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Woher kommt die Liquidität

Die EZB hat in ihrem neuesten Finanzstabilitätsbericht ein interessantes Kapitel zum Thema Liquidität. Interessant ist er, weil vielerorts die mechanistische Vorstellung anzutreffen ist, Liquidität sei etwas, das allein die Zentralbank über ihre geldpolitischen Operationen bereitstellt. Deshalb ist immer wieder zu lesen, die Notenbank pumpe zu viel Geld – gemeint ist damit in der Regel Zentralbankgeld oder Geldbasis – in den Markt und  sorge damit für allerlei Verwerfungen.

So ist es aber nicht. Weiter„Woher kommt die Liquidität“

 

Hartz IV für die USA?

Patrick Bernau wirft eine interessante Frage auf: Die USA haben offensichtlich ein Problem mit ihrem Arbeitsmarkt und ihrer Exportstärke und sie bilden mit den Chinesen eine Art Währungsunion, in der das Instrument der Währungsabwertung nur begrenzt zur Verfügung steht. In einer ähnlichen Lage befanden sich die Deutschen – und jetzt läuft es ja wieder ganz gut. Da liegt es doch nahe, den Amerikanern einmal Peter Hartz vorbei zu schicken, damit der die Löhne zwischen New York und Los Angeles einmal richtig drückt, auf das sich die Handelsbilanz umdreht.

Nun ist bekanntlich – zurückhaltend formuliert – umstritten, welchen Anteil die Agenda 2010 am aktuellen Aufschwung hat und die Arbeitsmarktgesetze der USA sind nicht für ihre Rigidität bekannt. Philip Pilkington weist zudem auf die deflationären Risiken einer solchen Strategie hin. Doch selbst wenn man diese Probleme ausklammert, ist fraglich, ob den Amerikanern Lohnzurückhaltung wirklich zu empfehlen wäre.

Diese Grafik der OECD zeigt die Quartalsveränderungsraten der Lohnstückkosten, von 1980 bis heute. Wir sehen in Deutschland den bekannten Anstieg im Zuge der Wiedervereinigung. Die Lohnzurückhaltung in den vergangenen Jahren mag übertrieben gewesen sein, sie war aber zum Teil nötig, um die Exzesse zu korrigieren.

Der entscheidende Punkt ist, dass die Amerikaner keinen vergleichbaren Anstieg hatten. Deshalb ist fraglich, ob ihnen eine Niedriglohnstrategie zu empfehlen wäre.

 

Glaubt die Kanzlerin, was sie sagt?

Angela Merkel heute im Bundestag (via Spiegel Online):

„Auf den Tag genau 20 Jahre nach Maastricht haben wie wieder eine zentrale Weichenstellung vorgenommen“, so Merkel. Mit den Beschlüssen des Gipfels sei es gelungen, die Konstruktionsfehler bei der Schaffung der Währungsunion zu beheben. Die Krise habe schonungslos eben diese Fehler in der Vergangenheit offengelegt.

Es gab im Wesentlichen drei Konstruktionsfehler der Währungsunion:

  1. Die Haushaltsregeln sind nicht bindend.
  2. Es gibt keine Koordination der Wirtschaftspolitik und der Bankenregulierung, so dass sich dramatische Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen und spekulative Blasen herausbilden konnten.
  3. Es gibt keine Ausgleichsmechanismus im Fall asymmetrischer Schocks – weder bei Liquiditätsproblemen noch bei Solvenzproblemen einzelner Staaten.

Welchen dieser Konstruktionsfehler bitte behebt der Gipfelbeschluss?

Zu 1) Die rechtliche Basis der neuen Regeln ist vollkommen unklar, für sich genommen werden sie niemanden zum Schuldenverzicht bewegen.

Zu 2) Das – viel dramatischere – Problem der Leistungsbilanzungleichgewichte wird nicht einmal erwähnt. Zur Erinnerung: Die Griechen haben es überzogen, Spanien und Irland hatten immer alle Schuldenregeln eingehalten. Dort ist nicht die Staatsverschuldung, sondern die Privatsektorverschuldung das Problem.

Zu 3) Ob die Rettungstöpfe ausreichen, um zu verhindern, dass die Zinsen in den Mitgliedsstaaten außer Kontrolle geraten, ist vollkommen unklar. Die Bundesbank blockiert die zusätzlichen Mittel für den IWF, der EFSF könnte bei einer Ratingabstufung Frankreichs außer Kraft gesetzt werden, der ESM ist nicht groß genug. Und die Europäische Zentralbank weigert sich beharrlich, in die Lücke zu springen.

