Bar ist bekannt für seine Schallplattenauktionen und VJ-Wasted-Nächte.
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Die Lange Nacht der Solidarität bezieht einen stadtpolitischen Standpunkt: Das dezentrale Spaziergangsfestival in den Stadtteilen Altona, Sternschanze und St. Pauli soll ein Zeichen setzen gegen Ausgrenzung, gegen Gentrifizierung, gegen repressive Polizeigewalt und Einschränkung der Menschen- und Bürgerrechte, für Flüchtlinge in Hamburg, für soziales Wohnrecht, für Teilhabe, für kulturelle Freiräume. Bei den einzelnen Stationen des langen Programms ist jeder willkommen, der gegen jegliche Unterdrückung demonstrieren möchte. Ab 15 Uhr startet der dezentrale Spaziergang – auf der Route liegen Szene-Bars, kleinen Galerien, Kinos und Nachtclubs. Unter anderem organisieren die Vereine Laut gegen Nazis und Reach Out im Centro Sociale ein Demo-Training und Workshops gegen rassistische Polizeigewalt. Im Gängeviertel startet um 19 Uhr ein Maskenball mit Live-Musik, der Wagenplatz Zomia lädt zur Feierei mit Lagerfeuer, Bass Forward the Revolution lädt gen Mitternacht in die Rote Flora und das Störte in der Hafenstraße öffnet die Türen für ein Hardcore/Punk-Konzert. Im Rahmen der Veranstaltung werden Spenden gesammelt, laut der Organisatoren für Geschädigte und Verletzte durch die Repressionen der Hamburger Polizei. Das vollständige Programm findet man hier oder auf Facebook.
Dafür kann man die Affenfaust nur lieben: Seit 2012 ist die kleine Galerie auf St. Pauli ein Ort für neue zeitgenössische Kunst in Hamburg. Ungewöhnlich und urban sind die Kreativen und ihre Werke, so wie der Künstler 1010 und seine Ausstellung Abyss, die vom 16. April bis zum 3. Mai zu sehen sein wird. Bei der Vernissage am 12. April kann ein erster Blick auf die kleinen Papierarbeiten und größeren Acrylgemälde geworfen werden. Seine Papierarbeiten leben von optischen Täuschungen, sie suggerieren tiefe Kluften – schwarze Löcher, umrahmt von buntem Papier. Diese Kunst soll dem Betrachter gefallen und zeigen, dass sich hinter Schönheit wahre Abgründe auftun können. Konträr zu den bunten Papierarbeiten sind die Acrylgemälde in monochrom gehalten. Sie zeigen unheimliche Fabelwesen, die beispielsweise den Körper eines Wurmes und den Kopf eines Vogels besitzen. Der Künstler lebt seit Mitte der 1980er Jahre in Hamburg und ist ein Konzeptualist, dessen Werke sich nicht von selbst erklären und denen ein durchdachtes System zugrunde liegt.
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Seit zwei Jahren arbeitet das Team von Empire St. Pauli an einem Film über die Esso-Häuser. Wenn nun im Rahmen der Dokumentarfilmwoche erste Ausschnitte gezeigt werden, steht der Gebäudekomplex am Spielbudenplatz im Fokus der Öffentlichkeit. Schon lange wollte der Eigentümer die Esso-Häuser abreißen und durch moderne Bauten ersetzen. Die Bewohner wehrten sich, befürchteten höhere Mieten und Verdrängung. Die Gebäude verfielen, wurden nicht instand gesetzt. Die Stadt konnte oder wollte nicht vermitteln. Kurz vor Weihnachten 2013 wurden schließlich alle Wohnungen geräumt, weil die Wände wackelten. Das Filmteam dokumentierte Demonstrationen, Versammlungen und das Leben der Menschen in den Esso-Häusern – bis zum Packen der Umzugskartons. Zu Wort kommen Aktivisten der Initiative Esso-Häuser, Bewohner, Anwohner und Gewerbetreibende sowie Politiker, Investoren und Star-Architekten. Die Filmemacher stellen unter anderem die Frage, ob „Kaputtbesitzen“ mit neuen Bebauungsplänen belohnt werden sollte. Der Kampf ist ein gesellschaftlich hoch relevantes Thema, bei dem die Gebäude für soziale Verdrängungsprozesse stehen. Ausschnitte des Filmes Die Esso-Häuser – Der Film werden beim Werkstattgespräch im Metropolis-Kino gezeigt.
