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Es brennt

Wenn es knistert, raucht und qualmt, gerät unsere Autorin in Panik. Sie hat schreckliche Angst vor Feuer. Das hat auch mit Enid Blyton zu tun.

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Ich muss noch sehr klein gewesen sein, als ich einmal von den meiner Meinung nach nettesten Freunden meiner Eltern eine Hörspielkassette geschenkt bekam. Sie hieß Geheimnis um einen nächtlichen Brand und war eine Adaption des gleichnamigen ersten Romans der Geheimnis um…-Serie von Enid Blyton. Ich konnte den Titel auf der Kassette noch nicht lesen, erfuhr aber beim Hören schnell worum es ging. Die fünf Spürnasen von Peterswalde klären als ihren ersten Fall den nächtlichen Brand im Gartenhaus von ihrem Nachbarn Herrn Schluck auf. Beim Hören dieser Kassette manifestierten sich gleich zwei Dinge in mir, die mich bis heute begleiten. Erstens meine Liebe zu Enid Blyton und zweitens meine Arsonphobie: die krankhafte Angst vor Feuer. Weiter„Es brennt“

 

Sich am Blut labend

Blutrünstige Männer: Können Film-Regisseure nicht schocken, ohne zum tausendsten Mal die Erzählhoheit über Weiblichkeit und weibliche Sexualität an sich zu reißen?

© Courtesy Everett Collection / action press

Es gibt ein in einigen Filmen und Serien verwendetes Bild, das ich beklemmend, fürchterlich und etwas abgedroschen finde. Wenn ich es sehe, überkommt mich eine ungenaue Entrüstung. Das hat man ja manchmal. Ich mag zum Beispiel auch keine falschen Abgänge, also wenn eine Figur so tut, als würde sie zur Tür rausgehen und sich dann im letzten Moment nochmal umdreht was sagt (abgesehen vielleicht von Columbo). Irgendwie ist das unrealistisch und oft schlecht gespielt.

Das Bild, von dem dieser Text handelt, ist allerdings ein ganz anderes und viel heiklereres und betrifft bei Weitem nicht nur Fragen der Ästhetik. Es geht um das Zeigen von Blut an der Innenseite weiblicher Schenkel. Oft folgt eine solche Einstellung nach der Darstellung oder Nichtdarstellung einer Vergewaltigung. Man sieht die Beine und nach ein bis zwei Sekunden rinnt ein Tropfen Blut gefolgt von einer Blutspur gen Knie. Weiter„Sich am Blut labend“

 

Anarchie? Dann doch lieber die Mücke machen!

Als Einzelner nicht den politischen Machtstrukturen ausgeliefert zu sein, ist eine Utopie. Aber Freiheit für alle? Das könnte ziemlich fatal enden.

© Arthur Poulin/unsplash.com (https://unsplash.com/@barchpou)

Stell dir vor, du wachst eines Morgens auf, nicht in deinem Bett, sondern auf einem Heuhaufen in einem Holzverschlag. Noch im Halbschlaf spürst du, wie sich das Stroh in deinen Rücken bohrt, deshalb rekelst du dich hin und her. Als du die Lider öffnest, blickst du in die Augen eines Gorillas, nicht irgendeines, sondern in die tief liegenden, undurchdringlich schwarzen eines Silberrückens. Weiter„Anarchie? Dann doch lieber die Mücke machen!“

 

Unser Freund, der Baum

Bäume vor dem Balkonfenster gaukeln immerhin ein wenig Idylle vor. Aber was, wenn die Stadt sie abholzen will? Dann bangen wir nicht nur um das lauschige Grün.