Dazu kommt, dass die Sparmaßnahmen die Staaten der Peripherie in eine langjährige Rezession stürzen dürften – ohne die Aussicht auf einen rettenden Weltwirtschaftsboom, mit dem sich Deutschland aus der Krise befreite.

Das Problem ist noch nicht einmal richtig beschrieben. Geschweige denn gelöst.

 

Steuern hoch oder Ausgaben runter?

Patrick Bernau widmet sich der Frage nach der richtigen Konsolidierungsstrategie und wiederholt das Mantra konservativer Ökonomen: Ausgaben kürzen ist besser – also wachstumsfreundlicher – als Steuern anzuheben:

Wer jetzt trotzdem nach Steuererhöhungen ruft, um den Staatshaushalt zu sanieren – der lese die Studie von Alberto Alesina und Silvia Ardagna: Die beiden haben kürzlich abermals Hinweise darauf gefunden, dass Steuererhöhungen die Staatshaushalte nicht dauerhaft in Ordnung bringen.

Diese Aussage ist höchst problematisch.

Der IWF hat sich die Frage Ausgabenkürzung vs Steuererhöhunhen in seiner inzwischen legendären Konsolidierungsstudie vorgenommen – in der Alesina im Übrigen nicht gut wegkommt – und kommt dabei zu höchst interessanten Ergebnissen:

Thus, it appears that the difference in monetary policy responses accounts for much of the difference in output performance.

Steuererhöhungen sind also nicht inhärent wachstumsfreundlicher als Ausgabenkürzungen. Die Reaktion der Geldpolitik ist entscheidend. Und warum reagiert sie, wie sie reagiert?

These results are consistent with the notion that central banks view spending-based deficit cuts more favorably, possibly because they interpret them as a signal of a stronger commitment to fiscal discipline, and are therefore more willing to provide monetary stimulus following spending-based adjustments.

Mit anderen Worten: Die Zentralbanken sind eher bereit, die Zinsen zu senken, wenn der Staat Ausgaben kürzt statt Steuern zu erhöhen. Das aber ist keine ökonomische, sondern eine politische Begründung. Letztlich läuft es darauf hinaus: Zentralbanker sind in der Regel konservative Menschen und als solche haben sie eine Vorliebe für weniger Staatsausgaben – obwohl sie damit ihr Mandat verletzen, denn sie sind nicht für Finanzpolitik zuständig.

Das Problem lässt sich aber einfach lösen: Durch die Wahl der richtigen Zentralbanker. Die ehrliche Antwort von Alesina et al auf die Frage Steuern erhöhen vs Ausgaben senken müsste also lauten: Ökonomisch irrelevant, abhängig von politischen Präferenzen. Manche Leute – ich gehöre dazu – leben gerne in großzügigen Wohlfahrtsstaaten, die durch hohe Steuern finanziert werden. Andere bevorzugen den Nachtwächterstaat und wollen möglichst wenig Steuern bezahlen. Beide Positionen sind legitim. Nicht legitim aber ist, wenn es Ökonomen nicht um der Erkenntnis willen forschen, sondern um Weltanschauungen zu rechtfertigen.

 

Die SPD und die Notenpresse

Aus einem Gastbeitrag von Carsten Schneider in der Börsenzeitung:

Dem ESM stehen Garantien und Eigenkapital zur Verfügung, er hat damit, grob gesprochen, die Struktur einer Bank. Damit verfügte er über deutlich wirkungsvollere und besser nutzbare Instrumente. Reichte sein Volumen nicht aus, könnte er sich Geld bei der EZB leihen, so wie es Geschäftsbanken auch tun.  

Eine Banklizenz für den ESM – das wollten bisher nur die Franzosen. Interessant.

 

 

Merkel kämpft an der falschen Front

Die entscheidende Woche beginnt und es läuft alles auf einen Deal hinaus, der wohl so aussehen wird: Schärfere Regeln für die Haushaltspolitik gegen ein stärkeres Engagement der EZB und/oder die Aussicht auf Eurobonds eines fernen Tages.

Im Prinzip ist das nicht falsch. Um die Krise zu beenden, ist ein kurzfristig wirkendes Finanzierungsinstrument nötig, genau so aber auch ein besseres Regelwerk für die längere Frist. Und es ist völlig klar, dass die jeder kurzfristigen Finanzierung innewohnenden Anreizprobleme gelöst werden müssen. Insofern stimmt die Richtung.

