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Gold – eine Blase platzt

Eigentlich müsste der Goldpreis in diesen Wochen kräftig steigen, schließlich werden die Inflationsprognosen weltweit gerade nach oben angepasst. Im Januar lagen die Verbraucherpreise im Euroland mit 2,4 Prozent im Vorjahresvergleich deutlich über dem Zielwert der EZB (von knapp unter 2 Prozent). Derweil destabilisiert sich die Lage im Nahen Osten zusehends. Angeblich ist der tunesische Staatschef gerade mit einer Tonne Gold an Bord nach Saudi-Arabien geflohen. Gold ist die Währung, auf die in der Krise Verlass ist. Es gibt außerdem nach wie vor eine Menge Liquidität, weil die Fed, die Bank von Japan, die EZB und die Bank of England weiterhin Vollgas geben: Die Banken kommen noch nicht ohne die Hilfe der Notenbanken aus, die Arbeitslosigkeit ist gefährlich hoch und es ist noch nicht sicher, dass der Aufschwung bereits Eigendynamik entwickelt hat. Der Goldpreis profitiert bekanntlich, wenn die Leute den Eindruck haben, dass die Notenbanken Geld „drucken“. Fast alles spricht daher, jedenfalls auf den ersten Blick, für einen höheren Goldpreis. Weiter„Gold – eine Blase platzt“

 

Der Euro wackelt

Manchmal wird mir doch etwas mulmig. Bisher hatte ich der Eurokrise ziemlich gelassen zugesehen, nach dem Motto, wir kommen in Europa nicht voran, wenn es nicht eine existenzielle Krise zu überwinden gilt – ohne Krise kein Fortschritt in Richtung politische Union und Demokratie und Wohlstand für alle Europäer. Daher fand ich es meistens toll, wenn es mal wieder eine Krise gab.

Nur sind die Summen, um die es jetzt gehen könnte, so gewaltig, dass ein Auseinanderbrechen des Eurosystems nicht mehr auszuschließen ist. Die potenziellen Gläubiger, vor allem Deutschland sowie Holland, Österreich und Finnland, auf die ein Drittel der Bevölkerung und ein etwas größerer Anteil am gemeinsamen BIP entfallen, könnten schon in Kürze an einen Punkt kommen, an dem die Rettungsprogramme politisch nicht mehr zu vermitteln sind. Was haben vor allem die Deutschen davon? In den sieben Landtagswahlen, die 2011 anstehen, wird zu erklären sein, warum es sich lohnt, weiterhin und in immer größerem Maße der Zahlmeister Eurolands zu sein. Das ist kein Thema für Populisten. Frau Merkel wird sich zu einer glühenden Verfechterin des europäischen Projekts wandeln müssen, wenn sie argumentativ die Oberhand behalten möchte. Hat die Bildzeitung eigentlich schon begonnen, sich auf das Thema „zurück zur D-Mark“ einzuschießen? Weiter„Der Euro wackelt“

 

Modern Finance – ein gefährlicher Hokuspokus

Wie wäre es als Weihnachtsgeschenk mit einer 400-seitigen Polemik gegen die sogenannte, nichtsdestoweniger mit vielen Nobelpreisen geadelte Wissenschaft namens Modern Financial Theory? Ich hätte da ein passendes Buch für Sie, wenn Ihnen das Lesen englischer Texte nicht zu mühsam ist (wer wagt sich mal an eine Übersetzung?). Es heißt „Alchemists of Loss„, ist erschienen bei Wiley, und die Autoren sind die Briten Kevin Dowd und Martin Hutchinson. Sie können schreiben, sie wissen wovon sie reden, sie sind aber, was ihre Reformvorschläge angeht, ziemlich harte marktradikale Hunde und nicht jedermanns Geschmack. Das schließt mich ein. Sie sind besser in der Diagnose als in der Therapie. Weiter„Modern Finance – ein gefährlicher Hokuspokus“

 

EZB in der Identitätskrise

Die Finanzkrise hat eine Reihe von Problemen zutage gebracht, mit denen die Väter und Mütter des Euros nicht rechnen konnten. Das Hauptziel war es, die Inflation des Währungsraums insgesamt unter Kontrolle zu halten, also bei etwas unter 2 Prozent. So lautet das Inflationsziel der EZB. Das wurde erreicht, es stellte sich aber heraus, dass der Kampf gegen die Geldentwertung nur eine von mehreren Aufgaben der EZB ist, und in einer richtigen Krise nicht einmal die wichtigste. Es ist fast selbstverständlich, dass die Inflationsraten stark zurückgehen, wenn große schuldengetriebene Immobilien- und Aktienkrisen geplatzt sind oder Banken ihre Kredite zurückfahren, weil sie sich (mit Asset-backed Securities oder Hypothekenkrediten) verspekuliert haben. Weiter„EZB in der Identitätskrise“

 

Mit Schwung ins neue Jahr

Am Montag gab es eine gute und eine schlechte Nachricht für die Konjunkturgurus: Der Außenhandelsüberschuss war im September wieder sehr stark gestiegen (nicht alle dürften das allerdings für toll halten), aber gleichzeitig kam es zu einem deutlichen Rückgang der Industrieproduktion. Jedenfalls liegen jetzt die wichtigsten Zahlen vor, mit denen sich die Zuwachsrate des BIP im dritten Quartal schätzen lässt. Am kommenden Freitag gibt es die offiziellen Ergebnisse aus Wiesbaden. Zusammen mit Uwe Richter habe ich mal nachgerechnet, was denn herauskommen könnte. Es sieht auf der Basis saisonbereinigter Zahlen im Vorquartalsvergleich real nach einem Plus zwischen 0,8 und 1,4 Prozent aus. Das ist zwar deutlich weniger als die 2,2 Prozent vom zweiten Quartal, aber insgesamt doch sehr gut. Weiter„Mit Schwung ins neue Jahr“

