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Gabor Steingart und das Retten

Das Handelsblatt bringt heute auf seiner Aufschlagseite eine große Abrechnung von Gabor Steingart mit der Krisenpolitik der Notenbanken. Titel: Retten wir uns zu Tode? Tenor: Zu viel Geld ist in der Welt und richtet nur Schaden an. Die Butter wird teurer, das Brot und das Benzin, weil die Spekulanten nichts Besseres zu tun haben, als das schöne Geld der Zentralbanken in die Rohstoffmärkte zu leiten.

Vielleicht überblicke ich die Literatur nicht ganz, aber obwohl es viele versucht haben, ist mir bislang – außer denen, auf die Nicolas Sarkozy Einfluss genommen hat – noch keine einzige Studie vor die Augen gekommen, die empirisch oder theoretisch nachgewiesen hätte, dass Finanzinvestoren tatsächlich die Rohstoffpreise beeinflussen. Dass also, technisch gesprochen, die Preise auf den Terminmärkten die Preise auf den Spotmärkten steuern. Weiter„Gabor Steingart und das Retten“

 

Wenn die Löhne zu stark steigen, müssen die Zinsen erhöht werden

Liebes Kapital,

Du hast heute Abend, morgen in der FTD nachzulesen, mal wieder eine solch simple Frage gestellt, dass es mich einfach juckt, zu antworten. Ob ich einer Deiner keynesianischen Freunde bin, mit dem Du gerne die EZB-PK beobachtet hättest, weiß ich nicht. Und ich muss gestehen, mich hat an den Äußerungen von Jean-Claude nix gestört. Wenn er etwas anderes gesagt hätte auf die vielen Nachfragen zur Inflation, dann wäre ich hellhörig geworden. Aber das war doch der übliche Buba-Trash. Weiter„Wenn die Löhne zu stark steigen, müssen die Zinsen erhöht werden“

 

Der Leitartikel, den die FAZ nicht drucken wollte

59600 Euro Vermögen

Die neuesten Daten der Bundesbank zur Geldvermögensbildung sprechen eine deutliche Sprache. Im zweiten Quartal stieg der Geldvermögensbestand der privaten Haushalte auf 4768 Milliarden Euro. Das ist der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Das ist schrecklich viel, wie eine Umrechung pro Kopf zeigt: Jedes Neugeborene beginnt in Deutschland sein Leben mit 59 600 Euro Vermögen.

stattdessen druckten die Kollegen das:

100 000 Euro Schuld

Die Älteren haben Schulden von 1,8 Billionen Euro für Bund, Länder um Gemeinden aufgetürmt. Insgesamt hat das Land – noch ohne Euro-Garantien – 8 Billionen Euro Schulden und Verpflichtungen. Das ist schrecklich viel, wie folgenden Umrechnung pro Kopf zeigt: Jedes Neugeborene in Deutschland beginnnt sein Leben mit 100 000 Euro Schulden.

Die Schulden des einen sind das Vermögen des anderen und welche Betrachtung man sich aussucht, hängt vom Erkenntnisinteresse ab. Oder von der wirtschaftspolitischen Grundüberzeugung. Jedenfalls ist nicht Deutschland arm wie eine Kirchenmaus, sondern der deutsche Staat – und ich hätte schon ein paar Ideen, wie er seine Kassen wieder auffüllen und den Gegensatz zwischen öffentlicher Armut und privatem Reichtum überwinden könnte.

Die Differenz zwischen den 1800 Milliarden und den 8000 Milliarden ist natürlich die so genannte implizite Staatsverschuldung – ein überaus fragwürdiges Konzept. Lässt man sie außen vor, stünden dem Vermögen von 59600 Euro sogar nur eine Schuld von 22500 Euro entgegen.

Don’t worry, be happy!

 

The world according to Süddeutsche Zeitung

Den Kollegen Christian Wernicke bei der Süddeutschen schätze ich eigentlich sehr. Aber diese Passage in seinem Leitartikel heute verdient eine kritische Würdigung.

Auf dem Höhepunkt – dem G20-Gipfel in Seoul – blamierte sich Obama mit der Forderung, die in ihrem Export übermächtigen Chinesen und Deutschen sollten bitteschön ihre Ausfuhren drosseln – und der US-Zentralbank brav erlauben, die Geldpresse anzuwerfen um 600 Milliarden Dollar zu drucken. Wer solch inflationären Schaden anrichtet, muss Spott ernten.

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Sarah Palin und die Inflation

Paul Krugman macht auf eine interessante Konversation zwischen Sarah Palin und Sudeep Reddy, Geldpolitikkorrespondent beim Wall Street Journal aufmerksam. Auslöser: Palins Vorhersage, die Inflation werde steigen, weil die Fed die Märkte flutet.