Das ist aber auch schon alles. Weiter„Merkel kämpft an der falschen Front“

 

Die EZB sitzt in der Falle

Fast alle der Ökonomen, die ich eigentlich schätze, plädieren für sofortige und radikale Interventionen der EZB im Kampf gegen die Krise. Ich bin da etwas skeptischer, aus einer Reihe von Gründen (mit Inflation haben sie alle nichts zu tun): Da ist das Anreizthema, denn in der Tat besteht die Gefahr, dass sich Regierungen auf die Zentralbank verlassen und ihre Hausaufgaben nicht machen. Da ist das Verteilungsthema, denn wenn die EZB interveniert und es zu Ausfällen kommt, werden anders als im nationalstaatlichen Kontext Ressourcen zwischen Ländern umverteilt. Und das ist das juristische Thema, denn das Mandat der Zentralbank ist nun einmal wie es ist und Staatsfinanzierung kommt darin nicht vor. Weiter„Die EZB sitzt in der Falle“

 

Prognostiker des Jahres: Lüder Gerken?

Aus der Welt:

Angesichts der europäischen Schuldenkrise hat der Ökonom Lüder Gerken vor einer Inflationsrate von knapp unter zehn Prozent in der Euro-Zone gewarnt. Er rechne damit, dass die meisten Regierungen in der Euro-Zone und die Europäische Zentralbank (EZB) politisch eine Inflationsrate von knapp unter zehn Prozent in Kauf nähmen, „in der Hoffnung, dass die Deutschen dabei nicht allzu sehr aufmucken“, sagte der Vorsitzende des Freiburger Centrums für Europäische Politik der „Neuen Osnarbrücker Zeitung“. Inflationsgefahr drohe insbesondere, wenn die EZB den bereits begonnenen Aufkauf von Staatsanleihen hilfsbedürftiger Euro-Länder stark ausweite.

Lüder Gerken ist Ordnungsökonom. Das ist eine interessante und durchaus wichtige Disziplin, deren Aussagen sich aber in der Regel zumindest in der kurzen Frist nicht empirisch überprüfen lassen. Deshalb kann man von grundsätzlichen Erwägungen einmal abgesehen auch nicht viel dazu sagen. In der Makroökonomie ist das anders. Ihre Aussagen sind falsifizierbar.

Aus Freiburg kommt also nun wenn ich die Welt richtig verstehe die Prognose einer Inflationsrate von zehn Prozent. Ich halte dagegen – mit folgenden Argument: Die EZB wird ihr Inflationsziel nicht dramatisch anheben und realwirtschaftlich ist für die kommenden Jahre eher Deflation angelegt. Denn auch die Staatsanleihekäufe treiben die Teuerung nur, wenn die Banken das zusätzliche Geld im System weiter verleihen. Danach sieht es derzeit nicht aus. Das Wachstum der breiten Geldmengenaggregate  geht sogar zurück. Und wenn es wieder anziehen sollte, ist es technisch kein Problem, das Geld wieder einzusammeln.

Wir werden sehen. Ich erinnere aber daran, dass bislang alle, die im Zuge der großen Krise die große Inflation ausriefen schwer daneben lagen. Thomas Straubhaar etwa, der sich 2009 mit der Aussage zitieren ließ,  die Inflation werde im kommenden Jahr „rasch in den Bereich zwischen fünf und zehn Prozent steigen“. Vor Inflation ist schnell gewarnt, das heißt aber noch lange nicht, dass sie auch kommt.

Die Wette gilt.

 

Haushaltsausschuss, die Zweite

Okay, wie ich heute höre, ist es doch nicht so schlimm wie vermutet: Offensichtlich soll der EFSF auch ausbezahlen können, wenn es eine freiwillige Umschuldung gibt. Das wäre in der Tat eine sinnvolle Sache, denn viele Investoren fürchten ja, dass sie dann die Versicherung nicht aktivieren können. In diesem Fall wäre also der Schutz durch den EFSF besser als der durch CDS, die bei einer freiwilligen Umschuldung nicht aktiviert werden.

Missverständlich formuliert in der Meldung des Handelsblatt.

Wenn es so ist, dann, liebe Parlamentarier, nehme ich alles zurück: Ihr seid super.