Lesezeichen
 

Vadder Adam und die Ifo-Schlümpfe

Weissgarnix hat Spaß mit Hans-Werner Sinn und seiner Aussage, die Investitionen und nicht der Konsum förderten das Wachstum. Einmal abgesehen davon, dass das empirisch Quatsch ist (die meisten Analysen, die ich kenne, sehen die erwartete Nachfrage als wichtigste Determinante des Investitionsverhaltens), habe ich einmal bei unser aller Vater nachgeschlagen.

Also sagt Big Adam:

„Consumption is the sole end and purpose of all production; and the interest of the producer ought to be attended to, only so far as it may be necessary for promoting that of the consumer. The maxim is so perfectly self-evident, that it would be absurd to attempt to prove it. But in the mercantile system, the interest of the consumer is almost constantly sacrificed to that of the producer; and it seems to consider production, and not consumption, as the ultimate end and object of all industry and commerce.“ (Wealth of Nations, Book IV, Chapter VIII)

 

Wenn die Schulden steigen, steigen die Zinsen…

…und deshalb muss der Staat ganz schnell sparen. Oder nicht?

Von Unicredit:

Today, Germany will sell EUR 4bn of the new Bund 3.25% Jul42. 3.25% represents the lowest coupon ever in the 30Y area.

Immerhin 3,1947 Mrd. Euro konnten von dem Ding abgesetzt werden. 30 Jahre für schlappe 3 Prozent! Manchmal macht es richtig Spaß zu beobachten, wie die herrschende Lehre Stück für Stück von der Realität zerlegt wird

 

Paul Krugman erklärt uns den Krieg

Zumindest kann man das hier so verstehen:

„And it’s also important to send a message to the Germans: we are not going to let them export the consequences of their obsession with austerity. Nicely, nicely isn’t working. Time to get tough.“

Erstaunlich, wie drüben ein mechanistischer Keynesianismus Oberhand gewinnt, während hüben mit nicht-keynesianischen (also expansiven) Effekten einer restriktiven Haushaltspolitik argumentiert wird. Die Amerikaner sind ökonomisch vom Mars, wir von der Venus. Das gab es in der Form meines Wissens noch nie. Ich selbst war von der Literatur zu den nicht-keynesianischen Effekten bislang nicht überzeugt, aber für die nächste Ausgabe der ZEIT werde ich mich nun auf den neuesten Stand bringen.

 

A Tribute to Das Kapital

Meistens sind mir meine früheren Kollegen Jörg Berens und Matthias Pindter von der FTD viel zu österreichisch, aber in jedem Fall ist ihre Kolumne „Das Kapital“ eine der klügsten in der deutschen Presse. Und neulich haben sie den Nagel so etwas von auf den Kopf getroffen. Ich zitiere und genieße:

„Im Leben kommt es bekanntlich auf die richtige Balance an. Das betrifft die Ernährung ebenso wie die Arbeitsbelastung, die Kindererziehung oder die Finanzplanung. Doch ähnlich wie im privaten kommt es natürlich auch im öffentlichen Leben auf das richtige Gleichgewicht an. Idealerweise sollte die Politik ein Programm verfolgen, das die Interessen aller gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigt. Bloß kann von Ausgewogenheit inzwischen eben fast keine Rede mehr sein.

Im Gegenteil scheinen die politischen Lager immer radikaler. Auf der einen Seite des Spektrums stehen jene, die doch glatt eine neosozialistische Konterrevolution wähnen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: In Deutschland war der Lohnanteil am Volkseinkommen im vierten Quartal 2009 um 5,6 Prozentpunkte niedriger als Ende 1999. Die Unternehmensteuersätze haben sich seit den 90ern fast halbiert. Die Medien sind voll von Berichten über Hartz IV, Mini- oder Ein-Euro-Jobs. Und von Firmenvorständen, die Millionen verdienen. Auf den Straßen sieht man alte Frauen, die in Mülltonnen wühlen, um ein paar Pfandflaschen zu ergattern.

Dennoch wollen die Marktradikalen eine Fortsetzung der Entwicklungen der vergangenen Jahre: Unternehmen sollen nicht ihre Kapitalkosten verdienen, sondern das Doppelte davon. Und wie gehabt sollen sie ihre Überrenditen nicht für Investitionen verwenden, sondern für Ausschüttungen oder Übernahmen. Schon gar nicht sollen die Firmen oder die Spitzenverdiener für dringend benötigte Staatsausgaben in Bereichen wie Bildung oder Kultur herangezogen werden. Lieber nimmt man eine Spaltung der Gesellschaft in Kauf – und gräbt sich nebenbei selbst das Wasser ab. Denn nicht nur soll die Zahl der 16- bis 25-Jährigen bis 2020 um rund 15 Prozent sinken, nein, der Nachwuchs wird vermutlich auch ziemlich dürftig ausgebildet sein.“

 

Für Fortgeschrittene

Ganz allmählich scheint sich der Blick auf das Wesen Kapitalismus zu ändern. Selbst in Deutschland. Das ist sensationell. Jetzt hat sogar die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die gerne so tut, als handele es sich dabei um eine Tauschwirtschaft und nicht um eine Geldwirtschaft, ihren Lesern erklärt, dass ein Land nicht permanent Überschüsse aufhäufen kann. Und sie haben Wolfgang Stützel und seiner Saldenmechanik eine kleine Referenz erwiesen (leider online nicht verfügbar). Wahnsinn. Und weil ich deshalb gerade so gut gelaunt bin, sollten wir uns jetzt an den Kapitalismus für Fortgeschrittene wagen. An das Geheimnis dieses auf Schulden basierenden Geldsystems. Es lautet: Der Gläubiger muss es seinem Schuldner ermöglichen, die Schulden zurück zu zahlen. Er muss ihn zahlungsfähig halten.
Weiter„Für Fortgeschrittene“