Drollig, wie die Untergangspropheten jetzt versuchen, Ihre in den vergangenen Jahren aufgestellten Thesen vom Niedergang der deutschen Wirtschaft zu retten. Denn das kräftige Wachstum will einfach nicht zu ihren Katastrophenszenarien passen, die nur mit Blut-Schweiß-und-Tränen-Reformen eigentlich hätten verhindert werden können.
Ich habe in den vergangenen Tagen mit einigen aufgeklärten Frankfurter Bankvolkswirten telefoniert. Alle frohlocken schon, mit welchen Kniffen, Tricks und Unverschämtheiten uns die Fraktion der Verkrustungstheoretiker und Basarökonomen in den kommenden Wochen beglücken werden. Zwei platte Strategien seien schon mal skizziert: Weiter„Woher das Wachstum kommt“
So was hat man lange nicht gesehen, so schön. Die Deutsche Wirtschaft wächst kräftig im Vergleich zu den Jammerjahren 2001 bis 2004. Das Wachstumstempo der beiden ersten Quartale liegt bei beeindruckenden drei Prozent. Die Deutsche Wirtschaft wächst nun schon seit fast einem Jahr ansehnlich im Vergleich mit der Zeit seit der Wiedervereinigung. Mit dieser faustdicken Überraschung hat heute Morgen das Statistische Bundesamt aufgewartet. Weiter„Oh, wie ist das schön“
Stellen Sie sich vor, Josef Ackermann von der Deutschen Bank stellt sich hin und behauptet: Die Deutsche Bank sei ein Sanierungsfall. Binnen Minuten würde der Aktienkurs crashen und die Ratingagenturen in Hektik ausbrechen. Wie kann es sein, dass die strengen Analysten, die die Bank mit der sehr guten Note AA bewerten, übersehen haben, dass die Bank ein Sanierungsfall sein soll? Hat er die Bilanzen manipuliert, haben sich seine Händler in London verzockt?
Angela Merkel, die Physikerin und Bundeskanzlerin, ließ die Wirtschaftselite auf der BDI-Tagung am Dienstag wissen, Deutschland sei ein Sanierungsfall. Gottlob gibt es keine Deutschland-Aktien: Weiter„Deutschlands Wirtschaftsberatung – ein Sanierungsfall“
Heute ausnahmsweise mal ein „copy-paste“: Der Artikel ist so heute in der ZEIT erschienen. Aber er ist so schön und knüpft nahtlos an die jüngste Diskussion in HERDENTRIEB an, dass ich ihn einfach reinstellen musste.
Die Stärke der deutschen Wirtschaft bereitet den Nachbarländern Sorgen. Ja, die Stärke! Während deutsche Ökonomen und Leitartikler vergangene Woche noch über den aus ihrer Sicht zu hohen Tarifabschluss der Metallbranche lamentierten, erregte eine Studie des Pariser Konjunkturforschungsinstitut OFCE europaweit Aufsehen: Weiter„Merkel, die Merkantilistin“
War ja nicht schön, wie sich die Gewerkschaft IG Metall vergangenes Wochenende im Poker um höhere Löhne durchgesetzt hat. Hat sie doch tatsächlich drei Prozent Lohnerhöhungen rausgeholt. Ein klassischer Sieg der Arbeitsplatzbesitzer und eine weitere Niederlage für die fünf Millionen Arbeitslosen. Führt nur zu weiteren Jobverlagerungen. Und überhaupt: Für die Firmen sowieso am Rande des Erträglichen. Auf jeden Fall das falsche Signal!
So oder so ähnlich habe ich es in den vergangenen Tagen in meinen Lieblingszeitungen FAZ, Handelsblatt, Börsen-Zeitung und Süddeutscher x-fach in verschiedenen Varianten gelesen. Nur meine anderen Lieblingszeitungen FTD und Frankfurter Rundschau sahen es etwas gelassener. Ich möchte ausnahmsweise nicht urteilen, wer Recht hat, sondern drei Analysten von Investmentbanken zu Wort kommen lassen. Weiter„Nachlese zum Metallabschluss“
Standortskeptiker, Verkrustungsneurotiker und alle anderen Neoklassiker hergehört: Der Ifo-Index steigt und steigt. Die deutsche Wirtschaft brummt, ob Ihr es glauben wollt oder nicht! Die Lageeinschätzung der befragten rund 7.000 deutschen Firmen und ihre Erwartungen an die Zukunft waren seit 1991 nicht mehr so hoch. Auf satte 105,4 Punkte ist der Ifo-Index heute gestiegen und hat damit die Schätzungen der Experten um drei Punkte übertroffen.
Nach dem kräftigen Anstieg im Februar war sich das Gros der Konjunkturexperten, die Deutschland ja sowie so maximal nur noch 1,5 Prozent Wachstum zutrauen, sicher, dass der Gipfel erreicht ist. Jetzt geht es wieder abwärts, denn jetzt müssen erst mal harte Strukturreformen in Berlin beschlossen werden, tönte es. Ansonsten geht gar nichts, weil nichts gehen darf, weil ja diese schöne Verkrustungsrhetorik plötzlich wegfallen müsste.
Jetzt ist es raus: Deutschland hat alle Chancen schon in diesem Jahr seine Neuverschuldung unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu senken. Das berühmte und ebenso willkürliche Maastrichtkriterium nach vier Jahren wieder zu erfüllen. Lasst uns gemeinsam den Schlachtruf anstimmen: „Nie wieder zweite Liga, nie wieder über drei Prozent!“
Der Aufschwung in Deutschland ist besser als sein Ruf. Viel besser als die traurige Zahl von 5 Millionen Arbeitslosen. Und noch viel besser als uns die Zeitungskommentare heute morgen weis machen wollen. Im Kampf Optimisten versus Pessimisten, muss ich schnell den Optimisten das Wort reden. Die Pessimisten sind schon wieder dabei, all ihre Vorurteile über die verkrustete deutsche Wirtschaft auszukramen und die 5 Millionen Arbeitslosen zum Menetekel der neuen Regierung zu stilisieren. Jetzt, so ihre konsequenten Kommentare, müsse die Große Koalition endlich das Reformieren beginnen. Wo? Na am Arbeitsmarkt. Meine Bitte: Haltet inne, schaut hinter die Daten und lasst doch die Wirtschaft, die Menschen einfach mal in Ruhe den Aufschwung schaffen.