Wie treten die Angeklagten auf im Münchner Gerichtssaal? Zeigen sie Regung und Emotion? Wie unterscheiden sie sich und was verrät ihr Verhalten? Solche Fragen stellen einige Berichterstatter in den Mittelpunkt ihrer Zwischenbilanz des NSU-Prozesses. Anderen ist die Kritik an der Prozessführung wichtiger.
Heute ist der letzte Verhandlungstag vor der Sommerpause. Die Medien ziehen wie schon gestern und am Wochenende eine Zwischenbilanz. So analysiert Holger Schmidt im SWR, dass das Interesse von Besuchern und Medien am Prozess „erstaunlich konstant“ sei.
Die Verhandlungswoche im NSU-Prozess ist diesmal nur kurz: Am morgigen Dienstag ist vorerst der letzte Verhandlungstag vor der Sommerpause. Aus diesem Anlass ziehen die Medien eine Zwischenbilanz: In der Thüringer-Allgemeinen etwa schreibt Kai Mudra, dass das Interesse am Prozess, entgegen der Erwartungen, nach wie vor hoch sei.
In der Berichterstattung über den 31. Verhandlungstag steht die Frage im Mittelpunkt, warum die Ermittler so lange in die falsche Richtung ermittelten. „Vor Gericht wurde heute klar, warum die Fahnder so lange an Organisierte Kriminalität als Hintergrund der Taten glaubten“, heißt es etwa im Deutschlandfunk. Der Autor schildert die Aussage des Zeugen Albert Vögeler von der polizeilichen Sonderermittlergruppe Soko Bosporus. Darin ging es um die Irrwege, auf denen die Beamten so erfolglos die Täter suchten. Ein Thema, das vor allem türkische Medien interessiert: So stehen die Ermittlungsfehler in der türkischsprachigen Zaman im Vordergrund.
Der Mord an Habil Kiliç, dem Münchner Gemüsehändler, ist das bestimmende Thema der Berichte über den 30. Verhandlungstag. Im Mittelpunkt stehen vor allem die widersprüchlichen Aussagen der Zeugin Anna S. und das eingestellte Verfahren der Erfurter Staatsanwaltschaft gegen Beate Zschäpe.
Im Mittelpunkt der Berichterstattung stand die Rentnerin Charlotte E., die sich im Haus befand, als Beate Zschäpe im November 2011 mutmaßlich das Haus in Zwickau anzündete. Die heute 91-Jährige war selbst nicht vor Gericht, jedoch drei ihrer Verwandten. Auf das Schicksal der 91-Jährigen konzentriert sich etwa Kai Mudra in der Thüringer Allgemeinen („NSU-Opfer: Meine Tante hat alles verloren“) und (mit Mara Mertin) in der WAZ.
Heute geht der NSU-Prozess mit dem 29. Verhandlungstag weiter. Dies war in den Medien allerdings (noch) kein Thema. Stattdessen ging es, wie bereits gestern und am Wochenende, um Anja Sturm, die ihr Mandat für die NSU-Hauptangeklagte Beate Zschäpe Job und Heimat gekostet hat.
Ihr Mandat für die Hauptangeklagte im NSU-Prozess hat für die Anwältin Anja Sturm persönliche und berufliche Konsequenzen: Die Verteidigerin von Beate Zschäpe verlässt ihre Kanzlei und ihre Heimat Berlin. Grund ist die massive Kritik aus den Reihen der Sozietät und der Berliner Kollegenschaft an ihrem Mandat – ein Thema, das die Medien am Wochenende aufgriffen.