Lesezeichen
 

Eine namhafte Bande

Noch einmal vor der Sommerpause versucht das Gericht mithilfe eines ehemaligen Ermittlers, die Ideologie der Angeklagten auszuleuchten – es wird eine Reise ins Jena der Neunziger.

Worum ging es dem NSU, als er zu einer sieben Jahre dauernden blutigen Reise durch die Bundesrepublik aufbrach? Lässt die Ideologie Rückschlüsse darauf zu, wie die Opfer ausgewählt wurden? Das sind nicht nur für das Gericht zentrale Fragen, sondern vor allem für die Angehörigen der Opfer. Sie wollen endlich sicher wissen, wer da warum gemordet hat. Nun, in den letzten Tagen bevor der Prozess erneut in die Sommerpause geht, wird klar: Schwieriger als den Verlauf der eigentlichen Taten und die Handlungen des NSU aufzuklären, wird es, ihre Ideologie bis in die Details erkennbar zu machen und zu belegen.

Unterstützer, die in den neunziger Jahren mit den späteren Kameraden in der rechten Szene von Jena verkehrten, trugen meist wenig zur Antwort bei. Aus Erinnerungslücken und Verharmlosungen ließen sich keine verlässlichen Rückschlüsse ziehen.

Einen weiteren Versuch unternimmt das Gericht an diesem letzten Verhandlungstag vor der Sommerpause.

Weiter„Eine namhafte Bande“

 

305. Prozesstag – Wie dachte Ralf Wohlleben?

Auch Fragen der Gesinnung spielen vor Gericht eine Rolle. Am Dienstag sagt ein Beamter der Jenaer Kriminalpolizei aus, der Angaben zur der Einstellung des Mitangeklagten Ralf Wohlleben gegenüber Ausländern machen soll. Hintergrund ist, dass Wohlleben zu Protokoll gegeben hatte, er sei in seiner Zeit als junger Erwachsener nicht ausländerfeindlich gewesen und habe daher auch keinen Grund gehabt, sich an der Beschaffung der NSU-Mordwaffe Ceska 83 zu beteiligen. Der Polizist soll Äußerungen und Handlungen Wohllebens in den neunziger Jahren wiedergeben, die Rückschlüsse auf die damalige Meinung des Angeklagten erlauben sollen.

Nach dem Prozesstag geht der NSU-Prozess in die Sommerpause. Die nächste Sitzung findet am 31. August statt.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Verteidiger wirft Bundesanwaltschaft einseitige Ermittlungen vor

Hat die Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess entlastende Aussagen unterschlagen? Der Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben wirft den Anklägern vor, seinen Mandanten gezielt in ein schlechtes Licht gerückt zu haben.

Wann es genau geschah, daran kann sich Carsten S. heute nicht mehr erinnern. Irgendwann in den neunziger Jahren, als er noch in der rechten Szene von Jena steckte und mit seinen Gesinnungsgenossen um die Häuser zog. Da beschimpften Jugendliche einen von ihnen als „Scheißnazi“. Die rechte Truppe verwandelte sich in einen braunen Mob, traktierte die Rufer mit Schlägen und Tritten und flüchtete, bevor Polizei und Krankenwagen kamen.

In seiner Aussage zu Beginn des NSU-Prozesses im Mai 2013 erwähnte S. die Episode beinahe beiläufig. Nun, mehr als drei Jahre später, sorgt sie für einen Eklat im Terrorprozess. Dabei geht es um die Glaubwürdigkeit von S. und die des ebenfalls auf der Anklagebank sitzenden Ralf Wohlleben.

Weiter„Verteidiger wirft Bundesanwaltschaft einseitige Ermittlungen vor“

 

304. Prozesstag – Zeuge zur Schlägerei von Jena

Update: Der Zeuge ist nicht erschienen. Er soll dem Gericht nun vorgeführt werden.

Erneut geht es am Montag um eine Schlägerei, zu der es in den neunziger Jahren in Jena gekommen sein soll. Dabei gingen laut der Aussage des Mitangeklagten Carsten S. Neonazis an einer Straßenbahnhaltestelle im Jenaer Stadtteil Winzerla auf eine Gruppe Jugendlicher los. Beteiligt war demnach auch Frank W., der heute in den Zeugenstand bestellt ist. Die Schlägerei endete mit schweren Verletzungen für die Opfer.