 

Die Fed geht noch einmal in die Vollen

Am Mittwoch hatte die Fed beschlossen, bis Mitte 2011 monatlich für rund 75 Mrd. Dollar zusätzliche US-Staatsanleihen mit Restlaufzeiten zwischen zwei und zehn Jahren anzukaufen, netto insgesamt 600 Mrd. Dollar und brutto rund 800 Mrd. Dollar. Dabei deutete sie an, dass es bei Bedarf auch mehr sein könnten. Diese Zahlen entsprechen etwa 4 Prozent des amerikanischen, und 0,9 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (im dritten Quartal betrug das BIP der USA annualisiert 14,73 Billionen Dollar).

Es handelt sich also um ein massives Programm. Das vorangegangene vom Herbst 2008, als in Washington noch die Furcht vor einer Depression à la dreißiger Jahre umging, war allerdings etwa dreimal so groß. Inzwischen befindet sich Amerika offiziell allerdings seit mehr als einem Jahr im Aufschwung – daher die kleinere Dosis bei dieser Neuauflage des „quantitative easing„, auch QE2 genannt, wie das berühmte Schiff der Cunard Line.

Grafik: Bilanzsumme der Fed (Nov. 4, 2010)

Was heißt das für die Märkte und für die Konjunktur in Amerika und im Rest der Welt? Weiter„Die Fed geht noch einmal in die Vollen“

 

Deflation – wir sind noch einmal davongekommen

Lange hatte ich befürchtet, dass es auch bei uns demnächst zu einer echten Deflation kommen könnte. Das glaube ich inzwischen nicht mehr. Die Inflation wird zwar auf absehbare Zeit niedrig bleiben – weil sich zum Einen die Lücke zwischen Nachfrage und Produktionspotential nur langsam schließt und weil zum Anderen wegen des festen Euro Preisstabilität importiert wird -, eine echte Deflation im Sinne, dass das Preisniveau viele Jahre lang sinkt, wird es aber nicht geben. Ich kann mir gut eine Deflation in Ländern wie Irland, Griechenland, Portugal und Spanien vorstellen, aber nicht in Deutschland, und auch nicht im Euroraum insgesamt. Weiter„Deflation – wir sind noch einmal davongekommen“

 

Danke, wir können nicht klagen!

Im Wall Street Journal gab es am 11. Oktober einen erstaunlichen Bericht mit der Überschrift „Wall Street Pay: A Record $144 Billion“ – dabei handelt es sich um eine Schätzung für die drei Dutzend größten Finanzunternehmen. Während die amerikanische Wirtschaft insgesamt immer noch darniederliegt, ist die Wall Street „back to normal“. Die Einkommen werden 2010 so hoch ausfallen wie zu besten Zeiten. Ich schätze mal, dass das Durchschnittseinkommen in diesen Unternehmen, also einschließlich der Einkommen von Pförtnern und Sekretärinnen, irgendwo zwischen 200.000 und 400.000 Dollar liegen wird – bei Goldmann Sachs dürften vermutlich sogar mehr als eine halbe Million herauskommen. Die Gewinne des Finanzsektors haben schon wieder einen Anteil von mehr als 20% an den Unternehmensgewinnen insgesamt, so wie es in den Jahren von 1990 bis 2008 zur Regel geworden ist. Dabei arbeiten gerade einmal viereinhalb Prozent aller Erwerbstätigen in der Finanzbranche. Wir haben es mit einer unglaublichen Marktverzerrung zu tun. Weiter„Danke, wir können nicht klagen!“

 

Niedrige Anleiherenditen machen Dividendenwerte attraktiv

Anleger können zum Einen davon ausgehen, dass es auf absehbare Zeit trotz steigender Rohstoffpreise kein Inflationsrisiko gibt – die Kapazitätsauslastung ist weltweit immer noch sehr niedrig, und die Arbeitslosigkeit immer noch hoch. In Ländern, die gezwungen sind, aggressiv ihre Schulden abzubauen, droht sogar Deflation. Die USA gehören in diese Gruppe.

Andererseits ist das Wachstum in den Ländern, die keine Probleme mit dem Deleveraging haben, sehr robust, vor allem in den Schwellenländern – sie wachsen zur Zeit etwa dreimal so rasch wie die OECD-Länder.

Weil der globale Wirtschaftsaufschwung offenbar als prekär gilt, sind Aktien relativ billig. Diese Furcht finde ich aber übertrieben. Als Ausgleich für die niedrigen Renditen auf Anleihen guter Bonität sollte tendenziell in Aktien mit einer möglichst hohen Dividendenrendite umgeschichtet werden. Der Dollar dürfte unter Druck bleiben.

Ausführliches zur wirtschaftlichen Lage in den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern und den Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – October 2010*) (pdf, 233 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Basel III – leider ohne Biss

Die neuen Bilanzrelationen für Banken, die gerade in Basel vereinbart wurden und im November von der G20 abgesegnet und für verbindlich erklärt werden dürften, sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber insgesamt viel zu zaghaft. Es wird sehr lange dauern, bis sie flächendeckend eingeführt sind, nämlich bis 2019 – und in Deutschland teilweise sogar nicht vor 2023 -, der Reformprozess im Bankensektor wird daher erst einmal verzögert, wenn nicht sogar gestoppt, und die Notenbanken, vor allem die EZB, werden unerträglich lang in der Geiselhaft der Banken bleiben.
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