Heute morgen gab es die detaillierten saisonbereinigten Zahlen zum deutschen Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal. An der ursprünglich veröffentlichten Gesamtzahl hat sich nichts geändert: Gegenüber Q4 ist das reale BIP um 3,8% gesunken, also auf ein Jahr hochgerechnet mit einer Rate von 14,4%, und lag damit um 6,9% unter dem Vorjahreswert. Spannender, weil neu, ist der Blick auf die Komponenten. Vor allem der Einbruch der Gewinne und der gewaltige Anstieg der Lohnstückkosten lassen befürchten, dass die Probleme am deutschen Arbeitsmarkt gerade erst begonnen haben. Ein Glück, dass dieses Jahr gewählt wird und die Politiker alles tun werden, damit es hier zu keiner Katastrophe kommt. Auch wenn manche der Maßnahmen nicht sinnvoll sind, oder sogar kontraproduktiv, ist die pragmatische anti-zyklische Politik trotzdem das Gebot der Stunde. Weiter„Einbruch der Gewinne, Konsum hält sich noch“
Wie lange wollen Regierung, Sparkassen und Steuerzahler eigentlich noch zusehen, dass unser knappes – und zusehends knapperes – Geld in ein Fass ohne Boden, genannt Landesbanken, gekippt wird? Wo ist das Konzept, das dies rechtfertigen würde? Bei jeder Krise sind die Landesbanken mit verspielten Milliarden dabei, werden mit Steuermilliarden gerettet, derweil das Bildungssystem und die Infrastruktur den Bach runter gehen. Wir sollten was für die Zukunft unserer Gesellschaft, ihre Wettbewerbsfähigkeit und für die Umwelt tun, statt unfähige oder, besser gesagt, orientierungslose, mit Politikern eng verbandelte Banker unseren Überschuss in der Kapitalbilanz in wertlose US-Immobilien und obskure „Wertpapiere“ stecken zu lassen. Unsere alternde Gesellschaft braucht ausländisches Vermögen, nicht ausländischen Schrott. Weiter„Landesbanken: Endlich Nägel mit Köpfen machen!“
Am Mittwoch hatte Marco Annunziato von der italienischen Bank UniCredit unter der Überschrift „Reckless Thrift“ die Überschussländer China und Deutschland massiv angegriffen – sie seien wegen ihrer gewaltigen Leistungsbilanzüberschüsse mitverantwortlich für die globale Krise. Sie sparten zuviel, und insbesondere Deutschland setze auf eine Erholung des Welthandels statt die Rezession durch eine kräftige Stimulierung der Inlandsnachfrage abzumildern und zu verkürzen. Ebenso wie die anderen Länder des Euroraums verlasse es sich zu sehr auf die automatischen Stabilisatoren – steigende staatliche Defizite durch Steuerausfälle und höhere Sozialleistungen – und kritisiere die Ausgabenpläne der amerikanischen und britischen Regierungen, hoffe aber gleichzeitig, dass sie die konjunkturelle Wende bringen. Die größte europäische Volkswirtschaft wieder einmal als Trittbrettfahrer! Weiter„Rücksichtslose deutsche Sparer“
Will denn diese Rezession gar nicht enden? Die Marktteilnehmer können und wollen nicht glauben, was da täglich an schlechten Nachrichten auf sie einprasselt. Es muss doch irgendwann Licht am Ende des Tunnels zu sehen sein. Alles ist doch so unglaublich billig und die Geldpolitiker und Finanzminister geben so viel Gas wie noch nie, da müssten doch Nachfrage, Konjunktur und – natürlich – auch die Aktienkurse endlich wieder anspringen.
