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Wer hier wie rechnet

Bernd Lucke hat hier im Blog auf meine Kritik an den Zahlen des Ökonomenplenums reagiert und seinerseits meinen Beitrag kritisiert. Darüber – und das ist ganz ehrlich gemeint – freue ich mich. Das Thema ist wichtig und eine offene Debatte ist genau das, was das Land braucht. Es ist gut, wenn sich Journalisten und Ökonomen daran beteiligen. Ein scharfer Ton gehört dazu, auch wenn uns einige nun Polemik vorwerfen. Wir sind schließlich nicht im volkswirtschaftlichen Seminar, sondern wollen Politik beeinflussen. Das gilt für die Ökonomen wie für die Autoren in diesem Blog. Weiter„Wer hier wie rechnet“

 

Können Deutschlands Ökonomen nicht rechnen?

Nicht wirklich überraschend, dieser Aufruf der deutschen Ökonomen gegen die Euro-Rettung. Erstaunlich aber ist diese Aussage:

Das gegenwärtige AAA-fähige Volumen des Rettungsschirms übersteigt den gesamten Refinanzierungsbedarf Irlands, Portugals und Spaniens bis 2013 um nahezu 80%. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb der Schirm erweitert werden muss.

Wie bitte? Das effektive Ausleihevolumen des EFSF beträgt rund 250 Milliarden Euro von den nominal zugesicherten 440 Milliarden Euro, weil nur die Anteile der AAA-Länder berücksichtigt werden und die Ratingagenturen eine Übersicherung verlangen (ich weiß, dass Hans-Werner Sinn anders rechnet, aber damit steht er alleine auf weiter Flur und ich habe weder bei den Agenturen noch beim EFSF selbst jemanden gefunden, der diese Einschätzung teilt).

Dazu kommen 60 Milliarden aus dem EFSM und nach bisherigen Gepflogenheiten – 50 Prozent der Hilfen aus EFSF und EFSM – maximal 155 anteilig aus dem Topf des Internationalen Währungsfonds. Macht insgesamt 465 Milliarden Euro.

Irland hat bereits 62,7 Milliarden Euro erhalten – bleiben 402,3 Milliarden Euro. Goldman Sachs schätzt den Refinanzierungsbedarf für Spanien und Portugal (bis 2013) auf 503 Milliarden Euro, die Deutsche Bank (die den Refinanzierungsbedarf der Gliedstaaten und den Bedarf der Banken anders einschätzt) auf 377 Milliarden Euro.

Also: 402,3 Milliarden Euro gegenüber 503 oder 377 Milliarden Euro. Wenn wir Glück haben, reicht es gerade einmal so.

Womit sich dieser Aufruf disqualifiziert hat.

Update: Thomas Fricke macht auf einen köstlichen Absatz in einem früheren Gutachten der Professorenrunde aufmerksam:

„Die unfreiwillig komischste Passage stand damals unter Punkt 10. Deutschland, befanden die Professoren damals, müsse „willens sein die (..) nötigen Anpassungen in ähnlicher Form zu leisten, wie z. B. Großbritannien, Finnland und (Anm: jetzt kommt’s) Irland dies erfolgreich getan haben“

 

Einführung in die Geldpolitik mit Hans-Werner Sinn

Deutschlands „klügster Ökonom“ (Bild) hat mal wieder einen echten Skandal aufgedeckt, wie in der neuen Wirtschaftswoche zu lesen ist, und deren Chefredakteur Roland Tichy macht sich seine Ansichten zu eigen:

Die Deutsche Bundesbank hatte Ende des Jahres 2010 für etwa 326 Milliarden Euro Nettoforderungen gegenüber anderen Notenbanken des Euro-Systems. Es handelt sich dabei um eine Art Kontokorrentkredit, der anderen Ländern gewährt wird und im Wesentlichen aus Forderungen im Rahmen des Zahlungsverkehrs für Großbeträge besteht (Target 2). (…) Wenn die Länder, deren Banken die Kredite gegeben wurden, zahlungsunfähig werden, haftet Deutschland.

Mit 326 Milliarden Euro zusätzlich stehen wir also im Risiko. Ein Skandal – wenn es denn so wäre. Weiter„Einführung in die Geldpolitik mit Hans-Werner Sinn“

 

Da drin schreibt ein kluger Kopf

Selten stimme ich mit den Kollegen überein, aber das bisher beste Stück zur Causa Guttenberg stammt von Berthold Kohler und steht heute in der FAZ.

