Morgen könnte die lang erwartete Aussage von Beate Zschäpe beginnen. Was aber wird ihr Anwalt Mathias Grasel in der mehr als 50 Seiten starken Erklärung verlesen? Nach Meinung von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen wird die Hauptangeklagte wohl kein umfassendes Geständnis ablegen – denn das würde angesichts der Schwere der Taten zwangsläufig zur Höchststrafe führen. „So wird Zschäpe wohl lavieren“, schreibt er. Möglich sei auch, dass sie versucht, den „Verdacht anzufachen, der Staat habe mehr vom Treiben der Terrorzelle gewusst, als er zugibt“ – etwa durch V-Männer.
In dieser Woche soll Beate Zschäpe im NSU-Prozess aussagen – und wird dadurch womöglich mehr Rätsel schaffen als aufklären. Um Klarheit in den Terrorkomplex zu bringen, müsste die Angeklagte unbedingt diese fünf Fragen beantworten.
Mehr als zweieinhalb Jahre eisernes Schweigen von Beate Zschäpe enden vielleicht diese Woche, wenn kein aufschiebender Antrag dazwischenkommt. Nicht nur Prozessbeobachter wollen endlich hören, was die 40-Jährige zu sagen hat – beziehungsweise ihr Anwalt Mathias Grasel, der ihre schriftliche Einlassung verliest. Angehörige der NSU-Mordopfer wollen endlich wissen, warum die Terrorzelle ausgerechnet jemanden aus ihrer Familie für einen grausamen Terrorakt ausgewählt hat.
Auch am Freitag, 4. November, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.
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Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 7. Dezember 2015.
Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben will nach Beate Zschäpe ebenfalls eine Aussage vor Gericht machen. Was der 40-Jährige dann allerdings kundtut, sollte kritisch aufgefasst werden: Bei seiner Einlassung sei „nicht unbedingt mit der reinen Wahrheit zu rechnen“, schreibt Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung. Bei Wohlleben wie auch bei Zschäpe sei eher die Angst vor einem harten Urteil zu spüren, denn „kaum haben Hunderte Zeugen ein recht deutliches Bild des NSU gezeichnet, schon haben plötzlich alle Redebedarf“.
Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, soll ab dem 8. Dezember aussagen. Auch der Mitangeklagte Ralf Wohlleben, mutmaßlicher Beschaffer der Mordwaffe des NSU, will sich vor Gericht äußern. Das kündigten seine Anwälte in einer Erklärung an, die auf einer Facebook-Seite der NPD veröffentlicht wurde. Damit bestätigten sich frühere Berichte. Der Ankündigung zufolge wird Wohlleben, anders als Zschäpe, persönlich sprechen: Er werde „selbst aussagen“, heißt es.
Rassistische Schriften übelster Art waren das Thema am 247. Verhandlungstag im NSU-Prozess. Richter Manfred Götzl verlas Texte aus einer Zeitschrift des Neonazi-Netzwerks Blood & Honour, das 1998 bei einer Durchsuchung von Beate Zschäpes Garage gefunden worden war. Die Texte rufen zum Mord an Einwanderern und zum sogenannten führerlosen Widerstand auf. „Für die Nebenklagevertreter liest es sich wie die Anleitung für den NSU“, merkt Wiebke Ramm von Spiegel Online an. Zschäpe sei die Verlesung der hetzerischen Aufrufe sichtlich unangenehm gewesen. Die Worte der Verfasser lesen sich drastisch: „Vernichtet dieses Ungeziefer“, „schlagt ihre schmierigen Köpfe ab“ und „Heil Hitler“, heißt es in dem Text.
Der Angeklagte Holger G. stand im Fokus des 246. Prozesstags – was dem mutmaßlichen NSU-Helfer nicht gefallen haben dürfte: Beamte stellten Beweise von Festplatten und Handys aus G.s Besitz vor, die andeuteten, dass er bis zuletzt rechtsextremem Gedankengut anhing und Kontakt zur Nazi-Szene pflegte. G. selbst hatte zu Prozessbeginn ausgesagt, er sei 2004 aus der Szene ausgestiegen. Die Belege hätten gezeigt, „dass dies eine reine Schutzbehauptung gewesen sein könnte“, bilanziert Oliver Bendixen vom Bayerischen Rundfunk.
Update: Der Zeuge hat seine Aussage wegen einer Autopanne abgesagt. Er wird zu einem neuen Termin geladen.
Ein Wegbegleiter des NSU-Trios ist am Donnerstag ins Gericht geladen: Der Zeuge Volker H. war möglicherweise ein Fluchthelfer, als Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Januar 1998 in den Untergrund abtauchten, nachdem die Polizei in einer von Zschäpe gemieteten Garage in Jena Sprengstoff gefunden hatte. Am Tag der Razzia holte H. den heutigen Mitangeklagten Ralf Wohlleben und dessen Freundin ab. Gemeinsam holten sie Habseligkeiten aus Zschäpes Wohnung. Am selben Abend wurde H. im Auto von Böhnhardt von der Polizei angehalten. Er könnte nähere Angaben zum Ablauf der Flucht des Trios und zur Ideologie der drei Abgetauchten machen.
Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.
Die meisten Prozessbeobachter hatten das Ergebnis erwartet, nun hat das Gericht entschieden: Der Befangenheitsantrag der Anwälte von Ralf Wohlleben gegen alle fünf NSU-Richter ist abgelehnt, ebenso die Forderung von Beate Zschäpes Verteidigern nach ihrer eigenen Entlassung. Für Gisela Friedrichsen von Spiegel Online eine gute Nachricht: „Nun geht es endlich mit der Beweisaufnahme voran.“
Erneut ist am Mittwoch die offenbar in betrügerischer Absicht erfundene Nebenklägerin Meral Keskin Thema im NSU-Prozess. Dazu sagt der Rechtsmediziner Oliver Peschel aus, der ein Gutachten über Keskin erstellt hat – obwohl diese nachweislich enicht existiert. Der Sachverständige stellt zudem eine Expertise über Falco K. vor, ein Opfer des ersten bekannten Überfalls von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt auf einen Chemnitzer Supermarkt im Jahr 1998. Der Zeuge hatte nach seiner ersten Aussage im Juni erklärt, sich dem Verfahren als Nebenkläger anschließen zu wollen.
Ebenfalls geladen sind drei Ermittler von Bundeskriminalamt und Polizei, die Aussagen zu verschiedenen Asservaten machen, die aus dem Besitz des NSU sichergestellt wurden. Dabei geht es auch um falsche Personalien, mit denen sich das NSU-Trio während des Lebens im Untergrund tarnte.
Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.