Niemand kann mir vorwerfen, dass ich zu optimistisch bin, was die Konjunktur angeht. Aber die Zahlen für die deutschen Auftragseingänge im Januar, die am Mittwoch veröffentlicht wurden, haben mich doch umgehauen: real und saisonbereinigt lagen sie um sage und schreibe 35,2% unter ihrem Vorjahreswert. Dabei beschönigt das noch die Situation. Aus dem Vergleich Januar zu Juli ergibt sich eine Verlaufsrate, also eine von sechs Monaten auf ein Jahr hochgerechnete Veränderung, von –51,4%. Wenn das so weitergeht, kann bald die halbe Industrie zumachen. Weiter„Ich verkaufe der Oma ihr klein‘ Häuschen“
Die Zahlen zum deutschen Bruttoinlandsprodukt, genauer: zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, waren, was das Gesamtergebnis angeht, nicht überraschend. Das reale BIP ist im letzten Quartal des Vorjahres mit einer Verlaufsrate von 8,2% gesunken und lag damit um 1,65% unter seinem Vorjahresstand.
Für 2008 insgesamt kam es noch zu einer Zuwachsrate von 1,3%. Der zyklische Höhepunkt wurde im 1. Quartal 2008 erreicht, seitdem sinkt der Output (Y). Nach der international üblichen Definition herrscht also seit dem 2. Quartal 2008 in Deutschland Rezession. Weiter„Konsum hält sich, Exporte und Investitionen brechen weg“
Am Mittwoch hat Martin Wolf in der Financial Times einen Artikel über Balance Sheet-Rezessionen geschrieben und ist mir damit etwas zuvorgekommen. Seit einigen Tagen lese ich in der S-Bahn das im vergangenen Sommer erschienene neue Buch von Richard Koo, dem Chefökonom des Nomura Research Institute. Es heißt „The Holy Grail of Macroeconomics“ und ist eine erweiterte und aktualisierte Version seiner bahnbrechenden, wenn auch lange Zeit nicht sehr ernst genommenen Studie zur „Balance Sheet Recession“ vom Februar 2003.
Richard Koo schreibt unterhaltsam, belegt alles anschaulich mit empirischem Material und vor allem: Seine Analysen haben sich als außerordentlich wertvoll erwiesen, schon weil es so wenig Vergleichbares über die Prozesse nach dem Platzen von Asset Price-Blasen gibt. An den Universitäten war das Studium der Makroökonomie lange Jahre wenn nicht verpönt, so doch im Vergleich zu Finance und Mikro als ziemlich irrelevant angesehen worden, und dass es so etwas wie eine Depression noch einmal geben könnte, wurde angesichts der angeblich wundervoll funktionierenden Märkte schlichtweg geleugnet. Nun ja, das ändert sich gerade dramatisch. Weiter„Reden wir über Bilanzrezessionen!“
Ich weiß, die –8,2% klingen reißerisch – es handelt sich aber einfach um die Hochrechnung der heutigen BIP-Zahl für das vierte Quartal von real und saisonbereinigt -2,1% q/q auf ein ganzes Jahr und entspricht dem Wert von -3,8%, den die Amerikaner kürzlich für ihr viertes Quartal veröffentlicht hatten. Die hochgerechnete Verlaufsrate gibt die aktuellen Trends besser wieder als der Vorjahresvergleich. Bei dem kam im vierten Quartal für Deutschland übrigens -1,7% heraus. International üblich sind Verlaufsraten allemal.
Das reale BIP ist also noch schlechter ausgefallen als befürchtet, allerdings angesichts dessen, was sich in der Industrie tut, nicht so schlecht, wie es hätte sein können. Im laufenden Quartal wird es im selben Rhythmus weitergehen, so dass sich unter den Annahmen, dass der Rückgang im zweiten Quartal „nur“ noch 1,0% q/q beträgt und es danach zu einer Stagnation kommt, im Jahresdurchschnitt 2009 beim realen BIP im Vorjahresvergleich ein Rückgang von 4,7% errechnet. Das gab es seit den dreißiger Jahren nicht mehr. Weiter„BIP sinkt mit einer Rate von 8,2% – Politik muss gegensteuern!“