© Mad House/Unsplash.com

Erst war uns noch nicht klar, was das bedeutete: Der Baum war gar nicht tot. (Unser Baum, von dem wir annahmen, er würde zu den vom Grünflächenamt ausgewählten Kandidaten gehören und gefällt werden müssen.) Es ist gut, einen Baum vor dem Haus zu haben. Wir haben es auch L. zu erklären versucht, der allerdings behauptete, Bäume vor dem Haus zu haben, empfände er als irgendwie „unsauber“. Bäume im Libanon, zum Beispiel in Beirut, woher L. stammt, erscheinen dort zunehmend als irrealer Luxus, der die Stadt daran hindert, sich aller Räume zu bemächtigen, die Geld einbringen und für höhere Mieteinnahmen sorgen. Entwicklungen, unter denen L. jetzt in München so furchtbar leidet. Er wohnt in einer Wohnung, die so klein ist, dass wir ihn leider nicht besuchen können, da er eigentlich nur über einen einzigen Schlafplatz verfügt. Trotzdem sind wir natürlich erleichtert und glücklich: Der Baum hat überlebt. Weiter„Unser Freund, der Baum“

 

„Wir haben euch was mitgebracht: Hass, Hass, Hass.“

Fankurven im Fußballstadion sind ein Spiegel der Gesellschaft. Wenn die Minderheit zu toben beginnt, erstarren die Friedfertigen in hilfloser Bestürzung.

Szene aus dem Championsleague-Endspiel Bayern München gegen Chelsea im Mai 2012, © Alex Livesey/Getty Images

Ich bin leidenschaftlicher Anhänger des 1. FC Kaiserslautern und fahre gelegentlich zu Auswärtsspielen, wo ich über mein Lieblingsthema nachdenke – die Barbarei. Mein letztes Auswärtsspiel ist eine Weile her; ich ging mit Freunden zum Spiel gegen Ingolstadt und zwar in der Saison, bevor „die Schanzer“ in die erste Bundesliga aufstiegen. Unwichtig. Es zählt einzig, dass ich viel über Barbarei nachgedacht habe. Weiter„„Wir haben euch was mitgebracht: Hass, Hass, Hass.““

 

Wenn der Sohn sich den Schulranzen mit dem Einhorn wünscht

Rosa nur für Mädchen, blau nur für Jungs?! Eltern sind froh, wenn das eigene Kind diese blöde Gender-Regel ignoriert. Und etwas Angst haben sie leider trotzdem.

Gender-Regeln: Wenn der Sohn sich den Schulranzen mit dem Einhorn wünscht
© Snev Rotbok/EyeEm

Das ist einer dieser großen Momente, einer, von denen man als Eltern träumt. Oder ich träume ihn und interpretiere zu viel hinein, wie wir Eltern es immer tun, wenn die eigenen Erinnerungen übermannen und man das Kind, das man einmal gewesen war, mit dem eigenen Kind verwechselt. Jedenfalls träume ich diesen Moment, und mein Sohn tut es auch: Der Moment, in dem der Bald-Erstklässler seinen Schulranzen bekommt. Der Bald-Erstklässler kann es nicht erwarten, einen Schulranzen auf seinem Rücken und eine Schultüte in seinen Händen zu tragen, er will „Schulkind“ und „erste Klasse“ sagen dürfen, er will Hausaufgaben machen dürfen, und er ahnt nicht, dass dieser Wunsch nicht lang anhalten wird. Mein Sohn sagt, wir müssten jetzt seinen Schulranzen kaufen, er sagt „endlich mal“ dazu, und er sagt, er will den, den er letztens gesehen hat, den mit dem Einhorn drauf. In Lila. Weiter„Wenn der Sohn sich den Schulranzen mit dem Einhorn wünscht“

 

Antisemitismus? Gibt es nicht!

Antisemitismus wird in Deutschland beschönigt: als Satire oder Israelkritik. Dass die Dokumentation „Ausgewählt und Ausgegrenzt“ nicht gezeigt wird, hat andere Gründe.

Antisemitismus: Eine Doku über etwas, das es nicht gibt?
© Amir Cohen/Reuters

Vergangene Woche gab es Aufruhr im Internet. Überall sah ich Links zu Artikeln, in denen vom Verbot eines Films über Antisemitismus in Europa geschrieben wurde. Dienstag konnte man die Dokumentation dann für 24 Stunden auf bild.de sehen. Auch mein erster Impuls war: Ja, klar! Weil es keinen Antisemitismus geben darf, gibt es auch keinen. Nirgendwo! Deswegen muss ein Film, der diesen zeigt, auch aus dem Weg geschafft werden. Mit allen Mitteln. Und das wiederum würde ein weiterer Beweis für, genau, Antisemitismus sein. Weiter„Antisemitismus? Gibt es nicht!“

 

„Have sex with an immigrant“

Bevor die Studenten die Hüte werfen: Reden vor amerikanischen Universitätsabsolventen haben sich zu einem eigenen Genre entwickelt. Als Lebensratschlag, Ermunterungsbrief, Durchhalteparole.