Everyone who ever goes out shopping for groceries knows that prices have risen significantly over the past year or so. Pump priming would push them even higher.

Zurecht weist Reddy darauf hin, dass die Preise kaum steigen, und bekanntlich eher deflationäre Tendenzen vorherrschen.

A broad measure of food prices from the Labor Department shows prices rose at an average annual rate of less than 0.6% in the first nine months of the year.

Palins Reaktion – und jetzt wird es interessant – ist die folgende:

Now I realize I’m just a former governor and current housewife from Alaska, but even humble folks like me can read the newspaper.

Die Ebene der Argumentation ist hier keine sachlich-inhaltliche mehr. Stattdessen findet eine Art Glorifizierung des common sense gegenüber dem Expertenwissen statt. Der Mann auf der Straße weiß doch, was läuft. Wenn mehr Geld da ist, kommt die Inflation, ist doch sonnenklar. Dass gar nicht mehr Geld da ist, weil die Zentralbank zwar welches schöpft, die Banken aber nicht mehr, spielt da keine Rolle. Die Debatte ist nicht auf die USA beschränkt, wie die hysterische Diskussion über die Politik der Fed – die man in der Tat kritisieren kann – zeigt.

Willkommen in der Gegenaufklärung.


 

Hat Merkel nun gewonnen oder nicht?

Wer heute die Berichterstattung der großen Zeitungen zum EU-Gipfel liest, der muss den Eindruck gewinnen, da gehe es um unterschiedliche Veranstaltungen. Die FAZ interpretiert den Kompromiss von Brüssel als weiteren Schritt in Richtung Transferunion, weil durch die Einführung eines Krisenmechanismus der bailout institutionalisiert werde. Die entscheidende Passage bei Holger Steltzner:

„Mit einem rechtlichen Kniff, durch den eine aufwendige Änderung der EU-Verträge nicht mehr nötig sein soll, stimmte Frau Merkel die EU-Partner gnädig. Der eindeutig formulierte Artikel 125 der EU-Verträge, der die Haftung eines Landes für die Schulden eines anderen („Bailout“) verbietet, wird nicht angetastet. Dafür soll der Artikel 122 überdehnt werden.“

Dagegen feiert Martin Winter in der SZ einen Sieg deutscher Prinzipien über europäischen Schlendrian:

„Europa beugt sich der Kanzlerin – und das ist gut so. Denn die Methoden, mit denen Angela Merkel die anderen EU-Länder auf ihre Linie zwang, mögen fragwürdig gewesen sein – rechtlich wie politisch aber wählte sie den einzig richtigen Weg.“

Ich war selbst vor Ort und glaube, dass die FAZ klarer herausgearbeitet hat, was eigentlich in Brüssel geschehen ist, obwohl ich die Bewertung nicht teile. Weiter„Hat Merkel nun gewonnen oder nicht?“

 

Axel Weber und die starken Männer

Respekt vor Thilo Sarrazin. Er schafft es noch, die halbe Republik mit in den Abgrund zu reißen. Nun also werden Axel Weber Führungsschwäche und Christian Wulff Kompetenzüberschreitung in Sachen Rücktritt vorgeworfen. Wie mein Kollege Ralph Atkins in der FT schreibt, ist das eine Debatte, wie man sie wohl nur in Deutschland führen kann, wo auch der Hund des Bundesbankpförtners noch Unabhängigkeit zu genießen hat.
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Wir brauchen keinen Wettbewerb (im Gesundheitswesen)

Mikro ist eigentlich nicht meine Baustelle, aber was da in Sachen Gesundheitsreform so diskutiert wird, ist schon sehr interessant. Da hat also Herr Rösler von der FDP, indem er den Kassen die Möglichkeit eingeräumt hat, Zusatzbeiträge zu erheben, den Wettbewerb angeblich erhöht. Zum Wohle des Versicherten, denn Wettbewerb ist natürlich immer gut.

Schauen wir uns das doch einmal genauer an. Weiter„Wir brauchen keinen Wettbewerb (im Gesundheitswesen)“

 

Warum Schulden gut sind für unsere Kinder

Interessanter Beitrag von Robert Skidelsky heute in der FT: Er stellt sich unter anderem die Frage, ob die steigenden Schulden die nachfolgenden Generationen belasten – eine unter Grünen genau so beliebte These wie unter Neuen Sozialen Marktwirtschaftlern. Ist ja auch klar: Wir machen die Schulden, unsere Kinder müssen sie zurückzahlen – oder? Weiter„Warum Schulden gut sind für unsere Kinder“