Das Delikt ist Gegenstand eines Antrags der Verteidiger des ebenfalls angeklagten Ralf Wohlleben: Das Delikt ist auch Gegenstand eines Antrags der Verteidiger des ebenfalls angeklagten Ralf Wohlleben: Sie sehen die Untersuchung des lange zurückliegenden Falls als Probe für S.‘ Glaubwürdigkeit.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

303. Prozesstag – Indentifizierung von Beteiligten

Am Mittwoch ist ein Ermittler des Bundeskriminalamts geladen, der 2012 über die Identifizierung von Beteiligten des NSU-Komplexes anhand von Fotos berichtet hatte. Immer wieder wurden Zeugen Bilder von möglichen Unterstützern und Tätern vorgelegt, um auf deren Verstrickung in die Taten der Terrorzelle zu schließen. Die Identifizierungen gelten damit als wichtiges Beweismittel.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

302. Prozesstag – Noch eine Spende des NSU?

Mehrmals soll das NSU-Trio nach seinem Untertauchen Geldspenden an Gesinnungsgenossen verschickt haben. Zu den Empfängern gehörte den Ermittlungen zufolge auch Torsten W., der heute als Zeuge in den Prozess geladen ist. W. war Herausgeber eines Magazins namens Fahnenträger und erhielt 500 Euro, wie er dem BKA gegenüber angab.

Wie es zu der Geldzahlung kam und ob W. sich dem NSU gegenüber möglicherweise mit Hilfleistungen erkenntlich zeigte, soll die Befragung klären. Die Vernehmung eines anderen Empfängers vor zwei Wochen, David Petereit, hatte rund zehn Stunden gedauert.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

301. Prozesstag – Schlägerei in Jena

Drei Zeugen müssen am Donnerstag zu einem lange zurückliegenden Ereignis aussagen: In den neunziger Jahren gingen Neonazis an einer Straßenbahnhaltestelle im Jenaer Stadtteil Winzerla auf eine Gruppe Jugendlicher los – beteiligt gewesen sein sollen auch die drei, unter ihnen Christian K., der Bruder des Zeugen André K. Die Schlägerei endete mit schweren Verletzungen für die Opfer. Von der Tat berichtet hatte der Mitangeklagte Carsten S. in seiner Aussage vor Gericht.

Das Delikt ist auch Gegenstand eines Antrags der Verteidiger des ebenfalls angeklagten Ralf Wohlleben: Sie bemängeln, dass die Bundesanwaltschaft Vernehmungsprotokolle der drei Zeugen erst auf ihren Antrag hin zu den Gerichtsakten reichten und nicht aus eigener Initiative, wie es nach Meinung der Anwälte für die Aufklärung Pflicht gewesen wäre. Den Protokollen zufolge bestreiten sie, damals beteiligt gewesen zu sein. Daher sehen Wohllebens Verteidiger den Fall als Beleg dafür, dass Belastungszeuge S. vor Gericht nicht die Wahrheit gesagt hat.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

300. Prozesstag – Blood-&-Honour-Mann Marcel D. muss aussagen

Bereits dreimal war der Zeuge und frühere V-Mann Marcel D. als Zeuge im NSU-Prozess – wobei er trotz eindeutiger Belege stets bestritt, als Informant für den Thüringer Verfassungsschutz gearbeitet zu haben. Am Mittwoch soll D. zu seiner Rolle im rechtsextremen Netzwerk Blood & Honour befragt werden, in dem er Leiter einer Landessektion war. Den Ermittlungen zufolge soll er zweimal Spenden aus Konzerten der Gruppe an das NSU-Trio weitergeleitet haben.

Zuletzt hatte D. versucht, von einem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Das erlaubte ihm Richter Manfred Götzl jedoch nicht: D. muss heute Stellung nehmen – ob er will oder nicht.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

299. Prozesstag – Spurensuche auf Festplatten

Das Gericht setzt sich am Dienstag mit Beweisen auseinander, die Ermittler auf Festplatten und anderen Datenträgern des NSU sichergestellt hatten. Im Zuge des Verfahrens hatten die Beamten Tausende Dateien durchsucht, darunter auch etliche, aus denen die Entstehungsgeschichte des NSU-Bekennervideos hervorgeht. In den Prozess geladen ist ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamts, der verschiedene Asservate untersucht hatte.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

298. Prozesstag – Wie betrunken war Beate Zschäpe?

Update: Der Sachverständige Oliver Peschel wurde abgeladen.

Der Alkoholkonsum der Hauptangeklagten Beate Zschäpe war seit ihrer Aussage im Verfahren mehrfach Thema. Heute sagt der medizinische Gutachter Oliver Peschel aus. In seiner Expertise geht es um Zschäpes Alkoholpegel am 4. November 2011, als ihre Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zu Tode kamen und sie die gemeinsame Wohnung in Zwickau anzündete. In ihrer Einlassung hatte Zschäpe angegeben, regelmäßig Sekt bis zum Vollrausch getrunken zu haben.

Zudem beschäftigt sich das Gericht wie bereits im Juni mit sogenannten daktyloskopischen Spuren – mit Fingerabdrücken auf Beweisstücken. So hat Zschäpe laut Anklage Abdrücke auf einem Zeitungsartikel hinterlassen, der als Teil eines Archivs über die NSU-Taten in der letzten Wohnung des Trios in Zwickau gefunden wurde. Ein Beamter des Bundeskriminalamts erstattet ein Gutachten zur Übertragbarkeit von Fingerabdrücke.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.