Copyright: Baim Hanif/Unsplash.com

Ende Mai geht an den amerikanischen Colleges mit der graduation week das Semester zu Ende. Hätte man diese Tatsache nicht dem Kalender entnommen, sie wäre dennoch nicht zu übersehen: Auf den Straßen der Kleinstadt Grinnell im Bundesstaat Iowa in Heartland America finden zahlreiche Partys und Konzerte statt und in den Räumlichkeiten der Universität feierliche Abschlussdinner. In der Burlington Library begegnet man den undergrads aus dem vierten Jahrgang, die wahlweise in der Bibliothek ihre Bachelorarbeiten schreiben oder bereits an schlimmer Senioritis – Leistungs- und Motivationslosigkeit im Abschlussjahr heißt es dazu im Lexikon – leiden. Eine solche diagnostiziert auch mein Kollege Jay, als ich ihm von Student Keith erzähle, der in der letzten Stunde meines Kurses Recent Trends in German Literature plötzlich anfing, witzlose Briefe in schlechtem Deutsch an Angela Merkels Ehemann zu formulieren und danach, beim Senior Dinner, das Silberbesteck zu klauen. Wenn schon schlechtes Deutsch, dann wenigstens witzig, sage ich zu Jay. Weiter„„Have sex with an immigrant““

 

Meine Russlandgefühle

Denke ich an Russland, möchte ich schreien. Auch nach meinem vierten Besuch verstehe ich es nicht. Aber ich bin ihm haltlos zugeneigt. Ein Reisebericht

Sibirische Landschaft (© Alex Kotomanov/Unsplash)

Meine kleine, schöne Erfahrung mit Russland ist, dass ich jedes Mal erstaunlich glücklich dort bin.

Selbstverständlich bin ich jede Sekunde völlig unglücklich in Russland, auf die elementarste Weise verloren, genervt, wenn etwas nicht klappt, entsetzt über den Zustand der russischen Seele – von den Millionen Toten, die überall im Lande herumgeistern und noch immer keine Bleibe gefunden haben, ganz zu schweigen.

Und doch (oder vielleicht auch deshalb): Am Ende kommt immer eine einfältige Art Glück oder Rührung dabei heraus, wobei ich mich frage, ob es sich hierbei um eine private Blödigkeit handelt oder etwas, das mit mir nur am Rande zu tun hat, weil es von weiter her kommt, aus der Tiefe des geschichtlichen Raums, sagen wir mal, der Tatsache, dass es die göttliche Musik von Schostakowitsch und Strawinsky gibt, die nicht weniger göttlichen Bücher von Tschechow und Dostojewski und Gogol, um nur diese zu nennen; sie alle haben die russischen Paradoxien und Verhängnisse ja trefflich beschrieben und gelebt. Weiter„Meine Russlandgefühle“

 

Der Mythos vom Kampf der Unterdrückten

Polens emotionale Spaltung begann spätestens 1989. Der aktuelle Rechtsruck der Gesellschaft zeigt, wie viele Menschen sich als Opfer der Demokratisierung verstehen.

© Wojtek Radwanski/AFP/Getty Images

Vor einigen Monaten hat ein Vorgang in Polen unter der 2015 gewählten Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) meine Aufmerksamkeit geweckt. Es war nämlich durch die autokratisch regierende Partei die Richterin Julia Przyłębska zur neuen Präsidentin des Verfassungsgerichts ernannt worden. Dieser Vorgang erschien mir nicht nur deshalb beachtenswert, weil das Verfassungsgericht dadurch – nachdem schon zuvor mehrere Richter durch PiS-nahe Kandidaten ausgetauscht worden waren – endgültig seiner Unabhängigkeit beraubt wurde. Besonders bemerkenswert fand ich bei dieser jüngsten Entwicklung die ernannte Person selbst. Weiter„Der Mythos vom Kampf der Unterdrückten“