TEXT: LENA FROMMEYER
Gäste: Irene Bude, Olaf Sobczak, Steffen Jörg von Empire St. Pauli
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Die Lange Nacht der Museen ist so etwas wie ein All-You-Can-Eat-Büffet der Kultur: Für magere 15 Euro (ermäßigt 10 Euro) erhält der Inhaber eines Tickets Einlass zu 54 Orten der Kunst und des Wissens und darf rund 600 Veranstaltungen besuchen und zudem kostenlos den HVV nutzen. Zugegeben, für einen Rundgang durch 54 Kulturorte braucht man mehr Zeit als nur eine Nacht und die bequemsten Schuhe der Welt – dennoch ist die Veranstaltung eine gute Gelegenheit, um die derzeitigen Highlights in den Hamburger Museen abzuhaken. Dazu gehört die Feuerbach-Lagerfeld-Ausstellung in der Kunsthalle, Comicleben-Comiclife im Museum für Kunst und Gewerbe und die Mondrian-Bilder im Bucerius Kunst Forum. Über die etablierten Häuser hinaus ist dies auch eine Nacht der Neuentdeckungen, der Nischenkultur. So ist im Geologisch-Paläontologischem Museum ein vier Milliarden Jahre alter Eisenmeteorit zu bestaunen; einen Überblick über die Geschichte der Heilkunst nebst antiquiertem Sektionssaal zeigt das Medizinhistorische Museum auf dem Gelände des UKE, das dieses Jahr zum ersten Mal dabei ist. Immer gut zum Verschnaufen: der überdachte Innenhof des Hamburg Museums (Foto), wo abends eine Living Music Box Lieblingslieder auf Zuruf spielt.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind auch in der Partywelt angekommen: Bei einem Festival in Schweden kam eine Maschine zum Einsatz, die den Schweiß aus T-Shirts in geruchsfreies Trinkwasser transformiert, in Rotterdam eröffnete der erste Club, bei dem durch Tanzen Energie erzeugt wird und am 11. April kommt die Fahrraddisko nach Hamburg. Morgenwelt Rocks hat eine sich selbst versorgende Konzertbühne erfunden. Die Künstler, darunter die Rockabilly-Band A Bit On The Side, der Singer/Songwriter Vince Adam und das DJ-Team Boom le Choc sind ganz auf das Wohlwollen des Publikums angewiesen. Nur wenn einige Gäste auf den Spezialrädern in die Pedale treten, wird genügend Strom für das Konzert erzeugt. Mit dem Lauterwerden der Musik nimmt der Trittwiderstand auf den Fahrrädern zu. Machen die Beine schlapp, wird die Musik jäh unterbrochen. Echte Basisdemokratie hält Einzug ins Nachtleben! Im Land’s End (Oberhafenquartier) hinter den Deichtorhallen findet die Fahrraddisko statt – bei gutem Wetter als Open Air am gleichen Ort.
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Die Sinti-Großfamilie Weiß lebt seit über 160 Jahren in Wilhelmsburg, wirklich respektiert werden ihre Mitglieder aber meist nur für ihre Musik. Zum sechsten Mal lädt die Familie gemeinsam mit dem Landesverein der Sinti in Hamburg und dem Bürgerhaus Wilhelmsburg zum Elbinsel-Gipsy-Festival. Zwei Tage lang geben sie Einblick in ihre Kultur mit Musik, Ausstellungen, Lesungen und Gesprächsrunden. Das Festival wird eröffnet mit Swing, Csárdás, Musette, Wiener Kaffeehausmusik sowie alten Weisheiten der Sinti, vorgetragen vom Café Royal Salon Orchester. Es folgen Martin Weiß und das Brady Winterstein Trio aus Frankreich mit Geige, Gitarren und Kontrabass. Am Samstag wird dann die Ausstellung Ausgegrenzt eröffnet, die Illustrationen zur Verfolgungs- und Diskriminierungsgeschichte der Sinti und Roma zeigt. Außerdem erzählen Enkel die Geschichte ihrer Großväter im Bürgerhaus. Der Abend steht wieder im Zeichen der Musik mit Giovanni Weiß und seiner Band Django Deluxe (Foto) – die für ihr Debütalbum Wilhelmsburg den Jazz Echo 2013 erhielten – und dem Melody Weiß Ensemble.
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