Er ist ein Profiteur der Politikverdrossenheit und des Rückzugs aus einer als unsicher und unüberschaubar empfundenen Welt ins Private, in der Werte wie Redlichkeit, Verlässlichkeit und überhaupt der „gesunde Menschenverstand“ eine zentrale Rolle spielen. Aber auch diese beschauliche Welt braucht einen, der sich um die kleinen Leute und die großen Fragen kümmert und alles zum Guten richtet, bis nach Afghanistan. Das wird seit langem niemandem mehr so sehr zugetraut wie Guttenberg. Was spielen da schon ein paar vergessene Gänsefüßchen für eine Rolle? „Scheiß auf den Doktor“, empfahl (ihm) die „Bild“-Zeitung. Wohl wahr: Ein Monarch braucht keinen Doktortitel. Auch den bunten Blättern reicht das Adelsprädikat.

Noch aber ist Deutschland eine Republik, und noch ist ein Plagiat Diebstahl geistigen Eigentums. Die Kanzlerin mag aus naheliegenden Gründen über Letzteres hinweggehen, wenigstens nach außen hin. Den Schaden im Kosmos der bürgerlichen Werte, den die Operation zur Rettung des gestrauchelten Bannerträgers nach sich zieht, kann aber auch Frau Merkel unmöglich übersehen.

In der Tat: Entweder kapitalistische Leistungsgesellschaft und bürgerliche Ethik, dann muss Gutti weg – oder wir lassen es gleich bleiben und legen uns alle in die Sonne.

 

Am deutschen Wesen…

… wird die Welt nicht genesen, wie Wolfgang Münchau es auf den Punkt bringt.

The German narrative is the outgrowth of a lie the country’s establishment has peddled ever since debate on the single currency started 20 years ago: that a monetary union can be sustained through a simple set of rules for monetary and fiscal policy; that financial regulation and current account imbalances do not matter. The eurozone crisis has proved this is not the case. But the conservatives cling to this old, comfortable straw. If there is a crisis, then it must be fiscal.

Es geht dabei nicht nur um die Währungsunion, sondern um einen Glaubenssatz der meisten deutschen Ökonomen: Der Staat muss an die Kette, der Privatsektor nicht. Deshalb haben wir kein Problem, einen Stabilitätspakt für das Staatsdefizit zu verabschieden, wehren uns aber mit Händen und Füßen gegen Leistungsbilanzregeln.


 

Bernanke and the stupid Germans

In dem Buch „The big short“ von Michael Lewis erklärt ein Investmentbanker seinem Kunden, wer denn die fragwürdigen Wertpapiere kaufe, die die amerikanischen Immobilienfinanzierer so auf den Markt werfen. „Stupid Germans“, lautet die Antwort. Ben Bernanke hat diese These jetzt bestätigt. Auf einem Seminar der Banque de France anlässlich des G20-Treffens in Paris am Freitag stellte er ein neues Paper vor, das in einem hervorragenden Sammelband zum Thema globale Ungleichgewichte erschienen ist, und das meines Erachtens in der Berichterstattung bislang nicht ausreichend gewürdigt wurde. Weiter„Bernanke and the stupid Germans“

 

Gabor Steingart und das Retten

Das Handelsblatt bringt heute auf seiner Aufschlagseite eine große Abrechnung von Gabor Steingart mit der Krisenpolitik der Notenbanken. Titel: Retten wir uns zu Tode? Tenor: Zu viel Geld ist in der Welt und richtet nur Schaden an. Die Butter wird teurer, das Brot und das Benzin, weil die Spekulanten nichts Besseres zu tun haben, als das schöne Geld der Zentralbanken in die Rohstoffmärkte zu leiten.

Vielleicht überblicke ich die Literatur nicht ganz, aber obwohl es viele versucht haben, ist mir bislang – außer denen, auf die Nicolas Sarkozy Einfluss genommen hat – noch keine einzige Studie vor die Augen gekommen, die empirisch oder theoretisch nachgewiesen hätte, dass Finanzinvestoren tatsächlich die Rohstoffpreise beeinflussen. Dass also, technisch gesprochen, die Preise auf den Terminmärkten die Preise auf den Spotmärkten steuern. Weiter„Gabor Steingart und das Retten“

 

Warum der Rückkauf von Griechenlandanleihen nichts bringt

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Der Rückkauf von Staatsanleihen durch die Krisenländer wird wohl eines der Instrumente des umfassenden Rettungspakets werden, das die EU auf ihrem Gipfel im März verabschieden will. Es sieht ganz so aus, als seien alle von dem Vorschlag begeistert. Die Märkte, die Politiker, die Ökonomen.

Was die Frage aufwirft, ob die Maßnahme wirklich so klug ist. Meine Antwort: Es kommt darauf an. Weiter„Warum der Rückkauf von Griechenlandanleihen nichts bringt“